Future Skills Auf welche Schlüsselkompetenzen Business Schools aktuell setzen Werdegang Absolventen berichten von ihren Erfahrungen im Studium Business Schools Listing mit über 200 Anbietern von MBA- und Master-Programmen plus personalmagazin plus 06.23 MBA-Programme Wie KI die Managementausbildung verändert
Editorial 3 Liebe Leserinnen und Leser, haben Sie sich auch schon gefragt, ob Sie Ihren Sinnen noch trauen können? Der Papst im Parka oder Trump in Handschellen ist das eine, erfundene Biografien und sonstige Desinformationen das andere. Programme wie ChatGPT oder Dall-E kennen kein wahr oder falsch – nur Wahrscheinlichkeiten, welches Wort als nächstes passt oder wie sie Sprache am besten in Bilder übersetzen. Daraus ergeben sich neue Anforderungen für Managerinnen und Manager: Sie müssen lernen, mit künstlicher Intelligenz zu interagieren und sich nicht beeinflussen zu lassen. Nur wer weiß, was man mit Chatbots & Co. in Unternehmen sinnvollerweise anstellen kann, wird auch künftig gute strategische Entscheidungen treffen können. Längst ist klar, dass KI-Systeme einige Aufgaben im Management bald schneller und kostengünstiger erledigen werden als Menschen. Aber es gibt auch Dinge, die sie nicht können: KI-Systeme sind nicht fähig, systemisch neu zu denken. Sie kombinieren nur, was schon da ist. Was heißt das für Business Schools? Müssen sie ihre Studienprogramme komplett neu aufstellen? Wohl kaum. Dennoch sind Anpassungen vonnöten. Managerinnen und Manager sind nur dann nicht ersetzbar, wenn sie ihre menschlichen Fähigkeiten ausbauen. Deshalb bringen MBA- und Masterstudiengänge Studierende vor allem dann weiter, wenn sie menschlich bleiben – in Bezug auf Curricula und Netzwerkaktivitäten. Viele bekannte Business Schools sind dahingehend schon gut aufgestellt, Hausaufgaben haben jedoch alle zu erledigen. Ob Zulassung, Lehrstoff, Prüfungsordnung, Case Studies, Projekte oder individuelle Coaching- und Lernangebote: KI wird die Wirtschaftshochschulen in nächster Zeit mächtig aufmischen. Stefanie Hornung Redaktion Personalmagazin plus Inhalt 04 Den Skills der Zukunft auf der Spur Welchen Einfluss künstliche Intelligenz auf die Lehre an Business Schools hat 10 „Manager benötigen eine gewisse Grundskepsis“ Wharton-Professor Christian Terwiesch hat geprüft, was wir von ChatGPT lernen können und ChatGPT von uns 14 Aufbruch zu neuen Ufern Wie ein Online-MBA einen Absolventen dazu bringt, von der klassischen Bankenwelt in die Startup-Szene zu wechseln 16 Der Master im Fernstudium Wer die Doppelbelastung aus Studium und Beruf in Kauf nimmt und warum 20 Da Vinci als Vorbild Erfahrungsbericht: Ein berufsbegleitender Master erfordert Disziplin und Struktur 22 Anbieterporträts MBA/Master 44 Anbieterübersicht 44 MBA-Anbieter (Deutschland, Österreich, Schweiz) 55 Anbieter berufsbegleitender Master (Deutschland) 59 Impressum personalmagazin plus: MBA 2023 Titelbild: Philotheus Nisch; Foto: Ines Meier „ Managerinnen und Manager sind nur dann nicht ersetzbar, wenn sie ihre menschlichen Fähigkeiten ausbauen.“
Future Skills 5 Was sind die Management Skills der Zukunft? Um diese Frage zu beantworten, orientieren sich Business Schools bisher vor allem an den Bedarfen von Studierenden und ihren potenziellen Arbeitgebern. Nun bringt die Debatte um künstliche Intelligenz und Chatbots wie ChatGPT Dynamik in die Sache. Experimentierfreude und das richtige Gespür für echte Trends sind gefragt. Von Stefanie Hornung, Fotos Philotheus Nisch Den Skills der Zukunft auf der Spur
personalmagazin plus: MBA 2023 MBA 6 Ms. Tang Yu ist ein auf künstlicher Intelligenz (KI) basierter, virtueller Human-Roboter und seit August 2022 CEO einer Tochtergesellschaft des Gaming- und Online-Education-Konzerns Net Dragon Websoft. Eine KI in der Geschäftsführung? Die Vorteile liegen auf der Hand: Sie ist rund um die Uhr erreichbar, braucht keinen Schlaf und bezieht kein Gehalt. Sie soll alle wichtigen Aufgaben eines menschlichen CEOs erledigen, zum Beispiel Analysen prüfen, Führungsentscheidungen treffen, Risiken bewerten und einen effizienten Arbeitsplatz gestalten. Wie die KI konkret arbeitet, darüber ist wenig bekannt. Aber die Rechnung scheint aufzugehen. Der Aktienkurs des an der Hongkonger Börse notierten Unternehmens fiel zuletzt zwar leicht. Aber imMärz 2023 kommunizierte NetDragon eine Jahresbilanz von umgerechnet einer Milliarde Euro Umsatz. Das ist nur ein Beispiel für den Hype um künstliche Intelligenz. Vor allem der sprachbasierte KI-Bot ChatGPT von OpenAI erregt die Gemüter. Neben Sicherheitsfragen geht es dabei insbesondere darum, inwiefern KI menschliche Arbeit ersetzen kann – auch im Management. „KI ist gut darin, sich wiederholende Entscheidungen zu treffen, die auf großen Datenmengen beruhen“, erklärt Francis de Véricourt, Professor für Management Science und Direktor des Zentrums für Entscheidungen, Modelle und Daten an der ESMT Berlin. Allerdings bilden Daten immer nur die Vergangenheit ab. Deshalb seien selbst repetitive Entscheidungen von KI nur so lange gut, wie man sich in einer stabilen Umwelt befinde. „Eine KI kann nicht mit unplanbaren Ereignissen wie einer Pandemie umgehen“, so der Professor. Erste Gehversuche mit ChatGPT an Business Schools Francis de Véricourt experimentiert in seinen Klassen mit ChatGPT. Studierende sollen bei ihm lernen vorherzusagen, welche Antworten das System auf bestimmte Fragen ausspuckt. So ist ChatGPT etwa gut darin, formalisierte Texte zu produzieren. Das könne sehr nützlich für Managerinnen und Manager sein, um mehr Zeit für schwierige Aufgaben zu gewinnen – wie etwa Innovationen zu schaffen und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Man könne die Kenntnisse der KI leicht überschätzen, denn bisweilen scheinen die Ergebnisse brillant. Oft kommt aber einfach auch kompletter Nonsens heraus. An vielen Business Schools starteten Lehrende Experimente, wie etwa an der privaten Wirtschaftshochschule Insead. Die Urteile reichten von „hilfreicher Sparringspartner“ und „nützlich für die Entwicklung alternativer Perspektiven“ über „nur gut bei engen Abfragen“, „eine schrittweise Verbesserung von Siri“ und „sehr unterschiedliche und oft falsche Antworten auf dieselbe