Personalmagazin plus 7/2023

Im Bereich des Datenschutzes ist zu beobachten, dass mittlerweile teilweise empfindliche Geldbußen verhängt werden. Was sind die häufigsten Fehler, die von Unternehmen gemacht werden? Tobias Pusch: Der wohl gravierendste Fehler besteht darin, dass es Unternehmen unterlassen, ein gutes Datenmanagementsystem aufzubauen. Herausragend hohe Geldbußen im Bereich des Datenschutzes waren oftmals auf das Fehlverhalten von Individuen innerhalb einer Organisation zurückzuführen. Zu denken ist etwa an zu weitreichende Maßnahmen der Arbeitnehmerüberwachung, die aufgrund eklatanter Fehleinschätzungen der handelnden Führungskräfte durchgeführt wurden. Investitionen in Schulungen und das Schaffen eines Bewusstseins für den guten und rechtssicheren Umgang mit Daten ist ein wesentlicher Baustein, um solche Fehler zu vermeiden. Andere Defizite bestehen in der unzureichenden Umsetzung von Cybersecurity-Konzepten. Unternehmen mit zu niedrigen Sicherheitsstandards können leicht zum Opfer externer oder interner Angriffe werden. Unternehmen mit hohen Sicherheitsstandards aber gleichzeitig umständlichen Arbeitsprozessen laufen Gefahr, dass Mitarbeiter vorhandene Sicherheitsmechanismen umgehen, um Arbeitsprozesse zu erleichtern. Wichtig ist daher ein optimales Zusammenspiel zwischen IT-Sicherheit und guter Arbeitsprozess-Ergonomie. Nur wenn Arbeitsprozesse von Mitarbeitern inhaltlich beherrscht und akzeptiert werden, können ungewollte und teils gravierende Datenabflüsse verhindert werden. Thomas Wahlig: Auch wenn der Einsatz von Künstlicher Intelligenz keine Neuerung ist, so ist dieses Thema durch der zuständigen Verwaltungsbehörden aufgrund der BAG-Entscheidung in der Form, dass im Vergleich zu früher verstärkt Arbeitszeiterfassungen von Unternehmen kontrolliert und Bußgelder verhängt werden, haben wir in der Beratungspraxis bislang nicht feststellen können. Das geänderte Nachweisgesetz hat den Arbeitgebern umfangreiche neue Pflichten auferlegt. Wo lauern die größten Stolperfallen? Wahlig: Vor der Novellierung des Nachweisgesetzes blieben Verstöße weitgehend folgenlos. Dies hat sich geändert: Das Nachweisgesetz enthält nunmehr Bußgeldvorschriften, falls über bisherige oder geänderte wesentliche Vertragsbedingungen nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig informiert wurde. Es gilt daher, Neuverträge an die erweiterten Anforderungen des Nachweisgesetzes anzupassen und sorgfältig zu prüfen, auf welche Regelungen außerhalb des Arbeitsvertrages wirksam verwiesen werden kann. Hier kann der Wunsch nach einem „schlanken“ Arbeitsvertrag den gesetzlichen Anforderungen entgegenstehen. Eine besondere Herausforderung ist die Überprüfung und etwaige Anpassung der Bestandsarbeitsverträge, beispielsweise durch die Niederschrift der Pflichtangaben des Nachweisgesetzes in einem Zusatzdokument zum Arbeitsvertrag, die – anders als eine Änderung des Arbeitsvertrags an sich – durch den Arbeitgeber einseitig vorgenommen werden kann. Darüber hinaus ist darauf zu achten, Arbeitnehmern auch künftig alle Änderungen wesentlicher Vertragsbedingungen im Sinne des Nachweisgesetzes schriftlich und rechtzeitig mitzuteilen. ChatGPT nun einer breiten Öffentlichkeit ins Bewusstsein gerückt. SoftwareNutzer werden KI-Tools fortan bewusst und zielgerichtet zur Erledigung ihrer Arbeitsaufgaben einsetzen, da diese Tools in die gängigen Software-Programme integriert werden und revolutionäre Produktivitätssteigerungen versprechen. Die Diskussion um hinreichenden Datenschutz im Zusammenhang mit KI-gestützter Analyse von Kommunikationsdaten der Mitarbeiter wird noch weiter an Dynamik gewinnen. Das BAG hat festgestellt, dass Arbeitszeiterfassung verpflichtend ist. Wie können Arbeitgeber erreichen, dass ihre Arbeitnehmer weiterhin mit größtmöglicher Flexibilität arbeiten können? Pusch: Die BAG-Entscheidung zur Arbeitszeiterfassung ist sicherlich eine der meist diskutiertesten Entscheidungen des vergangenen Jahres. Künftig wird wohl der Gesetzgeber eine entsprechende gesetzliche Neuregelung treffen und Unklarheiten beseitigen. Bis dahin gilt: Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern trotz Pflicht zur Arbeitszeiterfassung weiterhin Gestaltungsspielraum bei der Lage und Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage sowie der Pausenzeiten gewähren, solange die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes beachtet werden. Diese Flexibilität ist unabhängig von der Arbeitszeiterfassung und gibt Mitarbeitern die Möglichkeit, die Arbeitszeit unterschiedlich auf die einzelnen Tage zu verteilen und zum Beispiel den Beginn der Arbeitszeit an die eigenen Bedürfnisse anzupassen und zu variieren, indem es keine fest vorgegebene starre Arbeitszeit gibt. Eine Änderung der Arbeitsweise Pusch Wahlig Workplace Law Interview mit Dr. Tobias Pusch und Thomas Wahlig 43

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