Die regulatorischen Anforderungen für Unternehmen nehmen auch imMittelstand erheblich zu. Wie wirkt sich dies auf die Personalabteilungen aus? Stefan Gatz: Die Personalabteilungen stehen derzeit vor großen Herausforderungen. Themen wie Recruiting im In- und Ausland, neue gesetzliche Regelungen (etwa Hinweisgeberschutzgesetz oder Lieferkettensorgfaltsgesetz) sowie bedeutsame Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (wie das Stechuhr-Urteil) bereiten den Personalabteilungen viel Arbeit. Fortlaufend müssen neues Knowhow aufgebaut und Arbeitsprozesse hinterfragt werden. Dabei nimmt auch das Haftungsrisiko für Bußgelder und Geldstrafen zu. Es zeigt sich, dass HR-Compliance als strukturelle Aufgabe in den HR-Abteilungen und imManagement der Unternehmen verstanden werden muss, um die Verantwortlichkeiten klar zu definieren. Mit vielen unserer Mandanten stehen wir regelmäßig im Austausch und können frühzeitig auf neue Entwicklungen hinweisen und passende Lösungen anbieten. Neben klassischer Rechtsberatung bieten wir auch Online-Trainings für Führungskräfte und digitale Lösungen an, etwa für interne Meldestellen nach dem Hinweisgeberschutzgesetz. Besteht dabei auch ein persönliches Haftungsrisiko für Entscheidungsträger in Personalabteilungen? Stefan Gatz: Ermittlungsverfahren gegen HR-Verantwortliche sind selten, allerdings sollte das Haftungsrisiko nicht unterschätzt werden, wie jüngst das prominente Beispiel der Volkswagen AG wegen der Vergütung von Betriebsräten zeigte. Es gibt zahlreiche Rechtspflichten, jenseits der Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen, die zu einem Ermittdeutsche Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) Anwendung findet, was schon bei Dienstreisen, die der über EoR tätige Auslandsmitarbeiter nach Deutschland unternimmt, der Fall ist. Der vergleichsweise geringe Administrationsaufwand, mit dem EoR zunehmend erfolgreich werben, hat also auch Kehrseiten. Neben einer möglichen AÜGErlaubnispflicht können auch Beitragspflichten zur Sozialversicherung aus abhängiger Beschäftigung entstehen. Bei der Vermeidung solcher unerwünschten Nebenwirkungen unterstützen wir unsere Mandanten mit unserem EmploymentTax-Team. Durch entsprechende Vertragsgestaltung minimieren wir das Risiko einer unbeabsichtigten ertragssteuerlichen Betriebsstätte. lungsverfahren und einem Bußgeld oder einer Geldstrafe führen können. Neuestes Beispiel ist hier das Verschwiegenheitsgebot nach dem Hinweisgeberschutzgesetz. Wenn beispielsweise eine Führungskraft vom Unternehmen ausdrücklich beauftragt wurde, in eigener Verantwortung eine Aufgabe des Unternehmens, wie etwa die der internen Meldestelle nach dem Hinweisgeberschutzgesetz, wahrzunehmen, kann sich das Ermittlungsverfahren auch gegen diese Führungskraft richten. Andererseits sehen wir bei den Führungskräften auch ein gesteigertes Risikobewusstsein, da häufiger vertragliche Regelungen oder Versicherungen zur Begrenzung des persönlichen Haftungsrisikos nachgefragt werden. Viele Unternehmen greifen, um dem Fachkräftemangel auf dem hiesigen Arbeitsmarkt zu begegnen, auf die Dienste eines sog. Employer of Record (EoR) zurück. Welche Erfahrungen sammeln Sie mit diesen Modellen in der Praxis? Christian Hoppe: Die Musik spielt hier vor allem im Arbeitnehmerüberlassungsrecht, aber auch im Sozialversicherungs- und Steuerrecht. Während unsere Mandanten die Arbeitsverhältnisse ihrer über EoR tätigen Auslandsmitarbeiter inhaltlich aus Deutschland heraus gestalten, werden diese im Ausland formal über den EoR auf der Basis eines lokalen Arbeitsvertrags angestellt. Formaler und eigentlicher Arbeitgeber fallen damit auseinander, und da über EoR tätige Auslandsbeschäftigte in die Arbeitsorganisation unserer Mandanten eingegliedert werden und ihren Weisungen unterliegen, wird der EoR ganz klassisch als Verleiher tätig. Er benötigt damit eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis, soweit das Esche Schümann Commichau Interview mit Stefan Gatz und Dr. Christian Hoppe „ Ermittlungsverfahren gegen HRVerantwortliche sind selten, allerdings sollte das Haftungsrisiko nicht unterschätzt werden.“ Stefan Gatz 29
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