Controller Magazin 9/10-2020
105 Controller Magazin | Ausgabe 5 telständler im Blick haben, um Gefahren zu erkennen und ihr Unternehmen zu stabili- sieren? H. Balzer: Eine Gefahr für mittelständische Unternehmen im automobilen Umfeld und demMaschinenbau besteht darin, dass Kun- den Aufträge abziehen und bei der Konkur- renz platzieren. Deswegen sollten Unterneh- men, bevor sie an der Kostenschraube dre- hen, immer zuerst ihr bestehendes Geschäft sichern und sich fragen, wie attraktiv und wettbewerbsfähig sie noch sind. Bei dem ins- gesamt mittelfristig rückläufigen Marktvolu- men, das wir derzeit sehen, kann die bran- chenmäßige Diversifizierung eine gute Stra- tegie sein. Wenn Automobilzulieferer ihr hohes technisches Know-how und den vor- handenen Maschinenpark nutzen, um bei- spielsweise für Consumer-Märkte zu ferti- gen, können sie sich unserer Erfahrung nach gute Preise sichern. Welche Empfehlung zur Unternehmens finanzierung haben Sie für Unternehmen, die jetzt dieWeichen für die Zukunft neu stellen? W. Biegert: Bei der Kreditvergabe erwarten Banken eine wesentlich höhere Transparenz über wirtschaftliche und finanzielle Verhält- nisse als bisher. Das beinhaltet noch über- zeugendere, komplexere Darstellungen der Managementqualität, des Geschäftsmodells und der Prozesse, so dass alle relevanten be- trieblichen Abläufe für die Banken nachvoll- ziehbar werden. Eine derart umfassende Finanzkommunikation ist für viele Betriebe nicht selbstverständlich, sondern wird of t sträflich vernachlässigt. Doch damit Unter- nehmen überhaupt die richtigen Investiti- onsentscheidungen treffen können, empfeh- le ich, die Banken frühzeitig mit ins Boot zu holen. Denn nur, wenn die Unternehmens finanzierung gesichert ist und demzufolge auch die Liquidität, ist es möglich, neue Pläne zu verfolgen. Was sind denn in der gegenwärtigen Lage die besten Bausteine, um Unternehmen zu- kunftsorientiert neu aufzustellen? H. Balzer: Der Schlüssel zu einer erfolgrei- chen Restrukturierung ist ein ganzheitliches Stabilisierungskonzept. Das beginnt mit dem Produktportfolio und der Analyse, welche Produkte Gewinne bringen, Kosten decken oder zu Verlusten führen. Daraus leitet sich das Break-even-Niveau ab ausgehend von dem zu erwartenden Geschäf t in der Zu- kunft. Um eine möglichst hohe Produktivität und optimale Kostenstruktur zu erreichen, ist es ratsam zu untersuchen, an welchem Standort mit welcher Kapazität produziert werden sollte. Daran schließt sich die Be- trachtung der Führungs- und Organisations- struktur an, da die Personal- und Material- kosten mit zusammen 70 bis 80 Prozent ein gewichtiger Faktor sind. Hier schauen wir im Overheadbereich ebenso wie in der Ferti- gung, wie sich interne Prozesse durch Digita- lisierung optimieren lassen, etwa indem Da- ten geschickter und mit weniger manuellem Aufwand verarbeitet werden als bisher. Last but not least geht es um das Geschäf ts modell und die Weiterentwicklung neben dem angestammten Kerngeschäft hinein in wachsende Märkte. Um Zukunftspläne umzusetzen, benötigen Unternehmen Kredite. Welche Kriterien soll- ten sie schon heute bedenken, um in späte- ren Ratingverfahren gut abzuschneiden? W. Biegert: Der Zusammenhang zwischen Ratingergebnis und Kreditkonditionen wird durch die Corona-Krise noch bedeutender. Ein Unternehmensrating setzt sich aus quali- tativ „weichen“ und quantitativ „harten“ Fak- toren zusammen. Die zentrale Aufgabe des Managements ist es, alle Faktoren perma- nent zu optimieren und auch die weichen, nicht messbaren Faktoren, wie die künftige Wettbewerbsfähigkeit oder die Unterneh- merpersönlichkeit, den Banken gegenüber gut zu erläutern. Umgekehrt sollten Unter- nehmen nachfragen, wie Bewertungen zu- stande gekommen sind, um gegebenenfalls einer Einschätzung entgegenzuwirken. Unabhängig von der aktuellen Lage ist und bleibt ein entscheidendes Kriterium das Ei- genkapital, das es zu erhöhen oder mindes- tens zu halten gilt. Denn unterdurchschnitt- liche Quoten werden zukünftig noch stärker als bisher zu Problemen bei der Kreditver- gabe führen. RMA Marketplace Sie suchen … Sie bieten … Dienstleistungen & Softwarelösungen zu den Themen Risiko-, Compliance-, Versicherungsmanagement & Rating www.rma-ev.org/marketplace Wir bringen Sie zusammen: www.rma-ev.org Risk Management & Rating Association
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