Frage“ bis hin zu „eine Ergänzung zu dem, was wir tun“. Laut dem Online-Portal Poets & Quant fütterte Melissa Rapp, Zulassungsleiterin der Goizueta Business School der Emory University, ChatGPT mit den Aufsatzvorgaben der Schule. „Das System kann einen ziemlich guten Aufsatz schreiben“, befand sie. Dieser sei nicht personalisiert und wirke wie aus der Konserve. Dennoch hat sie das veranlasst, künftig bei der MBA-Bewerbung mehr Wert auf ein Videointerview zu legen. Isabel Fischer, Professorin für Wirtschaftsinformatik an der Warwick School, nutzt in ihremUnterricht das ProgrammDall-E von OpenAI, das Textbeschreibungen on demand visualisieren kann. „Natürlich diskutieren wir auch die Risiken, Bedrohungen und die Ethik hinter der KI“, schreibt sie in einem Blogbeitrag. Auch die Art und Weise, wie Business Schools künftig wichtige Skills prüfen wollen, könnte sich radikal ändern. „ChatGPT besteht eine Wharton-Prüfung“ titelten Anfang des Jahres viele Medien. Professor Christian Terwiesch hatte in seinem Kurs „Operations Management“ an der „Wharton School of the University of Pennsylvania“ als einer der ersten die Antwortfähigkeiten des Chatbots überprüft – mit passablen Ergebnissen (siehe Interview ab Seite 10). In der Finanzklausur von Johan Hombert, Associate Professor an der HEC Paris, erzielte der Bot jedoch weniger beeindruckende Ergebnisse. Das System landete bei 20 Prozent der Punktzahl, während Studierende durchschnittlich 73 Prozent erreichen. Im Moment bleibt es an Business Schools noch den Lehrenden überlassen, inwiefern sie KI-Bots im Unterricht und bei Prüfungen zulassen. „Heute besteht ein Bot meine Examen vermutlich noch nicht, aber vielleicht in Zukunft“, so Francis de Véricourt. „Ich habe noch nie an Klausuren geglaubt. Nur weil jemand gute Noten hat, ist er oder sie noch lange kein guter Manager oder eine gute Managerin.“ Er hätte nichts dagegen, künftig Prüfungen nur noch zu nutzen, um sich zu vergewissern, dass die Studierenden einen gewissen Stoff beherrschen. Er vergleicht die Entwicklung der KI-Chatbots mit der Erfindung des Taschenrechners: Dieser habe Menschen das Rechnen abgenommen. Trotzdemmussten sie noch verstehen, was addieren bedeutet. So konnten sie sich – mithilfe des Taschenrechners – anderen mathematischen Problemen widmen. Führungskompetenzen im Mittelpunkt der Lehre „Wir sollten uns im Management auf das konzentrieren, was Menschen auszeichnet: Emotionen und die Fähigkeit, mentale Modelle zu schaffen“, schlussfolgert der ESMT-Professor. Ein Beispiel: Singapur, vor 15 Jahren. DHL Express Asia Pacific macht sich Gedanken über seinen CO2-Fußabdruck. Das Logistikunternehmen optimiert die LKW-Routen. Das spart Zeit, aber auch Strecke – und damit Öl und Gas. Durch die Initiative „Go Green“ verbessert sich 2009 nicht nur die CO2-Gesamteffizienz um 19 Prozent, auch die Betriebskosten sinken. „Warum brauchten sie erst ein grünes Programm, um zu erkennen, dass sie effizienter und schneller sein können?“, fragte sich Francis de Véricourt, damals Associate Dean for Research an der ESMT. Er stellte fest: „Sie nutzten ein anderes mentales Modell, das ihnen geholfen hat, aus ihrem Silo herauszukommen“. „Die wichtigste Managementfähigkeit ist die Fähigkeit zu lernen und systemisch zu denken. Es sind immer noch die Menschen, die Systeme entwickeln. Denn KI ist nicht in der Lage, einen Frame oder Reframe zu erstellen“, so der Co-Autor des Buchs „Framers“. KI könne Blind Spots im Denken aufdecken, indem es Vorschläge generiert. Aber Teams füh-
Future Skills 7 ren, Organisationen gestalten und internationale Visionen entwickeln – das mache das menschliche Management aus. Führungskompetenzen stehen für ihn in der Lehre an Business Schools weiter im Vordergrund. Das adressiert die ESMT explizit: Die Career-Teams haben in Zusammenarbeit mit den Lehrenden einen Kurs für zukunftsfähige Führungsqualitäten entwickelt, den VollzeitMBA-Studierende belegen können. Der zweitägige Workshop „Future-Ready Leadership Skills Programm“ ist durch Praktika, Social-Impact-Projekte und ein abschließendes Beratungsprojekt mit Erfahrungswissen angereichert. Die Teilnehmenden bewerten am Ende nicht nur ihre Führungsfähigkeiten, sondern erstellen auch einen persönlichen Entwicklungsplan. Skills für Studierende und Unternehmen Dass Führung lernen auf der Prioritätenliste angehender Studierender ganz oben steht, deckt sich mit den Ergebnissen der neuesten Tomorrow’s-MBA-Studie von Carrington Crisp in Zusammenarbeit mit EFMD. Von 1.658 befragten Personen aus mehr als 30 Ländern nannte ein Drittel Leadership als Schlüsselkompetenz. „Die Fähigkeit, aus der Ferne zu führen, wird immer wichtiger“, so Studieninitiator Andrew Crisp vom Beratungsunternehmen Carrington Crisp. 31 Prozent der Befragten gaben zudem an, während eines Studiums Selbstvertrauen aufbauen zu wollen. Technologie- und Nachhaltigkeitsaspekte stünden zunehmend im Vordergrund. Führungskräfte müssten zudem über Kenntnisse verfügen, mit Menschen verschiedenster Backgrounds zu interagieren und sich mit Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion sowie mit geopolitischen Fragen auskennen. Hinzu kommen Fähigkeit in Kommunikation, kritischem Denken, Teamarbeit und Unternehmertum. Grundkenntnisse in Recht, Finanzen und Wirtschaft seien nach wie vor wichtig. Aber die Studierenden wollen laut dem Studienautor auch in Themenfelder wie Datenanalyse, digitales Marketing, Klimawandel, künstliche Intelligenz und Innovation eintauchen. Thematisch führt KI die Wunschliste von angehenden Studierenden an. Leadership Kommunikationsfähigkeit Fähigkeit zum kritischen Denken Selbstvertrauen Teambildung und Teamarbeit Unternehmerisches Denken Verhandlungsgeschick Networking und Zusammenarbeit Anpassungsfähigkeit Leistungsmanagement Selbstwahrnehmung Konfliktlösungsfähigkeit Überzeugungsfähigkeit Motivationsfähigkeit Urteilsvermögen und Intuition Interkulturelles Verständnis Umgang mit Ambiguität und Unsicherheit Krisenmanagement Schlüsselkompetenzen, die angehende Studierende während eines MBA entwickeln möchten 0 5 33 22 21 20 20 19 18 17 16 16 15 15 13 11 11 7 12 13 10 15 20 25 30 Quelle: Tomorrow‘s MBA-Studie von Carrington Crisp und EFMD.
