Tagen 2/2023

tagen 02.23 Foto: rawfile redux / gettyimages.de Im Laufe der Zeit merken wir, zumindest viele von uns, dass wir wirklich wertvoll sind – zumindest in den Augen derer, um die es uns wirklich geht. Dann können wir uns zurücklehnen, innehalten und unser „Besonderssein“ genießen, ohne es immer wieder zum Thema zu machen. Ohne Energie mit Auffallaktionen zu vergeuden. Bei manchem kommt dann vielleicht ein mildes Lächeln, wenn er oder sie an die Tage des Kampfes um Aufmerksamkeit zurückdenkt, bei manchem oder mancher vielleicht auch Scham. Oft will die Jugend als „besonders“ wahrgenommen werden. Das ist ihr gutes Recht und war schon immer so, nur manche Inhalte haben gewechselt. Weil sie sich ihrer Besonderheit nicht sicher ist, stellt die Jugend sie dar, oft schrill, übertrieben, aggressiv und mit Absolutheitsanspruch. Kurioserweise versucht sie dabei, andere davon zu überzeugen, auch so sein zu müssen. Das allerdings würde dazu führen, dass sie ihre eigene Besonderheit verliert. Oder haben Menschen am Ende sogar Angst davor, besonders zu sein? Haben sie Angst davor, mit ihrer Besonderheit allein zu sein und wollen, ja müssen sie deshalb andere auf Besonders sein heißt oft, man will besonders stark, besonders schön, besonders erfolgreich, besonders klug oder im Besitz der einzigen Wahrheit sein. Aber halt, an der Stelle muss ich etwas genauer werden. Es muss heißen: Jeder will als besonders wahrgenommen werden. Diese Unterscheidung ist wichtig, denn jeder ist ja besonders! Jeder ist einzigartig und auf seine Weise besonders, sowieso und von Anfang an. Er oder sie (oder es) scheint das nur (noch) nicht zu wissen. Wenn man das wirklich verstanden hätte, müsste man nicht ständig darauf hinweisen, es laut hinausposaunen, überdeutlich zeigen, wie eine Monstranz vor sich hertragen oder es auf andere Weise seiner Umwelt versuchen klarzumachen. Dann könnte man es ja auch einfach still genießen. Aber nein, wir müssen es immer wieder unterstreichen, uns damit in den Vordergrund drängen, einzig aus dem Grund, dass die anderen unsere Besonderheit auch wirklich wahrnehmen. Nur darum geht es. Dafür setzen wir viel Energie ein. Wir wollen als besonders stark, schön, reich, klug oder offen wahrgenommen und in dieser Besonderheit akzeptiert und wertvoll sein. Jeder Wer Tagungen, Konferenzen und insbesondere Messen besucht, dem fällt oft das Imponiergehabe von Rednern und Rednerinnen oder Besuchern und Besucherinnen auf. Es geht immer um das Gleiche: „Jeder will besonders sein“, beobachtet Stefan Fourier, der Autor dieses Gastkommentars. ihre Seite ziehen? Was zeigt uns das alles? Menschen sind kompliziert. Und ihre Reifung braucht Zeit, geht Irrwege und verlangt Geduld – vor allem von der Umwelt. STEFAN FOURIER ist Managementberater. Er lebt in der Nähe Hannovers und arbeitet als Impulsgeber und Sparringspartner für Unternehmen. www.fourier.de will Buchtipp: Stefan Fourier „Schlau statt perfekt“, Verlag Business Village, Göttingen 2015, 208 Seiten, 19,80 Euro besonders sein 58 tagen

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