Personalmagazin plus 7/2023

Unternehmen werden immer agiler, Teamstrukturen verdrängen klassische Hierarchien. Stehen Teamziele und Teamperformance nicht in Widerspruch zu herkömmlichen Vergütungsstrukturen? Wie sollte ein Entgeltsystem in einem agilen Betrieb gestaltet sein? Michael Bogati: Ein gutes Entgeltsystem muss zu den betrieblichen Bedürfnissen passen und Akzeptanz bei der Belegschaft finden. Systeme, die für das eine Unternehmen optimal sind, können in einem anderen vollkommen unpassend sein. Für eine Vielzahl von Unternehmen werden in absehbarer Zeit noch hergebrachte und starre Entgeltsysteme wie beispielsweise in den klassischen Flächentarifverträgen praktisch alternativlos bleiben. In anderen Strukturen, in denen es vornehmlich auf individuelle Leistungen von wenigen Personen ankommt, wird vermutlich bei der Bemessung variabler Vergütungsbestandteile weiter auf persönliche Komponenten abgestellt werden. Es ist aber auch möglich auf Teams, Arbeitsgruppen oder andere Organisationseinheiten abzustellen. Die Agilität des Entgeltsystems muss mit der Agilität des Betriebs Schritt halten und auch in der Systematik so flexibel bleiben, dass Veränderungen in der betrieblichen Wirklichkeit umgesetzt werden können. Der Wunsch vieler Arbeitnehmer nach einer besseren Work-Life-Balance ist ein ungebrochener Trend. Zunehmende Flexibilität der Arbeitsbedingungen ist gewünscht. Welche Möglichkeiten bietet das deutsche Arbeitsrecht, hier eine bedarfsgerechte Arbeitswelt zu gestalten? In manchen Bereichen ist das Arbeitsrecht zu starr, sogar ohne eine kurzfristige Perspektive für größere Flexibilität. türlich, tatsächlich ausnahmslos für gleiche Arbeit auch die gleiche Vergütung zu zahlen. Die wenigsten Arbeitgeber werden allerdings bewusst Männer besser bezahlen, nur um Frauen schlechter bezahlen zu können. Ungleiche Vergütung ist seltener Absicht als vielmehr Folge von externen Bedingungen. Zumindest wird man derzeit empfehlen müssen, Vergütungsentscheidungen und ihre Begründung möglichst sorgfältig zu dokumentieren, um diese in streitigen Auseinandersetzungen mit sachlichen, diskriminierungsfreien Argumenten verteidigen zu können. Angesprochen ist hier beispielsweise die tägliche Arbeitszeit mit den gesetzlichen Pausenregelungen und Vorgaben zu Ruhezeiten. Die Bedeutung dieser Schutzvorschriften ist nicht zu unterschätzen, schränkt aber Beschäftigte ein, die sich ein höheres Maß an individueller Arbeitszeitautonomie wünschen. Die zu erwartenden gesetzlichen Neuregelungen zu Aufzeichnungspflichten werden solche Konstellationen nicht einfacher machen. Mit langfristiger Arbeitszeitflexibilität zur Bildung von Langzeitkonten für den vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand, zur Umsetzung von Sabbaticals oder anderen Modellen, kommt das deutsche Arbeitsrecht demgegenüber besser zurecht. Auch die Umsetzung mittlerweile schon fast klassischer Teilzeitbegehren oder aber auch die seit einigen Jahren mögliche befristete Brückenteilzeit sind fast durchgehend etablierte Praxis. In unserer Beratung zeigt sich zuletzt vermehrt, dass auch in verantwortungsvollen Führungspositionen ein Teilzeitwunsch nicht mehr der „Karrierekiller“ ist, der er in der Vergangenheit war. Das Urteil des BAG zur diskriminierungsfreien Bezahlung vonMännern und Frauen stellt die Arbeitgeber vor die Frage, wie sie den Prozess der Entgeltfindung künftig rechtssicher handhaben können. Worauf sollten Arbeitgeber achten? Derzeit warten wir alle mit Spannung auf die vollständigen Entscheidungsgründe, um für die Praxis belastbare Empfehlungen entwickeln zu können. Die derzeit verfügbare Pressemitteilung scheint zwar darauf hinzudeuten, dass die Folgen weitreichend sind, der Sachverhalt war allerdings auch sehr speziell. Einfach – aber nicht immer praxistauglich – wäre es naFringspartners Interview mit Michael Bogati „ Die Agilität des Entgeltsystems muss mit der Agilität des Betriebs Schritt halten.“ Michael Bogati 31

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==