Future Skills 9 Passen diese Wünsche zur Nachfrage der potenziellen Arbeitgeber? Gute Anhaltspunkte dafür liefern zum Beispiel die Future Skills, eine Art Metaframework für Zukunftskompetenzen, das die Unternehmensberatung McKinsey zusammen mit dem Stifterverband entwickelt hat. Auch hier spielt Digital Literacy eine gewichtige Rolle. Eine Besonderheit des Frameworks sind die transformativen Skills: Dialog- und Konfliktfähigkeit, Veränderungsfähigkeit, Urteilsfähigkeit, Innovationskompetenz und Missionsfähigkeit. Diese Kompetenzen sind ein Destillat aus dem Lernkompass der OECD, der Global Skills Taxonomy des World Economic Forums, der digitalen Skills aus der Initiative D21 sowie der Kompetenzen für die Arbeitswelt 4.0 der Bundesagentur für Arbeit. Auch die 17 Sustainable Development Goals der UN haben Expertinnen und Experten aus Wirtschaft und Bildung berücksichtigt. Zudem wurden 500 Organisationen befragt. Mannheimer B-School setzt auf Konstanz Derartige Frameworks nehmen Business Schools zwar zur Kenntnis, sie sind aber nur eine Facette ihrer Marktforschungsaktivitäten. Beispiel Mannheim Business School: Dort sieht man den Rummel um vermeintliche Zukunftskompetenzen gelassen. „Wir möchten den Studierenden beibringen, strategisch zu denken. Das heißt, wir haben einen generalistischen Ansatz – und werden diesen auch weiterhin verfolgen“, betont Chief Market Officer Kai Stenzel. Die erste Welle der Digitalisierung Anfang der 2000er Jahre, dann der Aufstieg von Plattformen wie Udacity, Coursera oder Nano Skills – diese Trends hin oder her, in Mannheim fokussiere man sich auf die Basis von Transformation: „Studierende müssen Problemstellungen aus verschiedenen Perspektiven betrachten und lösen können.“ Die Mannheimer haben vor einigen Jahren eine „Markets Area“ aufgebaut, in der alle marktorientierten Funktionen gebündelt sind. Dort erhebe man systematisch Informationen über Wünsche von Studierenden und Unternehmen sowie über Aktivitäten der Wettbewerber und leite daraus Maßnahmen ab. Natürlich gebe es thematische Veränderungen. Im Management gehe es nun darum, die Supply Chain, das Accounting und die gesamte Strategie im Hinblick auf Nachhaltigkeit zu betrachten. Das ändere aber nichts an den Managementmethoden. Nach dem Modell „Leading myself, leading my team und leading my company” lernten die Studierenden, wie sie auf verschiedenen Ebenen mit einem dynamischen Umfeld umgehen können. Ansonsten hält Kai Stenzel von vermeintlichen Leadership-Trends wie Digital oder Remote Leadership wenig. „Vieles ist alter Wein in neuen Schläuchen.“ Beim Thema Digitalisierung sei es essenziell, die Wirkweise von Tools zu verstehen und zu wissen, was man damit in Unternehmen bewirken kann. Bis ins Detail beherrschen müsse man sie nicht. Das gelte auch für ChatGPT, auch wenn derartige Chatbots bei Klausuren erst einmal nicht explizit ausgeschlossen seien. „Wir wissen um die Aktualität und Tragweite des Themas“, so Kai Stenzel. Aber den General-Management-Ansatz lasse man dafür nicht sausen, im Gegenteil. „Wir werden zum Beispiel im MBA einen Track für Analytics und AI anbieten für Studierende, die sich diesen Themen vertieft widmen wollen.“ Zudem hat die Mannheim Business School seit sechs Jahren Kurse wie „From Data to Insights“ oder „Data for Managers“ im Programm. ESMT möchte KI-Technologien umarmen „Wir diskutieren derzeit den Einsatz von ChatGPT und ähnlichen KI-Technologien, um die Problemlösungsfähigkeiten unserer Studierenden zu unterstützen“, betont Rebecca Loades, MBA Director der ESMT Berlin. Die Idee sei nicht, die Technologie als unerlaubte Quelle bei Prüfungen zu bekämpfen, sondern sie zu umarmen. Auch die Dozentinnen und Dozenten werden ermutigt, die Lehrpläne zu aktualisieren. Insbesondere der Studiengang Managerial Analytics bereitet die Studierenden auf die evidenzbasierte Entscheidungsfindung vor. Nach Abschluss des Tracks werden sie mit Methoden vertraut gemacht, die den Einsatz moderner Analytik wie maschinelles Lernen in der Managementpraxis fördern. „Solche Fähigkeiten wurden traditionell nicht als Kern der MBA-Ausbildung angesehen“, so Rebecca Loades. An der ESMT sehe man das inzwischen aber etwas anders: Grundelemente sind in das Kernmodul integriert, sodass auch die Studierenden, die sich nicht für die Analytik-Schiene entscheiden, mit Fragen dazu konfrontiert werden. Der Lehrplan werde laufend überprüft, damit wesentliche Themen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit im gesamten Programm verwoben sind. To Dos für Business Schools „Die Nachfrage nach Management Skills wird in den nächsten Jahren zunehmen“, ist Wharton-Professor Christian Terwiesch derweil überzeugt. Denn das Maß an Unsicherheit wachse. Während man früher einzelne Unsicherheitsparameter hatte, erlebten Unternehmen heute immer häufiger die sogenannten „Unknown Unknowns“: Sie wissen gar nicht, was sie nicht wissen. „Man muss die Art zu führen und zu managen anpassen an das Maß der Unsicherheit im Unternehmensumfeld.“ Business Schools müssten sich immer wieder fragen, welche Skills Menschen benötigen, damit sie trotz aller Unsicherheit noch erfolgreich in ihrem Job sein können. Mit seinem Kollegen Professor Nicolaj Siggelkow hat Christian Terwiesch die sogenannte „Connected Strategy“ entwickelt, die er auch als Wegweiser für Business Schools betrachtet. Es genüge nicht mehr, nur auf Nachfragen zu reagieren, ein kuratiertes Angebot und Coaching anzubieten. Letztlich läuft seine Theorie darauf hinaus, dass Organisationen Kundinnen und Kunden helfen müssen, sich über die eigenen Bedürfnisse klar zu werden. Doch die Glaskugel für Business Schools ist noch nicht erfunden – und selbst ChatGPT wird da nur bedingt weiterhelfen. Das System kann nur die Informationen durchforsten, mit denen es gefüttert wurde. „Das ist sicher interessant“, meint Francis de Véricourt. „Ob es wirklich die Zukunft ist? Da bin ich skeptisch.“
