Controller Magazin 9/10-2020

104 Controller Magazin | Ausgabe 5 RMA INTERN Plan B Wie Unternehmen trotz Corona liquide und zukunf ts- fähig bleiben Einen Umsatzeinbruch von bis zu 50 Prozent verzeichnen Automobilzulieferer, automobil- nahe Dienstleister und Maschinenbauer im Mai verglichen zum Vorjahr. Das hohe Ni- veau von 2019 wird vermutlich erst wieder 2022 erreicht, prognostizieren Experten. Die Folge: Überkapazitäten und damit einherge- hend eine Marktkonsolidierung, die vor allem den Mittelstand trifft. Prof. Dr. Wolfgang Biegert, stellv. Vorsitzender des Vorstands der Risk Management & Rating Association (RMA) e.V. und Honorarprofessor für Ban- king, Finance, Rating and Risk an der SRH Fernhochschule – The Mobile University, und Dr. Harald Balzer, Gründer und Vorstands- vorsitzender der CONCEPT AG, erklären, wie Unternehmen zügig einen Plan B entwickeln, um die negativen Auswirkungen der Corona- Pandemie zu überstehen und den sich ver- schärfenden Anforderungen der Finanzpart- ner zu genügen. Herr Dr. Balzer, die Corona-Pandemie hat Teile der Wirtschaft in schwere Turbulenzen gestürzt. Die Politik versucht mit finanziel- len Rettungspaketen in noch nie dagewese- ner Höhe, Unternehmen durch die Krise zu helfen. Reicht das aus oder braucht es ande- re Maßnahmen, auch auf Seiten der Firmen? H. Balzer: Die staatlichen Unterstützungen verschaffen den Unternehmen Luft zum At- men und Zeit, um einen Plan B vor der anzu- nehmenden Marktentwicklung zu erarbei- ten. Da derzeit niemand weiß, wann sich ge- nau die Konjunktur wieder wie stark belebt oder wie lange der vereinfachte Zugang zu Kurzarbeit bestehen bleibt, liegt es in der Verantwortung der Unternehmer, Perspekti- ven für das zweite Halbjahr und 2021 zu ent- wickeln. Im Zuliefererumfeld lagen in der Vergangenheit die durchschnittlichen EBIT- Raten zwischen fünf und acht Prozent. Ange- sichts der drastischen Rückgänge können Unternehmen diese Werte nicht mehr reali- sieren und werden ihr Break-even-Niveau beim Ergebnis absenken müssen. Das funk- tioniert nur, wenn sie Strukturen verändern. Dafür brauchen sie einen Plan B und ein Kri- terium, wann sie ihn in die Tat umsetzen. Das kann beispielsweise die Höhe der freien Liquidität einschließlich der heutigen Kredit- linie sein. Herr Professor Biegert, wie ist die Situation für Unternehmen, die einen Kredit benö­ tigen? W. Biegert: Schon vor der Corona-Krise haben wir beobachtet, dass sich die Banken ange- sichts der abflauenden Konjunktur bei der Kreditvergabe zurückhielten, wodurch sich das Klima zwischen Finanzinstituten und Unternehmen verschlechterte. Da die Ban- ken ihr Risiko aus dem Kreditgeschäft mini- meren wollen, etwa indem sie mehr Sicher- heiten verlangen oder höhere Anforderun- gen stellen, insbesondere zur Offenlegung und Dokumentation von Informationen aus dem betrieblichen Finanzwesen, wird es für den Mittelstand aufwändiger, langwieriger und schwieriger werden, einen Kredit zu bekommen. Fehlendes Kapital ist oft nicht der einzige Grund, wenn im Mittelstand eine Insolvenz droht. Welche anderen Bereiche solltenMit- Prof. Dr. Wolfgang Biegert , stellv. Vorsitzender des Vorstands der Risk Management & Rating Association RMA e.V. und Honorarprofessor für Banking, Finance, Rating and Risk an der SRH Fernhochschule – The Mobile University Dr. Harald Balzer , Gründer und Vorstandsvorsitzender der CONCEPT AG Folgende Vorbereitungsmaßnahmen sind für Unternehmen in je- demFall anzugehen:  ▶ Aufgrund der Anwendung von PS 340 n.F. erstmals für Ab- schlussprüfungen von Berichtszeiträumen, die nach dem 31.12.2020 beginnen, sollten Unternehmen bereits jetzt etwaigen Bedarf zur Anpassung des RMS identifizieren!  ▶ Die entsprechenden Konzepte zur Anpassung sollten frühzeitig in den Gremien genehmigt werden.  ▶ Eine Abstimmung mit dem Abschlussprüfer ist anzuraten.  ▶ „Neuralgische Punkte“: – Risikotragfähigkeitskonzept (insbesondere: Was ist die maxi- mal akzeptable Wahrscheinlichkeit des Eintretens der Be- standsgefährdung durch Insolvenz / Illiquidität? Welche Kenn- zahlen sollen für die Bemessung der Risikotragfähigkeit imUn- ternehmen verwendet werden?) – Interdependenzen und Risikoaggregation – Prüffähigkeit der Risikosteuerung – Zeithorizont(e) – Vollständigkeit (Rechtliche Risiken? Beteiligungen? Compliance- Risiken?) Für Unternehmen, die den Austausch zu diesen Themen suchen, führt die RMA weitere Webinare durch. Sobald weitere Lockerungen der Corona-Regelungen es erlauben, werden auch wieder Arbeitskreis­ sitzungen in Präsenzform durchgeführt werden, in denen sich Interes- sierte austauschen können. Bei Interesse am Arbeitskreis „Risikomanagement-Standards“ wenden Sie sich bitte an jan.offerhaus@rma-ev.org.

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