Rentnerbeschäftigung Was der Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen für die bAV bedeutet Kindersegen Drei Optionen zur Verwaltung des Entlastungsbetrags Pflege Funding Was Auslagerungen für Unternehmen so attraktiv macht personalmagazin plus 12.23 plus Betriebliche Altersversorgung Warum Individualisierung so wichtig ist
Editorial 3 plus personalmagazin plus: bAV Titelbild: Niccolò Rastrelli/Institute; Foto: Peter Granser Liebe Leserinnen und Leser, die Rente … wird schlechter. Diese nicht sehr neue Erkenntnis belegen nun auch die aktuellen Ergebnisse des Global Pension Index 2023 von Mercer und dem CFA Institute (MCGPI). In der Studie werden 47 nationale Rentensysteme miteinander verglichen, die rund 64 Prozent der Weltbevölkerung repräsentieren. Mit 66,8 von 100 Punkten belegt das deutsche Rentensystem hier aktuell Platz 19, weit hinter den Niederlanden (Platz eins), Island (Platz zwei) und Dänemark (Platz drei). Was entlarvend ist: Hinsichtlich Angemessenheit und Integrität kann unser Rentensystem sich sehr gut behaupten, mit den hohen Werten von 79,8 beziehungsweise 76,3 Punkten. Viel Nachholbedarf zeigt sich aber bei der Nachhaltigkeit der Altersversorgung: 45,3 Punkte als Gesamtergebnis bestätigen große Versäumnisse. Die Studienautoren empfehlen, die Mindestrente für Rentner mit geringem Einkommen anzuheben und vor allem die Partizipation in der betrieblichen Altersvorsorge zu stärken. Dem lässt sich nicht viel hinzufügen: Zur verbesserten Teilnahme gehören insbesondere die Schließung der Rentenlücke zwischen Männern und Frauen durch eine erhöhte Integration von Frauen in den Arbeits- und Vorsorgeprozess und die Erhöhung der Erwerbsquote älterer Beschäftigter. Und wer sich mit den Versorgungsanwartschaften der Mitarbeitenden beschäftigt, wird feststellen, dass diese in den meisten Fällen nicht als dritte Säule der Ruhestandsfinanzierung taugen. Hier sind aktive Werbung und Aufklärung zur intensiveren Beteiligung gefragt. Input, Praxisbeispiele und Informationen, wie das alles gehen soll, wollen wir Ihnen in der diesjährigen Sonderausgabe unseres Personalmagazins plus bAV Spezial bieten. Wie immer gilt: Die Informationen liefern wir, die Umsetzung liegt bei Ihnen. Dabei viel Erfolg wünscht Katharina Schmitt Redaktion Personalmagazin Viel Nachholbedarf zeigt sich bei der Altersversorgung in Deutschland in punkto Nachhaltigkeit. Inhalt 04 News Versorgungslücken, Rente bei Teilzeit, bAV in Stellenanzeigen 08 Nicht alles passt immer Strategien für eine individuellere Altersversorgung 14 Neu ausrichten und fokussieren Praxisbeispiele 18 Was bAV mit ESG zu tun hat Möglichkeiten einer nachhaltigen Altersversorgung 22 Neue Chancen zur Bindung Wegfall der Hinzuverdienst- grenzen 28 Herausforderung Kindersegen Neue Pflichten durch das Pflegeentlastungsgesetz 32 Der Trend zum Funding Eine Studie zur Auslagerung von Pensionsverpflichtungen 34 Was passiert mit der bAV? Ein Überblick zum Umgang mit Anwartschaften bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses 38 Ein Konto für mehr Freizeit Einzelheiten zum Zeitwert- kontenmodell 40 Gute bAV verdient einen Preis Die Gewinner des deutschen bAV-Preises 2023
4 Betriebliche Altersversorgung personalmagazin plus: bAV Foto: atlantic-kid/Gettyimages Was zeichnet eine konkurrenzfähige bAV aus? Um das herauszufinden, hat Funk Vorsorge die Versorgungslandschaft in Deutschland anhand von über 150 verschiedenen Versorgungsplänen von Unternehmen unterschiedlicher Größen und Branchen analysiert. Im Funk bAVAtlas 2023 wurden dabei ausschließlich Versorgungen berücksichtigt, die auch neu eintretenden Mitarbeitenden offenstehen und bei denen der Arbeitgeber einen signifikanten Eigenbeitrag aufbringt. Die Ergebnisse der Benchmark-Studie zeigen, dass es viele Bereiche gibt, in denen eindeutige Trends zu erkennen sind. Zum Beispiel bei der Zusageart, bei der die beitragsorientierte Leistungszusage die mit Abstand am häufigsten genutzte Form ist. Auch bei den Punkten Pensionsalter, Rentenanpassung, Unverfallbarkeit und Zahlung der Versorgungsbeiträge gibt es klare Favoriten in der Wahl der Unternehmen. Weniger eindeutig in ihren Präferenzen zeigen sich die Arbeitgeber bei Fragen der Finanzierung und der Wahl des Durchführungsweges. Etwa 70 Prozent der Arbeitgeber, so die Studie, leisten einen Versorgungsbeitrag, ohne dass sich die Mitarbeitenden finanziell beteiligen müssen. Und 42 Prozent sind bereit, einen Beitrag zu zahlen oder den Grundbeitrag zu erhöhen, wenn die Beschäftigten auch selbst etwas durch Gehaltsumwandlung in ihre bAV einbringen. Die Höhe der Arbeitgeberbeiträge und die Förderung der Mitarbeiterbeteiligung fallen dabei sehr unterschiedlich aus. Bei reiner Arbeitgeberfinanzierung liegen die Versorgungsbeiträge überwiegend bei zwei bis fünf Prozent des Gehalts, bei Gehaltsteilen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze teilweise auch deutlich darüber. Im Fall von Festbetragszusagen zahlen die Unternehmen durchschnittlich 1.200 Euro pro Jahr. Hinsichtlich der Durchführungswege führt Christian Till, Bereichsleiter Sales bei Funk Vorsorge, aus: „In unserer Untersuchung dominieren die Direktversicherung und die Unterstützungskasse, die häufig auch kombiniert werden, um steuerfreie Dotierungen oberhalb der Grenzen des § 3 Nr. 63 Einkommensteuergesetz zu ermöglichen. Daneben findet man insbesondere bei Großunternehmen auch die Direktzusage, die einen größeren Gestaltungsspielraum bietet, wie etwa die Möglichkeit der Innenfinanzierung von Versorgungsleistungen oder der Einbindung von Wertpapieren.“ Benchmark für die bAV Frauenthemen