MBA personalmagazin plus: MBA 2023 10 Foto: Wharton School Christian Terwiesch, WhartonProfessor für Operations Management, hat als einer der ersten ChatGPT in der Praxis von Business Schools unter die Lupe genommen. Die Meldung, dass der KI-Chatbot MBAPrüfungen bestehen kann, ging durch die Medien. Im Interview erklärt Terwiesch, was das System kann und wie er es für seine Klassen im Prozess- und Innovationsmanagement einsetzt. Interview Stefanie Hornung Personalmagazin: ChatGPT überrascht mit erstaunlichen Fähigkeiten. Müssen sich Managerinnen und Manager Sorgen machen, dass sie künftig nicht mehr gebraucht werden? Christian Terwiesch: Ich glaube nicht, dass sich in den nächsten Jahren viel ändern wird. ChatGPT ist in wenigen Monaten durch einen brutalen Hypecycle gegangen. Im November 2022 hatte noch niemand davon gehört, Anfang dieses Jahres fanden es alle genial und dann ebbte das Ganze ab, weil man erkannte, wie blöd das System teilweise ist. Wir sollten auf dem Teppich bleiben und überlegen, was wirklich neu daran ist. Und was ist neu an ChatGPT im Vergleich zu anderen KISystemen? Künstliche Intelligenz war bisher sehr spezialisiert – konnte zum Beispiel Schach oder Go spielen, ein Röntgenbild lesen oder einen Kreditantrag bearbeiten. ChatGPT hingegen ist breit aufgestellt, ein bisschen wie ein Schweizer Taschenmesser. Das Paradoxe daran ist, dass dieses System ganz schlecht rechnen kann – das kann ein billiger Taschenrechner von Aldi besser. Doch man geht allgemein davon aus, dass Computer rechnen können und die Menschen sprechen und kreativ sind. Sie haben ChatGPT klassische Prüfungsfragen aus Ihrer Praxis im Fach Operations Management gestellt. Bei welchen Fragen brilliert der KI-Chatbot? Zum einen bei konzeptuellen Fragen, also zum Beispiel „Wie funktioniert ein Just-in-Time-System?“ oder „Wie sieht das Qualitätssicherungsmodell aus?“. Diese Fragen lassen sich zwar auch googeln oder irgendwo nachschlagen, aber ChatGPT kann anhand der richtigen Schlagwörter sehr schöne Texte dazu generieren. Das ist die große Stärke des Modells. Überrascht hat mich, dass ChatGPT auch einfache Rechenaufgaben lösen kann. Ich hatte das Beispiel eines Eisenerz-Prozesses. Anhand der Kapazitäten für verschiedene Schritte in der Produktion „Manager benötigen eine gewisse Grundskepsis“
Künstliche Intelligenz 11 mir geraten, die „Shortest Processing Time Rule“ anzuwenden. Allerdings war ChatGPT nicht in der Lage, die vier Aktivitäten entsprechend zu sortieren. Was also ein Kindergartenkind geschafft hätte, da ist es auf die Schnauze gefallen. ChatGPT hat keine Vorstellung. Da ist ja nichts drin, das überhaupt sagt, was Verweilzeiten, Distanzen oder Kapazitäten sind. Das ist ein neuronales Netz, das nur auf Vorhersagen beruht, welches Wort als nächstes kommen könnte. Ist es also kein lernendes System, das aus den eigenen Fehlern lernen kann? ChatGPT hat keinen eingebauten Algorithmus. Deshalb weiß man nie, ob das System nicht einen totalen Bock schießt. Diese Fehleranfälligkeit macht ChatGPT nicht gerade zu einem verkonnte das System identifizieren, wo der Engpass liegt. Ich war wirklich begeistert, wie ChatGPT das richtig durchrechnet und sauber formuliert. Ich habe die KI zudem gefragt, was die zeitsparendste Reiseroute für verschiedene Orte wäre, an denen ich einen Vortrag halten muss. Auch bei der Routenplanung lieferte die KI saubere Ergebnisse. Aber es gibt auch Fragen, da ist das System total überfordert und produziert Blödsinn … Ja, genau! Erstes Beispiel: Es gibt im Operations Management die „Shortest Processing Time Rule“. Dabei geht es darum, bei mehreren Aktivitäten, die alle gleich wichtig sind, die kürzeste als erstes zu erledigen. Ich habe ChatGPT vier Aktivitäten und die Dauer jeder Aktivität genannt und das System hat Christian Terwiesch forscht und lehrt an der Wharton School der University of Pennsylvania. Er hat ChatGPT klassische Prüfungsfragen aus seinem Fach Operations Management gestellt und einige Überraschungen erlebt.
MBA personalmagazin plus: MBA 2023 12 lässlichen Partner. Aber dennoch ist es faszinierend, was wir dem System alles zuschreiben. Ich habe mich selbst schon dabei ertappt, dass ich dem Bot eine Intelligenz zugesprochen habe, die objektiv nicht vorhanden ist. Einfach weil die Sprache so menschlich wirkt. Das hat auch damit zu tun, dass ChatGPT auf Hinweise reagiert und neue Lösungen präsentieren kann … Ja, da war ich baff. Ich hatte eine etwas schwierigere Aufgabe gestellt und nach dem Engpass in der Produktion einer großen Cranberry-Genossenschaft gefragt. Die Fabrik hatte eine Besonderheit: den Produktmix. Sie verarbeitete trockene und nass hergestellte Cranberrys. Da muss man die Kapazitäten unterschiedlich berechnen. Das hat ChatGPT zunächst komplett ignoriert. Dann habe ich einen Hinweis gegeben, wie man das manchmal in mündlichen Prüfungen tut, wenn die Studierenden auf dem Schlauch stehen: „Schau mal, hier gibt es einen Produktmix.“ Und plötzlich erklärt mir ChatGPT, wie wichtig der Produktmix bei solchen Aufgaben ist. Es ist beeindruckend, wie es einen solchen Wink mit dem Zaunpfahl verarbeiten kann. Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus: Ist den Studierenden die Nutzung von ChatGPT in Prüfungen erlaubt? Nein, erst einmal nicht. Wir müssen als Lehrende zunächst andere Fragen beantworten: Warum prüfen wir? Was ist der Sinn einer Prüfung oder einer Hausaufgabe? Bislang sind MBAPrüfungen eine Form der Zertifizierung. Sie bescheinigen, was eine Person kann – also zum Beispiel Rechnungswesen. Dabei müssen wir ChatGPT oder andere intelligente Systeme verbannen. Denn das wäre geschummelt. So, wie wenn ein Freund die Prüfungsaufgabe für mich löst. Dann ist das Zertifikat nicht mehr aussagekräftig. Aber ergibt es überhaupt noch Sinn, dass angehende Managerinnen undManager solches Wissen lernen und bescheinigt bekommen, wenn das in der Praxis ein intelligentes System übernehmen kann? Also mit dieser Argumentation könnten wir ja sagen, dass wir sowieso alle Aufgaben im Team lösen. Dann brauchen wir Skills gar nicht mehr zu zertifizieren, weil das wird ja schon jemand anderes im Team können. Aber ich muss mich doch darauf verlassen können, dass eine Person diese Kompetenz selbst besitzt. Und da sind wir beim zweiten Grund, warum wir heute in den Business Schools prüfen: um zu wissen, wo die Studierenden stehen. Dazu nutze ich häufig das sogenannte „Cold Calling“. Ich rufe einen Studenten oder eine Studentin spontan auf und frage: „Wie würden Sie an dieses Problem oder diese Aufgabe herangehen?“ Für diese Art von Prüfung ist ChatGPT auch keine Hilfe. Ich möchte ja herausfinden, wie viel die Studierenden vom Lehrstoff verstanden haben. Wenn sie ein intelligentes System nutzen, könnte ich ihren Wissensstand überschätzen und Inhalte für die zehnte statt für die dritte Semesterwoche behandeln. Dann reden wir aneinander vorbei und die Studierenden können nicht mehr folgen. „Wenn man auf der Bühne steht, sollte man sich nicht auf Kinder, Tiere und Computer verlassen. Und eben auch nicht auf intelligente Systeme.“
