Auslagerung Vorteile und Risiken der neuen Rentnergesellschaften Neuausrichtung Reformen der gesetzlichen und betrieblichen Vorsorge Risikomanagement Strategien zur Vermeidung von Haftungsfehlern bAV Gender Pension Gap Wie Betriebe für Ausgleich sorgen können Eine Marke von personalmagazin bAV 12.25
BAV-HAFTUNGSFALLE: RISIKEN ERKENNEN UND SCHÄDEN IN MILLIONENHÖHE VERMEIDEN Die betriebliche Altersversorgung birgt für Arbeitgeber enorme Chancen – aber auch rechtliche Fallstricke. Mangelhafte oder veraltete Verträge können schnell zum Haftungsrisiko werden. „Mit der BRANDCONSULT GmbH als Partner an unserer Seite haben wir unsere Haftungsrisiken in der bAV erfolgreich reduziert. Nach einer umfangreichen Risikoprüfung der Bestandsverträge und einer Tarifanalyse für neue Verträge sind wir jetzt optimal aufgestellt.“ Lars Engel Wir machen betriebliche Versorgung einfach besser: Als einer der führenden Spezialisten prüfen wir Ihre bestehenden bAV-Lösungen, schließen Haftungslücken und entwickeln passgenaue Konzepte. So wird Ihre bAV zu einem starken Benefit – attraktiv, sicher und zukunftsorientiert. Vertrauen Sie auf über 30 Jahre Erfahrung und unsere Leidenschaft für gute Beratung. Vereinbaren Sie jetzt Ihren Beratungstermin! n Haftungslücken und entwickeln passge schließen Haftungslücken und entwickeln passgenaueKonzepte. So wird
Editorial 3 bAV personalmagazin bAV Titelbild: AHAOK; Foto K. Schmitt: Peter Granser Liebe Leserinnen und Leser, junge Menschen haben ein klares Bewusst sein für die Probleme des deutschen Alterssicherungssystems. Die meisten wissen nicht nur, dass die gesetzliche Rente im Alter nicht ausreichen wird, um den Lebensstandard zu halten, sie kennen auch die Notwendigkeit einer eigenen zusätzlichen Altersvorsorge. Das zeigt die Jugendstudie der Metallrente, die sich zum sechsten Mal den Einstellungen und Strategien zur Altersvorsorge junger Erwachsener zwischen 17 und 27 widmet. Doch nur die Hälfte der dort Befragten ergreift aktiv Maßnahmen zur eigenen Altersvorsorge – auch das belegt die Studie deutlich. Die Gründe: Skepsis gegenüber den tradierten Anlagewegen und möglicher Renditen, mangelndes Finanzwissen, wenig Orientierung hinsichtlich der Vorsorgemöglichkeiten. Die Autoren der Studie ziehen ein schönes Zwischenfazit: „Unsere Aufgabe ist es nicht, darüber zu urteilen. Unsere Aufgabe ist es, daraus die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen und zu handeln.“ Genau das möchte ich Ihnen weitergeben. Denn das größte Vertrauen bei der Auswahl von Altersvorsorgeprodukten bescheinigen die befragten Berufseinsteiger den Angeboten ihrer Arbeitgeber. Also vergessen Sie diese wichtige Zielgruppe in Ihrem bAV-Portfolio nicht und investieren Sie etwas Zeit zur Information und Weiterbildung des Finanzwissens Ihrer jungen Mitarbeitenden – Ihre Rendite kann sich in stärkerer Mitarbeiterbindung und hoher Wertschätzung zeigen. Eine bereichernde Lektüre wünscht Ihnen Katharina Schmitt „Das höchste Vertrauen haben Berufsanfänger in die Vorsorgeprodukte des eigenen Arbeitgebers.“ Inhalt 04 News 08 BAV als Lückenschließer Die Rolle der Unternehmen beim Gender Pension Gap 16 „Wir können mehr zusammenwirken“ Martina Baptist und Judith Kerschbaumer im Interview 20 Transparenz schaffen Unternehmen müssen ihre Entgeltstrukturen prüfen 24 Ansatzpunkte aus der Praxis 30 Rentner Gesellschaft: Bilanzen stärken, Risiken senken 34 Altersvorsorge im Reformmodus 36 R enteninformation beim Jobwechsel 40 Haftungsrisiken vermeiden 46 „Keine Denkverbote“ Susanna Adelhardt zu ihren Vorhaben als Vorsitzende der DAV 48 Pflichten aus der bAV beim Arbeitgeberwechsel VERLAG Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Munzinger Straße 9, D-79111 Freiburg Kommanditgesellschaft, Sitz Freiburg Registergericht Freiburg, HRA 4408 Komplementäre: Haufe-Lexware Verwaltungs GmbH, Sitz Freiburg, Registergericht Freiburg, HRB 5557, Martin Laqua Geschäftsführung: Dr. Carsten Block, Iris Bode, Matthias Schätzle, Carsten Schröder, Christian Steiger Beiratsvorsitzende: Andrea Haufe, Steuernummer: 06392/11008 Umsatzsteuer-Identifikationsnummer: DE 812398835 REDAKTION Reiner Straub (Herausgeber), Katharina Schmitt E-Mail: katharina.schmitt@haufe-lexware.com REDAKTIONSASSISTENZ Linda Schmidt, Tel.: 07 61/8 98-3172, redaktion@personalmagazin.de ABONNENTENSERVICE UND VERTRIEB E-Mail: zeitschriften@haufe.de, Tel. 0800/7234 253 (kostenlos) ANZEIGEN UND PORTRÄTEINTRÄGE Thomas Horejsi thomas.horejsi@haufe-lexware.com, Tel. 09 31/27 91-451 Yvonne Göbel (Disposition) yvonne.goebel@haufe.de, Tel. 09 31/27 91-470 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG Unternehmensbereich Media Sales, Niederlassung Würzburg GRAFISCHES KONZEPT Oliver Griep, Jan Spading BILDREDAKTION David Dörrast ARTDIRECTION Ruth Großer, Julia Vukovic DRUCK L.N. Schaffrath GmbH & Co. KG DruckMedien, Geldern VERBREITUNG Dieses Sonderheft erscheint jährlich. Es liegt mit einer Gesamtauflage von 34.000 Exemplaren dem „personalmagazin“ Ausgabe 12/2025 bei. Aktuelle Informationen zu den Zeitschriften- und Online-Angeboten der Haufe Group siehe: www.mediacenter.haufe.de Impressum
4 Betriebliche Altersversorgung Foto: plainpicture / mia takahara personalmagazin bAV Interessieren sich junge Erwachsene überhaupt für Vorsorgeangebote? Die Antwort ist ein klares „Ja“. Doch über die tatsächlichen Möglichkeiten wissen sie nicht viel, und auch das Vertrauen in die bisherigen Lösungen ist gesunken. Smalltalk Facts Sparen für später So sparen junge Erwachsene N= 2538 Personen zwischen 17 und 27 Jahren Quelle: Metallrente Studie „Jugend Vorsorge Finanzen“, 2025 54 % sparen für die Altersvorsorge 34 % sparen, aber nicht für die Altersvorsorge 12 % sparen nicht
5 News 51,9 % aller Arbeitnehmer* * Quelle: Bundesministerium Arbeit und Soziales (2025): Arbeitgeber- und Trägerbefragung zur Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung (BAV 2023), ** Quelle: Metallrente Studie „Jugend Vorsorge Finanzen“, 2025 Quelle: Union Investment, Anlegerbarometer 2/2025 81 % der jungen Menschen rechnen damit, einen Teil der Lebenshaltungskosten im Rentenalter aus Ersparnissen begleichen zu müssen. MEHR GENERATIONENGERECHTIGKEIT Von einem „Generationendilemma“ spricht die aba Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. in ihrer Stellungnahme zum Betriebsrentenstärkungsgesetz II und fordert höhere Betriebsrenten für mehr jüngere Arbeitnehmer. Wörtlich heißt es: „Immer größere Anteile des Aufwands für bAV fließen in Betriebsrentenanpassungen und die Dotierung bestehender Zusagen. Immer geringere Anteile des Aufwands für bAV stehen für die Dotierung neuer Zusagen zur Verfügung. Die Schere zwischen den Betriebsrentnern und älteren Arbeitnehmern mit Betriebsrentenanwartschaften und jungen Arbeitnehmern öffnet sich zunehmend. Bereits erteilte Zusagen sollten vor diesem Hintergrund im Interesse von mehr Generationengerechtigkeit für die Zukunft abänderbar sein, unabhängig davon, ob sie kollektivrechtlich erteilt wurden oder nicht. Übertriebener Besitzstandsschutz darf nicht die Hoffnungen der jüngeren Generation auf Betriebsrentenzusagen zunichtemachen.“ Bausparvertrag 30 Die beliebtesten Vorsorgelösungen unter 28-Jähriger Wer für eine bAV spart Sparbuch, Festgeldkonto, festverzinsliche Wertpapiere Aktien oder Fonds Private Lebensversicherung 26 betriebliche Altersvorsorge (bAV) 40 Private Rentenversicherung 21 Riester-Rente Basisrente (Rürup) als Freiberufler/Selbstständiger 10 5 Personen von 17-27 Jahren, die für ihre Altersvorsorge sparen; Mehrfachnennungen möglich Quelle: Metallrente Studie „Jugend Vorsorge Finanzen“, 2025 55 62 29 % der Arbeitnehmer zwischen 17-27 Jahren** Angaben in Prozent
