Seite 28 - wirtschaft_und_weiterbildung_2012_04

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personal- und organisationsentwicklung
28
wirtschaft + weiterbildung
04_2012
„Intelligente Übersetzungssysteme gesucht“
Es gilt als fortschrittlich, Mitarbeitern auf Lernplatt-
formen die Gelegenheit zum „kollaborativen
Austausch“ zu bieten. Wie funktioniert das bei Ihnen?
Wolfgang Mutschler:
Zurzeit steht unser Learning-Manage-
ment-System nur den Servicetechnikern in Deutschland
und dem Ausland zur Verfügung. Die können sich in Foren
austauschen und Kollaboration leben. Diese Art der Selbst-
hilfe ist machbar, geht aber nur langsam voran. Wir haben
natürlich bei weitem nicht so viele User, dass schnell ein
komplettes firmenspezifisches Wiki entstehen könnte, und
die Sprache ist auch eine Bremse. Die russischen Kolle-
gen zum Beispiel schreiben ihre Beiträge in kyrillischer
Schrift. Wir suchen nach automatisierten Übersetzungs-
systemen, sogenannten „Intelligent Translation Systems“,
denn passable Übersetzungen „on demand“ würden den
Austausch erleichtern. Unser Übersetzungsdienstleister
unterstützt uns bei dieser Suche, aber ich glaube, Überset-
zungen durch Computer bei branchenspezifischem Vokabu-
lar sind zwar auf einem erstaunlich guten Weg, brauchen
aber sicher noch eine Weile.
Klappt das, wenn Ihre Experten Lernprogramme für
Servicetechniker schreiben sollen?
Mutschler:
Es klappt gut, aber es könnte noch besser
gehen. Die Herausforderung liegt für uns darin, dass wir
unter bestimmten Bedingungen unsere Inhalte schnell
aktualisieren müssen. Stellen Sie sich bitte vor, wir bauen
innerhalb von drei Monaten eine Produktionsstraße für
Möbel auf. Da wird hinten, salopp gesagt, der Baumstamm
angeliefert und vorne kommt der Kleiderschrank raus.
Interview.
Im Gespräch mit „wirtschaft + weiterbildung“ berichtet Wolfgang Mutschler über
die praktische Bedeutung seiner Lernplattform und seinen Besuch der Learntec 2012.
Während wir die Maschinen aufbauen und miteinander
verbinden entsteht ein Lernprogramm, das den Service-
technikern später die Details des Produktionsprozesses
erklärt. Diese Details ändern sich aber während des Auf-
baus und der Inbetriebnahme von Woche zu Woche, weil
der Produktionsprozess immer weiter optimiert wird. Diese
Veränderungen müssen die Ingenieure vor Ort aber auch
zeitnah in das entstehende Lernprogramm einpflegen.
Noch schnellere und aus mediendidaktischer Sicht effek-
tivere Autoren-Tools wären da eine große Hilfe.
Wie bringen Sie Ihre Servicetechniker überhaupt dazu,
sich weiterzubilden?
Mutschler:
Das Lernen firmenspezifischer Dinge auf
unserer internet-basierten Plattform (auch in der Freizeit)
wird als Arbeitszeit gewertet. Es hat keine Konsequenzen,
wenn nicht gelernt wird, aber die Servicetechniker hatten
bislang genügend Eigenmotivation, ihr Wissen up-to-date
zu halten. Ein Lernanreiz besteht auch darin, dass jeder
ein Vorschlagsrecht für neue Lernmodule hat. Es gibt zwar
eine produkttechnische Hitliste, aber ich schätze, dass
daneben die Handhabung von Software zu den am meisten
gewünschten Neuanschaffungen gehört.
Sie kommen gerade von der Learntec 2012.
Wofür haben Sie sich interessiert?
Mutschler:
Zum Beispiel wollen wir nicht nur aus einem
guten Servicetechniker einen noch besseren Service-
techniker machen. Wir wollen es künftig auch frühzeitig
erkennen, wenn er das Zeug zum Beispiel zum Projektma-
nager oder zum Verkäufer hat und entsprechend gefördert
werden sollte. Deshalb habe ich mich für solche Themen
wie Karriereplanung oder Talentförderung als Ergänzung zu
unserem Skillmanagement interessiert.
Wie nutzen Sie die Learntec?
Mutschler:
An erster Stelle statte ich natürlich dem Stand
der IMC AG einen Besuch ab. Von ihr stammt unser Lear-
ning-Management-System, das wir gemeinsam auf unsere
weltweiten Besonderheiten angepasst haben. Ansonsten
habe ich mehrere Gesprächstermine vorab vereinbart und
nutze die Gespräche auch intensiv, um nach Lösungen für
meine aktuellen Herausforderungen zu suchen. Für den
Learntec-Kongress oder für die Vorträge in der Messehalle
bleibt da keine Zeit.
Interview: Martin Pichler
Wolfgang
Mutschler,
Leiter HOMAG
Training Services,
Schopfloch
Foto: argum