5 News Vorsorgegap durch Aufschieben Arbeitgeber werben mit Betriebsrente Beinahe jede zweite Frau (47 Prozent), aber nur 37 Prozent der Männer in Deutschland schieben die finanzielle Ruhestandsplanung vor sich her. Das zeigt eine bevölkerungsrepräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag von AXA. Unter den Frauen unter 35 Jahren befassen sich sogar 56 Prozent noch nicht mit Fragen der Altersvorsorge. Dementsprechend ist die Frage der Versorgung im Ruhestand für Frauen in Deutschland mit Sorgen und Ängsten verbunden: Für beinahe jeden zweiten Mann (46 Prozent), aber nur für rund vier von zehn Frauen (38 Prozent), überwiegt das Gefühl der Freude mit Blick auf den kommenden Ruhestand. Besonders von in Teilzeit arbeitenden Frauen ist die Sicht auf den kommenden Ruhestand von Sorgen geprägt. Rund jede dritte Frau (32 Prozent), die in Teilzeit tätig ist, hat Sorge, im Ruhestand zu verarmen. Bundesweit teilt diese Sorge hingegen nur jede vierte (25 Prozent). Die Sorge der in Teilzeit arbeitenden Frauen kommt nicht von ungefähr. 40 Prozent unter ihnen sparen aktuell gar nicht für ihren Ruhestand. Quelle: Statistisches Bundesamt Mensa 17.814 Euro 25.407 Euro brutto im Jahr betragen die durchschnittlichen Alterseinkünfte bei Frauen ab 65 brutto im Jahr betragen die durchschnittlichen Alterseinkünfte bei Männern ab 65 Arbeitgeber setzen bei der Mitarbeitergewinnung verstärkt auf die bAV. Nach einer Stellenmarkt-Auswertung der Personalmarktforschung Index Research standen die Begriffe „betriebliche Altersvorsorge“, „betriebliche Altersversorgung“, „bAV“ und „Betriebsrente“ zwischen Januar bis August 2023 in fast 2 Millionen öffentlich ausgeschriebenen Stellen. Am häufigsten wurde mit einer bAV in Stellenangeboten für Projektmanager geworben, knapp 31 Prozent aller Stellenanzeigen für diese Berufsgruppe enthalten einen Hinweis auf das Versorgungsangebot. Auf den weiteren Plätzen rangieren Gesundheits- und Pflegekräfte sowie Personaler (jeweils über 29 Prozent), Manager und klassische Bürokräfte (knapp 28 beziehungsweise 26 Prozent). In Stellenangeboten für drei besonders stark gesuchte Berufsprofile wird die bAV dagegen deutlich seltener erwähnt: Stellenanzeigen für Logistiker, Bauarbeiter und Handwerker verweisen zu 18 Prozent auf eine bAV, für Beschäftigte im Hotel- und Gastgewerbe zu knapp 16 Prozent. 8,7 Prozent der Beschäftigten in Deutschland zwischen 18 und 29 Jahren haben eine bAV. Der Anteil der Versicherungsnehmer unter den 30- bis 42-Jährigen liegt bei 33,3 Prozent. Von den 43- bis 58-Jährigen haben 58 Prozent der Beschäftigten eine bAV abgeschlossen. Quelle: bAV Monitoring 2023, DCS Deutsche Clearing-Stelle
6 Betriebliche Altersversorgung personalmagazin plus: bAV Foto: Staatsministerium Baden Württemberg Rente bei Reduzierung auf Teilzeit Eine Betriebsrente darf sich bei der Berechnung nach dem zuletzt gezahlten Gehalt richten. Teilzeitkräfte, die zuvor auch Vollzeit beschäftigt waren, werden hierdurch nicht unzulässig benachteiligt. Geklagt hatte eine Arbeitnehmerin, die lange Vollzeit tätig war, die letzten zehn Jahre jedoch in Teilzeit. Die Versorgungsrichtlinien sahen eine Altersrente vor, die sich aus einem Festrentenbetrag mal Dienstjahren ergab. Das rentenfähige Einkommen sollte ein Zwölftel des Einkommens betragen, das im letzten Kalenderjahr vor Eintritt des Versorgungsfalls beziehungsweise dem vorzeitigen Ausscheiden bezogen wurde. Das BAG entschied, dass auch bei Teilzeitkräften bei einer endgehaltsbezogenen Betriebsrentenzusage auf das zuletzt maßgebliche – geringere – Gehalt abgestellt werden darf. Dies gilt aus Sicht des Gerichts selbst, wenn die Betriebsrentenzusage zudem die erbrachte Dienstzeit honoriert. Zur Begründung führte es aus, dass die endgehaltsbezogene Betriebsrente dem legitimen Zweck der Erhaltung des letzten im Erwerbsleben erarbeiteten Lebensstandards im Ruhestand diene. Eine unzulässige Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten konnte das BAG nicht erkennen. Zumindest, wenn – wie in diesem Fall – bei der Berechnung der Betriebsrente ein Betrachtungszeitraum von zehn Jahren vor dem Ausscheiden zugrunde gelegt werde, um den maßgeblichen durchschnittlichen Beschäftigungsumfang von Teilzeitbeschäftigten zu ermitteln. BAG, Urteil vom 20.6.2023, Az. 3 AZR 221/22 Quelle: Yougov/Continental 2023 Gestiegener Kostendruck 37 % 25 % Fünf Herausforderungen der bAV-Organisation 2023 Stimme eher zu Stimme vollständig zu Erhöhte Erwartungen an User Experience 19 % 46 % Gestiegene Ansprüche an User Service 19 % 38 % Einhaltung gesetzlicher Regulierung 25 % 37 % Erhöhte Nachfrage nach Digitalisierung 21 % 31 % 65 % 62 % 62 % 58 % 52 % Quelle: Digitalisierung in der bAV-Administration 2023, WTW 2023 22 % der 58- bis 67-Jährigen wollen über den Renteneintritt hinaus arbeiten. 43 % der 58- bis 67-Jährigen planen, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen. „ Wir können es uns nicht leisten, dass hauptsächlich eigentlich gesunde und gut verdienende Menschen mit 63 in Rente gehen. Für diese Menschen ist die Rente mit 63 nicht gedacht.“ Winfried Kretschmann, Ministerpräsident Baden-Württemberg, im Interview mit der Deutschen Presse Agentur.
