Controller Magazin 9/10-2020
51 Controller Magazin | Ausgabe 5 Warumdie Modellierung von Szenarien dennoch häufig kein Standard-Instrument ist Die hohe Bedeutung von Szenario-Betrach- tungen wird nicht nur in Krisenzeiten für alle sichtbar, sondern generell geteilt. So maßen beispielsweise in der CFO Studie 2019 von Horváth & Partners 84% der Teil- nehmer dem umfangreichen Einsatz von Si- mulationsfunktionalitäten zur Bildung von Szenarien eine hohe Bedeutung zu. In der Praxis aber sind die Szenarien-Modelle der Finanzkrise 2008 in vielen Unternehmen in den Folgejahren schnell wieder verschwun- den. Nur wenige Unternehmen haben Szenarien-Modelle tatsächlich in ihrer Steuerung verankert. Wenn Szenarien vor- kommen, dann meist in Form finanzieller Sensitivitätsanalysen ohne konkreten Maß- nahmenbezug. Ein zentraler Grund für diesen Befund ist, dass die Modellierung von Szenarien in der Regel als separates Projekt aufgesetzt wird. Als solches ist die Szenarien-Modellierung nicht in die Regelprozesse eingebunden und häufig sehr aufwendig, da sie in separaten Tools (fast immer Microsof t Excel) und durch separate Projektteams erfolgt. Redu- ziert sich die wahrgenommene Unsicherheit wieder, so wird der aufwendige Parallelbe- trieb eingestellt. Ein weiterer Grund dürfte zumindest teil- weise fehlendes Know-how und ein fal- sches Verständnis einer Szenarien-Pla- nung sein. In der Literatur (und den Empfeh- lungen vieler „Strategieberatungen“) wird der Fokus auf die Aufstellung strategischer, größtenteils qualitativer Szenarien gelegt. Diese Ausrichtung führt häufig zu komple- xen, teilweise sehr akademischen Modellen mit hohem Aufwand und begrenztem Mehrwert. Wir empfehlen demgegenüber ein pragmatisches Verständnis einer Szena- rien-Planung, die sowohl Kurz- als auch Mit- telfrist abdeckt und ihren Schwerpunkt in quantitativen Betrachtungen hat. Leistungsstarkes treiberbasier- tes Simulationsmodell als Kern- voraussetzung Kernvoraussetzung für die Modellierung von Szenarien ist ein Simulationsmodell, das ▶ einerseits einfach zu bedienen ist, ande- rerseits auch komplexe Sachverhalte ab- bilden kann; ▶ bei Veränderung von Eingangsgrößen di- rekt die Auswirkungen auf die zentralen Steuerungsgrößen aufzeigt; ▶ in sich konsistent ist und fachlich korrekte Ergebnisse liefert und ▶ flexibel anzupassen und zu erweitern ist. Für den Aufbau von Simulationsmodellen bildet ein „Base Case“ bzw. Basis-Szenario den Ausgangspunkt. Dieses kann sowohl eine existierende Planung sein als auch ein Forecast bzw. eine Fortschreibung der aktu- ellen Situation. Für die effiziente Generie- rung eines entsprechenden Forecasts kön- nen Fortschreibungslogiken auf Basis von Predictive Analytics (für die Kurzfrist-Pers- pektive) und makroökonomischen Parame- tern (für die Langfrist-Perspektive) Verwen- dung finden. Das hat den Vorteil, dass man als Unternehmen unabhängig von einer aufwendigen und ggf. nicht mehr passen- den Planung ist. Dieses Basis-Szenario wird anschließend er- weitert, so dass alternative Szenarien entste- hen. Ein solches veränderungsbasiertes Vor- gehen sichert Effizienz und vermeidet eine aufwendige Neuplanung. Kernelement einer solchen Modellierung ist ein Treibermodell , AKTUELL Summary Ummit einer extremen Unsicherheit um- zugehen, bedarf es der Betrachtung un- terschiedlicher Szenarien im Sinne alter- nativer Zukunftsentwürfe für das Unter- nehmen, einschließlich der zugehörigen Maßnahmenpläne. Mit dem richtigen Geschäftsverständnis und einem leis- tungsstarken Simulationsmodell bietet die Szenarien-Modellierung dem Unter- nehmen klare Wettbewerbsvorteile. Für das Controlling steigen die Chancen, die regelmäßig angestrebte Business-Part- ner-Rolle zu erreichen oder zu verstärken. Abb. 1: Nutzen der Etablierung einer standardmäßigen Szenarien-Modellierung in der Unternehmenssteuerung
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