6 Betriebliche Altersversorgung personalmagazin bAV GEGEN DIE STAGNATION IN DER BAV Der Aufschwung in der betrieblichen Altersversorgung (bAV) kommt zum Erliegen. Das zeigt die neue Ausgabe der Deloitte-Studie zur bAV. Aktuell, so die Studie, sorgen rund 40 Prozent der 2.000 Befragten über eine Entgeltumwandlung für das Alter vor, rund sieben Prozent weniger als im Hoch der bAV 2022. Als besorgniserregend bezeichnen die Studienautoren, dass insbesondere das mangelnde Einkommen der Studienteilnehmenden als Grund für die fehlende Vorsorge weiterhin zunimmt. Als zentrale Ansatzpunkte für eine verbesserte Teilnahme an der bAV empfehlen die Studienautoren: 1. Arbeitgeber müssen entsprechende bAV-Angebote einrichten und diese (regelmäßig) in geeigneter Form kommunizieren. Damit helfen sie nicht nur ihren Arbeitnehmenden bei einer wichtigen Vorsorgemaßnahme, sondern entsprechen auch den gesetzlichen Anforderungen nach § 1a Absatz 1 Betriebsrentengesetz (BetrAVG). 2. Ein Zuschuss des Arbeitgebers kann auch Arbeitnehmenden mit geringen finanziellen Mitteln zur Eigenvorsorge motivieren und zum Aufbau einer substanziellen bAV beitragen. Dabei kann der Zuschuss auch den Mindestbetrag von 15 Prozent nach § 1a Absatz 1a BetrAVG übersteigen und dann, beispielsweise bei 25 Prozent oder 50 Prozent liegen. 3. Darüber hinaus zeichnen sich attraktive Angebote nicht nur durch gute Kommunikation und angemessene Zuschüsse des Arbeitgebers aus, sondern geben ein hohes Maß an Sicherheit und verfügen über flexible Elemente wie beispielsweise verschiedene Einzahlungs- und Auszahlungsmöglichkeiten. Ein knappes Fünftel (17 Prozent) der unter 50-Jährigen glaubt nur an eine eigene Lebenserwartung von 70 Jahren oder weniger. Unter den über 50-Jährigen gehen nur sieben Prozent von einer Lebenserwartung von 70 oder darunter aus. Diese krasse Unterschätzung der tatsächlichen durchschnittlichen Lebenserwartung zeigt die jüngste Ausgabe der DIA-Studie 50plus des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA). Jüngere neigen der Umfrage zufolge tendenziell zu einer niedrigeren Annahme, wenn sie die eigene Lebenserwartung beurteilen. So haben zum Beispiel 40-Jährige in Deutschland noch eine fernere Lebenserwartung von etwa 40 Jahren. Knapp 40 Prozent der unter 50-Jährigen gingen in der Befragung dagegen von weniger aus. „ Der Generationenvertrag ist eine Frechheit gegenüber den Jüngeren: Sie finanzieren ein System, von dem sie selbst kaum noch profitieren werden.“ Dr. Rüdiger Maas, Institut für Generationenforschung p 2. Dezember / Online Update bAV – Neueste Entwicklungen in der betrieblichen Altersvorsorge www.aba-online.de 17. und 18. März / Berlin Zukunftsmarkt Altersvorsorge www.zukunftsmarktaltersvorsorge.info Termine Älter als gedacht
Advertorial Die Verwaltung der betrieblichen Altersvorsorge kostet HR Tag für Tag unnötig viel Zeit. Manuelle Prozesse machen sie komplex, fehleranfällig und riskant. Dabei geht es längst auch anders: Digitale Plattformen entlasten HR von Aufwand und Risiken, ein Beispiel dafür ist Penzilla. Eigentlich soll die betriebliche Altersvorsorge Mitarbeitende langfristig binden und Sicherheit bieten. Doch in vielen Unternehmen wird sie vor allem als Last empfunden. Grund dafür ist die Art der Verwaltung. HR kämpft noch immer mit fragmentierten Prozessen und nicht aufeinander abgestimmten Lösungen, und das in einer Zeit, in der Automatisierung in vielen anderen HR-Bereichen längst etabliert ist. Was so entsteht, ist mehr als nur lästig. Aus der Komplexität erwachsen echte Risiken: Beitragserhöhungen werden nicht an die Lohnbuchhaltung weitergegeben, Beratungen, Vereinbarungen und Veränderungen werden nicht revisionssicher dokumentiert, jahrzehntealte Versorgungszusagen verstauben in Aktenordnern. Genau das sind die häufigsten Einfallstore für Haftungsrisiken. Wie viel bAV-Verwaltung kann HR noch ertragen? Gleichzeitig rauben die manuellen Abläufe den HR-Teams Zeit, die sie an anderer Stelle dringend brauchen. Statt strategische Initiativen voranzutreiben, beschäftigt sich HR mit Routinearbeiten. Weil der Prozess so belastend ist, wird die bAV nicht aktiv gestaltet, sondern nur verwaltet, und verliert als strategischer Benefit an Wirkung. Wie HR die Arbeit abgibt, aber die Kontrolle behält Doch es geht auch anders: Wer Prozesse digitalisiert und automatisiert, kann die bAV-Verwaltung endlich von einer Belastung in einen attraktiven Benefit verwandeln, sowohl für Mitarbeitende als auch für HR. Digitale Plattformen bringen die fragmentierten Verwaltungsprozesse in einer einzigen Anwendung zusammen. Sie verbinden die einzelnen Akteure miteinander, reduzieren Fehlerquellen und schaffen endlich Transparenz. Penzilla ist ein Beispiel: Die Lösung verbindet HR, Lohnbuchhaltung, bAV-Berater und Mitarbeitende in einem System und bildet zugleich alle Versorgungsordnungen in sämtlichen Durchführungswegen ab. Relevante Gehaltsdaten fließen über Schnittstellen zu DATEV oder SAP automatisch in die Lohnbuchhaltung, wodurch Abrechnungsfehler ausgeschlossen werden. Der bAV-Berater erhält sofort Meldung bei Ein- oder Austritten und kann unmittelbar reagieren. Mitarbeitende haben ein eigenes Portal, um ihre Vorsorge einzusehen oder Beratungen anzufragen. HR behält die Übersicht über diese Vorgänge, aber muss nicht mehr eingreifen. Unternehmen werden umfassend begleitet, sodass das Thema bAV nicht länger allein auf dem Tisch der HR-Abteilung liegt. BAV-bezogene Tätigkeiten lassen sich so um 100 % und Verwaltungskosten um bis zu 40 % reduzieren. Große Unternehmen wie Lacoste oder ProSiebenSat.1 setzen die Lösung bereits erfolgreich ein – mit spürbaren Effekten. Das Ergebnis: HR-Abteilungen gewinnen Zeit und Freiheit zurück. Prozesse sind vollautomatisiert und die Compliance zu 100 % sichergestellt. Nacharbeiten in der Lohnbuchhaltung gehören der Vergangenheit an. So entsteht wieder Zeit, sich auf das zu konzentrieren, was wirklich zählt: das Wohlergehen der Mitarbeitenden. Manuelle Prozesse machen die bAV-Verwaltung zeitintensiv, fehleranfällig und belasten viele HR-Abteilungen.
