Tagen 2/2024

Hausbesuch 67 Im Jahr 1984 erwarben Klaus Kobjoll und seine Frau Renate einen denkmalgeschützten Bauernhof vor den Toren Nürnbergs und eröffneten dort den „Schindlerhof“. Im Laufe der Jahre wurden umliegende Grundstücke und Gebäude dazugekauft und so entstand in sechs Stufen das heutige „Hoteldorf der Sinne“. Schon früh war Kobjoll bekannt für seine außergewöhnlichen Tagungsräume und für sein an Herzlichkeit nicht zu überbietendes Personal, das erstklassigen Service und individuelle Betreuung bot. Das VierSterne-Tagungshotel Schindlerhof bietet heute 90 Zimmer, zehn Tagungsräume, einen 208 Quadratmeter großen „Denkraum“ mit LED-Wand. Man beschäftigt 57 Mitarbeitende. Der Jahresumsatz lag 2023 bei 5,8 Millionen Euro. Im Jahr 2014 wurde die Tochter Nicole Kobjoll zur Hauptgesellschafterin des Schindlerhofs, bei der alle Entscheidungen liegen. Seit 2000 hatte sie sich bereits als Geschäftsführerin bewährt. Ihr Vater beschreibt seine Rolle aktuell als „Markenbotschafter“ und sagt über den Führungsstil seiner Tochter sehr verständnisvoll: „Mein Stil war leistungsorientiert und kompromisslos. Ihr hingegen ist auch Work-Life-Balance wichtig.“ tagen: Wie kam es dazu, dass sich Ihr Haus zu einem bundesweit bekannten Seminar- und Tagungshotel entwickelte? Klaus Kobjoll: Ein Stammkunde, der regelmäßig unser Restaurant besuchte, war Arnold Weissman. Der Professor für Betriebswirtschaftslehre arbeitete auch als Berater in Familienunternehmen. Weissman wollte unbedingt unseren Saal, in dem Hochzeiten gefeiert wurden, anmieten, um offene Seminare für große Gruppen abhalten zu können. Die Sache lief sehr gut an und wir nutzten die sich bietende Chance für eine bauliche Erweiterung. Wir verdoppelten so die Zimmerzahl auf 74 und errichteten ein modernes Kreativzentrum mit fünf Tagungsräumen. Unser Vorbild war das „Kreative Haus“, das Wohnhaus des Bildhauers Bernhard Höttgen, im Künstlerdorf Worpswede bei Bremen. Die Investition in das Kreativzentrum war bestimmt eine mutige Entscheidung … Damals war zum Glück die große Zeit der offenen und firmeninternen Seminare. Das Kreativzentrum entwickelte sich folgerichtig zur Garantie für eine hohe Auslastung unseres Hotels. Wir wurden sogar zum Vorbild für einen Erfolg durch eine klare Spezialisierung. Bei uns ging es eigentlich immer bergauf. Nur im Finanzkrisenjahr 2009 (Stichwort: Lehman- Pleite) hatten wir einen zehnprozentigen Umsatzeinbruch. Damals dachten wir, die Welt geht unter. Heute wissen wir, das waren Peanuts verglichen mit den insgesamt 293 Tagen, die wir unser Haus in der Coronakrise auf Anweisung der Behörden schließen mussten. Im besten Jahr vor Corona fanden bei uns 1.750 Seminare und Tagungen statt – private Veranstaltungen nicht mitgerechnet. Im Jahr 2023 kamen wir auf 1.450 Businessveranstaltungen. Uns fehlen also noch rund 20 Prozent, um auf unser Spitzenniveau zurückzukehren. Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um den Corona-Einbruch zu überwinden? Nach Corona haben wir gemerkt, dass wir mit unserer Spezialisierung in einer Nischenfalle stecken. Die Bereitschaft, die Mitarbeitenden wieder zu Seminaren in ein Hotel zu schicken, wuchs nach der Krise bei den Unternehmen eher schleppend. Wir haben uns sofort breiter aufgestellt und kommunizierten, dass wir an den Wochenenden gerne für Privatleute da sind – für Hochzeiten, Jubiläen oder Kurzurlaube. Für Hochzeitsfeiern wird zu unserem Glück immer viel Geld ausgegeben, und die Brautpaare kommen gerne zu uns, weil wir eine moderne Küche und attraktive Räumlichkeiten sowie die für eine Hochzeit passenden Rahmenprogramme bieten können. Es gab eine erkennbare Umpositionierung. Der Schindlerhof ist zu einem veritablen „Hoteldorf der Sinne“ geworden. Sie werden hoffentlich den MICEMarkt nicht aus den Augen verlieren … Während das Seminargeschäft zögerlich anlief, sind wir mit der Anzahl der firmeninternen Tagungen, die bei uns durchgeführt werden, zufrieden. Auf Außendienst- und Managementtagungen kann wohl kein Chef verzichten – auch wenn pro Tagung im Durchschnitt zwei Personen weniger eingeladen werden. Ansonsten gilt für den MICE-Markt, den wir natürlich niemals vernachlässigen werden, dass auch er sich in einer Transformationsphase befindet. Es gibt bei einer Tagung nach wie vor Vorträge, Podiumsdiskussionen und den interaktiven Austausch in Kleingruppen, aber die Räume müssen immer kreativer und technisch hochwertiger eingerichtet sein, und sie sollten immer bequemere Gelegenheiten zum Sitzen und zum Ausruhen bieten. Nicht zu übersehen ist auch der Trend, dass sich die meisten Tagungen zu einem Event entwickeln. Da können wir mithalten, denn wir haben große Räume und attraktive Außenflächen. Und wir bieten eine 23 Meter lange Bogenschießhalle. Wozu eine Bogenschießhalle? Unsere Gäste können dort klassisch auf Strohscheiben schießen und beim intuitiven Bogenschießen, bei dem beide Augen geöffnet sind, zum Beispiel ihre Ziele mental verankern. Und sie können auf Wusch auch in der abgedunkelten Halle mit beleuchteten Pfeilen schießen. Zusätzlich gibt es ein aus Neuseeland importiertes „Bogen-Kino“, das einem erlaubt, auf sich bewegende Ziele zu schießen – zum Beispiel auf Fabelwesen oder auf Coronaviren. Bogenschießen ist eine exzellente Idee, um Teamspirit zu trainieren. Um sich in diese Aktivität einführen zu lassen, können kompetente Lehrer gebucht werden. Von Ihnen soll der Spruch stammen „Rabat ist nur eine Stadt in Marokko“, mit dem Sie allen Veranstaltern, die von Ihnen Preisnachlässe forderten, Klaus Kobjoll, ein Pionier der Tagungshotellerie, hat sich auch als leidenschaftlicher Keynote Speaker einen Namen gemacht und überraschte jetzt mit der Nachricht, dass er von der großen Bühne abgetreten sei. Beim „Hospitality Summit 2024“ in Zürich hatte er seinen letzten öffentlichen Auftritt.

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