Personalmagazin plus Kanzleien 7/2024

FRANK BOLLINGER ist Redakteur beim Personalmagazin und beobachtet die arbeitsrechtliche Rechtsprechung. Verfahrensfehler im Bewerbungsverfahren begründen eine Diskriminierung schwerbehinderter Bewerber Arbeitgebern drohen Entschädigungszahlungen gemäß § 15 AGG, wenn sie Vorschriften, die dem Schutz von Schwerbehinderten dienen, ignorieren. Dafür kann es bereits ausreichen, dass ein abgelehnter Bewerber behauptet, der Arbeitgeber habe den Betriebsrat nicht den Vorgaben des § 164 Abs. 1 Satz 4 SGB IX entsprechend über die Bewerbung unterrichtet. Da ein Bewerber als Außenstehender hierzu regelmäßig keinen Einblick hat und sich diesen auch zumutbar nicht verschaffen kann, muss er regelmäßig keine konkreten Anhaltspunkte für ein solches Versäumnis darlegen. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. Juni 2023, Az. 8 AZR 136/22 „ Der Richter ist der eigentliche Herr über das Arbeitsrecht“, so der Göttinger Arbeitsrechtsprofessor Franz Gamillscheg im Jahr 1964. Das stimmt umso mehr, je untätiger der Gesetzgeber bleibt. Beweiswert einer Arbeits- unfähigkeitsbescheinigung ist hoch Legt ein gekündigter Arbeitnehmer eine Krankschreibung vor, die genau bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses reicht, mag das dem ein oder anderen Arbeitgeber verdächtig vorkommen. Einer ordnungsgemäß ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kommt jedoch aufgrund der normativen Vorgaben im Entgeltfortzahlungsgesetz ein hoher Beweiswert zu. Um diesen zu erschüttern, müsste ein Arbeitgeber konkrete Umstände aufzeigen, die geeignet sind, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu begründen. Der bloße Verdacht einer nicht ordnungsgemäßen Diagnose genügt dazu jedoch ebenso wenig wie der Einwand, die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit lasse sich auch trotz der diagnostizierten Erkrankung noch erbringen. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28. Juni 2023, Az. 5 AZR 335/22 19 Rechtsprechungsrückblick

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