Advertorial Zum 1. Oktober 2023 baut die Biometrie- und bAV-Spezialistin Swiss Life ihre kollektive Berufsunfähigkeitslösung Swiss Life BU Pro weiter aus und führt attraktive Neuerungen ein, darunter die Beitragsübernahme bei auslaufender Lohnfortzahlung aufgrund von längerer Krankheit und eine Teilzeitklausel mit Günstigerprüfung für alle Teilzeitkräfte. Unternehmen stehen vor großen Herausforderungen, wenn es um das Halten bestehender Arbeitskräfte und das Auffinden neuer junger Talente geht. Denn aus dem oft beklagten Mangel an Fachkräften ist längst ein grundsätzlicher Mangel an Arbeitskräften geworden. „Heute beeinflussen nicht allein das gute Betriebsklima und die Gehaltshöhe die Entscheidung der potenziellen Mitarbeitenden für oder gegen ein Unternehmen, sondern auch zusätzliche Vorsorge-Angebote“, sagt Hubertus Harenberg, Leiter bAV und Branchenversorgung von Swiss Life Deutschland. Aus Sicht der Beschäftigten zählt die betriebliche Arbeitskraftabsicherung dabei zu den Top-Sozialleistungen, die Unternehmen anbieten können, um den Wettbewerb um die besten Talente für sich zu entscheiden. Mehrwert für Unternehmen und Beschäftigte mit Swiss Life BU Pro Für die Absicherung der Arbeitskraft über den Betrieb bietet Swiss Life bereits seit 2019 eine kollektive Berufsunfähigkeitsabsicherung an. „Gerade aufgrund der unzureichenden gesetzlichen Versorgung im Fall des Verlustes der Arbeitskraft besteht hier individuell dringend notwendiger Handlungsbedarf. Darum bieten wir mit Swiss Life BU Pro den Arbeitgebern eine Lösung, mit der sie ihre Mitarbeitenden mit Hilfe eines vereinfachten Aufnahmeverfahrens unkompliziert gegen das finanzielle Risiko einer Berufsunfähigkeit absichern können“, sagt Harenberg. Highlight Beitragsübernahme bei auslaufender Lohnfortzahlung bei Krankheit Wird ein/e Arbeitnehmer/-in infolge einer längeren Krankheit arbeitsunfähig und es entfällt nach sechs Wochen die Entgeltfortzahlung und somit auch die Beitragszahlung, übernimmt Swiss Life die Beiträge für das Unternehmen. Mit dem Update von Swiss Life BU Pro kann ab sofort der Versicherungsschutz unverändert fortgeführt werden, da Swiss Life die Beitragszahlung für sechs Monate übernimmt. Dadurch genießt der Arbeitnehmende vollen Versicherungsschutz. Nach Ablauf der Swiss Life BU Pro: Die betriebliche Berufsunfähigkeitslösung mit direktem Mehrwert maximal sechs Monate bzw. nach Meldung der Wiederaufnahme der Tätigkeit, wird der Vertrag beitragspflichtig fortgeführt. Teilzeitklausel mit Günstigerprüfung für alle Teilzeitkräfte Wie bereits in der Einzel-BU bietet Swiss Life nun auch für die Swiss Life BU Pro eine Günstigerprüfung für Beschäftigte, die in Teilzeit arbeiten. Damit liegt eine Berufsunfähigkeit bei einer Teilzeitkraft auch unabhängig der bedingungsmäßige Berufsunfähigkeit vor, sobald man die Teilzeittätigkeit nur noch weniger als drei Stunden ausüben kann oder könnte. Dabei ist es unerheblich, ob die versicherte Person bereits bei Vertragsabschluss oder erst später eine Teilzeittätigkeit ausübt. Durch dieses neue Feature greift die Günstigerprüfung also für alle Teilzeitbeschäftigten. „In den meisten Unternehmen gibt es einen relevanten Anteil an Personen, die teilzeitbeschäftigt sind. Auch ein Wechsel von einer Vollzeit- in eine Teilzeittätigkeit und wieder zurück ist heutzutage an der Tagesordnung. Darum ist dieses Feature so immens wichtig und für Unternehmen ein echter Mehrwert in der Gewinnung und Bindung von Personal“, weiß Harenberg. Besonders attraktiv ist diese Leistung darüber hinaus, weil die Günstigerprüfung weder an bestimmte Auslöser noch an eine besondere Dauer der Teilzeitbeschäftigung geknüpft ist. „Die versicherte Person kann also auch nach Vertragsschluss in Teilzeit wechseln. Swiss Life verschlankt dadurch den Prüfungsprozess für Teilzeitbeschäftigte deutlich“, sagt Harenberg. Flexible Ausgestaltungsmöglichkeiten für Arbeitgeber und Arbeitnehmende Swiss Life BU Pro kann als Sozialleistung im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge angeboten werden. Voraussetzung: Der BU-Beitrag wird entweder vollständig (Arbeitgeber-Modell) oder mindestens zur Hälfte (Solidar-Modell) vom Unternehmen finanziert. Zusätzlich ist eine Kombination aus beiden Modellen möglich. Voraussetzung für alle Modelle: Mindestens zehn Beschäftigte sind versichert. www.swisslife-weboffice.de
Betriebliche Altersversorgung 8 Gerade in einer wirtschaftlich angespannten Lage sind Benefits für die Mitarbeitenden enorm wichtig. Doch die aktuellen Angebote wirken nur sehr begrenzt. Wir zeigen, was Unternehmen jetzt bei ihren Versorgungsangeboten berücksichtigen und fallweise ändern sollten. Nicht alles passt immer Von Kay Schelauske
Benefits-Strategie 9
Betriebliche Altersversorgung 10 personalmagazin plus: bAV In der Wirtschaft läuft es alles andere als rund. Der Kostendruck bleibt unverändert hoch. Betriebliche Anpassungsstrategien stehen auf der Agenda. In diesem Zusammenhang werden in vielen Unternehmen auch deren Benefit-Angebote stark diskutiert. Als Zeichen der Wertschätzung und als In- strument zur Mitarbeitendenbindung stehen solche Angebote nicht zur Disposition, trotzdem müssen Kosten, Aufwand und Wirksamkeit überprüft werden, denn aktuelle Studien legen Defizite offen. Schlägt das am Ende sogar auf die betriebliche Altersversorgung (bAV) durch? „Wir sehen nach wie vor eine große Bereitschaft zur Fort- bzw. Einführung einer bAV, solange sich das Risiko des Arbeitgebers im Wesentlichen auf die Übernahme der Beiträge beschränkt“, sagt Axel Paul, Partner und Aktuar DAV/IVS, Aon Wealth Solutions Germany. Kosten der Arbeit seien als Gesamtpaket kalkulierbar und solange die Beschäftigten an Bord sind, auch akzeptabel. Aber Paul sieht große Hürden: unkalkulierbare Nachschüsse, nicht gedeckte Zahlungsströme für Inaktive oder Bilanzrisiken. „Sie führen dazu, dass viele Unternehmen versicherte oder wertpapiergebundene Zusagen präferieren“, betont der Aktuar. Diesen Trend bestätigt auch eine WTW-Studie aus dem Frühjahr 2023. Auf die Frage, welche Anpassungsoptionen bei der bAV auf den Prüfstand kommen, wurde am meisten die Einführung eines neuen kapitalmarktorientierten Versicherungsproduktes genannt. Halb so viele Nennungen erhielt die Überlegung, die bAV mit einer zusätzlichen arbeitgeberfinanzierten Komponente zu erweitern. Passend dazu kommt offenbar auch ins Thema Garantien Bewegung: Laut den Studienergebnissen halten zwar knapp 41 Prozent der befragten Unternehmen an einem vollständigen Beitragserhalt fest. Fast 46 Prozent akzeptieren aber bereits ein Garantieniveau zwischen 80 und 100 Prozent. Aussagen von Personalverantwortlichen spiegeln diesen Trend vonseiten der Belegschaften wider. Das jahrelange Niedrigzinsniveau und veränderte Produktwelten hätten dazu geführt, dass inzwischen mehr als jeder vierte Mitarbeitende kapitalmarktnahe Produkte wegen der höheren Renditechancen schätzt. Benefits-Strategien offenbaren geringe Effektivität Wie sind die Auswirkungen bei der Gestaltung von betrieblichen Benefits-Strategien? Knapp jedes zweite Unternehmen erwartet, dass die erhöhte Inflation die Budgets wesentlich beeinflussen wird. 42 Prozent rechnen mit entsprechenden Auswirkungen aufgrund der geschwächten Konjunktur, so die Ergebnisse der Benefits-Trends-Studie von WTW vom Sommer dieses Jahres. „In vielen Unternehmen werden Gespräche intensiv mit der Zielvorgabe geführt, dass die Budgets nicht erhöht werden sollen“, sagt Dr. Johannes Heiniz, Leiter General Consulting bei WTW und weist darauf hin, dass die meisten Unternehmen bereits über einen großen Strauß an Benefits verfügen. Daher gehe es vielmehr darum, dass die Gelder richtig allokiert werden. Laut Studie sind immerhin 58 Prozent der befragten Unternehmen der Meinung, dass ihre aktuelle Benefits-Strategie nur eine geringe Effektivität aufweist. Um das zu ändern, müssen nach Erfahrungen der WTWExperten zwei zentrale Fragen beantwortet werden: Sind die Benefits relevant für meine Mitarbeitenden und werden sie von ihnen wahrgenommen? „Die Relevanz scheitert in der Praxis oftmals schon daran, dass mehrere Generationen im Betrieb arbeiten, die unterschiedliche Benefits schätzen“, sagt Nicoletta Blaschke, Leiterin Health & Benefits bei WTW und betont: „Deshalb gilt es für Arbeitgeber, hier flexibler zu werden.“ Das Benefits-Design lasse sich anhand von drei Garantien weiter gewünscht Zustimmung in Prozent auf die Frage: Wie hoch sollte das Garantieniveau bezogen auf die eingezahlten Beiträge Ihrer Beschäftigten sein? von 100 Prozent 41 % 46 % 10 % zwischen 80 und 100 Prozent unter 80 Prozent Garantieniveau Fotos: Niccolò Rastrelli/Institute; Quelle der Grafiken: Entgeltumwandlung 2023 - Dynamisch neuen Herausforderungen begegnen, WTW 2023 Entscheidend ist, wie die Benefits von den Beschäftigten genutzt werden. 58 Prozent der Unternehmen sind der Meinung, dass ihre Benefits-Strategie nur eine geringe Effektivität aufweist.