Betriebliche Altersversorgung 8 personalmagazin bAV
Gender Pension Gap 9 BAV als Lückenschließer Von Kay Schelauske Illustration AHAOK Trotz steigender Erwerbsbeteiligung sind Frauen in der Alterssicherung weiterhin erheblich benachteiligt. Der Gender Pension Gap, die Lücke in der Altersversorgung zwischen Männern und Frauen, liegt bei 43 Prozent. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Doch Arbeitgeber können gegensteuern: Sie haben die Chance, strukturelle Nachteile an mehreren Stellen gezielt abzubauen oder auszugleichen.
Betriebliche Altersversorgung 10 personalmagazin bAV Die Alterssicherung gehört zu den zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen. Denn die zunehmende Alterung der Bevölkerung in Deutschland setzt das heimische Rentensystem unter Dauerstress. Lösungswege soll eine Rentenkommission aus Fachleuten erarbeiten, die nach dem Willen der Bundesregierung in diesem Jahr starten soll. Im Fokus steht die gesetzliche Rentenversicherung. Es geht aber auch um neue Ansätze in der bAV und privaten Altersvorsorge. Im medialen Diskurs kommt eines häufig zu kurz: Frauen sehen sich hier seit Jahrzehnten einer anhaltenden finanziellen Benachteiligung ausgesetzt. Gemeint ist die geschlechtsspezifische Alterssicherungslücke. Diese Rentenlücke wird als Gender Pension Gap bezeichnet. Der Wert beschreibt den relativen Unterschied der Alterssicherungseinkommen von Männern und Frauen am Ende ihres Erwerbslebens. Verglichen werden also die Renten aus gesetzlicher, betrieblicher und privater Vorsorge, sodass hierin gleichzeitig viele Lebensentscheidungen ihren Ausdruck finden. Nach Angaben des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) ist der Gender Pension Gap in den zurückliegenden 30 Jahren deutlich gesunken, liegt aktuell aber immer noch bei 43 Prozent (siehe Grafik Seite 11). „Der Rückgang liegt vor allem darin begründet, dass sich in dieser Zeit die Erwerbstätigkeit von Frauen deutlich erhöht hat und dass der Mindestlohn gestiegen ist, da Frauen überproportional im Niedriglohnsektor beschäftigt sind“, sagt Eugen Unrau, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Institut für sozialwissenschaftlichen Transfer Sowi Tra. In seiner Analyse für das WSI stellt er zusammen mit seiner Kollegin Svenja Pfahl fest, dass sich auch die in den letzten Jahrzehnten ausgeweiteten sozialen Ausgleichselemente in der gesetzlichen Rentenversicherung, insbesondere die Anrechnungszeiten für Kindererziehung und Pflege, positiv auswirken. Dennoch ist der aktuelle Wert immer noch deutlich zu hoch. Denn Frauen beziehen damit am Ende ihres Berufslebens um 43 Prozent geringere Alterungssicherungseinkommen als Männer. Regional differenziert betrachtet sind es in Westdeutschland sogar 47 Prozent und in Ostdeutschland 21 Prozent. Diese Ergebnisse werden durch die Prognos-Studie „Alterssicherung in Deutschland“ von 2023 gestützt. Demnach beträgt der durchschnittliche eigene Auszahlbetrag bei Männern 2.033 Euro, während er bei Frauen 1.341 Euro ausmacht. Zusammengefasst werden dabei die summierten Netto-Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung sowie der bAV und der privaten Altersvorsorge, einschließlich Riester-Rente, und Renten aus Lebensversicherungen. Aussagekräftig ist auch die isolierte Betrachtung eigenständiger Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung. So erhielten Frauen Ende 2023 in Westdeutschland durchschnittlich 38 Prozent und in Ostdeutschland 14 Prozent geringere Altersrenten als Männer. 20 Jahre zuvor lagen die Werte noch bei 59 beziehungsweise 37 Prozent. Ein Blick in die Regionen zeigt, wie unterschiedlich die Rentenhöhen ausfallen: So erzielen Frauen in Potsdam, Frankfurt (Oder) und Cottbus mit rund 1.300 Euro die höchsten Renten, während sie im ostfriesischen Leer nur bei 682 Euro und im Eifelkreis Bitburg-Prüm bei 668 Euro liegen. Geringerer Stundenlohn, mehr Teilzeit Diese faktischen Einkommensunterschiede haben zwei zentrale Ursachen: Erstens, Frauen bekommen einen durchschnittlich geringeren Bruttostundenverdienst. Zweitens, sie erzielen im Durchschnitt geringere sozialversicherungspflichtige Arbeitszeiten. Letzteres drückt sich in der hohen Teilzeitquote von 49 Prozent bei Frauen aus, während nur jeder neunte Mann Teilzeit arbeitet. Diese Angaben veröffentlichte Destatis für das Jahr 2024, das mit 29 Prozent der Beschäftigten eine neue Rekordquote bei der Teilzeitarbeit markierte. In einer Analyse aus dem Jahr 2022 zeigt das WSI auf, dass erwerbstätige Frauen mit gut 54 Stunden um eine Stunde länger in der Woche arbeiteten als Männer. Die Crux: Im Gegensatz zu Männern verbringen Frauen fast 50 Prozent mehr Arbeitszeit mit unbezahlter Arbeit, wie Hausarbeit, Fürsorge für Kinder und Pflege sowie ehrenamtliche Tätigkeiten. Von ähnlichen Erfahrungen berichtet Iris Hoschützky, CFP, Mitglied des Vorstands des FPSB Deutschland, aus ihren Be- „ Frauen arbeiten 54 Stunden pro Woche und damit mehr als Männer. Doch sie verbringen fast 50 Prozent davon mit unbezahlter Arbeit wie Fürsorge, im Haushalt oder Ehrenamt.“ Aus einer Analyse des WSI
Gender Pension Gap 11 müssen“, sagt Hoschützky und nennt als Ausweg Job-Sharing. Ein solches Programm habe sie selbst für mehrere Jahre mit Kundenverantwortung gemacht: „Es erfordert Organisation und Abstimmung, aber es funktioniert.“ Als zentrale Kenngröße bei der Bewertung von Lohndiskriminierung gilt der unbereinigte Gender Pay Gap. Der Wert drückt die Verdienstlücke von Frauen gegenüber Männern aus. Dabei wird der durchschnittliche Bruttostundenverdienst betrachtet, und zwar losgelöst von Art und Umfang der Tätigkeiten. Das geschieht erst bei der engeren Betrachtung des bereinigten Gender Pay Gap. Dieser Wert weist die Lücke im Bruttostundenverdienst von Frauen und Männern bei vergleichbaren Jobs, Ausbildungen, Erfahrungen und Qualifikationen aus. Gender Pay Gap sank kräftig um zwei Prozent Während Destatis den bereinigten Wert für 2024 auf lediglich sechs Prozent beziffert, liegt der unbereinigte Wert bei durchschnittlich 16 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr sank dieser Wert um zwei Prozentpunkte. „Das war der stärkste Rückgang seit Beginn der Berechnungen im Jahr 2006“, kommentieren die Statistiker die jüngste Entwicklung. