Controller Magazin 9/10-2020
40 Controller Magazin | Ausgabe 5 AKTUELL neuen Geschäftsbereich, eine neue Branche, neue Kundengruppen, neue Vertriebswege oder auf neue Märkte umstellen kann, oder von vornherein ein diversifiziertes Produkt- und Serviceportfolio hat, sichert seine Hand- lungsfähigkeit auch in Krisenzeiten. Kappes nennt als konkrete flexibilitätsstei- gernde Maßnahmen eine Verringerung des Fixkostenanteils beispielsweise über eine ver- längerteWerkbank, die Schaffung von Redun danzen u.a. über die Lieferantenauswahl so- wie eine Diversifizierung nicht nur vom eige- nen Portfolio, sondern von allen Wertschöp- fungsketten und Absatzkanälen (vgl. Kappes (2020), S. 5). Diese Maßnahmen sind in der Regel nicht die kostengünstigsten, jedoch empfehlen sie sich als risikoärmere Alternative. Reaktionsschnelligkeit: Flexibilität vorhal- ten ist der eine Teil, allerdings ist eine schnelle Umsetzung mindestens genauso wichtig. Daher ist Reaktionsschnelligkeit das nächste Merkmal. Ein vorgehaltenes neues Geschäftsfeld muss auch sehr schnell in die Tat umgesetzt werden. Ein eindrückliches Beispiel sind in der Corona-Krise viele kleine Ladengeschäfte, die sehr schnell auf Liefer- services und/oder Online-Shops umgestellt haben, sowie Bildungsinstitutionen, die ihr Lehrangebot innerhalb von Tagen von Prä- senz- auf Onlineunterricht migriert haben. Elastizität: Wenn ein Unternehmen schwer getroffen ist von einer Krise, muss es in der Lage sein, sich auf den Kern seines Ge- schäftsmodells zu besinnen und womöglich seine Geschäftstätigkeit in gewissem Maß zurückfahren. In diesem Sinn wird hier der Begriff „Elastizität“ verstanden. Wenn man den menschlichen Körper als Sinnbild heran- zieht, versorgt der Körper bei Gefahr des Er- frierens mit höchster Priorität die lebens- wichtigen Organe im Rumpf mit Blutzufuhr und Wärme (Herz, Lungen), wodurch die Versorgung der Gliedmaßen zurückgefah- ren wird. Übertragen auf ein Unternehmen sollten periphere Geschäftstätigkeiten zu- nächst auf Eis gelegt werden, um das Über- leben durch Konzentration auf das Kernge- schäft zu sichern. Redundanzen: Eng verbunden mit Flexibili- tät ist die Schaffung von Redundanz. Darun- ter wird die zusätzliche Existenz gleicher Ressourcen verstanden, die in einem norma- len, störungsfreien Betrieb nicht zwingend benötigt würden. Redundanzen werden zwar häufig während einer störungsfreien Zeit als überflüssig, teuer und ineffizient an- gesehen, bekommen aber immense Wich- tigkeit in Krisenzeiten. Dies ist beispielswei- se wichtig in der Lieferantenauswahl, um für ein bestimmtes Produkt nicht vollständig abhängig von einem einzigen Lieferanten zu sein. Redundanzen sind gleichermaßen not- wendig bei IT-Systemen oder Kompetenzen von Mitarbeitern. Autarkie vs. Vernetzung: Die Frage, ob ein vollkommen autarkes oder vernetztes Un- ternehmen resilienter ist, muss differenziert betrachtet werden. Wenn man das gesamte Ökosystem eines Unternehmens betrachtet, erscheint zunächst Autarkie und damit die Unabhängigkeit von Lieferanten etc. wün- schenswert. Tatsächlich werden in einer Um- frage der IHK unter Ostschweizer Unterneh- men Engpässe/Verzögerungen in der Liefe- rung zu 33% als Erschwernisse während der Corona-Krise genannt (vgl. IHK Research St. Gallen (2020), S. 12). Jedoch wird durch eine vollkommene Autarkie auch das gesamte Ri- siko in der Wertschöpfung vom Unterneh- men selbst getragen, und ist dadurch nicht erstrebenswert. Tatsächlich erscheint Ver- netzung innerhalb des Ökosystems (Kun- den, Lieferanten, Mitarbeiter) einerseits aus Risikogründen vorteilhaft, andererseits aber auch schlicht aus Gründen des Zusammen- halts. Mitarbeiter mögen rein fachlich au tark im Homeoffice arbeiten können, den- noch fehlt vielen der informelle Austausch und die Vernetzung mit Kollegen im Büro. Auch für viele IT-Systeme ist eine Vernet- zung untereinander essenziell, worauf näher im folgenden Kapitel eingegangen wird. Zu- Controlling Resilienz eines Geschäftsmodells Wirtschaft Sozial (Gesundheit) Umwelt Politisch Rechtlich Krise optimistisch pessimistisch global lokal Zukunfts- Szenarien Gewinnkrise Liquiditätskrise Existenzkrise Unternehmerische Gefahren Resilienz-Merkmale Strategie IT-Systeme Prozesse Kultur flexibel schnell redun -dant vernetzt elastisch Abb. 2: Resilienz eines Geschäftsmodells
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