Benefits-Strategie 11 Kategorien strukturieren und bewerten: Erstens gebe es die „Leuchtturm“-Benefits, mit denen das Unternehmen in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden will; zweitens die KernBenefits, also jene, die in der Branche gängige Praxis sind, wie beispielsweise die Gruppen-Unfallversicherung, und drittens: Benefits zur eigenen Positionierung. Dabei differenziert Blaschke zwischen jenen, mit denen Mitarbeitende finanzielle Lücken schließen können und solchen, die das ArbeitgeberBranding stärken sollen. Klar ist: Nicht die Zahl der Benefits ist entscheidend, sondern wie sie bei den Beschäftigten ankommen und genutzt werden. Wenig verwunderlich, und die Praxisbeispiele (siehe Seite 12 ff.) bestätigen das, schauen Unternehmen bei der Auswahl und Einführung neuer Benefits, was die Mitbewerber gemacht haben. Und sie setzen auf ihre eigenen Erfahrungen bei Einstellungsgesprächen. Heiniz: „Die Mitarbeitenden haben mittlerweile generationenübergreifend eine sehr klare Vorstellung davon, in welchen Bereichen sie unterstützt werden wollen und sagen das auch. „Dank digitaler Vergleichsportale wie Kununu sind die Bewerber viel besser informiert und vorbereitet als noch vor ein paar Jahren“, ergänzt Blaschke und fügt hinzu: „Die Interessenten warten längst nicht mehr gespannt darauf, was ihnen der Arbeitgeber anbietet, sondern gehen mit klaren Erwartungen in das Gespräch – und die sind mit der Zeit gewachsen“. Differenzen zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten In der betrieblichen Praxis setzen Arbeitgeber und Arbeitnehmer allerdings häufig verschiedene Schwerpunkte. Während Arbeitgeber die Themen Karriere, Ausbildung und flexible Arbeitszeitregelungen gegenüber ihren Belegschaften überbetonen, bleibt der Informationsbedarf über die Bereiche Altersversorgung und langfristige Finanzen teils unerfüllt. Mehr Unterstützung wünschen sich Beschäftigte auch beim Umgang mit den betrieblichen Benefits. Schon hier kann sich der Einsatz von Mitarbeiter-Portalen als „digitale Brücken“ auszahlen, beispielsweise im Hinblick auf die Kommunikation oder Visualisierung und Aktualisierung von Inhalten. Auch hinsichtlich der Messung und Auswertung bestehender Benefits-Angebote zeigen sich die Vorteile digitaler Lösungen. Idealerweise wird das Portal auch als App-Lösung bereitgestellt. „Denn die Nutzung des Smartphones ist der gemeinsame Nenner zwischen Blue Collar und White CollarMitarbeitenden“, verweist die Benefits-Kennerin insbesondere auf Industrieunternehmen und Handwerksbetriebe, wo sich der Arbeitsalltag nicht allein vor dem PC-Bildschirm abspielt. „Die ersten Großunternehmen gehen einen Schritt weiter und nutzen ihre Portal-App, um Informationen zielgruppengerecht zu steuern“, sagt Heiniz und nennt als Beispiel einen Hinterbliebenenschutz, der nur bei jüngeren Mitarbeitenden eingeblendet wird, weil dort ein viel größerer Absicherungsbedarf besteht als bei älteren Kollegen. Laut Heiniz werden künftig immer mehr Geldthemen, die im Privatleben eine Rolle spielen, von Arbeitgebern aufgenommen, angefangen bei der Absicherung vielfältiger persönlicher Risiken bis hin zur Hausfinanzierung. „Mitarbeitende erzielen dank der größeren Marktmacht ihres Arbeitgebers bessere Konditionen, während dieser sich durch seine Unterstützung bei den jeweiligen Finanzthemen bei seinen Mitarbeitenden als Partner verankert“, betont der Experte. „Die besten Benefits nützen jedoch nichts, wenn sie die Mitarbeitenden nicht erreichen“, sagt Kollegin Blaschke und empfiehlt daher: „95 Prozent des Benefits-Budgets sollten direkt in die Leistungen fließen, aber fünf Prozent in die Kommunikation.“ Kommunikation ist alles Frei nach dem Motto: Kommunikation ist alles, aber ohne Kommunikation ist alles nichts. Nur worauf kommt es dabei in Unternehmen besonders an? Ganz wichtig ist nach Einschätzung der beiden Vorsorge-Profis, dass das Management selbst die betreffenden Themen kommuniziert und dies nicht 52 Prozent der Beschäftigten sehen eine bAV als wichtigsten Benefit 38 Prozent der Arbeitgeber sehen eine bAV als wichtigsten Benefit
Betriebliche Altersversorgung 12 personalmagazin plus: bAV in den Händen des Produktanbieters belässt. Nur dann können die Botschaften glaubhaft bei den Mitarbeitenden ankommen. Zudem müsse regelmäßig, also nicht nur jedes Halbjahr, kommuniziert werden, denn die Inhalte erreichen die Mitarbeitenden in verschiedenen Lebenslagen und stoßen damit auf eine unterschiedliche Relevanz. „Durch eine regelmäßige Kommunikation ist über die Zeit die Trefferquote höher“, bringt es die Leiterin Health & Benefits auf den Punkt. „Digitale Kommunikation bedeutet aber nicht, einfach E-Mails zu versenden“, nennt Heiniz ein weit verbreitetes Missverständnis. Auf diesem Weg würden zu viele Informationen verpuffen, weil sie von den adressierten Empfängern nicht gelesen werden. Stattdessen empfiehlt er kurze wiederholte Infos, möglichst visualisiert in Form von Videoclips, beispielsweise im Comic-Format, die Mitarbeitende am besten per App erreichen sollten. Allerdings zeigen die Studienergebnisse, dass das Intranet zwar für Unternehmen die wichtigste Informationsplattform darstellt, es aber im Zusammenhang mit Apps noch große Berührungsängste gibt. Blaschke nennt eine digitale Alternative, die gerade in der Industrie und im Handwerk funktionieren kann, wie ein jüngster Einsatz zeigte: die Verwendung von QR-Codes. Zunächst informierte die Geschäftsleitung die Belegschaft darüber, dass z. B. im Fahrstuhl oder in der Kantine künftig QR-Codes platziert werden. Viele Mitarbeitende scannten dann an diesen Orten die QR-Codes, da sie dort etwas Zeit hatten. Danach konnten sie die Inhalte jederzeit mobil lesen, was sie verstärkt taten. Opting-Out könnte die Verbreitung fördern Kommunikationsmängel sind offenbar auch ein Grund, warum Entgeltumwandlungen den Studienergebnissen zufolge nur unzureichend in den Unternehmen angenommen werden. So wird dieser klassische Weg zur Betriebsrente nur bei knapp jedem vierten Unternehmen von mehr als jedem zweiten Beschäftigten genutzt. Selbst eine Teilnahmequote zwischen zehn und 25 Prozent erreicht nur jeder dritte Betrieb. Lediglich