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich Deutschland trotz des gesunkenen Gender Pay Gaps weiter im oberen Drittel der EU-Länder mit den höchsten Werten befindet. Zum Vergleich: In Italien liegt der Gender Pay Gap bei 2,2 Prozent, in Belgien bei 0,7 Prozent und Entwicklung Gender Pension Gap in Deutschland, West- und Ostdeutschland Quelle: Alterssicherungsbericht der Bundesregierung (2023, 2019); bis 2015: Verian (ehemals Kantar Public und TNS Infratest) 80 70 60 50 40 30 20 10 1992 1995 1999 2003 2007 2011 2015 2019 2023 69 69 64 63 59 57 53 49 43 73 72 68 67 64 61 58 55 47 39 45 46 43 37 35 28 23 21 Angaben in Prozent Westdeutsche Bundesländer Deutschland insgesamt Ostdeutsche Bundesländer ratungsgesprächen. Auslöser von unbezahlter Arbeit sind vielfach Nachwuchs oder Carearbeit. „Die damit einhergehende Doppelbelastung führt häufig dazu, dass Frauen im normalen Berufsalltag zurückstehen, auf Teilzeit reduzieren oder für eine Zeit komplett aussetzen“, erläutert die Vorsorgeexpertin. Elternzeit werde zwar viel mehr aufgeteilt als früher, aber den Großteil übernehmen doch die Mütter, während die Väter in die Vollzeitbeschäftigung zurückkehren. „Auch beim Wiedereinstieg gehen Frauen oft einer Teilzeitbeschäftigung nach, um mehr Zeit für die Familie zu haben“, ergänzt Hoschützky. Das bestätigt Unrau aus zurückliegenden Untersuchungen. „Die finanziellen Auswirkungen dieser Teilzeitfalle sind enorm, die Teilzeitquote von Frauen ist zuletzt sogar gestiegen“, sagt der Wissenschaftler. Ein mögliches „Gegenmittel“ könne die „Brückenteilzeit“ sein. Bei dieser maximal auf fünf Jahre befristeten Regelung haben Frauen einen Anspruch auf Teilzeit mit einem Rückkehrrecht in die vorherige (Voll-)Arbeitszeit. Die Option besteht jedoch nur in Betrieben mit mehr als 45 Beschäftigten, sodass viele Frauen auch hier außen vor bleiben. Da die Einzahlungen in die bAV durch die Teilzeit deutlich geringer ausfallen und es keine Anrechnungszeiten oder Ähnliches wie in der gesetzlichen Rentenversicherung gibt, fallen die monetären Nachteile groß aus. Hinzu kommt, dass Frauen aus betrieblichen Karriereplanungen ausgeschlossen würden, weil es ihnen in Teilzeitpositionen nicht zugetraut wird, Führungsaufgaben zu übernehmen. „Teilzeit und hochqualifizierte Aufgaben schließen sich für viele Arbeitgeber daher oftmals aus, weil Frauen zu 100 Prozent für das Team präsent sein 0
Betriebliche Altersversorgung 12 personalmagazin bAV in Luxemburg beträgt er minus 0,9 Prozent – dort haben also Männer eine vergleichsweise überschaubare Verdienstlücke. Die EU hat dieser Lohndiskriminierung längst den Kampf angesagt und eine Entgelttransparenz-Richtlinie beschlossen. „Die Transparenz ist notwendig, damit das Thema auf die politische Agenda kommt und auf dieser Basis bessere Entscheidungen getroffen werden können. Aber es ist dennoch kein Selbstläufer“, sagt Unrau. Fakt ist, dass die Vorschriften das bestehende Recht verschärfen, wenngleich die Regelungen erst noch in deutsches Recht umgesetzt werden müssen. Dass aber bereits Handlungsbedarf für die Wirtschaft besteht, ist offensichtlich (siehe Beitrag Seite 16 ff.). Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen ist die bAV bekanntermaßen unterrepräsentiert. Gerade dort sind Frauen nach Angaben des WSI häufiger vertreten, was sie in der Praxis vielfach von bAV-Angeboten abschneidet. Ein Zugang zu bAV bestehe eher für Beschäftigte in großen und tarifgebundenen Betrieben, bei produzierenden Unternehmen und in typischen Männerbranchen, stellt das WSI fest, weshalb Männer häufiger bAV-Verträge abschließen als Frauen. Zudem würden sie aufgrund ihrer geringeren Einkommen, durchschnittlich deutlich niedrigere eigene bAV-Anwartschaften erwerben. „Viele Frauen arbeiten in Teilzeit oder im Niedriglohnbereich, wodurch die Umwandlung von Entgelt in Altersvorsorge oft als unattraktiv oder finanziell nicht machbar erscheint“, schreiben die Autoren in der Prognos-Studie, verweisen aber auf die Geringverdienerförderung. Sie könne eine entscheidende Brücke zu mehr Altersvorsorge darstellen. Allerdings soll sie nach bisherigem Stand im Zuge des BRSG II erst im Jahr 2027 verbessert werden. Die Studienautoren betonen, dass eine bAV besonders dann vorteilhaft ist, wenn sich der Arbeitgeber an der Finanzierung beteiligt und wenn die Kosten in der Kollektivversicherung günstiger sind als bei individueller privater Vorsorge. Diese Vorteile würden über die Zeit eine große Wirkung entfalten, zeigt die Studie anhand des folgenden Beispiels auf: Werden 35 Jahre lang monatlich 110 Euro bei einer jährlichen Rendite von drei statt zwei Prozent gespart, könnte sich die Arbeitnehmerin über einen um gut 40 Euro höheren Rentenbetrag freuen, nämlich 231 statt 189 Euro pro Monat. Bei einer Rentenbezugsdauer von fast 30 Jahren würde dies einen Gesamtvorteil von rund 14.800 Euro ausmachen. Mit bAV Info- und Rentenlücke schließen „Arbeitgeber haben den größten Impact“, betont auch Swetlana Ewald, Leiterin der Initiative Finanzheldinnen, die vor sieben Jahren durch Mitarbeiterinnen des Commerzbank-Konzerns gegründet wurde. „Es wäre wichtig, dass Unternehmen ein regelmäßiges Informationsangebot, vielleicht im Rahmen der bAV bereitstellen“, sagt Ewald. Denn aus eigener Erfahrung wisse sie, dass es bei Frauen häufig an Bewusstsein für die Defizite in der eigenen Vorsorge fehlt, zum Beispiel wenn es darum geht, die eigene Rentenlücke auszurechnen. Das WSI stößt in dasselbe Horn: „Frauen sind in der Altersvorsorge aufgrund ihrer geringeren Einkommen und der daraus resultierenden geringeren Sparfähigkeit benachteiligt. Der kleine Unterschied Quelle: Deutsche Rentenversicherung Bund (2024): Mind the (Gender) Gap. Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen im Mehrsäulensystem So hoch ist der Gender Pension Gap in Ost und West nach Versorgungsart Gesetzliche Rentenversicherung Betriebliche Altersversorgung Private Altersvorsorge Geburtsjahrgänge 1957 bis 1961, Analyse für 2024 100 % Männer -31 % -5 % Frauen West Frauen Ost 100 % Männer -43 % 4 % Frauen West Frauen Ost 100 % Männer -56 % -40 % Frauen West Frauen Ost
