Controller Magazin 9/10-2020
31 Controller Magazin | Ausgabe 5 RISIKOMANAGEMENT & RATING (für das Unternehmen positive Abweichun- gen) zu verstehen sind. Im Rahmen der Analyse wurden die Risiken zunächst in zwei Kategorien eingeteilt, da sich die Vor- gehensweise der Analyse und Quantifizie- rung unterscheiden: 1.) außerordentliche Risiken sind mit ei- nem eindeutig identifizierbaren Ereignis verbunden, wie z.B. Feuerschäden oder Schlüsselpersonenrisiken. Typischerweise kommen diese mit einer eher niedrigen Eintrittswahrscheinlichkeit einher. Beim Eintritt kann der Schaden verschiedene Höhen annehmen (Schadensverteilung im Ereignisfall). 2.) Planungsunsicherheiten (einzelner Pla- nungspositionen) stellen die allgemein möglichen Abweichungen vom Planwert dar, z.B. die Abweichung des Umsatzes von seinem geplanten Wert. Diese sind weniger mit einzelnen Ereignissen in (ein- deutige) Verbindung gesetzt, sondern als Summe vieler nicht erkannter oder als ei- genständiges Ereignis nicht erfasster Risi- ken zu verstehen. Diese Risiken treten als Planabweichungen mit Sicherheit ein (Eintrittswahrscheinlichkeit 100%), ist doch z.B. die Umsatzmenge nie genau so wie geplant, nur ist deren konkrete Aus- prägung unsicher (vgl. vertiefend Schil- ling 2018). Die Analyse potenzieller Risiken erfolgte zu- nächst anhand vorliegender Daten aus dem Controlling sowie dem Qualitätsmanage- ment (auf Basis der Fehler-Möglichkeits- Analysen – „FMEA“). Um die allgemeinen (zukünf tigen) Planungsunsicherheiten – also die Abweichung der tatsächlichen Aus- prägung einer Position vom geplanten Wert – abzuschätzen, wurde zuerst die Historie betrachtet. Es wurden die Ist-Daten der letz- ten 10 Jahre ausgewertet und daraus die Schwankungsbreiten der wesentlichen Posi- tionen ermittelt. Insbesondere ausgewerte- te, relevante Schwankungen waren, neben Absatzmengen- und Absatzpreisschwan- kungen, die Schwankung der Materialkos- ten, der Personalkosten, sowie der sonstigen Kosten. Nach der Auswertung der histori- schen Daten wurden diese aufbereitet und in einem Workshop mit den verantwortli- chen Personen sowie der Geschäftsführung diskutiert (zu weiteren Methoden siehe Va- nini 2014). Dabei wurde vor allem auch ge- prüft, wie weit diese historischen Schwan- kungen auch für die nächsten Jahre so ange- nommen werden können und somit eine Prognose der zukünftigen Planabweichun- gen erstellt. Zusätzlich wurden auch die möglichen stra- tegischen Risiken des Unternehmens be- trachtet und die Bereiche Erfolgsfaktoren, Wettbewerbskräfte, Trends und Strategie- änderungen von Wettbewerbern analysiert. Die weiteren potenziellen außerordentli- chen Risiken wurden anhand Risikofelder mit den jeweiligen Fachbereichen diskutiert (siehe Abbildung 2). Zu allen Risikofeldern wurde auf bestehende Auswertungen zurückgegriffen (z.B. aus den FMEA) und/oder Leitfragen gestellt und ana- lysiert, welche Risiken hier konkret über den Analysezeitraum zu erwarten wären. Dabei wurde aus pragmatischen Gründen nur auf relevante Risiken abgestellt, identifiziert mit Hilfe einer vereinfachten Relevanzskala. Im vorliegenden Fall wurden drei Relevanzklas- sen angenommen: 1.) Relevanz 1: Ein Risiko, dass eine Abwei- chung vom geplanten EBIT eines Jahres bis unterhalb 1,0 Mio. EUR zur Folge ha- ben kann; 2.) Relevanz 2: Ein Risiko, dass eine Abwei- chung vom geplanten EBIT eines Jahres von mindestens 1,0 Mio. EUR bis 5,0 Mio. EUR zur Folge haben kann, sowie 3.) Relevanz 3: Ein Risiko, dass eine Abwei- chung vom geplanten EBIT eines Jahres von mehr als 5,0 Mio. EUR zur Folge ha- ben kann („Bestandsgefährdung“). Diese Klassen wurden gewählt, weil Risi- ken der Größenordnung über 1 Mio. EUR bei einem Eintritt eine spürbare Auswir- kung auf das Unternehmen aufweisen würden und ab 5 Mio. EUR auch eine Be- standsgefährdung auslösen könnten, da dann die Hälfte des vorhandenen Eigenka- pitals aufgezehrt wäre. Die Anwendung der Relevanzskala ist in der Praxis hilfreich, um den Zeitaufwand für die Risikoquantif- zierung in Grenzen zu halten. Einzeln quan- tifiziert werden nur die Risiken ab einem gewissen – für das Projekt in Abhängigkeit der Wichtigkeit, Komplexität und Zeitrah- men passend gewählten – Relevanzniveau. Die Risiken unter dem gewählten Niveau werden nicht komplett vernachlässigt, son- dern vereinfacht zusammengefasst und bei den Planungsunsicherheiten als Aggre- gat in der Modellierung berücksichtigt. Abb. 2: Risikofelder zur Analyse potenzieller Risiken
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