CONTROLLER Magazin 5/2019
17 diesen Abteilungen fehlt. Dabei müssen die Unternehmen heute „noline“ unterwegs sein ; das bedeutet, sie müssen Konzepte und Kampagnen entwickeln, die die On- und Off- line-Welt miteinander verbinden – schon in der Kreativphase. Hier besteht noch ein großer Handlungsbedarf! Biel: Was bedeuten diese Überlegungen für die betriebliche Wertschöpfung und die Wert- schöpfungsketten? Kreutzer: Die unternehmenseigene Wert- schöpfungskette muss durch eine netzwerk- basierte Wertschöpfungskette durchdrun- gen werden, wie es die Abbildung 3 zeigt. Hier- durch soll eine intensive Vernetzung mit Liefe- ranten, Produzenten, Logistikpartnern und weiteren Serviceprovidern und insb. zu Ver- triebspartnern und Kunden erreicht werden, um eine höhere Agilität im Wertschöpfungs- prozess sicherzustellen. Hier schlummern in den meisten Unternehmen noch gewaltige Po- tenziale zum Ausbau der eigenen Wettbe- werbsposition. Biel: Es entstehen durch die Digitalisierung neue Geschäftsmodelle und das Kundenverhal- ten ändert sich, wie wir beobachten können. Wir haben neue Wettbewerbsformen, etwa die Informationskonkurrenz, Produkt- und Service- vielfalt nehmen zu usw. Was spielt sich zusam- mengenommen auf der Kunden- und Marktseite ab? Worauf sollten sich die Unternehmen ein- stimmen und vorbereiten? Kreutzer: Bei meiner Antwort möchte ich mich auf ein besonders leistungsstarkes – und des- halb für bestehende Unternehmen besonders gefährliches – Konzept konzentrieren: das Plattform-Modell . Beispiele solcher Platt- form-Modelle finden Sie in Abbildung 4. Für die Plattform-Betreiber und für die Kunden sind solche Plattformen mit großen Vorteilen ver- bunden – schließlich verbinden diese Platt- formen zweiseitige Märkte : viele Anbieter auf der einen und viele Nachfrager auf der an- deren Seite. Charmant für die Plattform-Betrei- ber selbst ist es, dass diese kein eigenes Inven- tar (spricht Inhalte, Zimmer, Produkte oder Bus- se vorhalten müssen), sondern „lediglich“ eine Online-Präsenz, auf der sich Anbieter und Nachfrager treffen können! schon sehr viel digitaler unterwegs sind als die Unternehmen selbst. Dies zeigt ein Blick auf die sogenannte Customer-Journey – den Weg des Kunden zum Unternehmen – in Abbil- dung 2. Der Kunde wechselt ganz selbstbe- wusst zwischen der Online- und Offline-Welt hin und her, ohne sich über die Kategorien „on- line“ und „offline“ Gedanken zu machen. Biel: Lassen Sie uns bitte einen Perspektiv- wechsel vornehmen und nun die Unternehmen betrachten. Kreutzer: Ganz anders sieht es in vielen Unter- nehmen aus, wo noch zu häufig Offline- und Online-Verantwortlichkeiten in unterschiedli- chen Abteilungen angesiedelt sind. Ich habe immer wieder festgestellt, dass es häufig sogar an einem umfassenden Austausch zwischen doch viel besser, selbst auf diese disruptiven Ideen zu kommen – und diese ggf. zur Weiter- entwicklung des eigenen Unternehmens zu verwenden – statt zu hoffen, dass niemand im Silicon Valley oder in Shenzhen auf solche Ge- danken kommt! Biel: Damit sind wir bei der Frage nach der Wir- kung und dem Einfluss der Digitalisierung. Wie verändert die Digitalisierung Wirtschaft und Un- ternehmen und auch uns? Lässt sich ein grober Überblick über die Wirkungsfelder der Digitali- sierung geben? Kreutzer: Zur Beantwortung dieser wichtigen Fragen möchte ich gerne differenziert auf die Bereiche Kunden und Unternehmen eingehen. Bzgl. der Kunden müssen wir feststellen, dass diese vor allem in Gestalt von Konsumenten Abb. 4: Plattform-Konzepte zerstören gewachsene Kunden-Lieferanten-Beziehungen (eigene Abbildung). Ihr Unternehmen Ihre Kunden Plattform-Konzepte Abb. 4: Plattform-Konzeptezerstören gewachsene Kunden-Lieferanten-Beziehungen Autoren Prof. Dr. Ralf T. Kreutzer ist seit 2005 Professor für Marketing an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin. Parallel ist er als Trainer, Coach sowie als Marketing und Management Consultant im In- und Ausland tätig. E-Mail: kreutzer.r@t-online.de Dipl.-Betriebswirt. Fachjournalist (FJS) Alfred Biel ist Autor, Interviewer und Rezensent verschiedener Medien mit betriebswirtschaftlichem und fachjournalistischem Studien abschluss. Er verfügt über reichhaltige Praxiserfahrung aus verantwortlichen Tätigkeiten in betriebswirtschaftlichen Funk- tionen großer und mittlerer Unternehmen. Der Deutsche Fach- journalisten Verband DFJV und der Internationale Controller Verein ICV verliehen ihm die Ehrenmitgliedschaft. E-Mail: alfred.biel@gmx.de CM September / Oktober 2019
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