Künstliche Intelligenz 13 Und wie sieht es mit Hausarbeiten oder der Bearbeitung von Case Studies aus? Da wären wir bei der dritten Art der Prüfung. Bei Hausarbeiten und Case Preperations geht es nicht nur darum, Wissen abzufragen. Wir schaffen damit Möglichkeiten und Gründe, dass sich Studierende mit demMaterial auseinandersetzen. Hierbei kann ChatGPT durchaus für neue und kreativere Formen der Auseinandersetzung sorgen. Hat die klassische Case Study also ausgedient? Es braucht neue Formen von Case Studies, die immersiver sind. Ich könnte ChatGPT zum Beispiel sagen, dass es in die Rolle eines Einkaufsvorstands von BMW schlüpfen soll und sich mit einem Studenten über den Einkauf in Zeiten von Corona oder dem Krieg in der Ukraine unterhalten soll. Da kann man jetzt viel realistischere Situationen bauen, in denen man sich wirklich so fühlt, als wäre man in einer bestimmten Managementsituation. Bei solchen Hausaufgaben sollten wir ChatGPT nutzen, um Studierende noch besser auf das Arbeitsleben vorzubereiten. Dafür ist es ein tolles Werkzeug. Bei Konversationen in Bing, wo ChatGPT inzwischen auch integriert ist, hat sich das System aber teils geistig schwer verirrt und im Ton vergriffen. Könnte das bei solchen immersiven Case Studies nicht auch passieren? Man redet da von Halluzinationen, wenn ChatGPT solche fatalen Fehler macht. Aber wie heißt es so schön: Wenn man auf der Bühne steht, sollte man sich nicht auf Kinder, Tiere und Computer verlassen. Und eben auch nicht auf intelligente Systeme. Uns ist ja auch klar, dass wir nicht alles, was in der FAZ oder im Spiegel steht, für bare Münze nehmen können. Wir sollten als Menschen immer noch kritisch denken können. Managerinnen und Manager müssen sich eine gewisse Grundskepsis erarbeiten. Wenn sie etwa einen Berater von McKinsey, Boston Consulting oder Deloitte beauftragen möchten, müssen sie schließlich beurteilen können: Passt das so Pi mal Daumen, was die einem vorrechnen? Stimmt die Größenordnung? Ergibt der Ansatz überhaupt Sinn? Das kann man mit ChatGPT wunderbar üben. Sie haben ChatGPT auch die Aufgabe gegeben, selbst Prüfungsfragen zu produzieren. Was ist denn dabei herausgekommen – sind Sie als Professor künftig ersetzbar? Vermutlich schon. Aber ernsthaft: Ich finde, das ist die spannendste Anwendung von ChatGPT – neben der Möglichkeit einfach ein Entschuldigungsschreiben oder einen Standardtext aufzusetzen. Und zwar aus folgendem Grund: Bei Aufgaben wie der Bearbeitung von Kreditanträgen oder der Strukturberechnung von Brücken brauche ich eine hohe Zuverlässigkeit. Da ist selbst ein Fehler in zehn Fällen zu riskant. Bei kreativen Prozessen hingegen kann ich locker 90 Prozent Fehlerwahrscheinlichkeit tolerieren. Wenn ich unter zehn Ideen eine richtig gute habe, dann ist schon viel gewonnen. Und ChatGPT kann mir helfen, viele verschiedene Ideen zu generieren. Ich spiele selbst gerade mit den Aufgaben für ChatGPT, den sogenannten Prompts. Zum Beispiel kann man sagen: Stell Dir vor, Du wärst ein Sechsjähriger, ein Wesen vom Mars oder Steve Jobs – wie würdest Du dieses Problem lösen? Oder wie hättest Du diese Frage vor 300 Jahren beantwortet? So kann man in unbekannte Sphären eintauchen. Dabei geht es nicht darum, eine Aufgabe zu automatisieren, sondern die menschliche Entscheidungsfähigkeit zu stimulieren, anders über Probleme nachzudenken und sich selbst zu hinterfragen. Und das nutzen Sie, um Prüfungsfragen zu generieren? Wenn ich eine Aufgabe generiere, dann sollte die schon zum Großteil korrekt sein. Da möchte ich nicht, dass das Ding halluziniert und rumspinnt. Dann müsste ich ja sehr viele Vorschläge durchgehen – die Zeitersparnis wäre gering. Aber wenn ich über ein neues Forschungsprojekt nachdenke, dann hätte ich gerne maximale Varianz. Da kann man mit so einem System spannende Forschungsfragen generieren. Inwiefern setzen Sie also ChatGPT konkret in Ihren Klassen ein? Vor allem in Kursen zu Produktentwicklung und Innovation – also, wenn es um Prozesse der Ideengenerierung geht. Studierende sollen mit fünf oder zehn Ideen reingehen und dann über ChatGPT noch weitere finden. Denn Varianz zu generieren, fällt uns Menschen sehr schwer. In jedem Brainstorming hört man die Standardweisheit: „No idea is a bad idea.“ Verbunden mit der Aufforderung: „Go crazy and go wild!“ Aber wir sind in unserem Vorstellungsvermögen sehr begrenzt. Da hat uns ChatGPT etwas voraus. Durch denMedienhype umChatGPT ist hängen geblieben: Das System kann MBA-Prüfungen bestehen. Inwiefern ist das ein Imageproblem für teure MBA-Programme, die schon während der Coronapandemie wegen einer Verlagerung der Kurse ins Netz in der Kritik standen? Diese Entwicklungen werden einen existierenden Trend verschärfen: die Nachfrage nach hoher Qualität, Reputation und Exzellenz. Der Mensch lebt durch Narrative. Die Leute wollen sagen können, sie haben einen MBA von Wharton oder Harvard. Das schafft den Wunsch, dazuzugehören, den Business Schools in der zweiten Reihe so nicht erfüllen können. Daran ändert auch der Technologiedruck wenig. Meine Vorlesungen sind schon seit etwa zehn Jahren komplett auf Coursera erhältlich. Aber das hat Wharton nicht geschadet, im Gegenteil. Denn so können wir noch besser zeigen, was wir machen – in Forschung und Lehre. Zudem liefern wir den Studierenden ein Erlebnis und die Möglichkeit, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Einer Gemeinschaft, die zusammen die Welt verändern wird. STEFANIE HORNUNG ist freie Journalistin und durchaus experimentierfreudig. Ob sie ChatGPT für die eigene Arbeit einsetzen würde? Als Inspirationstool ja, für Recherche und Texterstellung nicht.
14 MBA personalmagazin plus: MBA 2023 Ganz schön tough: Trotz Vollzeitjob und Familie entschloss sich Markus Anstots, einen Online-MBA an der WHU anzugehen. Auf drei Hochzeiten zu tanzen und mit Kommilitonen von Chile bis China gemeinsam zu studieren, hat ihn persönlich vorangebracht. Von Frank Schabel Aufbruch zu neuen Ufern Obwohl er sein zweijähriges Global Online-MBA-Studium erst im Januar 2023 abschloss, hat es seinen Karriereweg bereits nachhaltig verändert: Denn Markus Anstots entschied während seines Studiums, sich beruflich aus der klassischen Bankenwelt zu verabschieden. Seit November 2022 ist er für das Deutschlandgeschäft von Youlend verantwortlich. Das britische Fintech entwickelt und vertreibt integrierte Finanzierungslösungen für kleine und mittlere Unternehmen in Partnerschaft mit Plattformen wie Ebay oder Shopify: „Nach zehn Berufsjahren bei traditionellen Banken wollte ich bewusst meinen nächsten Schritt in die dynamische Startup-Welt setzen. Hier hat mir das Studium neue Perspektiven eröffnet.“ Ihm sei es heute wichtiger denn je, Dinge selbst voranzutreiben und zu verantworten: „Trotzdem bleibe ich mit meiner Wahl der Finanzwelt treu, die mich seit meiner Schulzeit begeistert und die über Markus Anstots ist einer der ersten Absolventen des Global OnlineMBA an der WHU – Otto Beisheim School of Management.
