CONTROLLER Magazin 5/2019
23 während der sogenannten vierten industriellen Revolution wird die Automatisierung weiter fort- schreiten. Künstliche Intelligenz und die Algo- rithmisierung der Arbeit dringen in immer mehr Bereiche vor, was nicht nur bei Beschäftigten mit geringer oder mittlerer Bildung Ängste vor einer digitalen Übernahme schürt. Auch höher qualifizierte Spezialisten und ganze Abteilungen befürchten einen Kahlschlag. Hier sind die Un- ternehmen und vor allem die Führungsetagen gefragt, den Qualifikations- und Entwicklungs- bedarf nicht nur zu erkennen, sondern auch Möglichkeiten zu schaffen und diese nachhaltig in der Organisation zu verankern. Controlling 4.0? Um Unternehmen in Zeiten von Big Data auf Zukunftskurs zu halten, bildet das Controlling einen entscheidenden Faktor. Es muss sicher- stellen, dass alle verfügbaren Daten für die Verantwortlichen so aufbereitet werden, dass sie fundierte und bewusste Entscheidungen treffen können. Doch wie werden kleine und mittelständische Betriebe und Konzerne im di- gitalen Wandel optimal gesteuert? Eine steti- ge Anpassung an wechselnde Gegebenheiten scheint auch im Bereich des Controllings un- abdingbar. Durch den zunehmenden Informationsaus- tausch – intern sowie extern, das heißt im B2B- und B2C-Bereich sowie übergreifend in ver- schiedenen Fachgebieten, Abteilungen und über intelligente Software – generieren Unter- nehmen immer größere Datenmengen. Auf der einen Seite kommt das natürlich der Datenana- lyse zugute. Die Erfassung und Auswertung zu- sätzlicher Datenquellen und neuer Datentypen ermöglichen neue Einsichten. Sogenannte Leistungskennzahlen stehen zum Teil in Echt- zeit zur Verfügung. Dadurch können Prozesse optimiert, Markttendenzen direkt zur Produkti- onssteuerung genutzt, Fehlerquellen sofort oder sehr schnell identifiziert und beseitigt und die weitere Unternehmensausrichtung sowie Investitionen geplant werden. Zusammenge- fasst: Wer wettbewerbsfähig bleiben will, sollte das Potenzial der Digitalisierung für sich nutzen. Auf der anderen Seite erfordert die wachsende Flut an Informationen neue Strukturen in der Aufbereitung. Denn durch die steigende Komplexität fällt es zunehmend schwerer, Abhängigkeiten, Zusammenhänge und Entwicklungen zu identifizieren und her- auszufiltern. Um die sogenannte Big Data hand- haben zu können, weichen manuelle und herkömmliche Methoden einer zunehmenden Automatisierung der Datenverarbeitung. Herausforderungen Um die Potenziale der Digitalisierung voll aus- zuschöpfen, ist in Unternehmen ein hohes Maß an Flexibilität gefordert – und das abteilungs- und branchenübergreifend. Im Bereich des Controllings fallen bestehende Aufgabenberei- che weg und werden durch Software ersetzt. Bei dieser Umstrukturierung schwingen viele negative Assoziationen seitens der Arbeitneh- mer mit, wie beispielsweise die Angst vor Weg- rationalisierung sowie die Bedenken, den neu- en Anforderungen nicht gewachsen zu sein. Aber durch die steigende Datenmenge wird es immer schwieriger, sich einen vollständigen Überblick zu verschaffen und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen. Die zunehmend komplexen Situationen erfordern in Zu- kunft eine stärkere Vernetzung unter- schiedlicher Fachgebiete. Networking be- kommt in diesem Zusammenhangeine neue Bedeutung: Um Kennzahlen zu allen Unterneh- mensbereichen richtig einzuschätzen und zu gewichten, müssen Controller mit den ver- schiedenen Unternehmensbereichen und dem Management vertrauensvoll und auf Augenhö- he zusammenarbeiten. Gleichzeitig verzahnen sich in Bezug auf Datenbeschaffung, -haltung und -bearbeitung die Bereiche Controlling und IT immer mehr. Arbeit 4.0 bedeutet neben ei- ner hohen Spezialisierung also auch, dass Ar- beitsbereiche nicht mehr fest definiert sind, dass sie ineinandergreifen und einander zuar- beiten. Das Controlling muss sich als Dienst- leister begreifen, der es versteht, die Bedürf- nisse seiner Kunden und Lieferanten zu erfas- sen und zu bedienen. Gefragte Kompetenzen auf allen Ebenen Ein Blick auf die Anforderungen, die der digita- le Wandel mit sich bringt, zeigt deutliche Ten- denzen, die in nahezu allen Bereichen bran- chenübergreifend gefragt sind: vernetztes Denken, Flexibilität, Agilität, Lernbereitschaft, Spontaneität, Selbstmanagement und Authen- tizität. Diese sieben Kernkompetenzen sind zukünftig von entscheidender Bedeutung für die Dynamik von Organisationen und Kommunikationsprozessen. Wer bereit ist, regelmäßig über den Tellerrand zu schauen und sich ständig weiterzuentwi- ckeln, steht neuen Herausforderungen grund- sätzlich positiv gegenüber. Starre Handlungs- weisen und Ängste sind bei der Gestaltung von Veränderungsprozessen hinderlich. Doch wie wird der Schalter im Mitarbeiterstab und in der Führungsetage umgelegt? Ein Ausbau der Kompetenzen benötigt ausreichend Freiraum und Flexibilität – und eine neue oder zumin- dest reflektierte Personalpolitik. Den Mitarbei- tern mehr Entscheidungsspielraum einzuräu- men, beinhaltet gleichzeitig den Verzicht auf Kontrolle seitens der Chefetage. Dies ist aber ein bedeutender Schritt, denn die digitale Transformation bedingt eine Verlagerung der Entscheidungsprozesse in allen betroffenen Bereichen. Um eine schnelle Reaktions- und Handlungsfähigkeit zu generieren, müssen Führungskräfte daher lernen, Verantwortung an die jeweiligen Teams zu übertragen. Dies führt langfristig zu einer Unternehmenskultur des Austausches und der zunehmenden Ver- netzung. Die Zügel zu lockern heißt aber kei- Autor Peter Kleinau ist Geschäftsführer der Executive Mediation GmbH, Königstein im Taunus. E-Mail: peter.kleinau@executive-mediation.com www.executive-mediation.com CM September / Oktober 2019
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