Benefits-Strategie 13 KAY SCHELAUSKE ist Finanz- und Wirtschaftsjournalist. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich Kapitalanlage und Altersvorsorge. der Arbeitnehmer sehen Entgeltumwandlung als wichtig oder sehr wichtig an der Arbeitgeber sehen Entgeltumwandlung als wichtig oder sehr wichtig an 65 % vs. < 50 % Wunsch und Wirklichkeit bei größeren Unternehmen mit 1.500 bis 5.000 Mitarbeitenden sei die Akzeptanz spürbar höher. Gundula Dietrich, Partner und Head of Wealth Solutions Germany bei Aon verweist noch auf die Chemiebranche, wo das Thema Eigenbeteiligung eine große Tradition habe, und die Metall- und Elektrobranche. „Teilnahmequoten hängen maßgeblich von einer bedürfnisorientierten und passgenauen Benefits-Kommunikation ab“, betont Dietrich. So würden Pläne, die seitens HR sowie eines etwaigen Betriebsrats aktiv beworben werden, höhere Beteiligungsquoten erzielen, selbst wenn sie vergleichsweise niedrige Arbeitgeberzuschüsse beinhalteten. Gleichwohl bleibt die Höhe des Arbeitgeber-Zuschusses ein „Riesen-Hebel“, wie Heiniz betont. Sehr erfolgversprechend wäre die Einführung eines OptingOut- oder Stay-in-Modells, betonen die Experten übereinstimmend. „Die Mitarbeitenden finden das größtenteils sehr gut und würden es befürworten, weil es einfacher ist“, sagt der Leiter General Consulting. Denn bei diesen Modellen nehmen die Beschäftigten automatisch an der Entgeltumwandlung teil, sofern sie sich nicht aktiv dagegen entscheiden. „Das stärkt das Bewusstsein für das Thema und die Mitarbeitenden setzen sich selbst mehr damit auseinander. Hierdurch werden Teilnahmequoten von teilweise über 90 Prozent erreicht“, ergänzt Dietrich. Entgegengesetzt ist die Sichtweise in der Wirtschaft, wie die Studienergebnisse zeigen: Nur zwölf Prozent der Unternehmen haben ein solches Verfahren eingeführt, während 76 Prozent einer Implementierung skeptisch gegenüberstehen. Heiniz nennt den Grund: Wenn Beschäftigte automatisch an einem Vorsorgesystem teilnehmen, könnte die Informationspflicht des Arbeitgebers höher ausfallen, als wenn der Mitarbeitende selbst aktiv zusagen muss, wenn er teilnehmen will. „Daraus könnten sich Haftungsfragen ergeben“, ergänzt er, ist aber zuversichtlich, dass sich der Knoten mit der Zeit lösen könnte, sobald sich Marktstandards entwickeln und damit klar wird, was üblich ist und was nicht. Der Vorteil eines solchen Modells liegt für Heiniz auf der Hand: „Mit Blick auf die Bedarfssituationen bei der Alterssicherung in der Bevölkerung gibt es keinen effizienteren Weg, die Menschen zum Sparen zu bewegen.“
Betriebliche Altersversorgung 14 personalmagazin plus: bAV „Seit rund fünf Jahren stellen wir fest, dass Bewerber in Vorstellungsgesprächen verstärkt nachfragen, ob wir eine Betriebsrente anbieten und wie selbige gestaltet ist“, sagt Frank Kohler, Kaufmännischer Geschäftsführer der Robert Bosch Krankenhaus GmbH und betont: „Das hat es früher nur in Ausnahmefällen gegeben.“ Für die bAV hat sich das Krankenhaus zu einem Beitrag in Höhe eines prozentualen Anteils vom beitragsrelevanten Bruttogehalt verpflichtet. Die Beiträge werden in den WTW Pensionsfonds investiert, der dem Robert Bosch Krankenhaus Zugang zu zwei global diversifizierten Multi-Asset-Portfolien mit unterschiedlichen Rendite-/Risikoprofilen eröffnet. Das Anlagevermögen der beiden Investmentfonds umfasst inzwischen rund 1,2 Milliarden Euro. Seit Auflage im Jahr 2015 erwirtschaftete das Fondsmanagement nach eigenen Angaben im Rahmen einer dynamischen Anlagestrategie eine durchschnittliche Rendite von bis zu fünf Prozent pro Jahr. Neu ausrichten und fokussieren Von Kay Schelauske Wie können betriebliche Altersversorgung (bAV) und Benefits- Angebote die Positionierung im harten Wettbewerb unterstützen? Wonach lässt sich das Leistungsangebot nach einem Zusammenschluss neu ausrichten? Zwei Unternehmen berichten, wie sie die Neugestaltung ihrer Versorgung umgesetzt haben und welche Vorteile es bringt. Praxisbeispiel 1 Robert Bosch Krankenhaus: Werkswohnungen, BGM und arbeitgeberfinanzierte bAV
Benefits-Strategie 15 Erreichen die Beschäftigten das 51. Lebensjahr, wird ihr erwirtschaftetes Kapital schrittweise in schwankungsärmere Anleihen umgeschichtet. Denn die eingezahlten Beiträge sind zum Rentenbeginn garantiert. Beim Übergang in den Ruhestand können die Mitarbeitenden zwischen einer Einmal- oder Ratenzahlung oder einem Mix aus beidem wählen. Ebenso lassen sich Teile des Kapitals lebenslang verrenten. Diese Option konnte ohne Einbindung eines Versicherers nur durch Mitwirkung der Gewerkschaft Marburger Bund und des WTW Pensionsfonds realisiert werden, sagt der Geschäftsführer und unterstreicht den dadurch erzielten erheblichen Kostenvorteil für die Beschäftigten. Diese können den Aufbau ihrer späteren Betriebsrente zusätzlich selbst unterstützen und im Rahmen der Entgeltumwandlung Beiträge steuerlich gefördert einzahlen. Tatsächlich machen das aber nur drei Prozent der Belegschaft. „Im Gesundheitswesen sind doch viele Beschäftigte mit geringem Einkommen tätig. Da bleibt oft nicht viel Luft zum Sparen“, sagt Kohler mit Blick auf die geringe Teilnahmequote und fügt hinzu: „Deshalb ist auch die arbeitgeberfinanzierte bAV ein wichtiges und geschätztes Instrument.“ Millionenprojekt für Wohnungen „Die Bewerber, die zu uns kommen, wissen in der Regel, was sie wollen“, sagt der Kaufmännische Geschäftsführer. Denn nicht nur in der Pflege herrsche ein extremer Fachkräftemangel, sondern längst auch bei anderen Berufsbildern wie Ärzte, Controller, Buchhalter, Handwerker und Haustechniker, die allesamt gebraucht werden, um einen Krankenhausbetrieb am Laufen zu halten. So scheut die Krankenhausleitung auch vor kostenträchtigen Großprojekten nicht zurück, um Bewerber zu gewinnen. Bei einem Bauvolumen von rund 140 Millionen Euro und teilfinanziert über die Kreditanstalt für Wiederaufbau werden gerade fünf neue Wohnhäuser errichtet, von denen die Hälfte Sozialwohnungen sind. „Das ist gerade in Stuttgart ein Thema, wo der Wohnraum vergleichsweise teuer ist“, sagt Kohler: „Viele Bewerber sagen uns, dass sie nicht kommen können, wenn sie keine bezahlbare Wohnung finden.