Controller Magazin 9/10-2020

22 Controller Magazin | Ausgabe 5 RISIKOMANAGEMENT & RATING genannten Aufgaben, agieren die befragten Risikomanager nur bedingt als Business Partner (Fremdbild). Alle Risikomanager ge- ben an, ihre Rolle proaktiv wahrzunehmen, d.h. mit eigenen Themen und Lösungsansät- zen an das Management heranzutreten. Möglicherweise steht diese proaktive Auf- gabenwahrnehmung im Zusammenhang mit den fehlenden Entscheidungskompe- tenzen. Um ihre Themen voranzutreiben und Aufmerksamkeit und ggf. Ressourcen vom Management zu erhalten, sind die Risi- komanager auf ihre Eigeninitiative und ihre Überzeugungskraft angewiesen. DieMehrheit der Risikomanager befasst sich primär mit operativen Themen im Rahmen des RM-Prozesses. Dabei werden vor allem Bewertungs-, Reporting- und Beratungs- so- wie Koordinationstätigkeiten durchgeführt. Einige Risikomanager sind auch in strategi- sche Fragen z.B. im Rahmen der Neupro- duktentwicklung oder der Formulierung der Risikostrategie eingebunden. Insgesamt konnten die Befunde vorheriger Studien in Bezug auf ein sehr umfassendes und hetero- genes Aufgabengebiet der Risikomanager bestätigt werden. Eine direkte Berichterstattung an die Ge- schäftsführung erfolgt nur dann, wenn der Risikomanager auch in der Rolle des CRO agiert oder Abteilungs- bzw. Bereichsleiter ist. Ansonsten berichten die Risikomanager sowohl im Rahmen von Regelterminen als auch – mit einer Ausnahme – informell regel- mäßig an ihren jeweiligen Fachvorgesetzten, der dann die Risikoinformationen in seine Re- geltermine mit der Geschäftsführung weiter- trägt. Eine direkte Kommunikation mit der Geschäftsleitung ist somit nur in Ausnahme- fällen gegeben. Allerdings wird die Relevanz des RM im Management der befragten Un- ternehmen zunehmend erkannt und die Ex- pertise der Risikomanager geschätzt, da die- se sich fast ausnahmslos als gleichberechtig- ter Gesprächspartner des Managements wahrnehmen und mit ihrer Rolle im Unter- nehmen überwiegend zufrieden sind: „Das ist zwar kein offizieller Berichtsweg, aber es kommt schon vor, dass das Telefon klingelt und gefragt wird: Haben Sie mal fünf, zehn Minuten oder eine viertel Stunde Zeit? Und dann sitze ich beimVorstand. Wir diskutieren durchaus und die legen schon Wert auf meine Meinung.“ (Interviewpart- ner Unternehmen 6) Insgesamt agieren die befragten Risikoma- nager weniger als Business Partner in Rein- form, sondern übernehmen in Abhängigkeit von ihrer organisatorischen Einordnung eher die Rolle eines Compliance Champions oder Methodenspezialisten mit erweiterter Beratungsfunktion: „Es gibt mehrere Facetten. Zum einen braucht er [der Risikomanager, Anm. d. Verf.] meiner Meinung nach eine hohe Fachkompe- tenz im Hinblick auf die gesetzlichen Anfor- derungen. Die sollten aber nicht Inhalt der Beratung eines Business Partners sein. Sie sollten also nicht als Hauptargument dienen [für die Umsetzung des RM, Anm. der Verf.]. Es sollte eher der betriebswirtschaftliche Aspekt sein, um dem Manager zu zeigen, warum das Sinn macht, sich mit Risiko zu beschäftigen und wie das seine Entschei- dungsfindung und sein spezielles Handeln erleichtert. […] Darüber hinaus sollte er ein tiefgreifendes Methodenwissen aufweisen, das heißt, er sollte Risiken quantifizieren und aggregieren können, sowie eine Monte Carlo-Simulation durchführen bis hin zur Risikotragfähigkeit. Daneben sollte er auch Prozesswissen haben und dazu gehört zu wissen, wie ich zumBeispiel eine Inventur ab- wickle, die Ergebnisse zusammenfasse und die in die entsprechenden Gremien bringe.“ (Interviewpartner Unternehmen 8) Die Ausgestaltung der Business Partner-Rol- le des RM ist von kontextbezogenen Fakto- ren wie den Erwartungen des Manage- ments, der organisatorischen Anbindung des RM, den gesetzlichen Anforderungen u.a. abhängig. Ob Risikomanager als Busi- ness Partner agieren können, hängt z.B. vom Anforderungsprofil ab, das das Manage- ment der RM-Stelle zuschreibt: „Der Vorstand legt bei uns einen großen Schwerpunkt auf die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen und sieht uns noch nicht in der Funktion der betriebswirtschaftlichen Bera- tung.“ (Interviewpartner Unternehmen 8) Höhere gesetzliche Anforderungen stärken zwar einerseits die Bedeutung des RM. An- dererseits kommt dem RM in diesen Unter- nehmen eine stärkere Überwachungsfunk- tion zu, die eine größere Unabhängigkeit vom Management erfordert und nicht mit der Rolle des Business Partners kompatibel ist. Gerade in Finanzinstituten finden sich daher sowohl überwachungsnahe Compli- ance Management als auch Methodenspezi- alisten, da hier die Aufsicht auch detaillierte Anforderungen an die einzusetzenden Be- wertungsmodelle stellt. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass die orga- nisatorische Eingliederung des RM die Auf- gaben und die Rolle der befragten Risikoma- nager wesentlich bestimmt. So hängt die Rolle des Compliance Officer erwartungsge- mäß eher mit einer Zuordnung des RM zu ei- nem Compliance-nahen Unternehmensbe- reich zusammen, während Methodenspezi- alisten eher bei einer Zuordnung des RM zum Controlling zu finden sind. Schnittstel- lenkonflikte sind zumeist auf die fehlende Verknüpfung zwischen RM und Controlling zurückzuführen, da dann beide Stabsberei- che um die knappen zeitlichen Ressourcen und die Aufmerksamkeit der Unterneh- mensführung konkurrieren. Auch spielt die personelle Ausstattung des RM eine Rolle bei Ausübung der Business Partner-Rolle. Die Interviews haben gezeigt, dass aufgrund der gesetzlichen Anforderun- gen an das RM die Rolle des Compliance Champions und aufgrund der methodi- schen Anforderungen insbesondere an die Risikobewertung die Rolle des Methoden- spezialisten vielfach für eine RM-Funktion grundlegend sind. Für die Wirksamkeit in das Unternehmen hinein wird zudem eine Beratungs- und Kommunikationskompe- tenz im RM benötigt. Insgesamt kann also eher davon ausgegangen werden, dass die Rolle des Business Partners zumindest teil- weise das Vorhandensein der anderen bei- den Rollen voraussetzt: „Es wird später keiner einzeln diese Bera- tungsrolle [die des Business Partners; Anm. des Verf.] ausführen können, sondern nur ein Team insgesamt.“ (Interviewpartner Unternehmen 7) Was bedeuten die Ergebnisse für die Unternehmenspraxis? Die Ergebnisse zeigen, dass die Grundfunkti- onen des RMdurch die Rollen des Compliance Champions sowie des Methodenspezialisten abgedeckt werden. Damit das RM auch zur proaktiven Unterstützung von Management- entscheidung beiträgt und damit seine Wirk- samkeit in der Unternehmenssteuerung ent- faltet, muss von der Unternehmensführung

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