Gender Pension Gap 13 auch das Risiko einer späteren Rentenlücke verringert werden. „Private Vorsorge sollte deshalb nicht ausschließlich an das individuelle Einkommen gekoppelt sein. Vielmehr empfiehlt sich ein gemeinsames Vorsorgeverständnis“, schreiben die Autoren und veranschaulichen dies anhand eines Rechenbeispiels: Eine Frau verfügt in einem Paarhaushalt durchschnittlich über ein monatliches Nettoeinkommen von rund 1.930 Euro, während ihr Partner im Schnitt knapp 3.410 Euro verdient. Zusammen ergibt sich daraus ein Haushaltseinkommen von etwa 5.340 Euro. Bei gleichmäßiger Aufteilung würden beiden jeweils 2.670 Euro zur Verfügung stehen. Angenommen beide Partner sparen privat jeweils 4 Prozent ihres Nettoeinkommens, so wären das im Fall des gemeinsamen Vorgehens jeweils rund 110 Euro. Bei der üblichen individuellen Betrachtung und einem klassischen Rollenbild spart hingegen der Mann etwa 140 Euro, die Frau aber nur rund 80 Euro. Susanne Kazemieh, Geschäftsführerin und Gründerin der Frauen-Finanz-Gruppe, warnt allerdings davor, Konten oder Verträge auf Gemeinschaftsbasis zu führen. Ganz gleich, ob es sich um vermögensbildende Versicherungen, Wertpapierdepots oder Konten handelt. Haben beide Partner Verfügungsgewalt, könne jeder Ein- und Auszahlungen ebenso vornehmen wie Wertpapiere kaufen und verkaufen, ohne dass der andere gefragt wird. Gleiches gelte bei Versicherungen zum Beispiel für die Festlegung der bezugsberechtigten Person. „Die wenigsten machen sich klar, was passiert, wenn es zum Beziehungsstress kommt. Deshalb gilt: eigene Verträge schließen, wo immer möglich“, sagt die Geschäftsführerin. Das gilt auch für die sogenannte Zugewinngemeinschaft, da die Ermittlung und Aufteilung der während der Ehe erzielten Wertsteigerungen erst bei einer Scheidung greift. „Bis dahin gehört jedem der Partner das, was auf seinem oder ihrem Namen angelegt ist“, sagt Kazemieh. Davon abgesehen, rät die langjährige Vorsorgeexpertin Frauen, für Finanzen ein gewisses Interesse zu entwickeln, ähnlich wie Fragen der persönlichen Gesundheit. „Nicht kümmern hat in beiden Fällen erhebliche Auswirkungen“, sagt sie und weist noch auf ein anderes Lebensrisiko hin. Stichwort Berufsunfähigkeit. Psychische Gründe gelten hier inzwischen als Hauptursache. Die Problematik: Sobald Behandlungen bei Therapeuten oder Psychologen aktenkundig geworden sind, versagen Versicherer in der Regel einen Versicherungsschutz, erläutert die langjährige Vorsorgeexpertin und gibt zu bedenken: „Frauen sind davon viel stärker betroffen, weil wir uns bei psychischen Problemen eher fachkundige Unterstützung einholen würden.“ Effektiver vorsorgen Hoschützky wünscht sich von Frauen mehr Mut beim Vermögensaufbau. Statt eines herkömmlichen Banksparplans könnte beispielsweise ein Fonds- oder ETF-Sparplan bevorzugt werden, um mit dem eingesetzten Geld eine größere Effektivität zu erreichen. Für den Fall, dass die finanzielle Lage keinen Vorsorgeschritt zulasse, sei es wichtig, die Rentenlücke im Bewusstsein zu behalten, um den nächsten Schritt zu gehen, Eine faire Verteilung des gesamten Haushaltseinkommens würde nicht nur die Carearbeit angemessen würdigen, sondern auch das Risiko einer späteren Rentenlücke verringern. Eigene Alterssicherungsleistungen hängen aber auch vom individuellen Finanzwissen, von persönlichen Netzwerken sowie vom jeweiligen Ehe-/Versorgungskonzept des Paares ab“. Letzteres bezieht sich vor allem auf die Asymmetrie in vielen Beziehungen und Ehen dahingehend, dass die Karriereplanung des Mannes oftmals dadurch ermöglicht wird, dass die Frau einen Großteil der unbezahlten Carearbeit übernimmt und dafür beruflich zurücksteckt. Für Paare wäre es eine Idee, aus dem gemeinsamen Haushaltseinkommen eine gleichberechtigte Vorsorge für beide zu realisieren, schlägt Unrau vor, um den strukturellen Nachteilen entgegenzuwirken. Laut Prognos-Studie erzielten Frauen in Paarhaushalten im Jahr 2022 etwa 43 Prozent weniger Einkommen als Männer. Wer aber mit einem geringeren Einkommen auskommen muss, hat natürlich weniger Möglichkeiten, Rücklagen für das Alter zu bilden. Durch eine faire Verteilung des gesamten Haushaltseinkommens auf beide Partner könnte somit nicht nur die Leistung unbezahlter Carearbeit angemessen gewürdigt, sondern
Betriebliche Altersversorgung 14 personalmagazin bAV sobald es die Finanzen zulassen. „Deswegen machen wir als Finanzplanerinnen regelmäßig alle zwei bis drei Jahre ein Update. So können wir auch prüfen, ob es freie Finanzmittel gibt, die für die Alterssicherung genutzt werden können“, erläutert das FPSB-Vorstandsmitglied und fügt hinzu: „Genau genommen müssten Frauen sogar länger vorsorgen als ihre Partner, weil sie eine längere Lebenserwartung haben.“ „Mit jedem neu in die Rente eintretenden Jahrgang wird die Rentenlücke zwischen Frauen und Männern etwas kleiner, weil die Geschlechterunterschiede bei der Erwerbsdauer langsam zurückgehen“, resümieren Unrau und Pfahl in ihrer Untersuchung. Zurückzuführen sei dies vor allem auf eine weiter ansteigende und kontinuierlich ausgeübte Erwerbstätigkeit von Frauen, höhere Bildungsabschlüsse, den gesetzlichen Mindestlohn sowie die verbesserte Anrechnung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung. Gleichwohl stellen die Anrechnungszeiten keinen adäquaten Einkommensersatz dar, sondern eine Teilkompensation. So werden die Kindererziehungszeiten nur in den drei Jahren unmittelbar nach der Geburt des Kindes gewährt. „Die Erwerbskarrieren westdeutscher Frauen waren aber über diesen Zeitraum hinaus von der Geburt des ersten Kindes beeinträchtigt, da die meisten Mütter nicht in eine Vollzeitbeschäftigung zurückkehren“, schreibt das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einer aktuellen Untersuchung und attestiert den Kindererziehungszeiten einen wichtigen, aber nur begrenzten Einfluss auf den Gender Pension Gap von Müttern. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch die Prognos-Studie: In Westdeutschland erhalten 60-jährige Mütter eine im Schnitt um 26 Prozent geringere Rente als gleichaltrige kinderlose Frauen. Dieser Unterschied sei in Ostdeutschland geringer, weil die Mütter oft durchgängig gearbeitet hätten und somit im Durchschnitt höhere Rentenansprüche erzielen. Trotz der Anrechnung von Kindererziehungszeiten bleibt aber der Unterschied in Westdeutschland aus den zuvor genannten Gründen hoch. „Mit wachsender Kinderzahl nehmen die Rentenansprüche von Müttern weiter ab“, schreiben die Autoren. Übereinstimmend wird daher festgestellt, dass es einer „zukunftsorientierten Familienpolitik“ bedarf. Im Fokus müsse die Förderung einer „gleichberechtigten Aufteilung von Sorge- und Erwerbsarbeit zwischen Eltern und der Aufbau einer flexiblen Betreuungsinfrastruktur stehen“, soll der Gender Pension Gap zukünftig weiter zurückgehen. Laut WSI-Untersuchung sprechen allerdings der beharrliche Gender Pay Gap in Deutschland, die vergleichsweise kurzen Arbeitszeiten von Frauen sowie ihr schlechterer Zugang zur bAV dafür, dass der Gender Pension Gap bleiben wird. KAY SCHELAUSKE ist freier Wirtschafts- und Finanzjournalist mit besonderem Fokus auf Finanzanlagen, ethisch-ökologischen Investments und privaten wie betrieblichen Vorsorgelösungen. „ Die Rentenlücke wird mit jedem neu in die Rente eintretenden Jahrgang etwas kleiner, weil die Geschlechterunterschiede bei der Erwerbsdauer zurückgehen.“ WSI „Gender Pension Gap bei eigenen Alterssicherungsleistungen 1992-2023“