“ Beim betrieblichen Gesundheitsmana- gement (BGM) sind die Grenzen fließen- der. Erwartet wird es gleichwohl, erst recht im Krankenhaus. Beim Robert Bosch Krankenhaus unterteilt es sich in vier Bereiche: eine betriebliche Gesundheitsförderung, zum Beispiel durch das Angebot von Sportkursen und Kooperationen mit Fitnesscentern; ein betriebliches Eingliederungsmanagement; einen Arbeits- und Gesundheitsschutz, der unter anderem eine Ombudsstelle und ein Seelsorgeangebot beinhaltet, sowie den Bereich „Work-Life-Balance & Benefits“. Hierzu rechnet die Einrichtung insbesondere das mobile Arbeiten, eine BetriebsKita, ein Leasing-Angebot für Fahrräder oder E-Bikes und einen ÖPNV-Zuschuss. Der bunte Strauß an Maßnahmen und Angeboten sei ein Ergebnis regelmäßiger Mitarbeiterbefragungen und der engen Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat. „Zudem leben wir hier sehr flache Hierarchien, sodass Gespräche mit Mitarbeitenden eher die Regel statt die Ausnahme sind“, sagt Kohler. Während der Pandemie entstand das Format einer Videokonferenz, in der die Krankenhausleitung ihre Belegschaft über politische und wirtschaftliche Entwicklungen sowie über Veränderungen im Unternehmen informiert. Ein weiterer Informationskanal ist der Austausch mit anderen Krankenhäusern, in dem die Belange von Bewerbern ebenfalls thematisiert werden und bei dem deutlich werde, welche Incentives gerade angesagt sind. Angesichts des großen Engagements – von der bAV über Werkswohnungen bis hin zum BGM – drängt sich die Frage auf, wie die Aktivitäten finanziert werden. Der Kaufmännische Leiter nennt einerseits die Robert Bosch-Stiftung als Kapitalgeber für Bauvorhaben, die Gesellschafterin des Krankenhauses ist. Eine weitere Finanzierungsquelle sind öffentliche Fördermittel des Landes Baden-Württemberg. Ansonsten gelte es gerade als freier gemeinnütziger Träger, gut zu wirtschaften, Rücklagen zu bilden und für ein ausgeglichenes operatives Ergebnis zu sorgen. Anders als kommunale Einrichtungen könne man nicht darauf bauen, dass entstandene Defizite durch Steuergelder ausgeglichen würden. Zur Disposition stehen die Benefits für die Beschäftigten laut Kohler dennoch nicht. Das würde dem über Jahrzehnte gewachsenen Selbstverständnis des traditionsbewussten Unternehmens zuwiderlaufen. „ Im Gesundheitswesen sind viele Beschäftigte mit geringem Einkommen tätig. Da bleibt oft nicht viel Luft zum Sparen.“ Frank Kohler, Robert Bosch Krankenhaus GmbH
Betriebliche Altersversorgung 16 personalmagazin plus: bAV Die Maßgabe war klar: Im Zuge der Fusion der Wintershall Holding GmbH in Kassel und der DEA Deutsche Erdöl AG in Hamburg galt es, auch die betriebliche Altersversorgung zukunftsfähig zu machen. „Wir wollten das Angebot so gestalten, dass es für die Mitarbeitenden attraktiver wird und für das Unternehmen berechenbarer“, sagt Carsten Bühl, Vice President HR Management bei der Wintershall Dea. Nachdem verschiedene Optionen mit bAV-Experten diskutiert wurden, fiel die Entscheidung für eine sogenannte fondsakzessorische Direktzusage an die Beschäftigten. Konkret: Das Unternehmen gibt eine beitragsorientierte Leistungszusage und investiert die Beiträge in drei extern gemanagte, unterschiedlich ausgerichtete Spezialfonds, die ein Lebenszyklusmodell umsetzen. Die Direktzusage lässt sich in zwei beziehungsweise drei Stufen aufteilen: Die Mitarbeitenden bringen zwei Prozent ihres Bruttoverdienstes per Entgeltumwandlung in die Direktzusage ein. Das Unternehmen packt dann denselben Betrag obendrauf. Für Beschäftigte, deren Gehalt die Beitragsbemessungsgrenze, abzüglich zehn Prozent, übersteigt, zahlt das Unternehmen weitere Prozente dieses Einkommens in die bAV-Lösung ein. Zusätzlich können Mitarbeitende Teile der jährlichen Sonderprämie, die der Arbeitgeber in Abhängigkeit vom Unternehmenserfolg gewährt, über die Entgeltumwandlung zum Aufbau ihrer Betriebsrente nutzen. Komplettiert wird das bAV-Angebot durch eine Hinterbliebenenabsicherung und einen Berufsunfähigkeitsschutz, der weder Altersgrenzen noch Gesundheitsfragen kennt. Zum Rentenbeginn kann die Betriebsrente, je nach Wunsch, auf einen Schlag, in Raten oder lebenslang verrentet ausgezahlt werden. Die bAV-Lösung gilt nicht nur für alle neuen Mitarbeitenden. Auch jenen, die bereits bei den Vorgängerunternehmen beschäftigt waren, konnte der neue Weg für künftige Beitragszahlungen geebnet werden. Den rechtlichen Vorgaben folgend, wurden die einzelnen Mitarbeitenden – die früher bei Wintershall arbeiteten und über unterschiedliche Pensionskassen-Lösungen verfügten – dann schriftlich befragt, ob sie wechseln wollen. Die Zustimmungsquote fiel mit 98 Prozent sehr hoch aus. Jeder Zweite entschied sich zudem zusätzlich für die freiwillige Entgeltumwandlung, beispielsweise durch Sonderzahlungen. „Das ist für mich ein Indiz, dass die Akzeptanz unter den Beschäftigten wirklich groß ist“, freut sich Antja Seitz, HR Specialist Pensions Work & Life bei dem Unternehmen. Abschied von der Pensionskasse Laut Bühl war es ebenfalls das Ziel der Neuausrichtung, die Voraussetzung für eine Unabhängigkeit vom BASFKonzern und damit die Loslösung aus der konzerneigenen Pensionskasse zu schaffen. Die neue bAV-Lösung bietet nach Einschätzung des HR-Spezialisten eine Win-Win-Situation: Das Unternehmen verringert seine bilanziellen Risiken, weil beispielsweise keine Praxisbeispiel 2 Wintershall Dea: Neue bAV-Gestaltung nach Fusion „ Zentral war das Argument, dass auch die vom Arbeitgeber eingezahlten Beiträge zum Rentenbeginn garantiert sind.“ Antja Seitz, Wintershall Dea
Benefits-Strategie 17 ungeplanten Rückstellungen zu bilden sind. Die Mitarbeitenden müssen zwar durch den Verzicht auf einen Garantiezins größere Anlagerisiken hinnehmen, gleichzeitig erhöht sich dadurch aber der Freiraum in der Kapitalanlage – und damit die mittel- bis langfristigen Ertragschancen. So hätten selbst konservative Berechnungen gezeigt, dass die frühere Garantieverzinsung mit einer hohen Wahrscheinlichkeit übertroffen werden kann. Wie lässt sich dieser in Fachkreisen bekannte Zusammenhang aber an die Beschäftigten kommunizieren, sodass der zunächst nachteilig anmutende Garantieverzicht nicht abschreckt? „Wir haben die Mitarbeitenden auf einer Betriebsversammlung und mehreren digitalen Infoveranstaltungen umfassend über die Entwicklungen in der bAV informiert und die Unterschiede zwischen den alten Lösungen und dem neuen System erklärt“, berichtet Seitz. Ein zentrales Argument war die Tatsache, dass neben den Eigenbeiträgen auch die seitens des Arbeitgebers eingezahlten Beiträge zum Rentenbeginn garantiert sind. „Außerdem geben wir die von den Fonds erzielte Performance ohne Kostenabzüge direkt an unsere Beschäftigten weiter“, ergänzt Bühl. Auch das überzeugte offensichtlich. Derzeit treibt Seitz die Umsetzung eines digitalen Mitarbeiter-Portals voran, auf dem sich die Mitarbeitenden dann bei Bedarf ihre Entgeltumwandlung anpassen und alle Details zu ihrer bAV anschauen können – vom Stand der gewählten bAV-Optionen bis hin zur Entwicklung des Vertragsvermögens. Ungleich einfacher war die Zusammenlegung weiterer Vorsorge-Benefits von Wintershall und DEA. „Die Schwerpunkte waren in beiden Unternehmen ähnlich. Nennenswerte Anpassungen waren nur im Hinblick auf örtliche Gegebenheiten erforderlich“, berichtet Bühl. Das galt zum Beispiel bei Kooperationen mit Fitnesscentern oder Kindergärten. Teils wurden Angebote auf das gesamte Unternehmen ausgeweitet, wie etwa der „PME-Familienservice“. Hoch aufgehängt sind bei Wintershall Dea auch gesundheitliche Themen, angefangen bei Ernährungsfragen bis hin zur Rückenschule.
