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10_2011
wirtschaft + weiterbildung
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den dabei von Coaches in ihrem Verhalten
beobachtet. Das anschließende Feedback
dauert fast genauso lang wie die Übung.
Männliches Verhalten hilft
nicht weiter
„Viele Managerinnen verhalten sich wie
Männer, aber das hilft ihnen auch nicht
weiter“, so Toegel. Wie schwierig der Ba-
lanceakt zwischen zu dominantem und
zu weiblichem Auftreten für Frauen ist,
zeigt eine neue Studie von Olivia O‘Neill
und Charles O‘Reilly von der amerika-
nischen Stanford Graduate School of
Business. Sie fanden heraus, dass Frauen
mit stärkeren männlichen Verhaltenswei-
sen, die sich „chamäleonartig“ in ihre
soziale Umgebung einfügen und ihr Ver-
halten entsprechend anpassen können,
eher Karriere machen als Männer. Eher
männlich wirkende (also aggressive,
selbstbewusste und zuversichtliche)
Frauen mit hoher Selbstkontrollkompe-
tenz wurden eineinhalb Mal häufiger be-
fördert als Männer. Aber was noch viel
auffallender ist: Sie wurden sogar drei-
mal öfter befördert als Frauen mit mas-
kulinen Eigenschaften, aber niedriger
Selbstkontrollkompetenz. Männliches
Verhalten allein führt daher offenbar
nicht unbedingt zum Erfolg.
Programmdirektorin Toegel legt größten
Wert darauf, dass die in ihrem Seminar
vermittelten Inhalte einen wissenschaft-
lichen Hintergrund haben. „Unsere Ant-
worten und Tipps beziehen sich immer
auf seriöse Forschung“, so die Psycholo-
gin. So habe sie nicht nur alle Ressourcen
am IMD angezapft und die aktuellen For-
schungen in Psychologie, Soziologie und
Organizational Behavior gelesen, sondern
verfolge auch die neuesten Trends. Einer
davon ist Beispiel „E-Montoring“, bei
dem man seinen Mentor nicht persön-
lich kennt und die Kommunikation nur
über E-Mail oder Telefon läuft. Gerade für
Frauen biete das eine Reihe von Vorteilen.
„Sie fühlen sich freier“, so Toegel. Allein
schon, weil äußere Faktoren wie Ausse-
hen oder Kleidung wegfallen.
Die Vermittlung von fundiertem Wissen
und die intensive Selbstreflexion hat auch
Simone Barg viel gebracht. „Als gute Füh-
rungskraft braucht man Leistung und
Charisma“, sagt die Marketingleiterin für
Weichmacher und höhere Alkohole in
Europa beim Chemiekonzern BASF. Und
die Voraussetzung dafür sei eben Selbst-
erkenntnis. Als sehr positiv empfand sie
auch die Lernatmosphäre. „Es gab viel
Offenheit und Verständnis, ohne Wertung
und Wettbewerb“, sagt die 32-Jährige. So
habe sie auch von den anderen Mana-
gerinnen viele wichtige Impulse bekom-
men. „Das waren alles Frauen, die etwas
bewegen und ganz nach oben wollen“,
sagt Barg.
Nicht für jede: Das
10.000-Franken-Seminar
Das Seminar habe sie darin gestärkt, ihren
Karriereweg weiterzugehen. So habe sie
noch immer Kontakt zu einigen Teilneh-
merinnen. „Wir tauschen uns per E-Mail,
aber auch bei persönlichen Treffen aus
und stehen für unterschiedliche Frage-
stellungen zur Verfügung“, so Barg. Und
im Herbst sei ein großes Treffen mit allen
bisherigen Teilnehmerinnen geplant.
„Es sei nicht einfach, so ein Seminar zu
etablieren, betont Toegel. Denn es koste
viel Überzeugungskraft, den potenziellen
Teilnehmerinnen und ihren Arbeitgebern,
die das Seminar in der Regel bezahlen
(Seminarkosten: 10.000 Schweizer Fran-
ken), klarzumachen, dass es nicht um
Inhalte geht.
Dennoch ist sich IMD-Professorin sicher,
auf dem richtigen Weg zu sein. „Ich
glaube, dass es künftig mehrere solcher
Seminare geben wird“, meint die Psycho-
login. Inzwischen hat sogar ein deutsches
Unternehmen angefragt, ob sie das Semi-
nar auch firmenintern durchführt. Auch
Teilnehmerin Andrea Brand hat nicht nur
viel über sich gelernt, sondern auch viele
handfeste Tipps bekommen. „Das geht
weit über das hinaus, was ich bisher in
Seminaren gelernt habe“, resümiert die
43-Jährige. Nur eines hat sie vermisst:
„Ich hätte mir gewünscht, dass in dem
Seminar auch ein männlicher CEO einmal
offen über seine Erfahrungen spricht.“
Bärbel Schwertfeger
Seminartipp.
Nur für weibliche Führungskräfte wurde das
Seminar „Frauen in Führung – Erfolgreich als weibliche Füh-
rungskraft“ konzipiert. Das Seminar der Haufe-Akademie,
Freiburg, wird von der Trainerin Ute Höfer-Schaaf durchge-
führt (2 Tage, 1.290 Euro, Termine in Hamburg, Düssel-
dorf, Frankfurt a. M., www.haufe-akademie.de). Ute Höfer-
Schaaf ist Mitbegründerin von „FrauenUnternehmen.de“,
einem Netzwerk von rund 70 selbstständigen Frauen aus
unterschiedlichen Branchen. Das Unternehmerinnen-Netz-
werk ist Mitglied im Bund der Selbstständigen (BDS). Die
Seminarteilnehmerinnen erarbeiten anhand
eigener Praxisfälle unter anderem wie sie
die Stärken des weiblichen Kommunikati-
onsstils nutzen und wie sie Vorurteilen von
Mitarbeitern, Kollegen und Vorgesetzten
entgegenwirken können. Eine zentrale Frage
lautet: Was verbirgt sich hinter den Wider-
ständen gegen Frauen in Führungspositio-
nen und wie findet „frau“ unbeirrt davon
ihren eigenen, authentischen Führungsstil?
Frauen in Führung
Führungstrainerin Ute Höfer-Schaaf.