Controller Magazin 9/10-2020
66 Controller Magazin | Ausgabe 5 PRAXIS ternehmensprozessen zu ermitteln gilt. 5 Für die Erhe- bung der KPIs ist daher die Betrachtung der Fertigungs- ebene, wie in Abbildung 1 dargestellt, unerlässlich. MES- Systeme liefern hierzu eine Vielzahl an Basisdaten, die zu KPIs verdichtet werden können. Grundlegende Kennzah- len gemäß der VDI-Richtlinie 5600 für MES-Systeme sind z.B. der Maschinennutzungsgrad, Umlaufbestände, Ter- mintreue oder die Durchlaufzeit. 6 Der VDMA hat mit einem Einheitsblatt/Reihe 66412 dazu eigens eine Zusammenstellung von den in der Industrie bekannten Key Performance Indicators auf Shop Floor -bzw. MES-Ebene veröffentlicht, deren wichtigste Kenn- zahlen und Parameter in Abbildung 2 aufgelistet sind. Für jeden KPI wird dazu eine Berechnung und ein Wir- kungsdiagramm der Basisdaten aufgeführt. Neben den grundlegenden MES-KPIs definiert die VDMA-Reihe in den folgenden Einheitsblättern ferner MES-Kennzahlen für das Energiemanagement, Ablaufbeschreibungen zur Datenerfassung, Daten für Fertigungskennzahlen sowie den Einfluss der Industrie 4.0 auf die Bedeutung und die Anwendung von MES-Systemen. 7 KPIs imRahmen des Produktions controllings bei der DEGRO Einer der Haupt-KPIs auf Fertigungsprozessebene bei DEGRO ist der auch vom VDMA vorgestellte Overall Equipment Effectiveness Grad (OEE) , der eine Aussage zur Gesamtanlagenef fektivität auf Fertigungsebene trifft. Ziel mittels Verwendung des OEE ist es hierbei, ei- nen Fertigungsgrad zu erreichen, der nicht durch Ineffi- zienzen, wie beispielweise Fehler in der Produktion, ne- gativ beeinflusst wird. Dieser abgeleitete unterneh- mensspezifische OEE setzt sich aus drei Faktoren, dem Verfügbarkeitsfaktor , dem Leistungsfaktor und dem Qualitätsfaktor zusammen: OEE=Verfügbarkeit*Leistung*Qualiät Der Verfügbarkeitsfaktor gibt dabei an, in welcher Zeit Wertschöpfung, gemessen an der Gesamtbearbeitungs- zeit, stattgefunden hat: Verfügbarkeitsgrad [%]= (Nutzungszeit (ohne geplante Stillstände)) / (Zeit unter Auftrag)*100 Nicht wertschöpfende Zeit sind Stillstandzeiten, deren Gründe es zu identifizieren und zu analysieren, sowie dar- auf aufbauend Gegenmaßnahmen zu definieren und um- zusetzen gilt. Dieser Faktor ist derjenige mit dem größten Gewicht. Die Hintergründe hierfür sind vielschichtig und reichen vomAlter der Anlagen über die Lieferantenpünkt- lichkeit bis hin zur Qualifikation der Maschinenführer. Der Leistungsfaktor misst die Effizienz der Anlage, d.h. hier werden Ist-Zykluszeiten den Soll-Zykluszeiten ge- genübergestellt. Bei der DEGRO entspricht ein Zyklus der Fertigungszeit von 1.000 Stück: Leistung=(IST-Zyklusdauer) / (SOLL-Zyklusdauer) Dieser Faktor ist er einzige, der einenWert > 1 annehmen kann. Ist dies der Fall, wird schneller produziert als ur- sprünglich vorgesehen und der gemessene Ist-Zyklus kann dann der neue Soll-Zyklus werden. Bevor dies je- doch umgesetzt wird, ist zwingend zu prüfen, dass diese nun kürzere Zykluszeit keine negativen Auswirkungen auf den Verfügbarkeits- und/oder Qualitätsfaktor hat. So kann ein schnellerer Takt zu einem überproportional er- höhten Maschinenverschleiß führen und somit die Still- standzeit erhöhen. Genauso kann die Fertigungssorgfalt zurückgehen und sich die Ausschussquote erhöhen. Der Qualitätsfaktor gibt schließlich die Gutmenge im Verhältnis zur Gesamtmenge an. Da der Ausschuss bis- her nicht im MES-System separat erfasst wird, wird von der Annahme ausgegangen, dass ein Takt einer Maschi- ne auch ein Mengenstück darstellt. Jedes Schließen der Schweißbacken der Verpackungsmaschinen zum Ver- schließen des Beutels bildet mithin einen Takt: Qualität=Gutmenge / (Summe aller getätigten Takte) Bereits in der kurzen Erläuterung der Faktoren und der Herleitung der spezifischen OEE-Berechnung kann die daraus folgende Komplexität für den Produktionscont- roller erahnt werden. Kein Faktor steht für sich allein, sondern hat Verbindung und somit auch Auswirkungen auf die anderen Faktoren, wie dies auch in dem VDMA- Einheitsblatt verdeutlicht wird. Weiterhin bestehen in ei- nem Anlagenverbund noch wechselseitige technische Abhängigkeiten, welche die Aufgabe zusätzlich erschwe- ren. So sind die Parameter vorgelagerter Anlage(n) (z.B. Abfüllgeschwindigkeit) bspw. sowohl abhängig von nachgelagerten Pufferbereichen als auch von nachgela- gerten Verpackungsanlagen. KPIs als Ausgangsbasis eines PDCA-Prozesses Liegt eine Abweichung bei definierten KPIs vor, kann über das Abweichungs-Controlling eine Ursachenanaly- se angestoßen und darauf aufbauend Maßnahmen ein- geleitet werden. Die Methodik der Korrekturmaßnah- men über alle Ineffizienzen der OEE-Parameter, lehnt sich bei DEGRO am bewährten PDCA (Plan-Do-Check- Act)-Modell an. Diese Methodik verfolgt die Lösung ei- nes Problems in folgenden vier Phasen 9 : 1. In der Phase PLAN wird das Problem lokalisiert, analy- siert und deren Ursachen ergründet und ein Ziel definiert. Dazu werden die erforderlichen Maßnahmen festgelegt, um das Problem zu lösen bzw. das Ziel zu erreichen. 2. In der Phase DO werden die Maßnahmen aus der ers- Prof. Dr. Stephan Kress ist an der Jade Hochschule, Studienort Wilhelmshaven Professor für Industrielle Betriebswirtschaftslehre, mit Schwerpunkten im Rechnungswesen und Controlling. stephan.kress@jade-hs.de Torsten Kratzsch ist kaufmännischer Produktionsleiter bei DEGRO GmbH& Co. KG Garten- & Heimtierprodukte, Rain. torsten.kratzsch@degro.de
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==