Betriebliche Altersversorgung 18 personalmagazin plus: bAV Foto: Sam Kweskin (KINTZING/Connected Archives) Nachhaltigkeit genießt bei Stakeholdern, Mitarbeitenden wie Arbeitgebern aktuell eine hohe Aufmerksamkeit. Die sogenannten ESG-Kriterien – Environmental (Umwelt), Social (sozial) and Governance (die Unternehmensführung betreffend) – sind längst nicht mehr nur in den Medien omnipräsent, das Thema hat es von der hohen politischen Ebene in die tatsächliche Wirklichkeit der Unternehmen geschafft. ESG außer Acht zu lassen oder zu negieren, wird immer weniger möglich sein. Ganz allgemein kann man sich unter ESG-fokussiert ein Unternehmen vorstellen, dem es nicht isoliert um Maximierung des Gewinns oder Aktienkurses geht, ein Unternehmen, dem die Menschen und die Umwelt wichtig sind, das sich an Gesetze und ethische Grundsätze hält und das sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung bewusst ist. Immer öfter nehmen Unternehmen bereits zu ESG in ihrem Haus Stellung und veröffentlichen ihre diesbezüglichen Ziele und Maßnahmen. In Bezug auf die soziale Komponente („das S“) werden häufig Maßnahmen und Vorhaben veröffentlicht zum Was bAV mit ESG zu tun hat Von Claudia Veh Bekenntnisse zur Nachhaltigkeit auch im sozialen Bereich finden sich mittlerweile in unzähligen Unternehmensprofilen und Leitbildern. Doch der Bereich der Altersversorgung wird dabei noch zu häufig ignoriert. Ein Überblick über Möglichkeiten der Ausgestaltung einer bAV als unternehmerische Verantwortung.
Sustainability 19 Versorgungssystem. Hinzu kommt regelmäßig ein Bewusstsein dafür, dass man als Unternehmen einen positiven Beitrag zur Lösung von Problemen in der Gesellschaft leisten kann. In Bezug auf das Thema Altersversorgung heißt das, dass man als Unternehmer proaktiv einen Beitrag dazu leisten kann, das Problem der Altersarmut zu entschärfen. Schließlich ist es hinlänglich bekannt, dass die gesetzliche Rentenversicherung nicht ausreicht, um einen dem gewohnten Lebensstandard entsprechenden Ruhestand zu verbringen. Dass bereits aktuell immer mehr Personen in Altersarmut leben, lässt erahnen, worauf Deutschland zusteuert. Die Haltung eines Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern und der Gesellschaft sieht man auch daran, ob und welche bAV es in einem Unternehmen gibt. bAV ist damit nicht nur ein großer Teil des „S“, sondern immer auch Teil des „G“ in ESG. Ein Beispiel soll diese Gedanken verdeutlichen: Ein Unternehmer schließt für seine Mitarbeiter eine kollektive Versicherung für den Todesfall und Invaliditätsfall ab. Dies aus Gesundheitsmanagement, zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, zur Förderung von Vielfalt und Integration sowie einer gerechteren Entlohnung oder auch auf Einhaltung der Menschenrechte und die Ablehnung von Kinderarbeit entlang der gesamten Produktionskette. Ausführungen zur bAV finden sich in diesem Zusammenhang allerdings immer noch selten. Zu selten, denn die betriebliche Altersversorgung ist ein integraler Bestandteil von ESG. Fürsorge und gesellschaftliche Verantwortung als Motivation Für jedes Unternehmen, das Wert auf den Faktor Mensch legt, gehört ein substanzieller Beitrag für die Altersversorgung der Mitarbeitenden dazu, und zwar jenseits dessen, was gesetzlich gefordert wird. Die Motivation dahinter ist echte Fürsorge für die Beschäftigten, auch für die Zeit, in der sie nicht mehr im Unternehmen arbeiten. Das erkennt man in der Regel auch am
Betriebliche Altersversorgung 20 personalmagazin plus: bAV Überzeugung und nicht etwa, weil die Mitarbeiter oder der Betriebsrat ihn hierzu aufgefordert haben. Für jeden Mitarbeiter wird eine Invalidenrente versichert und ein Todesfall-Kapital. Daneben gibt es eine separate Versorgung für die Altersversorgung. Der Arbeitgeber leistet für jeden Mitarbeiter einen festen Beitrag, abhängig von der Dienstzugehörigkeit. Vorgesehen ist eine lebenslange Rente ab Vollendung des Pensionsalters mit einer Rentengarantiezeit von 20 Jahren. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, Entgelt in eine Anwartschaft auf bAV umzuwandeln. Auf die umgewandelten Beiträge leistet der Arbeitgeber pauschal einen Zuschuss in Höhe von 15 Prozent. Auch für jüngere Beschäftigte muss eine bAV interessant sein Oftmals legen gerade junge Arbeitnehmer noch keinen großen Wert auf die Absicherung vorzeitiger Risiken. Szenarien von Invalidität und Tod sind weit weg. Das ist dem Arbeitgeber bewusst. Der Mehrwert einer bAV und die Wertschätzung der Mitarbeiter zeigt sich häufig erst später – zum Beispiel, wenn sich ein vorzeitiges Risiko realisiert und die bAV-Leistung dem invaliden Arbeitnehmer hilft, zusammen mit der Leistung aus der gesetzlichen Rentenversicherung seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Oder auch in Fällen, in denen ein hinterbliebener, nicht erwerbstätiger Ehepartner mit kleinen Kindern über die Todesfallleistung für die nächste Zeit abgesichert ist, bis er oder sie wieder in den Beruf einsteigen kann. Natürlich könnte der Unternehmer in Sachen bAV auch nur die Entgeltumwandlung im Rahmen des § 1a BetrAVG anbieten, sollten Beschäftigte hiernach fragen. Und sofern infolge der Entgeltumwandlung Sozialabgaben eingespart werden, einen Zuschuss von 15 Prozent auf den umgewandelten Betrag leisten. Die Beiträge, die er für die oben skizzierte bAV investiert, könnte er als zusätzliches Gehalt an die Arbeitnehmer bezahlen. Dann könnten die Arbeitnehmer hiermit privat für das Alter, für Invalidität und den Todesfall vorsorgen. Auf den ersten Blick erscheinen beide Alternativen aus Arbeitnehmendensicht gleichwertig: Auf der einen Seite eine bAV und ein etwas niedrigeres Gehalt, auf der anderen Seite keine nennenswerte arbeitgeberfinanzierte bAV, dafür ein etwas höheres Gehalt. Sicher werden auch manche Beschäftigte die zweite Variante vorziehen, vor allem, wenn sie das zusätzliche Gehalt für