Gender Pension Gap 21 Mit der bis Juni 2026 geforderten Umsetzung der EU-Richtlinie sollen Betriebe Klarheit in ihre Entgeltfragen bringen. Das gilt für Gehaltsstrukturen ebenso wie für die bAV. Durch mehr Transparenz bei Gehältern und klare Kriterien für Entgeltentscheidungen könnten geschlechtsspezifische Lohndiskriminierungen reduziert werden – eine wichtige Voraussetzung, um langfristig auch den Gender Pension Gap zu verkleinern. Mit der bis Juni 2026 geplanten Umsetzung der EU-Entgelttransparenz-Richtlinie in deutsches Recht könnte hier ein wichtiger Schritt getan werden, sind doch die beiden Kernziele der Richtlinie Lohndiskriminierung zu bekämpfen und das geschlechtsspezifische Lohngefälle innerhalb der Europäischen Union (EU) abzubauen. Der sich hieraus ergebende Handlungsbedarf ist groß, denn die geschlechtsspezifische Verdienstlücke ist zwar nach Angaben von Destatis seit 2015 um vier Prozentpunkte zurückgegangen. Dennoch fällt der Wert im Jahr 2023 mit zwölf Prozent weiter zu hoch aus. Unternehmen sollen deshalb verpflichtet werden, Klarheit und Transparenz bei ihren vielfältigen betrieblichen Entgeltfragen zu schaffen. Das gilt für Gehaltsstrukturen und Entgeltkomponenten ebenso wie für die betriebliche Altersversorgung (bAV), insbesondere wenn verschiedene Durchführungswege und Zusagearten im Unternehmen verankert sind. Nach Angaben des Europäischen Rats verfolgen die EU-Vorschriften daher vor allem drei Stoßrichtungen: 1. A rbeitgeber müssen Arbeitssuchende über das Einstiegsgehalt oder die Entgeltspanne der ausgeschriebenen Stelle informieren. Das kann in der Stellenausschreibung oder vor dem Vorstellungsgespräch geschehen. Sobald Beschäftigte ihre Stelle angenommen haben, haben sie das Recht, von ihrem Arbeitgeber Auskunft zu erhalten, wie das Durchschnittsgehalt für vergleichbare Tätigkeiten aufgeschlüsselt nach Geschlecht aussieht. Ebenso dürfen sie die Kriterien einfordern, die ihr Arbeitgeber heranzieht, um Gehälter und berufliche Aufstiegschancen zu bestimmen. 2. Mitarbeitende, die eine geschlechtsspezifische Lohndiskriminierung erfahren, erhalten einen Schadensersatz, der die vollständige Nachzahlung entgangener Entgelte und damit verbundener Boni oder Sachleistungen beinhaltet. Das Unternehmen muss nachweisen, dass es nicht gegen die EUVorschriften über gleiches Entgelt und Lohntransparenz verstoßen hat. Liegt ein Verstoß vor, müssen Sanktionen, einschließlich Geldbußen, wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. 3. Unternehmen unterliegen Berichtspflichten, deren Umfang sich nach der Größe ihrer Belegschaften richtet (siehe Tabelle Seite 18). Wird im Bericht ein Lohngefälle von mehr als fünf Prozent festgestellt, das nicht durch objektive, geschlechtsneutrale Kriterien gerechtfertigt werden kann, müssen die Unternehmen in Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretern eine gemeinsame Entgeltbewertung erstellen. EU-Richtlinie verschärft bestehendes Recht „Tarifbindung bringt – anders als beim bisherigen Entgelttransparenzgesetz – keine Privilegien mit sich, da die EU‑Richtlinie Tarifstrukturen ausdrücklich nicht berücksichtigt“, sagt Dr. Vera Bannas, Managerin, Kienbaum Consultants International GmbH und fügt hinzu: „Tarifgebundene Unternehmen unterliegen daher denselben Transparenzpflichten wie andere Arbeitgeber.“ Tatsächlich führt die EU-Entgelttransparenz-Richtlinie in vielen Bereichen zu einer Verschärfung des seit 2017 geltenden Entgelttransparenzgesetzes. „Die Entgelttransparenz-Richtlinie sieht grundsätzlich einen weniger eingeschränkten Anwendungsbereich vor, teilweise unabhängig von der Anzahl an Mitarbeitenden eines Arbeitgebers“, sagt Matthias Haensler, Partner der Kanzlei Schmitt und Haensler. Der Fachanwalt für Arbeitsrecht verweist hierbei insbesondere auf die umfangreicheren Auskunftsrechte für Mitarbeitende, auf die Informationsrechte von Stellenbewerbern und auch auf die Berichtspflichten von Unternehmen. „Außerdem sieht die Richtlinie – anders als das Entgelttransparenzgesetz – einen allgemeinen Anspruch für Arbeitnehmende auf Schadensersatz oder Entschädigung bei Verletzung des Grundsatzes gleichen Entgelts vor, was sowohl materielle als auch immaterielle Schäden umfassen dürfte“, ergänzt Haensler. Im Entgelttransparenzgesetz selbst sind solche Ansprüche nicht ausdrücklich bestimmt, sie lassen sich nach Einschätzung des Arbeitsrechtlers aus dem Europarecht herleiten. Doch im Vergleich dazu böten die in der EU-Richtlinie vorgesehenen Anspruchsgrundlagen mehr Rechtssicherheit für Arbeitnehmer. Drei Aufgabenfelder für Unternehmen „Um die geforderten Informationen bereitzustellen, werden Unternehmen mehr Ressourcen in interne Analysen investieren müssen“, sagt Goran Barić, Geschäftsführer der Page Group Deutschland. Die Vergütungsexperten sehen drei Aufgabenfelder, die Unternehmen bearbeiten müssen. Als erstes gilt es, Gehaltsstrukturen auf den Prüfstand zu stellen: „Unternehmen sollten bestehende Gehaltsmodelle kritisch analysieren und objektive Kriterien für Gehaltsunterschiede definieren“, sagt der Geschäftsführer des Personalvermittlers und nennt als
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