CONTROLLER Magazin 5/2019
86 bei einer gegenläufigen Gefälligkeit, welche das Verhältnis der Beteiligten wieder ausgleicht, bliebt immer die Gefahr bestehen, dass Vorge- setzte, Compliance oder die Öffentlichkeit von den Gefälligkeiten erfahren und die berufliche Laufbahn geschädigt wird, ja sogar ein jähes Ende findet. Mithin gibt es keine „Verjährung“. Die Gewährung eines Gefallens kann für den Controller kurz- und mittelfristig negativ sein, schon weil daraus zusätzliche Anstrengungen resultieren, langfristig ist die Wirkung jedoch positiv. Irgendwann, vielleicht auch nie, um sich auf das berühmte Zitat zu beziehen, werden sich Vorteile auftun. Eine ähnliche Perspektive verfolgt auch Stephan Covey in seinem Best- steller: The 7 habits. Er spricht von einem „emotionalen Bankkonto“ gegenüber anderen, welches sich, wenn immer möglich im „Plus“ befinden sollte. Allerdings gilt es auch die umgekehrte Perspek- tive zu beachten, den Erhalt eines Geschenkes, die Einräumung einer Gefälligkeit. Im privaten Umfeld gilt es die Schuld zu begleichen, im Be- rufsleben diese zu streichen, dem Verlangen nach Ausgleich zu widerstehen, wo erforderlich offen zu widersprechen. Die negativen Folgen ergeben sich aus dem beschriebenen, tief ver- ankerten Gefühl der Verpflichtung gegenüber dem Anderen. Dies entfällt, wenn mögliches Bedrohungspotential des Gegenübers nicht mehr besteht. Deckt der Betroffene gegenüber dem Controlling eine solche Situation auf, las- sen sich gemeinsame Lösungen finden. Dieses Angebot wird erläutert und mögliche Betroffene zur Aufdeckung aufgefordert. Die Lösung ist nicht immer einfach, das dumpfe Bedrohungs- gefühl fällt jedoch weg, endgültig. Fazit Handlungsbedarf wird für das Controlling in vielen Situationen bestehen. Die daraus abzu- leitenden Maßnahmen sind jedoch selten völlig eindeutig. Entsprechend entsteht ein Diskussi- onsbedarf mit den Ansprechpartnern. Die nicht selten emotionale Diskussion wird mit- tels der 10 – 10 – 10 Methode um eine zusätz- liche Perspektive erweitert. Auf dieser Basis gelingt es den Beteiligten, eine gemeinsame Lösung zu finden, die weder Sieger noch Be- siegte kennt. andergehen. Der Vorgang kann sich wiederho- len oder nicht, eine dauerhafte Beziehung ent- steht nicht. Mit dem Abschluss eines Geschäf- tes ist der Austausch beendet, kurzfristig, manchmal auch mittelfristig wie bei Leasing- verträgen oder Ratenzahlungen. Viele Men- schen kennen das Gefühl der Erleichterung, wenn die letzte Rate getilgt wurde. Keiner der Vertragspartner bleibt dem anderen gegen- über zu etwas verpflichtet. Die Rechnung ist beglichen, juristisch wie sozial. Das Gegenteil des Geldes ist das Geschenk. Geschenke erfordern eine Revanche. Das Gute wie Schlechte eines Geschenkes ist die soziale Beziehung. Mit dem Geschenk verbunden ist die Frage des Ausgleiches, des sich Revanchie- rens. Ein Beschenkter tauscht Freiheit gegen Abhängigkeit. Hier sind die Ansprechpartner des Controllings betroffen, welche sich einer selbstkritischen Prüfung unterziehen sollten. Diese Situation ist sicherlich der Wunsch eines korrupten Gegenübers. Schneller als gedacht, wird das Geschenk, die Gefälligkeit zur sprich- wörtlichen „Leiche im Keller“, die zu morali- schen, nicht vertraglichen, Verpflichtungen, führt. Hier hat die größer gewordene Bedeu- tung der Compliance zusätzliches Gewicht. Der Betroffene schuldet etwas und der Zeit- punkt der Rückzahlung kann durch das Gegen- über frei gewählt werden. Damit verbleibt beim Ansprechpartner ein dumpfes Gefühl der Ab- hängigkeit. „Irgendwann, möglicherweise aber auch nie, werde ich dich bitten, mir eine kleine Gefälligkeit zu erweisen“ sagt Don Corleone, der Mafioso in „Der Pate“. Damit bezieht sich Don Corleone auf die in Abbildung 1 aufgezeig- ten Zeiträume und lässt den Zeitpunkt bewusst im Ungefähren. „Irgendwann, möglichweise nie“ kann und soll durchaus als Damokles- schwert über dem Betroffenen schweben, ein Abhängigkeitsverhältnis wird begründet. Selbst der Controller gezielt nachfragen, ob persönli- che Gründe die Durchführung erschweren und darauf hinweisen, dass Verantwortungsbe- wusstsein und Loyalität keine falschen Eigen- schaften sind. Bei einer Diskussion auf dieser Ebene öffnen sich die Ansprechpartner häufig und räumen die tatsächlichen Probleme ein. Dann können Hilfsangebote gemacht werden, vielleicht am Gespräch teilzunehmen oder mit dem Betroffenen gemeinsam unverzüglich ei- nen Termin mit dessen Ansprechpartner zu ver- einbaren. Wenn gehandelt werden muss, gilt es rasch und entschlossen zu handeln, wobei sich dies in der Theorie einfacher gestaltet als es in der Praxis ist. Situation 4 10 Jahre sind ein lange, in der zunehmend schnelllebigen Wirtschaft eine sehr lange Zeit, welche für kein Unternehmen eine exakte Pla- nung ermöglicht. Dennoch gibt es Entschei- dungen, die in die Zukunft, sogar die ferne Zu- kunft wirken oder wirken könnten, womit mögliche negative Auswirkungen eintreten, oder auch nicht. Dabei ist die Jahreszahl eher ein Synonym für die unbestimmte Zukunft, als eine fixe Größe. Diese in der sprichwörtlichen Schwebe zu belassen, stellt dabei eine poten- zielle Belastung dar. Es besteht eine Verpflich- tung, ohne vertragliche Fixierung, wobei diese Verpflichtung sich einer exakten Quantifizie- rung entzieht. Hier sind weniger vertragliche, als vielmehr zwischenmenschliche Themen angesprochen. Dass diese häufiger als gedacht Entscheidun- gen beeinflussen, ja sogar prägen, weiß der erfahrene Controller. Georg Simmel zeigte in seiner Philosophie des Geldes bereits 1900 auf, dass nach dem Kauf eines Brotes beim Bäcker Käufer und Verkäufer schlicht ausein- Autor Dipl.-BW (FH) Steuerberaterin Susanne Schneider ist im Rechnungswesen eines Industriekonzerns in Essen tätig. 10 – 10 – 10 Methode
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