Konsumzwecke verwenden wollen und brauchen. DR. CLAUDIA VEH, Aktuarin (DAV), Versicherungsmathematische Sachverständige für Altersversorgung (IVS) und Rentenberaterin, ist Director Deal Advisory, Pensions bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, München. ESG und bAV: Die wichtigsten Regelungen Das Thema ESG nimmt, von europäischer Ebene aus, zunehmend Einzug in die Gesetzgebung und Handhabung auf Ebene der Mitgliedstaaten. Auch im Hinblick auf die bAV existieren bereits konkrete Verordnungen und Richtlinien, die sich unter anderem an Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAVs) richten. Agenda 2023: Bereits 2015 hat die UN-Generalversammlung im Rahmen der Agenda 2030 detaillierte Nachhaltigkeitsziele definiert, die die drei Dimensionen Umwelt, Soziales und ethische Unternehmensführung umfassen. Im Jahr 2016 folgte das Klimaabkommen von Paris, im Jahr 2018 der Aktionsplan für nachhaltiges Wachstum der EU-Kommission und im Jahr 2019 der European Green Deal. Offenlegungspflichten: Die Offenlegungsverordnung (VO (EU) 2019/2088) regelt die unternehmens- und (finanz-)produktbezogenen Offenlegungspflichten. Seit 2022 gilt zusätzlich die Taxnonomieverordnung (VO (EU) 2020/852), in der Kriterien zur Bestimmung einer nachhaltigen Wirtschaftstätigkeit geregelt werden. ESG-Reporting: Für große und börsennotierte Unternehmen wurden durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) (RL (EU) 2022/2464) die Regeln zur nicht-finanziellen Berichterstattung erheblich erweitert. Die CVSRD muss von den Mitgliedstaaten bis Juli 2024 in nationales Recht umgesetzt werden.
Sustainability 21 Möchte man das Geld jedoch für eine private Altersversorgung nutzen, ist – Steuern im Leistungsbezug außen vor gelassen – das zweite Modell weniger attraktiv, schließlich werden vom Gehalt erst einmal Steuern und Sozialabgaben abgezogen – der Beitrag, der in die Versorgung fließt, ist damit deutlich geringer als bei einer bAV. Hinzu kommen im Fall einer versicherungsförmigen bAV günstigere Kollektivkonditionen als bei einem Einzelvertrag und in der Regel eine vereinfachte Gesundheitsprüfung. Unter dem Aspekt Nachhaltigkeit und Weitblick ist die Entscheidung des Unternehmers im Beispiel für die erste Variante mit Abstand die bessere, auch und gerade für Beschäftigte, die persönlich eher im Hier und Jetzt leben und das Thema Vorsorge gedanklich noch aufschieben. Denn wenn sich tatsächlich ein Leistungsfall realisiert, verbessert die bAV ihre Situation beziehungsweise die der Hinterbliebenen mitunter ganz erheblich. Der Unternehmer sorgt für die Mitarbeitenden vor, und das aus Überzeugung und im Übrigen sogar mit steuerlicher Wirkung, denn sämtliche Aufwendungen für die bAV mindern als Betriebsausgaben die auf den Gewinn zu zahlenden Steuern. Weitere Möglichkeiten zur Ausgestaltung einer nachhaltigen bAV Doch auch bei der Produktentscheidung können Arbeitgeber das entscheidende Plus für Nachhaltigkeit und ESG-Konformität setzen. Bei der Auswahl der Tarife und Produkte zur bAV sollte genau darauf geachtet werden, wo die Mittel konkret investiert werden. Während früher nahezu alleinig wichtig war, dass die Renditeerwartung möglichst hoch ist und zum Risikoprofil des Anlegers passt, wird jetzt primär gefragt, ob die Mittel in nachhaltige Kapitalanlagen, beispielsweise in einen Windpark, investiert werden – hier schließt sich der Kreis zum E von ESG. Auch in diesem Punkt zeigt sich die Haltung des Arbeitgebers. Auch bei Entgeltumwandlung fragen Arbeitnehmer immer öfter bereits konkret nach, wo die umgewandelten Entgelte investiert werden. Gerade da die junge Generation einen besonderen Fokus auf Klimaschutz hat, werden hier „grüne“ Kapitalanlage- und Versicherungsprodukte immer wichtiger. Vielleicht werden junge Arbeitnehmer durch derartige Produkte zur Entgeltumwandlung motiviert, obwohl sie die Altersversorgung noch nicht im Blick haben: Ihnen geht es primär darum, Teile ihres Gehalts in ökologisch sinnvolle Anlagen zu investieren. In diesem Fall schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe: Investition von Geldern in volkswirtschaftlich und ökologisch sinnvolle Anlageformen und gleichzeitig Aufbau einer bAV für die Arbeitnehmer. Im Spiegel der öffentlichen Wahrnehmung Da Fachkräfte und Arbeitskräfte generell in vielen Regionen und Branchen knapp sind, kann bAV gekoppelt mit ESG-konformen Tarifen und Anlageprodukten definitiv ein Beitrag sein, um Mitarbeiter ans Unternehmen zu binden (Retention) und Mitarbeiter fürs Unternehmen zu gewinnen (Recruiting). bAV ist immer mehr ein unabkömmliches Instrument moderner und nachhaltiger Personalpolitik. Letztlich schließt sich der Kreis damit, dass die Öffentlichkeit, Lieferanten, Geschäftspartner und Arbeitnehmer immer mehr darauf achten, dass das Unternehmen eine Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt und sich ESG-konform verhält. Das Puzzleteil bAV kann hier definitiv zu einem stimmigen Gesamtbild beitragen. Wenn ein Unternehmen – und daran führt kein Weg vorbei – sich im Hinblick auf ESG gut positionieren will, sollte es eine bAV haben, die den Namen auch verdient. Fazit: Vorsorge als Haltung ESG-Konformität wird zunehmend von Unternehmen gefordert werden – dies nicht nur als vorübergehende Modeerscheinung, sondern dauerhaft. Unternehmen tun gut daran, sich diesen Anforderungen zu stellen und eine Kultur und Haltung im Unternehmen zu entwickeln, die in allen drei Dimensionen nachhaltig ist. Betriebliche Altersversorgung als Teil der Verantwortung des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern wie auch als Zeichen einer volkswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verantwortung gehört unabdingbar dazu. Grüne Kapitalanlagen können auch junge Beschäftigte, die eine Altersversorgung noch gar nicht im Blick haben, zur Gehaltsumwandlung motivieren.
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