Immobilien Wirtschaft Digital Guide Real Estate 2025

21 · Digital Guide · Real Estate 2025 Herr Bruder, Sie haben im Auftrag von zwölf überwiegend bayerischen Wohnungsunternehmen eine Studie über mögliche IT-Lösungen für die Wohnungswirtschaft vorgelegt. In der vom DigiWoh Kompetenzzentrum Digitalisierung Wohnungswirtschaft e.V., der Stadt- und Wohnbau GmbH Schweinfurt und der VdW Bayern Treuhand koordinierten Studie werfen Sie die Frage auf: „Warum immer nur ERP?“ Brauchen Wohnungsunternehmen also Ihrer Ansicht nach gar kein ERP-System? Wir sind noch gar nicht an der Stelle, an der wir in diesem Zusammenhang über konkrete Tools sprechen. Im Rahmen der Studie haben wir erst einmal analysiert, was die Branche braucht. Viele Wohnungsunternehmen suchen eine „All-in-one-Lösung“, um den Aufwand der internen Orchestrierung so gering wie möglich zu halten. Wir gehen in der Studie davon aus, dass das nicht unbedingt ein ERPSystem sein muss. Wir sprechen von einem Kernsystem, auf dessen Grundlage sich mit verschiedenen Einzelanwendungen für bestimmte Sachverhalte eine Architektur zusammenfügen lässt. Dafür haben wir die Aufgaben der Wohnungsunternehmen in einer Grafik dargestellt (siehe Abbildung auf Seite 20). Ihre Basis sind Stützfunktionen wie Ergebnismanagement und Rechnungswesen, für die es, wie in vielen anderen Branchen auch, ein solches Kernsystem braucht. Darüber befinden sich die wohnungswirtschaftlichen Aufgaben wie Bestandsverwaltung, Vermietung und Portfoliomanagement. Dafür gibt es Einzellösungen, die mit dem Kernsystem verbunden werden können. Es besteht also nicht die Notwendigkeit, alle Ebenen der Pyramide innerhalb eines einzigen Systems abzubilden. Und trotzdem ist es möglich, dem Wohnungsunternehmen seinen Wunsch nach einer „All-in-oneLösung“ zu erfüllen. Welches IT-System soll das Kernsystem bilden? Das werden wir im geplanten zweiten Teil der Studie untersuchen. Es muss nicht unbedingt ein System im klassischen Sinne sein; es könnte auch eine Datenbank sein, deren Datenmodelle standardisiert die Anbindung von weiteren Lösungen ermöglichen. Was für Lösungen werden das sein? Das wissen wir heute noch nicht. Das wird Inhalt des zweiten Teils der Studie sein. Viele Lösungen werden sich auf dem PropTech-Markt finden. Denkbar ist grundsätzlich sogar, dass Bestandteile von Produkten heutiger ERP-Anbieter, zum Beispiel eine Mieterapp oder ein Mieterportal, angebunden werden. Abhängig ist das davon, wer überhaupt ein Interesse hat, an einem solchen Ökosystem teilzuhaben. Wie groß ist dabei das Schnittstellenproblem? Wir sprechen in der Studie nicht von Schnittstellen, sondern von Konnektoren, also von Adaptern, die es ermöglichen, dass verschiedene digitale Systeme miteinander sprechen. Selbstverständlich ist das eine Herausforderung, die es im weiteren Verlauf zu lösen gilt. Wann wird ein solches Ökosystem an den Start gehen? Das lässt sich heute noch nicht sagen. Der Zeitplan hängt vom Kapital ab, das zur Verfügung steht. Technisch ist es grundsätzlich denkbar, dass das System im nächsten Jahr kommt. Für realistisch halte ich das heute nicht. In der zweiten Studie soll es deshalb auch darum gehen, wie der Markt unseren Gedanken aufnimmt. Die Schwierigkeit hierbei ist: Wir können zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Kosten nennen, wir können die unterschiedlichen Rollen in diesem Ökosystem heute noch nicht genau beschreiben, und wir können den Anwendern noch keine Oberflächen zeigen. Aber das grundsätzliche Ziel ist, ein Gegengewicht am Markt zu schaffen. Wir wollen kein Bashing gegen ERP-Anbieter betreiben. Es ist uns wichtig, für Wettbewerb zu sorgen. Andernfalls werden wir keine Innovation sehen und höhere Preise bezahlen. Und das würde der Branche nicht guttun. DANIEL BRUDER Senior Manager Real Estate Consulting bei der Deloitte Consulting GmbH „EIN GEGENGEWICHT AM MARKT SCHAFFEN“ In einer Studie hat die Beratungsgesellschaft Deloitte Wege hin zu einem wohnungswirtschaftlichen IT-ÖKOSYSTEM skizziert. Daniel Bruder erläutert, wie dieses System aussehen könnte. I N T E R V I E W DANIEL BRUDER TEXT Christian Hunziker „WIR SPRECHEN NOCH NICHT ÜBER KONKRETE TOOLS.“

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