Controller Magazin 9/10-2020

103 Controller Magazin | Ausgabe 5 Zu einer Operationalisierung der Identifikation von be- standsgefährdenden Entwicklungen gehört also zu- nächst einmal – im Rahmen der Risikostrategie – die De- finition der kritischen, maximal akzeptablenWahrschein- lichkeit des Eintretens der Unternehmensinsolvenz. Die Unternehmensinsolvenz ist nämlich der Ausdruck dessen, dass der Bestand des Unternehmens nicht mehr gegeben ist. Zur Operationalisierung der Risikotragfähigkeitser- mittlung gehört als nächstes die Definition und Berech- nung von Kennzahlen, die den Gesamtrisikoumfang des Unternehmens zum Risikodeckungspotenzial des Unter- nehmens in Beziehung setzen. Hierzu kann z.B. der Ge- samtrisikoumfang mit einem Konfidenzniveau berechnet werden, welches aus der maximal akzeptablen Insolvenz- wahrscheinlichkeit abgeleitet ist. Wenn das Risiko­ deckungspotenzial den so berechneten Gesamtrisiko­ umfang übersteigt, dann ist kein kritischer Grad der Be- standsgefährdung gegeben. Alternativ bzw. zusätzlich kann die Wahrscheinlichkeit ermittelt werden, dass das Risikodeckungspotenzial durch die Gesamtheit der Risi- ken aufgezehrt wird und somit der Unternehmensbe- stand nicht mehr gegeben ist. Eine solche Operationalisierung des Risikotragfähigkeits- konzepts ist jedoch durch PS 340 n.F. nicht definiert und vorgegeben. Die Definition von Risikotragfähigkeit in PS 340 n.F. bleibt unpräzise und beschreibt eher die Größe, die typischerweise als Risikodeckungspotenzial bezeich- net wird. Dennoch setzt PS 340 n.F. mit der Betonung der Risikotragfähigkeit den richtigen Impuls. Hervorgehoben wird in der Neufassung von PS 340 die Thematik der Risikoaggregation, also dieNotwen- digkeit, das Zusammenwirken verschiedener Risiken adäquat abzubilden, wie folgt: Um die Anforderungen an eine adäquate Risikoaggre- gation zu erfüllen, reichen aus Sicht der RMA rein quali- tative Aussagen zur Gesamtrisikosituation des Unterneh- mens im Vergleich zum vorhandenen Risikodeckungs­ potenzial des Unternehmens jedoch nicht aus. Hier bleibt die Neufassung von PS 340 zu allgemein, da zum einen in Tz. 10 eine Methodenfreiheit ohne explizite Einschrän- kungen postuliert wird und zum anderen in den Anwen- dungshinweisen quantitative wie qualitative Verfahren als Möglichkeiten genannt werden. Bereits bei einzelnen Risiken sind Aussagen zumGrad des Risikos in rein qualitativer Form nicht ausreichend, da die Komplexität von Verteilungen zukünftiger Ereignisse (da- rum geht es bei Aussagen zum Risiko) sich nicht ohne ein entsprechendes quantitatives Instrumentarium abbilden lässt. Bei der Identifizierung von bestandsgefährdenden Entwicklungen geht es jedoch nicht nur um einzelne Risi- ken, sondern um die Abschätzung des Gesamtrisikoum- fangs des jeweiligen Unternehmens. Die Zusammenhän- ge zwischen einzelnen Risiken und das Zusammenwirken von Risikoeffekten über den jeweiligen Betrachtungszeit- raum verlangen eine adäquate quantitative Aggregation. Nur eine solche quantitative Risikoaggregation erlaubt es auch dem Prüfer zu validieren, ob die Ermittlung des Ge- samtrisikoumfangs adäquat erfolgt ist. Rein qualitative Aussagen darüber, dass der Gesamtrisikoumfang im Ver- hältnis zum Risikodeckungspotenzial des Unternehmens kein Anzeichen für eine Bestandsgefährdung ist, lassen sich kaum überprüfen und validieren. Die weiteren Aspekte der Neufassung von PS 340 wie u.a. die verstärkte Prüfung auch der Risikosteuerungsmaß- nahmen, die adäquate Berücksichtigung von Risiken aus Tochtergesellschaf ten und anderen Konzerneinheiten und das rechtzeitige Erkennen von Risiken in einem handlungsorientierten Zeithorizont wurden im Webinar ebenfalls vorgestellt und erläutert. Was bedeutet dies für die Unternehmen? Auch wenn der neue PS 340 nicht in allen Punkten als ausreichend präzise und detailliert genug erscheint, so wird sich für Unternehmen dennoch ein gewisser Anpas- sungsbedarf ergeben. Es wird dabei abzuwarten sein, wie Prüfer und zu prüfende Unternehmen im einzelnen PS 340 n.F. dann interpretieren. Insbesondere bei den oben genannten Aspekten von Risikotragfähigkeit und Risiko- aggregation dürfte es durchaus der Fall sein, dass durch die Diskussion dieser Themen bei Prüfern und Unterneh- men die notwendigen adäquaten Operationalisierungen der Risikotragfähigkeit und in den meisten Fällen auch notwendigerweise quantitative Methoden der Risiko­ aggregation resultieren. RISIKOAGGREGATIONUND INTERDEPENDENZEN: Bestandsgefährdende Entwicklungen können aus dem Zusammenwirkungmehrerer Risiken resultieren, die bei isolierter Betrachtung an sich nicht bestandsgefährdend sind. (Tz. 11) Bei der Beurteilung, ob eine bestandsgefährdende Entwicklung vorliegt, ist daher eine Aggregation der Risiken vorzunehmen. (Tz. 11) Interdependenzen werden analysiert und berücksichtigt. (Tz. 18)

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