15 Porträt „Das MBAStudium hat mir neue Perspektiven in der Startup-Welt eröffnet.“ neue Geschäftsmodelle vielen Unternehmen Wachstumsperspektiven eröffnet.“ Für Anstots war seit Jahren klar, dass er irgendwann ein MBA-Studium aufnehmen würde: “Denn ich wollte meine theoretische Ausbildung vervollständigen und Input über neue ökonomische Theorien und Marktentwicklungen erhalten sowie neue Sichtweisen kennenlernen.“ Dass er sich für ein Online-MBAStudium entschied, hatte vor allem einen Grund: Er wollte sich trotz des Studiums seine Flexibilität und Selbstbestimmtheit erhalten, also keinen Master in Voll- oder Teilzeit angehen. Corona half ihm dabei. Denn private wie staatliche Hochschulen sprangen auf den virtuellen Zug auf und bieten seit 2020 auch MBAs als Online-Variante an. Das gab Markus Anstots die Möglichkeit, seinen Vollzeitjob und sein Leben als junger Familienvater mit dem Studium zu kombinieren. Dass er sich für die „WHU – Otto Beisheim School of Management“ entschied, lag auf der Hand: „Die WHU ist eine der weltweiten Topadressen für ein MBAStudium mit einem sehr guten Netzwerk. Die Menschen, die dort waren und mit denen ich beruflich zu tun hatte, fand ich stets inspirierend.“ Hinzu kam, so Anstots, dass das Programm sehr international angelegt sei und die WHU einen klaren Fokus auf Entrepreneurship und Startups setze. Das wäre seinen Interessen sehr entgegengekommen. Professoren im Videostudio statt im Hörsaal Anfang 2021 startete der vom Niederrhein stammende Anstots dann das Online-MBA-Programm, das die WHU ein halbes Jahr zuvor ins Leben gerufen hatte. Natürlich sei das Studium im virtuellen Raum etwas anders aufgebaut als ein klassisches MBA-Studium: „Die Inhalte waren aber die gleichen wie bei einem MBA in Präsenz. Nur standen die Professoren nicht im Vorlesungssaal, sondern vor der Kamera.“ Bei der Qualität habe es keinerlei Abstriche gegeben: „Die WHU hat einen Videoraum mit exzellenter Technik und großen Leinwänden etabliert.“ Die Videos seien zudem von professionellen Kamerateams gedreht aus Theorie und Anwendung war besonders“, blickt Markus Anstots zurück. Zudem hätten Purpose und Nachhaltigkeit breiten Raum eingenommen. Neben dem Eigenstudium bildete die Gruppenarbeit einen Schwerpunkt in den monatlichen Kursen. Innerhalb festgelegter Fristen galt es, Themen gemeinsam zu bearbeiten. Das sei anspruchsvoll gewesen, allein aus organisatorischen Gründen. Denn in Teams mit Menschen aus Chile und China müssten erst einmal Termine über verschiedene Zeitzonen hinweg gefunden werden. Kulturell sei es ebenfalls spannend gewesen: „Eine Deadline bedeutet für Menschen aus unterschiedlichen Kulturen etwas ganz anderes. Und Konflikte wurden in meinen Teams oft völlig anders wahrgenommen.“ Anstots empfand diese Erfahrungen als sehr wertvoll: „Ich habe viel über Gruppendynamik in kulturell gemischten Teams gelernt und bin dadurch viel relaxter geworden.“ Vor allem persönlich weiterentwickelt Nicht nur deshalb zieht Markus Anstots ein positives Fazit über sein OnlineMBA-Studium an der WHU: „Auch wenn es zwei harte Jahre waren, berufsbegleitend zu studieren, war die richtige Entscheidung, die ich nochmals genauso fällen würde.“ Persönlich habe er einen Sprung gemacht und besser gelernt, Dinge disziplinierter und effizienter zu machen sowie Verantwortung für Deadlines zu übernehmen. Inhaltlich habe ihm das Studium ebenfalls einiges gebracht und ihm die spannende Welt der Startups nahegebracht sowie neue Sichtweisen auf wirtschaftliche Fragestellungen aufgezeigt. Diese könne er nun in seine neue Rolle bei Youlend einbringen: „Die Arbeit für ein junges Unternehmen mit großen Wachstumsplänen ist eine spannende Herausforderung. Doch das Studium hat mich gut auf meinen neuen Job vorbereitet.“ worden und hätten daher Topqualität geboten. Das Studium baut auf einem vorgegebenen Rahmen auf. Über 18 Monate hinweg gab es jeweils drei Sechs-Monats-Blöcke zu verschiedenen inhaltlichen Schwerpunkten des Studiums, zum Beispiel Strategie, Finanzen und Organisation. Parallel fanden OnlineSeminare zu Persönlichkeits- sowie Karriereentwicklung statt. Und amWochenende standen online Live-Sessions mit den Professoren und Professorinnen auf dem Stundenplan, um Fragen zu klären und Inhalte zu vertiefen. Plattform für digitale Inhalte Alle Kursinhalte wurden auf einer Online-Plattform bereitgestellt und setzten sich neben den Videoaufzeichnungen aus Literatur und Fallstudien zusammen. Ein Fokus lag dabei in allen Blöcken auf Entrepreneurship und praxisbezogenen Themen rund um Startups und Business Models: „Gerade die Kombination FRANK SCHABEL ist freier Journalist und Berater und für uns in die Welt des MBA eingetaucht.
Masterstudiengänge 17 Ein Master im Fernstudium soll sich lohnen, vor allem im Job. Die meisten Fernstudierenden streben eine berufliche Veränderung oder einen Aufstieg an. Und sie wählen vornehmlich eine Studienrichtung, die auf ihrer bisherigen Laufbahn aufbaut, ermittelte eine Studie. Dafür nehmen viele die Doppelbelastung Studium/Beruf in Kauf. Von Daniela Furkel Der Master im Fernstudium Ein Fernstudium bietet viele Vorteile: Die Studierenden müssen im Beruf nicht pausieren und sie können ihre Studienzeiten frei einteilen. Aber sie müssen sich auch darauf einstellen, abends und am Wochenende zu lernen. Freizeit findet nur dosiert statt. Das führt bei fast der Hälfte der Studierenden dazu, dass sie sich angestrengt oder gestresst fühlen. Dennoch ist die Zufriedenheit hoch. Nur etwas mehr als fünf Prozent der Fernstudierenden zeigen sich unglücklich mit ihrem Fernstudium. Und zwei Drittel sehen das Fernstudium gleichwertig zu einem Präsenzstudium an (acht Prozent sogar als hochwertiger), ermittelte die Trendstudie Fernstudium 2023 der IU Internationalen Hochschule. Management-Know-how im Fernstudium Ein Masterstudium als Fernstudium kommt laut Studie noch relativ selten vor. Lediglich 15 Prozent der Befragten gaben an, dass sie via Fernstudium einen Master- oder MBA-Abschluss erwerben wollen oder erworben haben. Am Studienangebot liegt es nicht, denn dieses ist vielfältig und viele Programme sind auf Berufstätige zugeschnitten, die ihr ManagementKnow-how erweitern wollen. Bei Wings, dem Fernstudienanbieter der Hochschule Wismar, sind beispielsweise 15 der 30 Fernstudiengänge spezialisierte Masterprogramme für Berufstätige. „Alle unsere Masterstudiengänge sind weiterbildend und setzen neben einem ersten Hochschulabschluss auch entsprechende Berufspraxis voraus. Acht der 15 Masterprogramme haben zudem einen eindeutigen Managementschwerpunkt, darunter auch unsere drei MBA-Programme“, berichtet André Senechal, Pressesprecher von Wings-Fernstudium. Ähnlich ist die Lage beim ZFH – Zentrum für Fernstudien im Hochschulverbund: 55 Fernstudiengänge sind aktuell im Angebot. Darunter finden sich 36 Masterstudiengänge, von denen 30 als weiterbildende Master konzipiert sind. 20 davon sind Masterstudiengänge in der Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften und 15 dieser wirtschaftswissenschaftlichen Masterstudiengänge enden mit Abschluss MBA, einer mit dem Abschluss MBA and Engineering (MBA Eng.). Der Master im Online-Studium – auch das geht Die Coronapandemie hat zu einer gestiegenen Nachfrage nach reinen Online-Studiengängen geführt. Im Vergleich zum klassischen Fernstudium, das in der Regel zwei bis drei Präsenzwochenenden pro Semester enthält, ist im Online-Studium keine Anwesenheit erforderlich. Studiert wird in den meisten Fällen über eine Studien-App. Sämtliche Inhalte, Studienbriefe, E-Books, Videovorlesungen, Noten und Termine sind dort jederzeit verfügbar. Feste Vorlesungstermine gibt es nicht. Inhaltliche Fragen werden in Live-Tutorien mit den Dozierenden besprochen. Die Vorteile eines reinen Online-Studiums liegen im Zugewinn an zeitlicher und örtlicher Flexibilität, die Vorteile des „normalen“ Fernstudiums sind der persönliche Austausch vor Ort und die damit verbundene Selbstvergewisserung, das Studium erfolgreich bewältigen zu können.
