Controller Magazin 6/2019
100 Bundesverband der Ratinganalysten e.V. Vom klassischen Frontalunterricht zu einer Methodenvielfalt in der akademischen Lehre Die „reine akademische Lehre“ bestand über Jahrzehnte aus einer Kombination von Prä- senz-Vorlesungen, -Übungen und -Seminaren. Die Studierenden erhielten Semesterpläne mit festgelegten Zeiten für diese in Präsenz ange- botenen Lehrveranstaltungen. Mitunter be- stand Anwesenheitspflicht, teilweise waren die Plätze begrenzt und die Interessierten mussten ein mehr oder weniger zeitaufreibendes An- meldeverfahren durchlaufen. So waren die ein- zelnen Semester streng „durchgetaktet“ und es gab nur geringe Freiräume – es sei denn, die „akademischen Freiheiten“ wurden seitens der Studierenden in ausgeprägter Weise in Anspruch genommen. Wer sich heute an Hochschulen umsieht – egal, ob staatlich oder privat, klassisch, dual oder im Fernstudium – findet die traditionellen Formen der Hochschulorganisation und des akademi- schen Lernens nur noch teilweise bzw. sogar nur noch rudimentär vor. Die weitreichendste Entwicklung haben dabei die Hochschulen in der Fernlehre – bzw. als Anglizismus ausge- drückt im „Distant Learning“ – genommen. Fernhochschulen wählen seit jeher einen an- deren Zugang zu den Studierenden, d. h. die Wissensvermittlung erfolgt über Lehr- bzw. Studienbriefe, so dass die Studierenden Lern- ort und Lernzeitpunkt individuell bestimmen können. Waren es bis vor 10 Jahren die Pake- te mit den Lehrinhalten, die semesterweise versandt wurden, hat sich mittlerweile eine weitgehende Abkehr von papiernen Studien- materialien vollzogen. Mit der Wahl eines Stu- dienmoduls steht den Studierenden das ent- sprechende Studienmaterial zum Download bereit – eine Papierversion wird nur noch auf Bestellung versandt. Verschiedene Wege der Information und Kommunikation Eine Wahl haben die Studierenden jedoch nicht nur in Bezug auf das Studienmaterial, das gewissermaßen das Skript des jeweils Lehrenden darstellt, sondern auch im Hinblick darauf, welche Angebote der Hochschule sie darüber hinaus und in welcher Form in An- spruch nehmen: ❙ ❙ Begleitseminare dienen dazu, die im Selbst- studium bearbeitete Thematik mit anderen Studierenden gemeinsam zu vertiefen. Ne- ben der Festigung, Vertiefung und Anwen- dung des Wissens kommt diesen „realen“ Seminaren auch eine wichtige persönliche Komponente zu, da während dieser Semi- narphasen der direkte Austausch mit den Lehrenden, aber auch der Studierenden un- tereinander, ermöglicht und gefördert wird. ❙ ❙ Sprechstunden finden an Fernhochschulen in aller Regel in virtuellen Räumen statt, d. h. Studierende und Lehrende kommen unter Einsatz moderner Medientechnik zusammen. Neben der klassischen Festlegung von „Kon- taktzeiten“ kommt einer Terminvereinbarung „on demand“ wachsende Bedeutung zu, was dem Wunsch nach noch höherer zeitlicher Flexibilisierung Rechnung trägt. ❙ ❙ Auch bezüglich der abzulegenden Modulprü- fungen spielt Flexibilität eine immer größere Rolle. So lösen diverse Prüfungsformate die typischen Klausuren immer mehr ab (ohne dass diese ganz verschwinden). Und bezüg- lich der Ablegung von Klausuren kommt digi- talen Wegen größeres Gewicht zu. Mit der weitestgehenden Entbindung von star- ren Verpflichtungen kommt einer geordneten Studierweise im Fernstudium eine besonders große Bedeutung zu. Die Herausforderung be- steht dabei für beide Seiten – die Hochschulen als Anbieter der Bildungs(dienst)leistung und die Studierenden als die Nachfrager bzw. Kun- den der Hochschulen. Digitalisierung und „neues Lernen“: Mehr als nur ein Medienwechsel Thomas Schempf, Professor für Betriebswirtschaft, insb. Finanzwirtschaft, SRH Fernhochschule – The Mobile University © Rawpixel.com – www.stock.adobe.com
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