41 Interview möglichst individuell zu gestalten. Kleine Sonderwünsche der Tagungskunden werden nicht extra bepreist, Individualität wird bei uns großgeschrieben, sofern wir das ermöglichen können. Kein Gast, der hereinkommt, soll das Gefühl haben, dass er nur Kunde ist und wir – einfach gesagt – mit unserer Gastfreundschaft nur Geld verdienen wollen. Natürlich haben wir über die Jahre auch sehr viel in die Tagungsräume, die Tagungstechnik und die einladenden Zimmer investiert, um eine moderne Tagungslocation zu werden. Gab es nie Berührungsängste, wenn Manager Ihr kirchliches Tagungshaus betreten haben? Mir war immer wichtig, meinen kirchlichen Auftrag zu erfüllen, ohne zu missionieren. In jedem Zimmer hängt ein Kreuz, dezent, aber ganz selbstverständlich. Das hat noch niemanden gestört. Alles hat eiwir natürlich irgendwann abgeschafft und angefangen, unsere Strukturen und Abläufe den spezifischen Anforderungen unserer Tagungsveranstalter anzupassen. Das hat uns – gepaart mit den Vorzügen dieses wunderbaren Ortes – mit den Jahren immer erfolgreicher gemacht. Eine tolle Entwicklung, die 2020 ein Ende fand, als der Würzburger Bischof den Rotstift ansetzte und Schmerlenbach zum Verkauf anbot. Wie gehen Sie damit um? Es war für uns alle ein Schlag ins Gesicht und eine jähe Wende unserer erfolgreichen Arbeit, als die Verkaufsabsichten bekannt wurden. Seit 2019 schreiben wir schwarze Zahlen und sind zu einem Vorzeigehaus weit über das Bistum hinaus geworden. Ich engagiere mich jetzt als Krisenmanager, um wegweisend an einer guten Perspektive für „mein“ Haus mitzuwirken. nen Angebotscharakter – jeder kann, keiner muss sich mit der spirituellen Prägung des Ortes beschäftigen. Die Aura des ehemaligen Klosters begeistert alle und vor allem Menschen, die sonst weniger mit der Kirche zu tun haben. Es ist eine andere Welt: Abgeschieden, ruhig, man tagt hinter hohen Mauern, spaziert in einem weitläufigen Park – das macht was mit den Menschen. Wie haben Sie Ihr Team fit gemacht für diese Herausforderungen? Wichtigster Lerninhalt war zu vermitteln, dass ein Gast nicht dasselbe ist wie ein Kunde. Wenn ein Gast ins Haus kommt, passt er sich normalerweise dem Rhythmus des Gastgebers an. Der Kunde dagegen ist ein zahlender Gast. Als ich hier anfing zu arbeiten und noch Patres im Haus lebten, gab es strenge Regeln, zum Beispiel feste Essenszeiten, die unbedingt eingehalten werden mussten. Das haben
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