Controller Magazin 9/10-2020
60 Controller Magazin | Ausgabe 5 PRAXIS jährigen Zeitreihenanalysen unter Berücksichtigung von Saisonschwankungen und Trends. Das Modell erkennt Trends und Regelmäßigkeiten in den Daten, passt die verwendeten Algorithmen selbständig an die erkannten Muster an und kommt so zu Prognosewerten. Aktuell liegt die Prognosegüte der algorithmenbasierten Kenn- zahlen für wesentliche Positionen im Umsatz Mobil- funk und Festnetz sowie für „EBITDA“ bei über 99 % (berechnet per durchschnittlicher Abweichung der Werte vor IFRS). Auch die Standardabweichung als Maß für die Streuung ist auf den Service Revenue Wer- ten bereits unter 1,5 %. Im zweiten Schritt gilt es, die bestehende zeitreihenba- sierte Logik um Mustererkennungen und Korrelationen zu erweitern. Dies soll die Prognosegüte der Modelle noch weiter erhöhen und auch eine bessere Abbildung von Sonder- und Einmaleffekten ermöglichen. Zudem werden für ausgewählte Steuerungskennzahlen, bei de- nen empirische Trendverläufe zu keiner zufriedenstellen- den Prognosegüte kommen, komplexere Vorhersagemo- delle entwickelt, die eine Simulationskomponente ent- halten. Hier steht derzeit das im Weiteren vorgestellte Marktinvest-Model im Fokus der Betrachtung. CRISP-DM: Ein pragmatisches Vorgehensmodell für Data Mining Projekte Neben einer umfassenden Qualifizierung der Mitarbei- ter und der Gewinnung von neuen Kompetenzen, wie zum Beispiel Data Scientisten und Data Analysten, sollen steuerungsfähige Unternehmensmodelle aufgebaut werden. ZumAufbau dieser Unternehmensmodelle wird weitgehend der Cross Industry Standard Process for Data Mining (CRISP-DM) als Vorgehensmodell genutzt. Das CRISP-DM Modell wurde 1996 u.a. von der Daimler AG und SPSS Inc. als branchen-, werkzeug- und anwen- dungsneutraler Prozess zur Durchführung von Data Mi- ning Projekten konzipiert (vgl. hierzu und zum folgenden CRSIP-DM Consortium 2000). Abb. 1 zeigt schematisch die einzelnen Phasen des CRISP-DM Prozesses im Überblick. Jede dieser Phasen ist durch Tätigkeiten konkretisiert. Im ersten Schritt wird das allgemeine Verständnis für das Geschäft ( Business Understanding ) erzeugt. Hier- zu werden die Ziele und die notwendigen Ressourcen des Projekts festgelegt. Darauf aufbauend wird in der zweiten Phase das Datenverständnis ( Data Understan- ding ) hergestellt. Alle Datenquellen, die zur Erreichung der Projektziele genutzt werden müssen, werden er- fasst. Erfolgskritisch ist hier, die Daten und deren Se- mantik genau zu verstehen. Dies erfolgt durch explorati- ve und deskriptive Analysen. Im Rahmen der Datenvor- bereitung ( Data Preparation ) werden die Daten dann in eine Form gebracht, um sie Analysen zugänglich machen zu können. Dabei werden fehlerhafte oder inkonsistente Daten korrigiert und gegebenenfalls fehlende Werte hinzugefügt. Im vierten Schritt erfolgt die Modellbil- dung ( Modelling ) mit Hilfe der Data Mining Algorith- men. Je nach Aufgabenstellung werden hier unterschied- liche Verfahren verwendet. Diese Verfahren werden in einem mehrstufigen Prozess verfeinert und angepasst. Anschließend erfolgt die Evaluation , einerseits mit Blick auf das erzielte Modellergebnis, andererseits in Bezug auf die im ersten Schritt festgelegten Projektziele. Die letzte Phase des Deployments umfasst die Modellum- setzung und -implementierung in den Geschäftsablauf (Betriebsphase). Hierzu zählt auch die permanente Überprüfung der Gültigkeit und ggf. Anpassung und Ver- feinerung des Modells. Dieser Prozess wird zur Zielerrei- chung eines Projekts mehrfach durchlaufen. Prognose und Simulation der Kennzahl „Marktinvest-Mobilfunk“ Als einer der ersten Use Cases im Privatkundenbereich der Telekom Deutschland wird derzeit das Predictive Analytics Model „Marktinvest-Mobilfunk“ (MM) entwi- ckelt. Dabei werden die Idee der Treiberorientierung ei- nerseits und der Einsatz von Methoden der Advanced Analytics andererseits verknüpft, um Prognosen zu ge- nerieren und Simulationen für den MM zu ermöglichen. „Marktinvest-Mobilfunk“: Eine steuerungsrelevante aber volatile Kennzahl Ziel des Einsatzes des MM ist die Planung, Steuerung und Kontrolle der Gewinnung und Bindung von Kunden, um einen Wechsel (Churn) zu anderen Anbietern zu ver- meiden. Werden bestehende Kunden gebunden oder neue Kunden gewonnen, stabilisiert bzw. erhöht sich der Kundenbestand der TelekomDeutschland, was sich wie- Gerrit Lillig ist Abteilungsleiter für die Steuerungsinstrumente im Privatkundencontrolling der TelekomDeutschland GmbH verantwortlich für Profitabilitätsanalysen von Kanälen, Geschäftsvorfällen und Produkten im Privatkundensegment der Telekom. gerrit.lillig@telekom.de Abb. 1: Der CRISP-DMProzess (Darstellung nach CRISP-DM Consortium 2000)
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