tagen 68 den Wind aus den Segeln genommen haben sollen. Konnten Sie während und nach Corona die Rabattforderungen auch weiterhin so konsequent ablehnen? Die Preissensibilität bei den Businesskunden ist nach Corona auch wegen der schwachen Wirtschaftslage leider sehr viel stärker geworden. Darauf mussten wir uns einstellen. Die Einkäufer wollen in der Abschlussphase eine Art finanzielles „Geschenk“. Wir nennen Preiszugeständnisse, die wir geben, aber nicht Rabatte, sondern vorübergehende Sonderangebote aus Anlass unseres 40-jährigen Jubiläums. Ich gehe davon aus, dass unsere Kunden in Zukunft höhere Preise akzeptieren werden, denn sie wissen aus der Vergangenheit, dass wir fair kalkulieren und unsere Preise genauso brauchen, wie sie sind. Nicht mehr und nicht weniger. Wir lehnen zum Beispiel ein Revenue-Management ab, bei dem die Preise je nach Reservierungslage rauf und runter springen. Als die Mehrwertsteuer im Hotel von 19 Prozent auf sieben Prozent gesenkt wurde, haben wir diese Preissenkung sofort weitergegeben. Bemerkenswert ist, dass Sie Mitarbeiterorientierung für wichtiger halten als Kundenorientierung … Um mich im Wettbewerb mit anderen Tagungshotels zu behaupten, wollte ich einen außergewöhnlichen, geradezu herzlichen Kundenservice bieten. Mir war klar, dass ich dazu engagierte Mitarbeitende – wir nennen sie „Human Stars“ – brauchen würde, die aus sich heraus motiviert sind und sich hundertprozentig für den Kunden einsetzen. Dieses Engagement bekommt man als Chef nicht geschenkt. Wenn die Mitarbeitenden im Berufsalltag frustriert sind und sich bevormundet vorkommen, haben sie verständlicherweise keine Lust, einen wirklich guten Job zu machen. Sie geben sich dann keine Mühe, maßgeschneiderte Lösungen zu finden. Ich habe deshalb immer gesagt, meine Mitarbeiter sind mir wichtiger als die Gäste. Von etwa 1990 bis 2000 waren Sie oft als Keynote Speaker unterwegs und landeten sogar in der German Speakers Hall of Fame – und das ohne Studium und ohne eine Rhetorikausbildung. Ich war immerhin auf einer Hotelfachschule und habe in Straßburg und London gearbeitet. Aber im Ernst: Man sagte mir, dass es die Zuhörer genossen hätten, einem Praktiker zuzuhören, der genau weiß, was funktioniert. Und ich glaube, dass ich immer schon leidenschaftlich Klartext reden konnte, ohne das Publikum zu belehren.
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