41 · Digital Guide · Real Estate 2024 Wenn vom „Immobilienwert“ die Rede ist, ist damit regelmäßig nicht der Wert der Immobilie für eine Privatperson gemeint und auch nicht der Preis. Vielmehr handelt es sich um einen fiktiven Wert, der dem zu erwartenden Preis möglichst nahe kommt. Dieser „Erwartungswert“ ergibt sich aus bestimmten Wertermittlungsverfahren oder aus einer Vielzahl von theoretisch möglichen Preisen für diese Immobilie, ist hier also ein statistischer Schätzwert. Das klingt plausibel; erinnert es doch daran, dass der tägliche Einkauf von einem ständigen Preisvergleich begleitet ist. Immobilien weichen jedoch von Butter, Laptops oder Autos ab: Sie sind Unikate, und der Kauf einer Immobilie ist eine Investition mit langer, oft lebenslanger Laufzeit. Das macht die Wertermittlung komplex und zu einer verantwortungsvollen Aufgabe. Die alleinige Unterscheidung zwischen Wert und Preis greift bei der Betrachtung der Gesamtproblematik jedoch noch zu kurz. Es kommt auch darauf an, welchem Zweck der zu ermittelnde Wert dient. Hierzu gibt es in Deutschland eine Vielzahl von gesetzlichen Regelungen. So gibt es Begriffe wie „Marktwert“, „Verkehrswert“, „Steuerwert“, „Beleihungswert“, „Brandversicherungswert“ und viele andere. BELEIHUNGSWERTE ALS GRUNDLAGE Der in vielen Fällen gemeinte, aber nicht immer ermittelte Wert ist der so genannte „Verkehrswert“. Er hat seine normative Definition in § 194 Baugesetzbuch (BauGB) und entspricht einem fiktiven Wert, der sich auf einen bestimmten Zeitpunkt bezieht und den so genannten gewöhnlichen Geschäftsverkehr voraussetzt. Es handelt sich also um den wahrscheinlichsten Preis, den ein Grundstück zu einem bestimmten Stichtag unter „normalen Umständen“ erzielen würde. Eine weitere wesentliche Norm für die Ermittlung von Grundstückswerten ist das Bewertungsgesetz (BewG). Es regelt die Grundsätze der Wertermittlung von Grundstücken zu Zwecken der Besteuerung; der Wert ist der so genannte „Steuer- oder Besteuerungswert“. Besonders bedeutsam ist auch das Pfandbriefgesetz (PfandBG) und auf dessen Grundlage die Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWerV). Die auf dieser Basis ermittelten Werte werden als „Beleihungswerte“ bezeichnet. Sie sind Grundlage für die Ermittlung von Werten zur Besicherung von Beleihungsobjekten. Damit wird deutlich, dass die Ermittlung von Grundstückswerten ein weites Feld ist mit vielen Unebenheiten. Wichtig ist, welchem Zweck der ermittelte Wert dienen soll und auf welchen Grundlagen die Wertermittlung basiert. Es geht um die Transparenz der Wertermittlung. Im Zusammenhang mit dem Begriff der KI steht die aktuelle Diskussion zu „Deep Fakes“. Mit diesem Begriff werden Inhalte bezeichnet, die real erscheinen, aber mit der Realität nichts zu tun haben. So wie der Papst KI-generiert in einer Designer-Daunenjacke im Internet erscheint, können auch KI-generierte Immobilienwerte nichts mit realen Preisen zu tun haben, sondern nur den Eindruck erwecken, sie hätten dies. Die Gefahren solcher „Fakes“ liegen zur Immobilie abgefragt werden und daraus vermeintlich „sehr genau“ ein Marktwert ermittelt wird, fragwürdig und gehören eher in die Kategorie „billig gemachte Werbung“. Andernorts sind sie jedoch durchaus seriös. Woran erkennt man den Unterschied? Können Fragen wie • Wird definiert, um welche Art des angegebenen Wertes es sich handelt, wofür er verwendbar oder nicht verwendbar ist? • Gibt es Angaben über die hinter dem Wert liegenden Daten? • Gibt es Aussagen zur Genauigkeit des ausge- gebenen Wertes? mit Ja beantwortet werden und sind die Angaben hinreichend, um die Art und die Qualität des ausgegebenen Wertes zu beurteilen, dann handelt es sich um eine seriöse Auskunft. 1
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