Controllermagazin 6/2020

76 Controller Magazin | Ausgabe 6 HINTERGRUND rung). Es empfiehlt sich, dafür funktionale Konzepte zu definieren. Die Umsetzung erfolgt meistens in mehrjäh- rigen Projekten, weil das Know-how vieler Fachleute ein- zubringen ist. Das MCS muss deshalb auch die Projekt- planung und -steuerung ermöglichen. In der Jahresplanung werden aus den Strategien, den funktionalen Konzepten und aus der Mittelfristplanung die im Planjahr zu erreichenden Resultate (Ziele) abge- leitet und in die Teilbudgets überführt. Dadurch wird für alle beteiligten Personen erkennbar, welche Beiträge sie erbringen sollen, damit die Organisation als Ganzes ihre Ziele erreicht. Schließlich sind die inhaltlichen Pläne und Ziele auch wertmäßig abzubilden, damit erkennbar wird, ob die Planung auch finanziell zielführend ist. Dies er- folgt in der Kosten-, Leistungs-, Erlös- und Ergebnisrech- nung (Management Accounting). Weil Kunden ihre Artikel in anderen Mengen und zu an- deren Zeiten bestellen als geplant, weil unverhofft Anla- genstillstände eintreten, Mitarbeitende ausfallen oder Projekte verspätet sind, ist die unterjährige, dispositive Planung und Steuerung erforderlich (auch Taktik ge- nannt). Der Hauptteil der zur Disposition erforderlichen Daten wird in den ERP-Systemen (Enterprise Resource Planning Systems) geführt. Der Vergleich der Ist-Daten mit der Planung unterstützt Mitarbeiter und Führungs- kräfte dabei, ihre Jahresziele zu erfüllen. Die in den verschiedenen Plänen festgelegten und zu er- reichenden Resultate werden zu Zielen. Ziele sind von einzelnen Personen (Chefs und Mitarbeitende) zu errei- chende Zustände oder Resultate. Sie werden als Quanti- täten, Qualitäten, Termine und Ergebnisse (QQTE) ver- einbart und sind immer auf die verantwortliche Person bezogen. Deshalb ist es wichtig, dass Zielvereinbarung und Jahresplanung parallel ablaufen. Werden beispiels- weise Leistungen und Kosten einer Kostenstelle unter der Annahme geplant, dass eine Rationalisierungsinves- tition bewilligt wird, ist das Ziel nicht erreichbar, wenn die Investitionsfreigabe ausbleibt. Management-Control-System (MCS) Das MCS hilft allen Führungskräften, integriert zu pla- nen und zu steuern. So werden die unternehmensweite Koordination und die ganzheitliche Zielerreichung ver- bessert. Entsprechend den für die verschiedenen Adres- saten zu liefernden Informationen gliedert sich ein MCS in drei Subsysteme: Management Accounting + Vor- steuerung + Frühwarnung. Frühwarnung Frühwarnung soll Chancen und Risiken (opportunities and threats) in den verschiedenen Unternehmensum- welten erkennen, strukturieren und soweit möglich messbar machen. Frühwarnsignale entstehen in allen Umweltbereichen, z. B. neue Technologien und Materia- lien, Verhaltensänderungen bei der Konkurrenz, im Kon- sum, in der Arbeitswelt, in Mentalitäten, im Recht oder in der Politik und vor allem in der natürlichen Umwelt. Als Management-Partner sollten (spezialisierte) Control- ler zusammen mit Marketing-, Forschungs-, Produkti- ons- und Personalfachleuten Frühwarnsignale für die Zu- kunft der eigenen Organisation bestimmen, damit sie in die unternehmenspolitische und strategische Planung Eingang finden. Daraus sind mess- oder mindestens be- urteilbare Frühwarnindikatoren abzuleiten. Beispiele sind: Umsatzentwicklungen der Mitbewerber in wichti- gen Produktbereichen, Veränderung der kaufentschei- denden Faktoren bei den Endverbrauchern, sich abzeich- nende Änderungen bezüglich Vertriebswegen, Rohstoff- verfügbarkeiten, Lieferantenkapazitäten, aber auch Mentalitätsverschiebungen bezüglich Work-Life-Balan- ce, Konsumneigung und Vermeidung von Umweltschä- den. Die dazu notwendigen Daten sind nur außerhalb des Unternehmens zu finden. Oft erfordern sie Umfragen oder vertiefende Analysen. Um die Anzahl zu beobachten- der Frühwarnindikatoren überschaubar zu halten, emp- fiehlt es sich, die Beziehungen zwischen dem Unterneh- men und seinen Umwelten in Netzwerken darzustellen. Vorsteuerung Damit Strategien gelingen können, sind im Unterneh- men rechtzeitig Erfolgspotenziale aufzubauen. Beispiele sind: Kostengünstigere Herstellung, Verkauf und Ver- trieb durch kontinuierliche Effektivitäts- und Effizienz- steigerungen in allen Funktionen, genügend Manage- mentkapazitäten zur Bewältigung des Wachstums, re- sultatorientiertes Projektmanagement, spezielle Fähig- keiten und Fertigkeiten in Produktion, Service sowie Forschung und Entwicklung. Es geht darum, mittelfristig die erfolgreiche Entwicklung der eigenen Funktionsbereiche zu planen und zu steu- ern. Im Gegensatz zur Frühwarnung sind die dazu not- wendigen Daten im Unternehmen selbst zu beschaffen und oft in geeigneter Form schon vorhanden. Sie bilden einen bedeutenden Input für die mittelfristige Planung. Wir sprechen von Vorsteuerungsgrößen (Piloting Indica- tors), weil diese Informationen die eigentliche Planung vorsteuern (Abb. 2-4). Der größte Teil dieser Daten wird heute schon im Management Accounting und im ERP erfasst. Wichtig erscheint uns, dass diese Angaben als Zeitreihen bereitgestellt werden, wenn die operative Planung zu überarbeiten ist. FührungsrelevantesManagement Accounting Accounting for Management soll allen Führungskräften helfen, gut abgestützte Entscheidungen zu treffen. Worü- ber entscheiden denn Führungskräfte? Es geht immer um Mengen, Zeitverbräuche, Leistungen, Preise und Investi- tionen. Kosten und Erlöse sind die Folge dieser Entschei- dungen, sei es in der Planung oder in der Steuerung. Soll Management Accounting nützen, muss es folglich eben- Dr. Lukas Rieder Dipl. Controller, ist Gründer des Controller Zentrum St. Gallen CZSG und Mitgründer der International Group of Controlling IGC sowie Ehrenmitglied des Internationalen Controller Vereins ICV. Als Berater unterstützt er vor allem mittelständische Unterneh- men und öffentliche Organisationen beimAufbau und der Installation integrierter Planungs- und Steuerungssysteme. Als langjähriger Referent und Universitätsdozent hat er Controller-Lehrgänge aufgebaut und Tausende Führungskräfte in ganzheitlicher Unterneh- mensführung geschult. Seine neueste Publikation mit dem Titel "Management-Control- System" enthält ein sehr umfassendes Simulations- modell auf Excel-Basis. Zusätzlicher Fachinput findet sich auf https://blog. management-control.eu. lukas.rieder@czsg.com

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