38 PERSONALquarterly 01 / 23 NEUE FORSCHUNG_CORPORATE ENTREPRENEURSHIP Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität (VUCA) prägen zunehmend die Wirtschaftswelt und stellen Unternehmen vor Herausforderungen, die bspw. den Unternehmenserfolg und das Wachstum beeinflussen. Um damit verbundenen Risiken in der Umwelt adäquat zu begegnen, benötigen etablierte Unternehmen systematisches unternehmerisches Projekt- und Ideenmanagement, sog. Corporate Entrepreneurship (CE), zu Deutsch „Unternehmertum im Unternehmen“. CE bezeichnet „… sämtliches unternehmerisches (das heißt proaktives, innovatives und risikoaffines) Verhalten von und in etablierten Unternehmen und Organisationen“ (Kuckertz, 2017) und ist auch für das HRManagement von Relevanz, da dieses bspw. über das Recruiting sowie Learning & Development einen wichtigen Beitrag zu belegschaftsinduzierten Innovationen leistet. Die Literatur differenziert im Hinblick auf CE zwischen der Fähigkeit von Unternehmen, sich konstant strategisch zu erneuern (Strategic Renewal; Zahra, 1993), neue Märkte außerhalb des bestehenden Geschäfts zu explorieren (Corporate Venturing; Guth/ Ginsberg, 1990; Zahra, 1996) sowie der Selbstverpflichtung, neue Produkte, Prozesse und organisationale Systeme zu konzipieren und einzuführen (Commitment to Innovation; Covin/ Slevin, 1991; Dess/Lumpkin/McGee, 1999). Während Strategic Renewal insbesondere auf existierende Ressourcen abstellt und u. a. die exploitative Effizienz- und Leistungssteigerung bestehender Produkte, Technologien und Geschäftsmodelle umfasst (Guth/Ginsberg, 1990), sind Corporate Venturing und das Commitment to Innovation vornehmlich explorations-orientiert. So beinhaltet CE sowohl auf radikale Produktinnovationen ausgerichtete und mit erhöhter Risikobereitschaft verbundene Aktivitäten als auch Maßnahmen, die der strategischen Erneuerung auf Basis bestehender Ressourcen dienen. Diese Balance zwischen Exploitation und Exploration ist erforderlich (Hayton/Kelley, 2006), um die Stabilität und den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. Durch diesen dualen Ansatz können das traditionelle Kerngeschäft sowie die Innovationstätigkeiten nebeneinander existieren und sich im Idealfall gegenseitig ergänzen (Bierwerth/Schwens/Isidor/ Kabst, 2015). Gleichzeitig sind für den Erfolg und das Fortbestehen etablierter Unternehmen Faktoren elementar wichtig, It is a Match: Corporate Entrepreneurship und Effizienzsteigerung Von Prof. Dr. Bernhard Wach (Fachhochschule Bielefeld), Dr. Benjamin Krebs und Dr. Slawa Tomin (Universität Paderborn) die eigentlich eher Hindernisse für erfolgreiches CE darstellen – Routinen, Spezialisierung, feste Prozesse und Strukturen (Gründler/Engelen, 2020), die grundsätzlich seitens des HRManagements begleitet, wenn nicht gar federführend durch dieses gesteuert werden. So stellt sich die Frage, wie beide Herangehensweisen miteinander vereinbar sind. In diesem Beitrag argumentieren wir, dass interne Effizienz nicht notwendigerweise CE behindert, sondern sogar die Wirkung von CE fördern kann. Wir betrachten dazu in einer empirischen Studie mit 85 etablierten britischen Unternehmen interne Effizienz (z. B. Kosten- und Prozessoptimierung) als Moderator des Zusammenhangs zwischen CE und explorativorientierter (disruptiver) Innovation. Theorie und Hypothesen Unternehmen, die sich auf veränderte technologische, wirtschaftliche oder branchenspezifische Gegebenheiten einstellen und in neue Geschäftsmodelle investieren, beabsichtigen, ihre Zukunftsfähigkeit zu steigern. So ist die Unternehmensentscheidung, ob explorative Innovations- und Corporate Venturing-Aktivitäten verfolgt werden, richtungsweisend und determiniert u. U., neue Produkte, Prozesse oder organisationale Systeme zu konzipieren und zu implementieren, um somit den Ausbau bestehender Geschäftsbereiche oder auch die Erschließung neuer Märkte proaktiv zu verfolgen (Covin/Slevin, 1991). Der in diesem Kontext genutzte Begriff der explorativen Innovation beschreibt treffend, in welchem Maße Unternehmen diskontinuierlich und disruptiv statt inkrementell innovieren. Wesentlich für die Exploration ist es, Strukturen und Prozesse zu schaffen, die es ermöglichen, flexibel und schnell zu handeln und aus Fehlern zu lernen. In dieser Hinsicht ist insbesondere das HR-Management gefragt, um die Organisationskultur entlang dieser Imperative zu gestalten und Mitarbeiter bei der Anwendung neuer Konzepte und Prinzipien sowie Methoden und Prozeduren im Rahmen der Implementierung von Innovationen zu unterstützen und diese hin zu dafür notwendigemWissen und Fertigkeiten zu entwickeln. Gleichzeitig müssen Unternehmen bestehende Ressourcen strategisch nutzen, um sich auf neue Gegebenheiten und Veränderungen in ihrer Umwelt anzupassen. Ein in diesem Kontext wesentlicher
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==