personalmagazin plus: MBA 2023 Quelle Grafiken: IU Internationale Hochschule: Trendstudie Fernstudium MBA 18 „Unsere Fernstudiengänge im langjährig erprobten Distance- Education-Format waren bereits vor der Pandemie digital sehr gut aufgestellt. In Zeiten von Homeoffice und Social Distancing entwickelten sie sich zum bevorzugten Studienmodell“, sagt Dr. Margot Klinkner, stellvertretende Geschäftsführerin des ZFH. Daher wundert es nicht, dass die Fernstudiengänge der ZFH zu Beginn der Coronapandemie deutliche Zuwächse verzeichnen konnten – im Zeitraum 2020 bis 2021 erzielten sie zehn bis 20 Prozent mehr Teilnehmende. „Seit 2022 pendelt sich die Nachfrage wieder auf dem Vor-Corona-Niveau ein“, so Margot Klinkner. Professor Ralf Haderlein, Leiter des ZFH, beobachtet zudem, dass Qualifikationen im betriebswirtschaftlichen Bereich besonders stark nachgefragt sind und hier insbesondere spezialisierte Studiengänge mit MBA-Abschluss. „Fernstudieninteressierte haben immer genauere Vorstellungen davon, welche Weiterbildung sie benötigen, um ihr Profil passgenau auszubauen. Die Hochschulen reagieren darauf mit neuen Vertiefungsrichtungen“, sagt er. Auch Wings wurde von einer beflügelten Nachfrage nach Fern- und Onlinestudiengängen während der Coronapandemie überrascht und verzeichnet jetzt einen leichten Rückgang bei den Teilnehmenden für die berufsbegleitenden Masterprogramme. „Aufgrund der gedämpften wirtschaftlichen Aussichten reagieren Unternehmen wie Angestellte eher verhalten. Dabei sollten Unternehmen gerade jetzt in die Weiterbildung ihrer Fach- und Führungskräfte investieren, um so dem Fachkräftemangel aktiv zu begegnen“, meint André Senechal. Vielfältige Gründe für die Studienwahl Seiner Erfahrung nach sind die Gründe für ein berufsbegleitendes Masterstudium vielfältig. „Häufig berichten Fernstudierende, dass ihnen im Arbeitsalltag fundiertes Wirtschaftswissen und Managementkompetenzen fehlen. Andere wiederum benötigen als Quereinsteiger zudem entsprechendes Fach- und Branchenwissen, um erfolgreich im neuen Job ein- und aufzusteigen“, sagt er. André Senechal stellt fest, dass Studieninteressierte heute viel gezielter suchen. „Ging es früher verstärkt um den Masterabschluss für die Visitenkarte, so spielt die Wahl der Studieninhalte heute eine deutlich größere Rolle“, berichtet er. Sein Fazit: Die zunehmende Komplexität der Jobwelt muss sich auch in den Studienangeboten widerspiegeln. Margot Klinkner unterscheidet bei den Fernstudierenden im Master zwischen zwei Gruppen: den Studieninteressierten mit erstem Hochschulabschluss und denjenigen ohne Erststudium. Letzteres ist möglich, wenn eine vorgegebene Jahreszahl an einschlägiger Berufserfahrung vorhanden ist. „Diese Studierenden sehen die Möglichkeit eines Masters ohne Bachelor als die Chance auf eine hohe akademische Qualifikation, um in ihrem langjährigen Arbeitsbereich weiterzukommen“, sagt sie. Unter den Studieninteressierten mit erstem Hochschulabschluss wollen ihrer Beobachtung nach die jüngeren, die erst kürzlich ihren ersten Abschluss erworben haben, häufig so schnell wie möglich ihren Master erwerben, um bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben oder ihre Ausbildungsplanung abzuschließen. „Diese wählen eher einen zum Erststudium Motive fürs Fernstudium Diese Gründe sprechen aus Sicht der Studierenden für ein Fernstudium: Ich möchte beruflich aufsteigen/mich beruflich verändern 31 % Ich möchte mich persönlich weiterentwickeln/lebenslang lernen 22 % Ich möchte meine Chancen am Arbeitsmarkt verbessern 14 % Ich möchte mein vorhandenes Fachwissen vertiefen 8 % Ich möchte mich fachlich verändern 6 % Ich möchte mich (mittelfristig) finanziell verbessern 7 % Mehr Geld und ein attraktiver Job So hat sich die berufliche Position nach dem Studienabschluss verändert: Höheres Gehalt 65 % Attraktivere Aufgaben/mehr Verantwortung 62 % Berufswechsel 37 % Bessere Aufstiegschancen 33 % Bessere Work-Life-Balance 25 % Neue Tätigkeit innerhalb des Berufs 25 % Mehr Führungsverantwortung 28 %
Masterstudiengänge 19 passenden oder aufbauenden MBA-Schwerpunkt“, weiß sie. Die Studieninteressierten, die bereits einen ersten Abschluss in der Tasche haben und schon länger im Beruf sind, wählten oftmals eine andere Fachrichtung als im Erststudium, so Margot Klinkner: „Die meisten wollen sich in dem Bereich weiterqualifizieren, in dem sie aktuell tätig sind.“ Nur wenige Arbeitgeber helfen finanziell Nur wenige Arbeitgeber unterstützen ihre Fernstudierenden finanziell, lautet ein weiteres Ergebnis der Trendstudie Fernstudium 2023. Die meisten Fernstudierenden finanzieren sich durch die eigene Arbeit, einige auch durch Unterstützung ihrer Familie oder mithilfe staatlicher Förderung. Nur knapp sieben Prozent geben an, dass der Arbeitgeber die Hauptfinanzierung übernimmt oder übernommen hat. Dass Probleme bei der Finanzierung dazu führen, dass Studieninteressierte ihre Pläne, einen Master- oder MBA-Abschluss zu erwerben, doch nicht in die Tat umsetzen, ist den Studienanbietern bewusst und sie informieren ausführlich über Förderungen. Wings hat einen Online-Finanzierungsratgeber, in dem sich Studieninteressierte über die Möglichkeiten von Bildungsprämie über das Deutschlandstipendium bis zum KfW-Kredit informieren können. Auch das ZFH informiert in einer Broschüre und online über die Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten, etwa über die steuerliche Absetzbarkeit des Fernstudiums und über Regelungen zur Bildungsfreistellung in den Bundesländern, und stellt Antragsunterlagen zur Verfügung. „Sollten Studierende im Laufe ihres Studiums in Finanzierungsprobleme geraten, haben sie zum einen die Möglichkeit, Ratenzahlung in Anspruch zu nehmen. Neben Studienkrediten bieten auch spezielle Förderprogramme einzelner Hochschulen im Einzelfall Abhilfe“, ergänzt Margot Klinkner. Die Doppelbelastung meistern Besser als bei der finanziellen Hilfe durch den Arbeitgeber sieht es laut Studie bei der organisatorischen Unterstützung aus: Mit flexiblen Arbeitszeiten, Planungssicherheit für Klausurtermine, reduzierten Arbeitszeiten oder Lernurlauben greifen relativ viele Arbeitgeber ihren nebenberuflich studierenden Beschäftigten unter die Arme. Und wenn es doch zu einer Überlastung