Betriebskrankenkasse 37 So gut wie alle Unternehmen in Deutschland stehen aktuell vor großen Herausforderungen. Neben den Auswirkungen der geopolitischen und finanziellen Krisen und dem Fachkräftemangel, sind es vor allem auch zunehmende Fehlzeiten und krankheitsbedingte Ausfälle der Beschäftigten, die Betriebe belasten. Gleichzeitig ist die Zukunftsfähigkeit unserer Sozialversicherungssysteme massiv infrage gestellt: Deutschland hat im westeuropäischen Vergleich die höchsten Ausgaben für Gesundheit. Die Beiträge für gesetzliche Krankenkassen steigen in diesem Zuge kontinuierlich an. Aktuelle Prognosen weisen darauf hin, dass der durchschnittliche Zusatzbeitrag im kommenden Jahr erstmalig über zwei Prozent liegen wird. Trotzdem haben wir Deutschen die geringste Lebenserwartung unter den Westeuropäern, Tendenz weiterhin sinkend. Sollte unser Sozialversicherungssystem tatsächlich auf Dauer nicht mehr nachhaltig finanzierbar sein, sind auch die Unternehmen in Deutschland direkt davon betroffen, denn damit gerät auch die Zukunftsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandorts massiv in Gefahr. Doch die Situation ist nicht aussichtslos, Unternehmen können das Heft selbst in die Hand nehmen: Das Sozialgesetzbuch (SGB V) erlaubt ausdrücklich, dass ein Unternehmen – einige Kriterien vorausgesetzt – eigenständig eine gesetzliche Krankenkasse als Betriebskrankenkasse (BKK) gründen kann. Unternehmen könnten damit unabhängig von den aktuellen gesundheitspolitischen Entwicklungen herausragende Vorteile in der Gesundheitsversorgung für ihre Beschäftigten schaffen. Der Kern und Sinn von Betriebskrankenkassen Historisch gesehen sind Betriebskrankenkassen ein etabliertes Modell in der deutschen Sozialversicherung und Industriegeschichte. Höchst relevante Unternehmen wie beispielsweise BMW, Bosch, B. Braun oder Würth unterhalten bis heute erfolgreich ihre eigenen Betriebskrankenkassen und haben so die Möglichkeit, Gesundheitsdienste ganz spezifisch auf die eigene Belegschaft auszurichten. Als Beispiel sei die relativ unbekannte und kleine (circa 7.000 Versicherte) BKK Groz-Beckert genannt: Als Weltmarktführer für die Produktion von Industrienadeln auf der Schwäbischen Alb bemüht sich Groz-Beckert, deutschlandweit die besten Ingenieure und Ingenieurinnen zu gewinnen. Dies erreicht das Unternehmen unter anderem durch eine betriebseigene BKK, die hohen Wert auf eine persönliche und nahbare Betreuung legt. Dazu gehört ein eigenes Fitnessstudio, für das die Beschäftigten je nach Belastung individuelle Trainingsvorschläge auf eine Chip-Karte bekommen, oder auch eine Physiotherapie-Praxis direkt am Werksgelände. Und was viele verwundern wird, die glauben, dass Effizienz und Kosteneinsparung mit der Größe der Kasse einhergehen: Die BKK Groz-Beckert ist aktuell die Kasse mit dem bundesweit niedrigsten Zusatzbeitrag. Tendenziell haben größere Kassen sogar einen höheren Zusatzbeitrag. Organisatorisch gesehen ist eine eigene Betriebskrankenkasse eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Dies bedeutet, dass sie dem Trägerunternehmen nicht gehört und auch keine Gewinne erwirtschaftet werden dürfen. Genauso wenig besteht die Pflicht, dass Beschäftigte eines Trägerunternehmens automatisch bei der eigenen BKK versichert sind oder versichert werden müssen. Auch datenschutzrechtlich muss die Betriebskrankenkasse strikt vom Trägerunternehmen getrennt sein. Einfluss auf die eigene BKK kann ein Trägerunternehmen primär durch den Verwaltungsrat ausüben. Dieser Verwaltungsrat setzt sich immer aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretenden zusammen und entscheidet unter anderem über den Vorstand oder die spezifischen Satzungsleistungen der BKK. Die eigene Betriebskrankenkasse finanziert sich – wie jede andere gesetzliche Krankenkasse auch – über die Beiträge, die primär durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer geleistet werden. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass eine eigene BKK durch Sozialbeiträge finanziert wird, die ohnehin geleistet werden müssen. Im Normalfall muss ein Trägerunternehmen ab dem Zeitpunkt der Gründung also kein weiteres Geld mehr für den Betrieb der BKK aufbringen. Dies unterscheidet eine eigene BKK somit zum Beispiel elementar von herkömmlichen Angeboten des betrieblichen Gesundheitsmanagements oder auch privaten Zusatzversicherungen wie die betriebliche Krankenversicherung (bKV). Bessere Gesundheitsversorgung, moderne Technologie, mehr Service Auch wenn den wenigsten dies bewusst ist: Die Gründung einer eigenen Betriebskrankenkasse (BKK) zahlt auf all die zuvor genannten Herausforderungen von Unternehmen ein. Eine BKK wird, anders als BGMMaßnahmen und private Zusatzversicherungen, über Beiträge zur Sozialversicherung finanziert.
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