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laufende Projekte und kurzfristige be-
triebswirtschaftliche Ziele kollidieren
vermeintlich mit dem GBpsych-Projekt.
Nicht nur deshalb fehlt es daher vielfach
an einer systematischen Planung und
Umsetzung verschiedener Maßnahmen
auf unterschiedlichen Ebenen und einer
strategischen Verzahnung etwa im Rah-
men eines strategischen betrieblichen
Gesundheitsmanagements (BGM). An-
stelle von Synergieeffekten überwiegen
Risiken und Nebenwirkungen.
Beurteilung der Belastungen erfor-
dert fachübergreifendes Know-how
Viele Verantwortliche in Unternehmen
sind schlichtweg überfordert. Dafür gibt
es gute Gründe: Psychische Belastungen
entziehen sich einer einfachen Mess-
barkeit. Arbeitsbedingte Belastungen
treten meist zusammen mit anderen Be-
lastungen auf. Die Wechselwirkung die-
ser Belastungen, individueller und situ-
ativer Schutzfaktoren führen zu einem
sehr heterogenen Gesundheitsrisiko der
Mitarbeiter.
Allgemeingültige oder einfach zu in-
terpretierende Grenzwerte für einzelne
Belastungsfaktoren zu bestimmen, kann
daher sehr schwierig sein, insbesondere
auch deshalb, weil es sich bei den im
Rahmen einer GBpsych erfassten Belas
tungen und Beanspruchungen in der
Regel umQuerschnittsdatenhandelt. Ein-
fache Ursache-Wirkungs-Beziehungen
gibt es selten. Eine „kochrezeptartige“
Datenerhebung und -interpretation und
eine darauf basierende Umsetzung von
Standardmaßnahmen verspricht kaum
Erfolg. Trotzdemmüssen die Akteure vor
Ort Kriterien festlegen, ab wann Hand-
lungsbedarf besteht.
Durch die komplexen Verknüpfungen
erfordern die Beurteilung der psychi-
schen Belastungen, die Interpretation
sowie die Maßnahmenentwicklung und
-umsetzung fachübergreifendes und
mehrperspektivisches Know-how. Der
umfassende Blick auf Arbeitsbedin-
gungen geht weit über den klassischen
und eher technisch verstandenen Ar-
beitsschutz hinaus. Gerade kleine und
mittlere Unternehmen verfügen in der
Regel nicht über die internen Ressour-
cen zur Umsetzung sowie arbeitspsy-
chologisches Wissen und Erfahrung.
Internes Know-how muss aufgebaut und
ausgewiesene Experten in den Prozess
eingebunden und bei Bedarf durch ex-
terne Experten ergänzt werden.
Jedes Verfahren, das im Rahmen einer
GBpsych typischerweise zum Einsatz
kommt, wie Mitarbeiterbefragung, Beo-
bachtungsinterview und Analysework-
shop, stellt spezifische Anforderungen,
die, wenn sie nicht beachtet werden, eine
Messung erheblich verfälschen können.
So ist bei einer Mitarbeiterbefragung zu
beachten, dass die gewonnene Stichpro-
be repräsentativ und die Auswertung
für sinnvolle Einheiten möglich ist, also
Beschäftigte mit möglichst ähnlichen
Tätigkeiten zusammengefasst werden,
um Aussagen über Belastungen und
Ressourcen einer Berufs-/Tätigkeits-
gruppe zu erhalten. Hierzu sollte geprüft
werden, inwieweit Beschäftigte in ihren
Urteilen übereinstimmen, wenn sie die-
selben oder weitgehend ähnliche Tätig-
keiten ausführen und ob verzerrende
Antworttendenzen erkennbar sind.
Bei Beobachtungen ist zu klären, ob
prototypische Belastungssituationen in
dem begrenzten Beobachtungszeitraum