Seite 18 - personalmagazin_2014_06

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Titel
_Ständige Erreichbarkeit
personalmagazin 06 / 14
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
E
s gibt kein zurück. Smart­-
phones und Tablets sind auf dem
Vormarsch. Der kostengünstige
und flächendeckende Zugang
zum Internet sorgt dafür, dass immer
mehr Menschen jederzeit online zu er-
reichen sind. Das verändert auch das
Kommunikationsverhalten in Unterneh-
men: Berufliche E-Mails werden vor dem
Schlafengehen, nach dem Aufstehen, am
Wochenende oder im Urlaub verschickt,
gelesen und beantwortet. Fallen damit
die für die Mitarbeiter wichtigen Ruhe-
phasen weg? Eine empirische Studie des
Human Resources Competence Center
der Hochschule Pforzheim hat unter-
sucht, wie sich die zunehmende Verbrei-
tung neuer Medien auf das Verhalten
von Mitarbeitern auswirkt und welche
Konsequenzen damit verbunden sind.
An der Befragung haben 449 Mitar-
beiter teilgenommen, die allesamt über
eine moderne technische Ausstattung
verfügen: Sie haben Notebooks, Desk-
top-PC, Tablets und Smartphones im
Einsatz – teils nur privat, nur beruflich
oder beides. Erhoben wurde, in welchem
Umfang Mitarbeiter außerhalb der üb-
lichen Arbeitszeiten mithilfe der neuen
Kommunikationsmedien dienstlich be-
helligt werden.
Die Ergebnisse zeigen ein klares Bild:
31,2 Prozent der Befragten geben an,
dass dies samstags nicht der Fall ist.
Weitere 38,8 Prozent werden sonntags
nicht kontaktiert. Im Umkehrschluss
heißt das: Etwa zwei Drittel der Be-
fragten erhalten auch am Wochenende
Von
Markus-Oliver Schwaab
betriebliche Informationen. Von einer
echten Wochenendruhe kann da nicht
die Rede sein.
Ein ähnliches Bild zeigt sich für die
Randzeiten des Arbeitstags: Abends
nach 19 Uhr erhalten 47,1 Prozent der
Befragten immer wieder oder sogar häu-
fig berufliche Mitteilungen, morgens
vor acht Uhr traf dies auf 48,1 Prozent
zu. Auch im Urlaub sind dienstliche
Störungen für viele normal. Fast jeder
Zweite (48,5 Prozent) bekommt dann
dienstliche Nachrichten. Von der Kom-
munikation außerhalb der Arbeitszeiten
sind alle Mitarbeiter betroffen, beson-
ders allerdings die Führungskräfte: 49,8
Prozent werden regelmäßig amWochen-
ende und 56,7 Prozent im Urlaub kon-
taktiert (siehe Grafik auf Seite 20).
Anrufe nach Feierabend sind seltener
Dabei gibt es einen Zusammenhang
zwischen dem Zeitpunkt der Kontakt-
aufnahme und dem gewählten Medium:
Während das Kontaktieren außerhalb
der Arbeitszeit über schriftliche Nach-
richten üblich ist, gibt es bei Telefon-
kontakten eine Hemmschwelle: Nur
wenige berichten, dass sie hier regel-
mäßig angerufen werden (vergleiche die
Grafik auf Seite 20). Offensichtlich fällt
es leichter, außerhalb der gewöhnlichen
Arbeitszeiten schriftliche Mitteilungen
zu senden als zum Telefon zu greifen.
Ein Erklärungsansatz dafür ist, dass bei
schriftlichen Nachrichten im Gegensatz
zu Telefongesprächen keine unmittel-
bare Störung stattfindet und der Emp-
fänger entscheiden kann, wann er die
Botschaften zur Kenntnis nehmen will.
Auch der Urlaub und das Wochenende
von Managern werden deutlich selte-
ner von einem Telefonat als von einer
schriftlichen Nachricht unterbrochen.
Doch auch hier werden sie stärker bean-
sprucht als die anderen Beschäftigten.
Die Zahl der beruflichen E-Mails au-
ßerhalb der üblichen Arbeitszeiten hat
in den vergangenen drei Jahren insge-
samt zugenommen, so die Einschätzung
von 65,1 Prozent der Teilnehmer an der
Studie; nur 6,7 Prozent erlebten dage-
gen eine Abnahme. Die Befragten sagen
ebenfalls aus, dass in diesem Zeitraum
berufliche E-Mails amAbend, Wochenen-
de oder im Urlaub zugenommen haben.
Es stellt sich die Frage, ob der Kom-
munikationsbedarf in den vergangenen
Jahren insgesamt zugenommen oder
ob sich nur die Art der Kommunikati-
on verändert hat. Es gibt deutliche Hin-
weise für eine Zunahme: 64,9 Prozent
der Befragten stellen dies in der E-Mail-
Kommunikation mit ihren Vorgesetzten
und direkten Kollegen fest – 32,0 Pro-
zent verzeichnen eine wachsende Zahl
von Telefonaten und 49,7 Prozent einen
Anstieg der durchgeführten Bespre-
chungen.
Schnellste Reaktionszeit bei E-Mails
Wenn die Kommunikation zunimmt,
stellt sich die Frage, wie die Mitarbei-
ter damit umgehen. Wie reagieren sie,
wenn sie eine E-Mail erhalten? Jeder
zweite Befragte (51,1 Prozent) schaut
wochentags in sein dienstliches Post-
fach, sobald ein Hinweis auf den Ein-
gang einer neuen E-Mail erscheint. 24,1
Prozent überprüfen stündlich ihren
E-Mails zum Frühstück
FORSCHUNG.
Führt die ständige Erreichbarkeit zur Dauerbereitschaft? Was erwarten
die Arbeitgeber, wie verhalten sich ihre Mitarbeiter? Eine Studie gibt Aufschluss.