Personalmagazin bAV Spezial 12/2025

freiwillig weitergespart werden. Die Erträge bleiben bis zum Rentenbeginn steuerfrei, ausgezahlt wird erst ab der Regelaltersgrenze. Der Staat setzt damit Anreize zur finanziellen Bildung, doch ohne signifikante, private Zuzahlungen bleibt die Summe verschwindend klein. Dennoch hat die Idee das Potenzial zu einem größeren Wurf, beispielsweise wenn das Depot außer für private auch für betriebliche Einzahlungen geöffnet würde. Private Vorsorge: Reform versprochen, Inhalte offen Die Regierung will die private Vorsorge neu aufstellen. Die im Koalitionsvertrag genannte „Reform des geförderten Produkts“ soll für mehr Wettbewerb, geringere Kosten und höhere Renditechancen sorgen. Im Kern geht es darum, Riester zu entbürokratisieren und für mehr Berechtigte zu öffnen. Konkrete Eckpunkte und ein Zeitplan fehlen bislang. Politisch hält man am Riester-System fest, aber dessen Zukunft ist offen. Ohne mutige Vereinfachung wird es kaum ein Comeback erleben. Ansatzpunkte sind mehr Flexibilität in der Auszahlungsphase sowie kapitalmarktorientierte Leistungen mit abgesenkten Garantien. Herzstück bAV: BRSG II setzt die richtigen Hebel an Das zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz, das schon zum 1. Januar 2026 in Kraft treten soll, adressiert die betriebliche Realität: Es baut Hemmnisse ab, fördert Geringverdienende, erleichtert die Portabilität und flexibilisiert die Kapitalanlage. Seine zentralen Elemente: • Opting-Out auf Betriebsebene: Die automatische Entgeltumwandlung mit Widerspruchsrecht wird möglich, künftig auch per Betriebsvereinbarung, sofern der Arbeitgeber sich zusätzlich finanziell beteiligt. Damit entfällt zwar formal der faktische Tarifvorbehalt, aber tatsächlich gilt das Opting-Out nur für nicht-tarifliche Entgeltbestandteile. Das schränkt die Anwendung in der betrieblichen Praxis erheblich ein. Gewinner sind Mittelständler ohne Tarifbindung. • Geringverdienerförderung 2.0: Die Einkommensschwelle wird an drei Prozent der Beitragsbemessungsgrenze gekoppelt und dynamisiert. Der Förderhöchstbetrag steigt. Bei Lohnerhöhungen fallen weniger Beschäftigte aus der Förderung, die Planung wird einfacher. • Sozialpartnermodelle: Arbeitgeber können auch ohne Tarifvertrag an bestehende Modelle für Sozialpartner andocken, wenn diese einverstanden sind. Das erleichtert nicht-tarifgebundenen Arbeitgebern den Zugang zur reinen Beitragszusage. • Abfindungen: Die Bagatellgrenzen werden verdoppelt, sofern die Abfindung in die GRV eingezahlt wird. Damit sinken die Verwaltungskosten. • Flexi-Rente und Wertguthaben: Teil- oder Vollrente lassen sich künftig ohne Bruch mit Zeitwertkonten kombinieren. Das setzt den Rahmen für gleitende Übergänge in den Ruhestand. Aktivrente: viele Fragen offen Die Aktivrente soll Beschäftigte länger im Unternehmen halten. Wer die Regelaltersgrenze erreicht hat, kann bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei hinzuverdienen, ohne Beiträge zur Renten- oder Arbeitslosenversicherung zu zahlen. Doch viele Umsetzungsfragen, insbesondere im Zusammenspiel mit den Betriebsrenten, sind offen: Werden bei weiterem bAV-Leistungsbezug gleichzeitig noch Rentenanwartschaften aufgebaut? Wie werden bAV- und Aktivrenten-Instrumente miteinander verzahnt? Insbesondere, wenn der Rentenbezug Voraussetzung für die Aktivrente ist, zugleich aber betriebliche Leistungen an das Ruhestandsalter gekoppelt sind? Der Nutzen bleibt unscharf, solange Abläufe und Details nicht geklärt sind und speziell die abschlagsfreie Rente für besonders langjährig Versicherte genau entgegengesetzt wirkt. Zudem gibt es erhebliche fiskalische und verwaltungsrechtliche Folgen: Eine IW-Studie rechnet allein mit steuerlichen Mindereinnahmen in Milliardenhöhe. Entsprechend hoch sind die Anforderungen an eine umsetzbare Praxis. MICHAEL HOPPSTÄDTER ist Seniorberater und Prokurist der Heubeck AG sowie Geschäftsführer der Lurse Deutsche Pensions Treuhand GmbH. DR. FRIEDEMANN LUCIUS ist Chefaktuar der Heubeck AG. 35 Aktuell Was HR jetzt konkret tun sollte Opting-Out konzipieren: Entwickeln Sie rechtssichere, mitbestimmte Modelle – und vergessen Sie den Arbeitgeberbeitrag nicht. So steigen die Teilnahmequoten, während die Verwaltungskosten sinken. Geringverdienende gezielt einbinden: Prüfen Sie die Förderfähigkeit und strukturieren Sie die Entgeltumwandlung so, dass Nettoeffekte spürbar sind. Senden Sie klare Botschaften in Payroll und in der Kommunikation. Prozesse digitalisieren: Prüfen Sie die Schnittstellenfähigkeit. Zielen Sie ab auf einfache Mitnahmen, schnelle Abwicklungen und weniger Papier.

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