Die Nutzung künstlicher Intelligenz ist in aller Munde: Gibt es eine spezielle Regulatorik für KI-Produkte im HR-Bereich? Thomas Block: Die EU hat einen spannenden Verordnungsentwurf zum Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) vorgelegt. Neben einer sehr weiten Definition von KI legt die Verordnung vier Risikoklassen fest (unannehmbar, hoch, gering und minimal), die einer unterschiedlich strengen Regulatorik unterliegen. Ein genauer Blick lohnt für Unternehmen bereits jetzt, da sie validieren können, ob die bisherigen Vorkehrungen mit den Entwurfsvorschlägen übereinstimmen. Anwendbar sind und bleiben daneben vor allem die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), AntiDiskriminierungsregeln, Vorschriften zu Verbraucherschutz und Produktsicherheit sowie die Mitbestimmung. Zu empfehlen ist beim Einsatz von KI stets die Durchführung einer Datenschutzfolgenabschätzung, um Aufsichtsbehörden gegenüber einen reflektierten Umgang mit dieser „neuen“ Technologie nachweisen zu können. Der Arbeitnehmer wird zunehmend zum Weltbürger. Was bedeutet grenzenloses Arbeiten für Arbeitgeber? Nina Bogenschütz: Die zuletzt heiß diskutierten Modelle wie „Flex Work“, „Mobile Work“ oder „Bridge part-time“ haben inzwischen schon wieder einen langen Bart. „Workation“ oder „Global Work“ sind die „Buzzwords“ der Stunde. Hinter ihnen verbirgt sich nicht viel anderes als die Kombination aus Urlaub und Arbeit. Selbst wenn sich Gobal Work mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit in Einklang bringen lässt, erfordert die Umsetzung erhebliche Planungsarbeit, denn an den Schnittstellen des internationalen Steuer-, Sozialversicherungs-, Aufenthalts- und ArRechtsfragen einen nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand mit sich bringen. In einigen Branchen bestehen noch immer Lieferengpässe und sorgen in den Betrieben dafür, dass nicht in vollemUmfang gearbeitet werden kann. Wie können Arbeitgeber auf schwankenden Personalbedarf reagieren? Stephan Schwilden: Neben einer vorausschauenden Personalbedarfsplanung eignen sich insbesondere flexible Arbeitszeitmodelle, die über bestimmte Stundenkontingente „atmen“: der Mitarbeitende erhält sein verstetigtes Entgelt und der Arbeitgeber die Möglichkeit, seine Mitarbeitenden bedarfsgerecht einzusetzen und auf Lieferengpässe flexibel zu reagieren. Auch eine vorausschauende Qualifizierungsstrategie mit dem Ziel, die Mitarbeitenden bereichsübergreifend im Unternehmen einzusetzen und trotz bestehender Lieferengpässe verstetigt weiterbeschäftigen zu können, kann sich eignen, um Lieferengpässen kurzfristig entgegentreten zu können. Dabei genügt häufig schon ein qualifizierter Blick in den Arbeitsvertrag, umMitarbeitende imWege des Direktionsrechts dort einzusetzen, wo sie gerade benötigt werden. Bei länger anhaltenden Lieferengpässen kann auch die Kurzarbeit das Mittel der Wahl sein. In Zeiten des Fachkräftemangels bringt dies allerdings häufig den „Nachteil“ mit sich, dass sie entsprechende Aufstockungsbeträge erfordert, was den finanziellen Nutzen stark einschränken kann. Sollte die Kurzarbeit dennoch das passende Instrument sein, ist es entscheidend, dass Arbeitgeber in Verhandlungen mit dem Betriebsrat aus Zeitnot heraus nicht vorschnell Rechtspositionen aufgeben und beispielsweise auf den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen verzichten. beitsrechts ergeben sich spannende, längst nicht abschließend geklärte Rechtsfragen. Hinzu kommt, dass geltendes Recht und „neue Lebenswirklichkeit“ nicht ohne Weiteres in Einklang zu bringen sind, denn wo wesentliche Arbeitsbedingungen (NachwG) und einseitige Gestaltungserklärungen dem Vertragspartner nach wie vor im Original zugehen müssen, kann die vorübergehende Tätigkeit im Ausland auch ganz alltägliche Vorgänge zur Herausforderung werden lassen. Friederike Jawad: Eine „one size fits all“- Lösung gibt es leider nicht und auch der europäische Gesetzgeber lässt erwartungsgemäß auf sich warten. Daher sind Arbeitgeber und Mitarbeitende gut beraten, die vielschichtigen Themen mit ausreichender Vorlaufzeit zu planen, da die mit den jeweiligen Einreiseländern abzuklärenden behördlichen Genehmigungen und „ Geltendes Recht und ‚neue Lebenswirklichkeit‘ sind nicht ohne Weiteres in Einklang zu bringen.“ Nina Bogenschütz Interview mit Dr. Thomas Block, MBA, Dr. Nina Bogenschütz, Dr. Friederike Jawad, LL.M., Dr. Stephan Schwilden, MBA act legal Germany 23
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