CONTROLLER Magazin 5/2019
26 Hilfe, müssen wir jetzt alle Design Thinker wer- den? Genau mit dieser Frage startete ich mei- ne Session beim ersten Barcamp der CA con troller akademie im Sommer 2018. Damals, wie auch heute, antworte ich prinzipiell darauf: Nein, aber jeder sollte sich damit zumindest einmal auseinandersetzen. In vielen Unterneh- men wird aktuell über das Schlagwort „New Work“ gesprochen – über Agilität, Innovation und eben auch über Design Thinking. Es scheint, dass aktuell niemand an Design Thin- king vorbeikommt. Egal ob SAP, Bosch oder Daimler, Design Thinking findet Einzug in Wei- terbildungspläne, verändert Projektarbeit und wälzt ganze Organisationen um – es herrscht der Eindruck, jeder arbeitet mit Design Thin- king. Zurück geht dieser Ansatz auf Forscher der Stanford University und auf David Kelley, den Gründer der Design Agentur IDEO im Sili- con Valley. Wikipedia definiert Design Thinking wie folgt: „Design Thinking ist ein Ansatz, der zum Lösen von Problemen und zur Entwicklung neuer Ideen führen soll.“ Klingt auf den ersten Blick recht vielversprechend. Lassen Sie uns jedoch Design Thinking in seine Bestandteile zerlegen. Anschließend können Sie überlegen, ob die Anwendung in Ihrem Unternehmen Sinn macht und Sie schließlich auch zum Design Thinker werden sollten. Mindset als Grundlage Wie hinterfragen Sie denn Ihre bestehenden Angebote oder wie entwickeln Sie aktuell neue Produkte oder Dienstleistungen? Beim Design Thinking stehen Ihre Kunden oder Nutzer im Mittelpunkt. Nutzerzentrierung Ziel ist es, sich tiefergehend mit diesen Men- schen auseinanderzusetzen, sie zu befragen oder zu beobachten und dabei deren Heraus- forderungen und Bedürfnisse zu erfassen, die Erkenntnisse zu priorisieren und anschließend Lösungen zu finden, die diese Bedürfnisse ge- nau adressieren. Dabei ist es wichtig, zu verste- hen, was der Kunde braucht, weniger was er explizit zu wollen scheint. Hierzu gibt es ein passendes Zitat, das Henry Ford zugeschrieben wird: „Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde.“ Ford erkannte, dass es zu seiner Zeit um ein Bedürfnis nach schnellerer Mobilität ging. Das Automobil war die Folge, der Rest ist Geschichte. Design Thinking erfordert es, sich in die Realität von Kunden und Nutzen hineinzu- versetzen, denn erst wenn ein Thema genau verstanden ist, kann man zur Lösungsfindung übergehen. Interdisziplinarität Innovation kann am besten in einem heteroge- nen, interdisziplinären Team entstehen. Denn unterschiedliche Perspektiven helfen, aus dem eigenen Denkrahmen herauszukommen, also beim sogenannten „Out-of-the-box-thinking“. Brüten demnach Gruppen mit dem gleichen Fachhintergrund an einem Thema, werden die Lösungen erfahrungsgemäß häufig nah an be- reits bekannten Ideen entwickelt. Auch eine gute Mischung beim Lebensalter und der Un- ternehmenszugehörigkeit kann eine positive Rolle spielen. Interdisziplinarität ist jedoch grundsätzlich kein Garant für Innovation. Es er- weitert das Spektrum der Lösungen, wenn ein kreatives Zusammenarbeiten gelingt. Kollabo- ration bildet dafür die Grundlage. Beim Design Thinking helfen daher Regeln der systemati- schen Kreativität, wie z. B. Kritik zurückstellen, auf Quantität fokussieren, verrückte Ideen er- mutigen oder auf den Ideen anderer aufbauen. Experimentierfreude Der amerikanische Basketballspieler Michael Jordan sagte einmal: „Ich kann Scheitern ak- zeptieren, jeder scheitert bei etwas. Aber was ich nicht akzeptieren kann ist, es nicht versucht zu haben.“ Beim Entwickeln von Innovationen ist es wichtig, den ersten Schritt zu machen, auch wenn zunächst unklar ist, wo dieser hin- führt. Fest steht in unserer heutigen Zeit: Schritte sind besser, als stehen zu bleiben. Eine Grundlage beim Design Thinking ist daher das Erstellen von schnellen Prototypen, um diese mit den Kunden und Nutzern zu testen, womit schrittweises Lernen ermöglicht wird. Die Ideen werden dadurch schnell und frühzeitig in klei- nen Entwicklungsschritten verbessert, was eine gewisse Ungewissheit nimmt und dazu führt, dass Produkte und Services auf die Be- dürfnisse der Kunden und Nutzer zugeschnitten werden. Am Prozess entlang Das Vorgehen im Design Thinking lässt sich anhand eines aufeinander aufbauenden Pro- zesses beschreiben. Die ersten drei Schritte des Prozesses bilden zusammengefasst den „Problemraum“. Hier geht es darum, die Prob- Design Thinking als Innovationstreiber von Jens Springmann Design Thinking als Innovationstreiber © REDPIXEL – www.stock.adobe.com
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