Advertorial Eine gut konzipierte Betriebsrente kann für ein Unternehmen als Mitarbeitermagnet und gleichzeitig als Kostenoptimierer wirken. Die bAV entwickelt so große Strahlkraft als Employer-BrandingInstrument. Das Ticketmodell der Stuttgarter mit einem erhöhten Arbeitgeberzuschuss plus Zusatzrente überzeugt. Die betriebliche Altersvorsorge gilt als ein zentraler Erfolgsfaktor für den Mittelstand. Talente zu gewinnen und langfristig zu halten, dafür ist ein qualitativ hochwertiges bAV-Konzept eine wichtige Voraussetzung. Viele Mitarbeitende erwarten Flexibilität, also die Möglichkeit, die bAV an wechselnde Lebenssituationen anzupassen und bei einem Arbeitgeberwechsel mitnehmen zu können. Gerade jüngere Beschäftigte sind zudem bereit, mit einem Sicherungsniveau von 80 Prozent und höheren Renditechancen den Wert ihrer bAV zu steigern. Das Potenzial insbesondere bei Unternehmen mit 50 bis 100 Mitarbeitenden ist groß. Denn wirkungsvolle bAV-Instrumente passen auch auf kleinere Unternehmen, sie sind aber nicht jedem Arbeitgeber geläufig. Kennen Sie zum Beispiel die Vorteile des Arbeitgeberzuschusses, die Effektivität der arbeitgeberfinanzierten Versorgung und die Vorteile der § 100 EStG-Förderung? Eine moderne bAV ist heutzutage weitaus mehr als nur eine Entgeltumwandlung, die mit dem gesetzlichen Arbeitgeberzuschuss von 15 Prozent des umgewandelten Entgelts ergänzt wird. Mit der Möglichkeit, den Zuschuss freiwillig aufzustocken, werden die Beschäftigten zusätzlich motiviert. Gut beratene Arbeitgeber entschließen sich häufig, zwischen 20 bis 50 Prozent hinzuzugeben. Dieser Zuschuss kann gestaffelt nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit erhöht werden. Das belohnt Betriebstreue und die Betriebsrente wächst mit jeder Stufe nochmals an. Immer häufiger kommt in der Beratungspraxis auch ein rein arbeitgeberfinanzierter bAV-Baustein in Form einer zusätzlichen „Arbeitgeberrente“ hinzu. Damit lassen sich sehr attraktive VerDie moderne bAV-Lösung für den Mittelstand sorgungen für Mitarbeitende erreichen. Die Arbeitgeberrente kann so gestaltet werden, dass eine steuerliche Förderquote zwischen 30 und 51 Prozent der Beiträge ausgeschöpft werden kann. Dieser effektive Mix von freiwillig erhöhtem Arbeitgeberzuschuss und zusätzlicher Arbeitgeberrente wird Ticketmodell genannt. Ist die bAV eingerichtet, können Arbeitgeber durch gezielte bAV-Onboarding-Programme oder die automatische Einbeziehung der Gehaltsumwandlung in Arbeitsvertrage neuer Mitarbeitenden die Wirkung erhöhen. Eine gut konzipierte Betriebsrente ist ein echter Kostenoptimierer. So kann eine Entgeltumwandlung die Sozialabgaben und damit die Lohnnebenkosten reduzieren, die durch die Weitergabe als Arbeitgeber-Zuschuss der Versorgung eines Mitarbeiters zugutekommen. Beiträge für eine zusätzliche Arbeitgeberrente reduzieren als Betriebsausgaben den Unternehmensgewinn und die darauf zu zahlende Steuer. Werden zusätzlich die Voraussetzungen des § 100 EStG erfüllt, werden die Beiträge sogar doppelt gefördert! Gerade die Kopplung von Entgeltumwandlung und Arbeitgeberrente sorgt daher für nennenswerte Kostenentlastungen. Erfahren Sie mehr über Funktionsweise und Vorzüge des Stuttgarter Ticketmodells und sprechen Sie gern mit einem unserer bAV-Experten. Per Protoschill ist Geschäftsführer der Stuttgarter VorsorgeManagement GmbH und Leiter Vertriebsunterstützung bAV. Die Stuttgarter bAV- Experten und Vertriebsunterstützung: 0711 665-2525 bAV@stuttgarter.de www.stuttgarter.de
Betriebliche Altersversorgung 16 personalmagazin bAV Unternehmen setzen auf betriebliche Maßnahmen und Eigenverantwortung, Gewerkschaften auf kollektive Rahmenbedingungen und Reformen. Im Interview erläutern Martina Baptist von Henkel und Judith Kerschbaumer von Ver.di ihre unterschiedlichen Perspektiven, die doch ein gemeinsames Ziel haben: die Schließung der Rentenlücke zwischen Frauen und Männern. Was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Ursachen für das Gender Pension Gap? Judith Kerschbaumer: Diese Lücke hat vor allem etwas mit den gesellschaftlichen und strukturellen Rahmenbedingungen zu tun. Ein wesentlicher Grund sind die meist geringeren Erwerbseinkommen von Frauen. Denn die Renten hängen unmittelbar von den eingezahlten Beiträgen ab. Frauen zahlen in der Regel weniger in die Rentenkassen ein, da sie häufiger in Berufen mit niedrigeren Gehältern arbeiten oder ihre Erwerbstätigkeit zugunsten von Sorgearbeit reduzieren. Zudem verdienen Frauen selbst bei vergleichbaren Qualifikationen im Schnitt weniger pro Stunde als Männer. Das bereinigte Gender Pay Gap zeigt, dass die Arbeitswelt nach wie vor strukturelle Ungleichheiten aufweist. Obwohl die Monatsverdienste von Frauen in den letzten Jahren gestiegen sind und die Entgeltlücke kleiner geworden ist, bleibt diese weiterhin bestehen. Die hohe Teilzeitquote bei Frauen kommt auch daher, dass sie im Schnitt deutlich mehr unbezahlte Haus- und Familienarbeit leisten als Männer. Das reduziert sowohl ihre Erwerbsarbeitszeit als auch ihre beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten und damit das Einkommen. Obendrein unterbrechen Frauen ihre Berufstätigkeit häufiger und länger als Männer, etwa zur Kindererziehung oder Pflege Angehöriger. Interview Utta Kuckertz-Wockel „ Wir können mehr zusammenwirken“ Ein weiterer Faktor sind steuer- und sozialversicherungsrechtliche Rahmenbedingungen wie das Ehegattensplitting und die beitragsfreie Mitversicherung in der Krankenversicherung. Das sind finanzielle Anreize, Erwerbstätigkeit zu reduzieren oder Minijobs anzunehmen. Martina Baptist: Über alle Branchen hinweg betrachtet, stellt sich das Gender Pension Gap als Ergebnis einer Vielzahl dieser Einzelfaktoren dar. Dazu kommt: Frauen zeigen tendenziell weniger Interesse an besser vergüteten technischen Berufen. Daher haben sie im Durchschnitt weniger Geld für zusätzliche Altersvorsorge. Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die unzureichend organisierte Betreuung von Kindern in Deutschland, insbesondere der unter Dreijährigen. Auch die Betreuung schulpflichtiger Kinder könnte besser sein. Das erschwert die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Besonders Frauen sehen sich dadurch häufig gezwungen, ihre Erwerbstätigkeit zeitweise zu reduzieren oder ganz auszusetzen – mit den bekannten finanziellen Folgen. Martina Baptist ist Head of Total Rewards, Pension & Payroll DE/CH bei Henkel
Gender Pension Gap 17 Welche gesetzlichen Änderungen sind aus Ihrer Sicht nötig? Judith Kerschbaumer: Wir brauchen mehr sozialen Ausgleich in der GRV, der durch die Grundrente ansatzweise in Angriff genommen wurde. Es wäre gerechter, die Einkommensprüfung beim Grundrentenzuschlag abzuschaffen. Statt der bisher nur rund 1,3 Millionen könnten etwa 3 Millionen Versicherte davon profitieren – darunter etwa 75 Prozent Frauen. Zudem sollten falsche Anreize wie das Ehegattensplitting und die beitragsfreie Mitversicherung in der Krankenversicherung wegfallen. Denn sie drängen Frauen häufig in Teilzeit oder geringfügige Beschäftigungen. Ein weiterer relevanter Aspekt ist die hohe Anzahl an sozial nicht abgesicherten Minijobs, insbesondere im Handel, in dem viele Frauen beschäftigt sind. Diese Art der Beschäftigung sollte begrenzt oder stärker sozialversicherungspflichtig gemacht werden. Auch bei der Pflege von Angehörigen brauchen wir dringend gesetzliche Neuerungen. Der unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf hat 2023 die Einführung eines steuerlich finanzierten Familienpflegegeldes vorgeschlagen. Vorgesehen ist ein Rechtsanspruch auf Freistellung, finanzielle Absicherung und das Rückkehrrecht auf den ursprünglichen Arbeitsplatz. Solche Maßnahmen würden speziell Frauen entlasten. Zusätzlich sollten die Schwellenwerte im Teilzeitrecht abgeschafft werden, da Frauen überdurchschnittlich häufig in kleinen und mittelständischen Unternehmen arbeiten, die bislang von diesen Regelungen ausgenommen sind. Es ist außerdem essenziell, individuelle Wünsche bei der Rückkehr in längere Arbeitszeiten stärker zu berücksichtigen und die Flexibilität der sogenannten Brückenteilzeit zu verbessern. Diese bereits 2019 eingeführte Regelung, die zeitlich begrenzte Teilzeitarbeit ermöglicht, sollte so angepasst werden, dass sie den Bedürfnissen von Beschäftigten noch besser entspricht. Welche Rolle spielt finanzielle Bildung und wie können Frauen besser über ihre Altersvorsorge informiert werden? Martina Baptist: Finanzielle Bildung spielt eine wichtige Rolle. Wer früh versteht, wie Rentensysteme, betriebliche und private Vorsorge sowie Kapitalmärkte funktionieren, kann früher aktiv werden. Meiner Meinung nach sollte finanzielle Bildung bereits in Schule und Ausbildung auf dem Lehrplan stehen. Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter sollten mögliche Angebote klar kommunizieren. Dabei können Netzwerke und digitale Angebote wie Podcasts, Webinare oder Apps helfen, aber auch traditionelle Informationskampagnen und Workshops, die Frauen über die Auswirkungen von Teilzeit und Erwerbspausen auf ihre Altersvorsorge aufklären. Was können Gewerkschaften und Unternehmen gegen die Versorgungslücke tun? Judith Kerschbaumer: Gewerkschaften wie Ver.di spielen eine entscheidende Rolle dabei, das Gender Pension Gap zu verringern, indem sie die Arbeits- und Einkommensbedingungen in typischen Frauenberufen verbessern. Insbesondere in der Gesundheits- und Pflegebranche, in der etwa 75 Prozent der Beschäftigten Frauen sind, konnte Ver.di deutliche Fortschritte erzielen. So wurde der Mindestlohn in der Pflege ab Juli 2025 auf 16,10 bis 20,50 Euro pro Stunde angehoben. Tarifabschlüsse sehen Gehaltssteigerungen, höhere Zulagen für Schichtarbeit und zusätzliche Urlaubstage vor. Seit März 2024 liegt das Einstiegsgehalt in Krankenhäusern bei rund 3.300 Euro brutto pro Monat. Diese Verbesserungen kamen nicht von selbst, sondern die Pflegekräfte haben sie durch Diskussionen, Aktionen und Streiks gemeinsam mit Ver.di erkämpft. Tarifverträge sind ein zentraler Hebel, um die Altersabsicherung von Frauen zu stärken. In tarifgebundenen Betrieben profitieren die Beschäftigten von besseren Löhnen und Arbeitsbedingungen. Darüber hinaus enthalten viele Tarifverträge Regelungen, die den unterschiedlichen Zeitbedarfen im Verlauf des Arbeitslebens gerecht werden. Es gibt etwa flexible Möglichkeiten, Lage und Umfang der Arbeitszeit zu wählen oder sich zwischen Lohnerhöhungen und zusätzlichen freien Tagen zu entscheiden. Solche Maßnahmen fördern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, verbessern die Erwerbs- und Rentenperspektiven von Frauen. Martina Baptist: Ein wichtiger Beitrag sind möglichst barrierearme betriebliche Vorsorgeangebote, auf die man Beschäftigte immer wieder aufmerksam machen sollte, etwa durch regelmäßige Benefits-Veranstaltungen. Zusätzlich sollten automatische Entgeltumwandlungen mehr in den Fokus rücken. Hier lässt sich wirklich viel bewegen. Förderprogramme für Frauen in Führungspositionen erleichtern den beruflichen Wiedereinstieg und sichern Karrierechancen. Dazu gehören zum Beispiel Weiterbildungsangebote und Mentoring-Programme während der Teilzeit oder nach der Elternzeit. Zusätzlich können Unternehmen und Gewerkschaften zusammenwirken, um ein flexibles und hochwertiges Betreuungsangebot für Kinder und pflegebedürftige Angehörige aufzubauen. Wie können wir die gesellschaftliche Anerkennung von Carearbeit verbessern? Judith Kerschbaumer: Mit über 50 Prozent weiblichen Mitgliedern hat sich Ver.di schon früh darauf konzentriert, sogenannte typische Frauenberufe etwa in Erziehung, Pflege und sozialer Arbeit aufzuwerten. Ein Beispiel dafür ist der bundesweite Streik am Equal Pay Day 2025, der auf die finanzielle und gesellschaftliche Anerkennung dieser Berufe abzielt. Kampagnen wie „Sozial- und Erziehungsberufe: Richtig gut. Richtig was wert!“ führten zu besserer Bezahlung und besserer Absicherung im Alter. Dr. Judith Kerschbaumer ist Leiterin des Bereichs Sozialpolitik in der Ver.di Bundesverwaltung
