Controller Magazin 9/10-2020

42 Controller Magazin | Ausgabe 5 AKTUELL in welchen Bereichen sich dies auswirkt und wie es ge- messen werden kann. Die Antwort ist, dass es sich auf praktisch alle Bereiche auswirkt. Sie lassen sich grob in drei hierarchische und einen umfassenden Bereich ein- teilen. Die hierarchischen sind Strategie, Prozesse und IT-Systeme, beim umfassenden Bereich handelt es sich um die Unternehmenskultur und die Mitarbeitenden (vgl. Abb. 2). Strategie und Unternehmenskultur Unter Strategie versteht man grundsätzliche, langfristi- ge Verhaltensweisen bzw. Maßnahmenkombinationen einer Unternehmung und relevanter Teilbereiche gegen- über ihrer Umwelt zur Verwirklichung ihrer langfristigen Ziele (vgl. Gillenkirch, R. (o.A.)). Mit dieser Definition sind zwei wesentliche Bereiche des Controllings direkt ange- sprochen, Planung und Steuerung. Es geht beim strategi- schen Management darum, systematisch langfristige Ziele abzuleiten und die Zielerreichung dann später zu überprüfen. Strategische Ziele sind also zukünftige, ge- wünschte Sollzustände einer Unternehmung. Der Zeit- horizont variiert dabei von Branche zu Branche oder so- gar von Unternehmen zu Unternehmen. Um die strategische Planung zu unterstützen, hat das Controlling einige Instrumente im Werkzeugkasten, de- ren Bedeutung in Zukunft wahrscheinlich größer wird. Dies sind vor allem solche Instrumente, die den Blick in die Zukunft erlauben bzw. die das Unternehmen flexibel und agil machen. In diesem Zusammenhang sind vor al- lem Kennzahlensysteme und Frühwarnindikatoren so- wie Simulationsmodelle zu nennen. Frühwarnindikatoren Frühwarnindikatoren sind Kennzahlen oder Indices, die für sich in Anspruch nehmen, die wirtschaftliche Entwicklung vorauszusagen. Beispiele hierfür sind der IFO-Geschäftsklimaindex und der PMI Purchase Ma- nager Index. Bei ersterem handelt es sich um einen monatlich erstellten Index zur Prognose der wirt- schaftlichen Entwicklung in Deutschland. Dieser be- rechnet sich aus der Einschätzung von wirtschaftlicher Lage und Erwartung aus Sicht von befragten Unter- nehmen. Der Einkaufsmanagerindex ist ebenfalls ein monatlich erhobener Wert zur Einschätzung der wirt- schaftlichen Situation. Dabei werden Einkaufsmana- ger befragt nach Kenngrößen wie Auf tragseingang, Auftragsbestand und Einkaufspreisen. Auch Aktienin- dices sind Indikatoren für die längerfristige wirtschaft- liche Entwicklung eines Landes, also z.B. der Swiss Market Index (SMI) in der Schweiz oder der Deutsche Aktienindex (DAX) für Deutschland. Für alle genann- ten Indikatoren muss allerdings gesagt werden, dass sie nur die kontinuierliche Entwicklung einer Wirt- schaft beschreiben. Eine Krise wie die aktuelle Corona- Pandemie hätte auch mit diesen Indices nicht prog- nostiziert werden können. Simulationsmodelle Eine zweite Kategorie von Instrumenten sind Simula­ tionsmodelle. Sie werden teilweise sogar als „Enabler“ ei- nes effektiven Anti-Krisen-Controllings bezeichnet (vgl. Kappes, M. (2020)). Dabei werden zukünftige Entwick- lungen unter bestimmten Annahmen betrachtet. Zu- sammenhänge zwischen unabhängigen und abhängigen Variablen werden definiert. Durch Verändern der unab- hängigen Variablen werden die Schwankungen bei den abhängigen Variablen beobachtet. Bei einer Sensitivi- tätsanalyse wird der Wert einer unabhängigen Variablen verändert, bei einer Szenarioanalyse werden die Werte mehrerer unabhängiger Variablen gleichzeitig verändert und meist in drei Szenarien zusammengefasst, einem Best Case, einemWorst Case und einem erwarteten Sze- nario. Die Monte-Carlo-Simulation geht noch einen Schritt weiter, indem sie sowohl die Werte der abhängi- gen als auch der unabhängigen Variablen mit statisti- schen Wahrscheinlichkeitsverteilungen kombiniert. Mit Hilfe eines Zufallsgenerators werden dann für die unab- hängigen Variablen Zahlenwerte innerhalb der Wahr- scheinlichkeitsfunktion generiert und die Werte der ab- hängigen Variablen berechnet. Diese Berechnung wird in tausendfachen Iterationen wiederholt, um nach dem Gesetz der großen Zahlen eine möglichst realistische Verteilung der Werte der abhängigen Variablen zu erhal- ten. Obgleich die Monte-Carlo-Simulation sicherlich die zuverlässigsten Ergebnisse liefert, gilt auch für dieses Verfahren, dass Annahmen getroffen und die Beziehun- gen der Variablen untereinander definiert werden müssen. Ein Ansatz, der vor allem im Rahmen der Finanzkrise an Bedeutung gewonnen hat, ist der Stresstest für Banken, der seit 2009 durch die Europäische Bankenaufsicht durchgeführt wird. Dabei wird ein Krisenszenario simu- liert unter der Annahme einer Wirtschaftskrise, eines Einbruchs am Finanzmarkt, Währungsturbulenzen und hohen Kreditausfällen. Damit ist es vergleichbar mit demWorst Case Szenario einer Szenarioanalyse. Die beschriebenen Instrumente sind Hilfsmittel, die stra- tegische Planung zu verbessern. Sie sind aber trotz allem keine Garantie dafür, dass ein Unternehmen gegen jeg- liche Art von Krisen geschützt ist. Ein resilientes Unter- nehmenmuss sich schnell an ändernde Bedingungen an- passen können. Dafür ist eine gewisse Dezentralisierung und Verlagerung von Entscheidungskompetenzen an die Basis notwendig. Frühere Ansätze des Beyond oder Good Budgeting postulierten dies ebenfalls (vgl. Hope/Fraser (2003)). Der Detaillierungsgrad der Planung wird sich ebenfalls verringern. Es macht keinen Sinn, alles exakt zu Prof. Dr. Wilfried Lux ist Professor an derOST – Ostschweizer Fachhochschu- le in St. Gallen, Institut für Unternehmensführung, Leiter Kompetenzzentrum für Finanzmanagement und Controlling, Dozent für Controlling und Performance Management. wilfried.lux@ost.ch Dr. Sabine Pallas ist Dozentin für Finanzma- nagement und Controlling an der OST – Ostschweizer Fachhochschule in St. Gallen. Zuvor war sie mehrere Jahre bei BMW tätig in den Bereichen Produktcontrol- ling und Vertriebssteuerung. sabine.pallas@ost.ch „Simulationsmodelle werden teilweise sogar als „ Enabler “ eines ef fektiven Anti-Krisen- Controllings bezeichnet. “

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