19 · Digital Guide · Real Estate 2025 gekoppelt ist, erzeugt dies bei den Kapitalgebern eine entsprechende Erwartungshaltung, die seitens des Unternehmens zu bedienen ist. Das kann auch zu Interessenskonflikten führen.“ Aareon investiere in die Mitgestaltung und Weiterentwicklung seiner Produkte „zum Nutzen aller Kundinnen und Kunden, ohne dass für diese eine zusätzliche finanzielle Beteiligung notwendig wird“, erklärt Thomsen. Falls damit gemeint sein sollte, Hypoport respektive Dr. Klein Wowi Digital sei auf frisches Kapital angewiesen, dann widerspricht Björn Jüngerkes energisch: „Im Markt gibt es Gerüchte, dass wir das Modell nur deshalb entwickeln, weil wir Kapital brauchen. Das ist nicht der Fall. Sonst würden wir das Modell anders angehen und auch Finanzinvestoren einbeziehen.“ DYNAMISCHES UMFELD FÜR TECHNOLOGISCHE NEUERUNGEN Auf der anderen Seite tritt Aareon-CEO Thomsen Befürchtungen entgegen, der Verkauf seines Unternehmens an die Finanzinvestoren TPG und CDPQ werde zu Verschlechterungen für die Kunden führen. Er betont, „dass die neuen Eigentümer ausdrücklich erklärt haben, die bewährte Strategie von Aareon fortzuführen, zu unterstützen und ihre Expertise und Investitionskraft einzubringen“. Auch die früheren HLRE-Kunden hätten nach seinen Worten Vorteile, da sie nun von einem größeren Angebotsportfolio profitieren können – „auch durch die Anbindung von Drittlösungen über unser offenes Ökosystem Aareon Connect“. Allerdings informierte Aareon seine Kunden bereits im Oktober 2024 darüber, dass es nicht mehr in die Weiterentwicklung des HLRE-Produkts Axera investieren wird. Dieses sei nicht zukunftsfähig, sagt Thomsen, versichert aber, sein Unternehmen werde seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllen. Auf die Frage, ob Aareon eine weitere Verschlankung der Produktpalette plane, antwortet er sibyllinisch: „Ein verantwortungsbewusstes Unternehmensmanagement wird das Angebotsportfolio immer wieder im Rahmen der zukunftsorientierten Weiterentwicklung analysieren und die richtigen Investitionsentscheidungen zum langfristigen Nutzen der Kundinnen und Kunden treffen – gerade in einem so dynamischen Umfeld, das insbesondere von neuen technologischen Entwicklungen geprägt ist.“ Keinen Zweifel lässt der Aareon-CEO daran, dass sein Unternehmen weiter expandieren will. Dabei gehe es sowohl um organisches als auch um anorganisches Wachstum, wobei das Potenzial vor allem außerhalb Deutschlands liege. Und was sagt Thomsen zur Befürchtung, Aareon könnte seine marktbeherrschende Stellung ausnutzen, um die Preise stark zu erhöhen? „Wir investieren stetig in die Weiterentwicklung unseres Produktportfolios, um leistungsfähige Produkte anbieten zu können, die ihren Preis wert sind“, erklärt er. „Die Fragen rund um Preiserhöhungen kennen wir seit vielen Jahren und nehmen sie ernst.“ Dabei müsse das Unternehmen damit umgehen, dass in den letzten Jahren unter anderem die Personal- und Energiekosten gestiegen seien. „Wir haben dies jedoch immer verantwortungsvoll getan und werden das auch weiterhin so handhaben.“ EINE IT-STRATEGIE UMFASST MEHR ALS ERP Aber ist die Fixierung auf das Thema ERP überhaupt angemessen? Vermehrt werden Stimmen laut, die die Wohnungswirtschaft auffordern, ganz neu zu denken. „Wenn wir in der Wohnungswirtschaft über IT reden, sprechen wir immer über ERP-Systeme“, stellt Arne Rajchowski fest, Referatsleiter Digitalisierung und Smart Energy beim GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. Das sei ein Fehler, weil damit das Spektrum der möglichen Lösungen eingeengt werde. Für Rajchowski sollten andere Fragen im Vordergrund stehen: „Welche IT-Architektur benötigen wir im Wohnungsunternehmen? Und wer kann uns bei dieser Architektur helfen? Wir sollten nicht sofort ein Tool suchen, sondern vorher eine IT-Strategie überlegen“, betont der Digitalisierungsexperte. „Es geht um IT, nicht um ERP.“ IM RINGEN UM NEUE WEGE Dabei will Rajchowski nach eigenen Angaben nicht ERP-Anbieter diskreditieren, sondern Wohnungsunternehmen in die Lage versetzen, gute Entscheidungen zu treffen. Jedes Wohnungsunternehmen könne sich schon jetzt überlegen, welche IT-Lösung es brauche, in welchen Bereichen es Unterstützung durch externe Experten benötige und welches Budget ihm zur Verfügung stehe, erklärt er. Dann werde es feststellen, dass der Markt mehr umfasse als die etablierten ERP-Anbieter. Auch müsse nicht jedes Unternehmen für sich ein eigenes ERP-System nutzen. Sinnvoll könne es sein, wenn mehrere Wohnungsunternehmen sich gemeinsam für ein IT-System entschieden und spezifische Tools (beispielsweise für die Betriebskostenabrechnung) dazubuchten. Ein erstes Ergebnis solcher Über10% ist die Mindestbeteiligungsschwelle von Wohnungsgesellschaften oder Verbänden an der Dr. Klein Wowi Digital AG. Dann erwägt die Hypoport SE eine Anteilsabgabe im auflaufenden Umfang. GDW BLEIBT AM THEMA DRAN Auf großes Interesse stieß der Fachkongress „ERP- und IT-Systeme in der Wohnungswirtschaft“, den der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. im April in Berlin durchführte. Laut dem GdW-Digitalisierungsexperten Arne Rajchowski soll es nicht bei einer einmaligen Tagung bleiben. Geplant sind demnach weitere Veranstaltungen zu branchenspezifischen IT-Lösungen. Außerdem gibt es die Idee, zusammen mit großen wohnungswirtschaftlichen Bildungsträgern ein entsprechendes Weiterbildungsprogramm aufzubauen.
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