kommen sollte, besteht seitens der Studienanbieter viel Flexibilität: „Bei Überlastung empfehlen wir das Fernstudium zu strecken oder für ein Semester zu pausieren. Auch eine Verlängerung der Studienzeit ist problemlos möglich“, sagt André Senechal. Ähnlich sieht das beim ZFH aus: „Die Studienzeit kann je nach Bedarf verlängert werden. Bei einzelnen Studiengängen ist eine Verlängerung von bis zu zwei Semestern kostenfrei möglich“, so Margot Klinkner. Wo viele Arbeitgeber laut Studie erheblichen Nachholbedarf zeigen, sind konkrete Entwicklungsperspektiven für ihre Beschäftigten, die sich im Fernstudium weiterqualifizieren. Nur selten wird ein konkretes Aufstiegsangebot für diejenigen, die ihr Studium erfolgreich abgeschlossen haben, ausgearbeitet. Daher wundert es nicht, dass die Beschäftigten nach erfolgreich absolviertem Studium häufig woanders nach neuen beruflichen Perspektiven suchen. Wie die Studie besagt, wird mehr als die Hälfte der Fernstudierenden während der Studienzeit nicht von ihrem Arbeitgeber unterstützt. „Angesichts des eklatanten Fachkräftemangels in Deutschland sind das erschreckende Zahlen, insbesondere weil mehr als die Hälfte der Befragten angibt, dass sie ihr im Studium erworbenes Wissen bereits proaktiv im Beruf anwenden kann“, spricht Holger Sommerfeld, Rektor der IU Internationale Hochschule, das große Potenzial an Fachwissen, an Motivation und Loyalität an, das viele Arbeitgeber verschenken. Chancen und Risiken für Arbeitgeber Dass Arbeitgeber einem Fernstudium ihrer Mitarbeitenden nicht immer positiv gegenüberstehen und es finanziell nicht unterstützen wollen, liegt nicht nur daran, dass sie weniger Einsatzbereitschaft im Beruf für die Dauer des Studiums befürchten. Für sie birgt das Fernstudium zwar Chancen, aber auch Risiken. Eine Chance liegt darin, dass die Mitarbeitenden während ihrer Studienzeit neue Fachkenntnisse erwerben und sich zudem persönlich weiterentwickeln. Wer die Doppelbelastung von Studium und Beruf gut bewältigt, beweist Durchhaltevermögen und viel Selbstorganisation. Eine Gefahr ist, dass die Unternehmen gute Beschäftigte verlieren, weil diese sich nach ihrem Abschluss neu orientieren, wenn sie im Unternehmen keine Entwicklungsmöglichkeiten für sich sehen. Aber dieses Risiko könnten sie stark minimieren, wenn sie entsprechende Angebote für ihre Mitarbeitenden erarbeiten. Nah am Beruf In diesen Bereichen absolvieren Studierende ein Fernstudium: 57 27 16 Die Studienrichtung baut auf der bisherigen beruflichen Laufbahn auf Die Studienrichtung ist fachfremd zum bisherigen Beruf Keine Berufstätigkeit
20 MBA personalmagazin plus: MBA 2023 Sich durch Lernen ständig weiterzuentwickeln, ist Alexandra Garatzogianni wichtig. Ihr leuchtendes Vorbild dabei: Leonardo da Vinci, der sich immer wieder neu erfand und neue Themen erschloss. Von Frank Schabel Da Vinci als Vorbild Beruflich ist die gebürtige Athenerin mittlerweile in der Tech-Transfer-Welt von Forschungseinrichtungen und Universitäten zuhause. Dabei stand diese Welt für Alexandra Garatzogianni früher nicht auf ihremWunschzettel. Denn ihr Bachelor-Studium drehte sich um Linguistik und Fremdsprachen – mit dem Ziel, später in ihrer Heimat beruflich tätig zu werden. Doch der schwierige griechische Arbeitsmarkt machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Mit einem ersten Masterstudium in Frankreich erweiterte sie ihre Kompetenzen um Medien sowie Kommunikation – und kam mit der Startup- und Business-Development-Welt in Berührung. Daran knüpfte auch ihr erster Job bei der Fraunhofer-Gesellschaft an: „Für mich erfüllten sich meine Träume, als ich in multinationalen Projekten mitarbeiten konnte.“ Heute arbeitet sie für die Leibniz Universität Hannover als Leiterin von innovativen europäischen Projekten im KI- und Big-Data-Kontext. In diesem Umfeld konzipiert und steuert sie Projekte, die dann über private und öffentliche Gelder finanziert werden. Gleichzeitig ist sie im Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften aktiv und verantwortet hier den Technologietransfer zwischen Forschung und Unternehmen. Mehrwert für die eigene Berufswelt Was hat Garatzogianni nun bewegt, neben diesen aufreibenden Jobs einen zweiten Master anzugehen – und diesen auch noch an der HEC Paris Business School, der Topadresse in Europa? Vor allem die Inhalte des Masters: „Meine Leidenschaft gilt der Innovation und dem Unternehmertum: Wie lassen sich neuartige Lösungen und Datenprodukte entwickeln, die unser Leben verbessern?“ Der von der HEC angebotene Executive Master of Science in Innovation und Unternehmertum, der vor allem dem Ziel dient, dass die Studierenden selbst Unternehmen gründen, hätte ihren beruflichen Interessen daher sehr entsprochen: „Ich habe immer einen Master-Abschluss zu diesen Themen gesucht und als ich den Lehrplan las, war ich begeistert.“ Vergleichbare Studiengänge seien eher klassisch ausgelegt und Garatzogianni wollte etwas studieren, das ihr im Job direkten Mehrwert liefere. Im Hintergrund ihrer Entscheidung schwang noch ein anderes Thema mit: ihre unangenehmen Erfahrungen mit dem Arbeitsmarkt ihres Heimatlandes, gegen die sie sich mit neuen Kompetenzen wappnen wollte. „Ich habe gelernt, dass weitere Qualifikationen und Fähigkeiten in instabilen Märkten eine zentrale Rolle spielen. Deshalb ist Leonardo da Vinci mein Vorbild, der sich immer verbessern und weiterentwickeln wollte.“ Berufsbegleitend und strukturiert Alexandra Garatzogianni war wichtig, dass das Studium berufsbegleitend lief. Denn ihre Jobs wollte sie beibehalten, auch wenn dies parallel zum Master mit hohem Einsatz, viel Disziplin und Engagement verbunden war. So ging es den meisten ihrer Mitkommilitonen, die ebenfalls in ihren Jobs blieben und aus unterschiedlichen Kontinenten kamen. Berufsbegleitend hieß, dass alles digital stattfand – von den Vorlesungen über die Kurse bis hin zu den Sprechstunden mit Dozenten und Professoren. Für die Vorlesungen bestand dabei keine Präsenzpflicht, sie standen zum Download bereit. Inhaltlich war das Studium ganz nach ihrem Geschmack aufgebaut. Im Kern setzte es sich aus zwei Phasen zusammen, in denen insgesamt 22 Themen unterrichtet wurden – von Unterneh-
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