Betriebliche Altersversorgung 18 personalmagazin bAV Ergänzend dazu ließen sich Beratungsangebote der gesetzlichen Rentenversicherung oder unabhängiger Institutionen stärker bewerben und ausbauen. Wie fördern Sie Frauen in Ihrem Unternehmen, insbesondere in Bezug auf Gehalt und Karriereentwicklung? Martina Baptist: Henkel arbeitet seit vielen Jahren daran, den Anteil von Frauen im Management zu erhöhen – und hat sich dafür ehrgeizige Ziele gesetzt. Heute stehen wir mit rund 42 Prozent weltweit schon gut da. Das ist das Ergebnis vieler Maßnahmen, die ineinandergreifen und die wir kontinuierlich ausgebaut haben. Dabei betrachten wir den gesamten Mitarbeiterzyklus – von der Neubesetzung über die Talententwicklung haben wir verschiedene HR-Prozesse mit Blick auf Chancengerechtigkeit analysiert und optimiert. Ergänzt wird dies durch interne Netzwerke wie dem Henkel Women’s Network oder dem RISE-Netzwerk („Ambassadors for Change“), die Mitarbeiterinnen weltweit vernetzen. Hier werden Erfahrungen ausgetauscht. Es entstehen individuelle Mentorengruppen und das Thema erhält mehr Sichtbarkeit. Bei der Gehaltsentwicklung orientiert sich Henkel nicht am Geschlecht, sondern unter anderem an der individuellen Stelle, dem Umfang der Verantwortung und der Verfügbarkeit der Ressourcen am Markt. Welche Maßnahmen ergreift oder plant Henkel, um das Gender Pension Gap zu reduzieren? Martina Baptist: Wir möchten Eltern unabhängig vom Geschlecht bestmöglich unterstützen, damit sie Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren können und ein Gender Pension Gap gar nicht erst entsteht. Ein Beispiel für diese Unterstützung ist die geschlechterneutrale Elternzeit, mit der Henkel werdenden Eltern weltweit ein Minimum an acht Wochen Elternzeit bei vollem Lohnausgleich garantiert. Auch die betriebliche Altersversorgung läuft in dieser „Auszeit“ weiter. Oder unsere drei Henkel-Kindertagesstätten, deren Öffnungszeiten unsere unterschiedlichen Arbeitszeitmodelle berücksichtigen. Auch flexible Arbeitsmodelle leisten einen wichtigen Beitrag. Insgesamt ist es Henkel wichtig, von traditionellen Rollenzuschreibungen wegzukommen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken. Was tut Ver.di in der bAV zum Thema Gender Pension Gap? Judith Kerschbaumer: Ver.di plant, diese Lücke durch höhere Betriebsrenten zu schließen. Insbesondere für Beschäftigte im unteren und mittleren Einkommensbereich ist eine gut ausgestattete und mit sozialen Elementen versehene bAV von großer Bedeutung, da sie helfen kann, eine Grundsicherung wegen Bedürftigkeit im Alter zu vermeiden. Frauen profitieren hiervon besonders. Denn sie arbeiten oft in kleineren Betrieben und zu niedrigeren Löhnen und haben dadurch bisher seltener Zugang zu einer bAV. Deren flächendeckende Einführung wäre ein wichtiger Schritt, um diese Ungleichheit zu verringern. Die mit dem zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetz verbesserte Förderung der bAV kann einen wertvollen Beitrag leisten. Ver.di hat hier eine Vorreiterrolle eingenommen und damit begonnen, arbeitgeberfinanzierte betriebliche Sozialpartnermodelle (SPM) in Tarifverträgen zu verankern. Ein Beispiel ist das Sozialpartnermodell der AWO Unterfranken, das Pilotcharakter für die Gesundheits- und Pflegebranche hat. Ab 2026 wird der Arbeitgeber dort rund drei Prozent des Gehalts als reine Beitragszusage in eine bAV einbringen. Die Beschäftigten können sich freiwillig entscheiden, eigenes Entgelt zusätzlich einzuzahlen, um die spätere Betriebsrente weiter zu erhöhen. Alle Beschäftigten werden automatisch in das Modell einbezogen, was sicherstellt, dass auch diejenigen davon profitieren, die sich bislang nicht aktiv um eine Altersvorsorge kümmern konnten. Welche Rolle spielt die bAV bei Henkel, um Frauen finanziell abzusichern? Martina Baptist: Die arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung und die zusätzliche, über Entgeltumwandlung finanzierte Altersvorsorge spielen bei Henkel unabhängig vom Geschlecht eine große Rolle und werden daher sehr geschätzt. Die Implementierung einer automatischen Entgeltumwandlung mit vier Prozent vom monatlichen Gehalt, die wir seit 2013 zugunsten der betrieblichen Altersvorsorge umsetzen, ist meines Erachtens ein wichtiger Beitrag, um Frauen finanziell im Alter besser abzusichern. Diese strategische Entscheidung führt dazu, dass über 80 Prozent unserer Beschäftigten eigenverantwortlich für ihr Alter vorsorgen. Welche Herausforderungen sehen Sie bei der Umsetzung solcher Maßnahmen in der Praxis? Martina Baptist: Frauen in unteren Lohngruppen nutzen die betriebliche Altersvorsorge nicht, weil sie sich aus ihrer Sicht die Eigenbeiträge nicht leisten können. Hier müssen wir gezielt aufklären, um das Problembewusstsein zu schärfen. Auf welche Kommunikationsmaßnahmen setzt Ver.di, um Frauen über das Gender Pension Gap zu informieren? Judith Kerschbaumer: Ver.di hat mit den jährlichen FrauenAlterssicherungskonferenzen ein wichtiges Format geschaffen, um über die Rentenlücke von Frauen aufzuklären und mit den Verantwortlichen über Lösungen zu diskutieren. In diesem Jahr wurden bei der 20. Konferenz die frauenpolitischen Aspekte des Koalitionsvertrags und die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Personen mit Sorgeverantwortung angesprochen. Erstmals haben auch Vertreterinnen der Ver.di Jugend teilgenommen, um die Solidarität unter den Generationen zu fördern, von Erwerbs- und Sorgearbeit. Insbesondere zeigt sich, dass die betriebliche Altersversorgung ein wirksames Mittel sein kann, um Altersarmut zu bekämpfen und Frauen eine bessere finanzielle Absicherung zu ermöglichen. UTTA KUCKERTZ-WOCKEL ist Leiterin Öffentlichkeitsarbeit bei der Metallrente. Die Volkswirtin und Gründerin des Round Tables „Frauen in der bAV“ verfügt aus ihrer langjährigen Tätigkeit als Konferenz-Managerin über ein großes Netzwerk in der bAV-Branche.
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