Liebe Leserinnen und Leser, das letzte Jahr ging gerade zu Ende, da überraschte mich ein Gefühl der Schadenfreude. Sie kennen doch bestimmt noch Zoom, ein amerikanisches Unternehmen, das Software für Videokonferenzen anbietet. Zoom nutzte gezielt die Chance, die ihm die Coronapandemie bot. Zur Belohnung schoss der Aktienkurs des Unternehmens Ende des Jahres 2020 auf den schwindelerregenden Höchststand von 559 US-Dollar. Ende November 2023 entdeckte ich durch Zufall, dass der Kurs jetzt nur noch um die 60 USDollar herumdümpelt. Ist die hämische Freude darüber, dass die Bäume der Krisengewinnler nicht in den Himmel wachsen, unanständig? Die Abwärtsbewegung des Aktienkurses signalisiert immerhin das Ende einer Ära. Statt virtueller Interaktionen werden in allen Bereichen wieder vermehrt persönliche Begegnungen gesucht. Als die Zoom-Aktie mangels Performance aus dem US-Tech-Index „Nasdaq 100“ flog, schwang sich ein Börsenblogger sogar zu dem Kommentar auf, der Abstieg von Zoom sei ein „Lebenszeichen der Menschheit“. Dieses „Lebenszeichen“ spiegelt sich derzeit auch in folgenden aktuellen Umfragen wider: • 60 Prozent der deutschen Unternehmen werden in diesem Jahr trotz schwacher Wirtschaft genauso viele Tagungen durchführen wie 2023. Weitere 30 Prozent sagen sogar, dass es bei ihnen mehr Business-Veranstaltungen geben wird (MICE-Report 2024 – mehr ab Seite 46). • In Europa werden die Business-Budgets für Livekommunikation (Tagungen, Events) bei 26,3 Prozent der Unternehmen steigen, bei 46,9 Prozent gleich bleiben (Verband Livecom Alliance auf Seite 51). • Die Anzahl der deutschen Unternehmen, die auf „ihrer“ Branchenmesse ausstellen, stieg von 141.000 im Jahr 2022 auf 180.000 im Jahr 2023 (AUMA). Den Drang der Menschen hin zu realen Tagungen, Kongressen und Messen begründete Colja Dams, Chef der VOK DAMS Agency for Events and Live-Marketing, mit dem „Lagerfeuer-Gen“ (Seite 63). In jedem Berufstätigen stecke dieses Gen, das seit Urzeiten die Menschen dazu veranlasse, sich mit ihresgleichen zusammenzusetzen, Erfahrungen auszutauschen und sich spannende Geschichten zu erzählen. Wieder was gelernt. Mit herzlichen Grüßen Martin Pichler Chefredakteur „Darf ich mich darüber freuen, dass die Aktie eines Anbieters von Videokonferenzen an der Börse abstürzte?“ tagen 3 Editorial tagen 01.24
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