Personal Quarterly 1/2023

34 PERSONALquarterly 01 / 23 NEUE FORSCHUNG_CROWDWORKING Studie 1: Zur Führungs- und Beziehungserwartung von Crowdworkern1 Die beschriebenen Eigenschaften von Crowdwork scheinen einen langfristigen Beziehungsaufbau überflüssig zu machen, womit klassische Führungs- und HRM-Aufgaben in der Folge obsolet wären. Verantwortliche seitens der Plattformen oder der Auftraggeber gehen daher nicht selten implizit davon aus, dass eine geeignete Ansprache im plattformbasierten Raum weder relevant noch notwendig sei. Die 2020 von uns veröffentlichte Studie „Crowdworking: Neue Realitäten der Führung“ nimmt sich dieses Themenkomplexes an und zeigt grundlegend, dass die Themen Führung und persönliche Ansprache auch in der Microwork-Umgebung ausdrücklich erwartet bzw. gewünscht werden. Im Rahmen dieser Studie erfolgt eine Klarstellung bzw. Präzisierung, wie Crowdworker den Führungsbegriff im Kontext von Microwork interpretieren und welche Erwartungen sie diesbezüglich damit verbinden. Weiterhin wird der Frage nachgegangen, wer aus Sicht der Crowdworker Führungsaufgaben wahrnimmt, um letztlich auch den Loyalitätsbegriff und dessen Vor-Bedingungen in diesem Kontext zu erhellen. Für die Bearbeitung dieses Forschungsziels wurde eine qualitative Forschungsstrategie gewählt. Dies bietet sich vor allem dann an, wenn der Fokus der Erhebung auf demVerstehen eines Abb. 1: Kurzdarstellung der durchgeführten Studien Quelle: Eigene Zusammenstellung Fragestellung Methodik Zentrale Ergebnisse Studie 1 „Crowdworking: Neue Realitäten der Führung“ Kontext: Microwork · Wie interpretieren Crowdworker den Führungsbegriff und welche Erwartungen hegen sie hinsichtlich ihrer eigenen „Führung“? · Wer übernimmt im plattformbasierten Raum welche Führungsaufgaben? · Wem gegenüber empfinden Crowdworker Loyalität – z. B. dem Kunden/ Auftraggeber oder eher der Plattform gegenüber – und welche Erwartungen gehen mit dieser Loyalität einher? · Qualitatives Forschungsdesign · Halbstrukturierte Interviews mit deutschen Microworkern (N=14; w=5, m=9) · Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (Softwareunterstützung MAXQDA) · Erhebungszeitraum: Juli 2019 · Honorarzahlung für Teilnahme · Altersdurchschnitt 34,4 Jahre · Durchschnittlich seit 17 Monaten als Crowdworker aktiv · Einkommen durch Crowdwork zwischen 50 und 1.000 Euro · Crowdworker suchen aktiv nach Ansprechpartnern. 3 „Da hat man eigentlich keinen wirklichen mündlichen Kontakt. Wenn dann eher schriftlich. Man bekommt eine E‑Mail, wenn der Auftrag geprüft worden ist und bestätigt wurde. Und wenn man sein Geld bekommt.“ 3 „Dass man sich im Ernstfall, bei einer Meinungsverschiedenheit, an den Support wenden kann. Der organisiert das dann alles und fällt eine Entscheidung.“ · Crowdworker wünschen sich einen engeren, auf Feedback und Wertschätzung ausgerichteten Kontakt zum Auftraggeber. 3 „Ja, man ist dann enttäuscht, da man Zeit und Mühe investiert hat, und wenn das nicht entlohnt wird, ist man enttäuscht. Man erhält ja auch manchmal kein Feedback und das ist dann blöd.“ 3 „Es wäre auch schön, wenn man einen guten Text abgegeben hat, dass da etwas Gutes steht.“ Studie 2 „How well did I do? The effect of feedback on affective commitment in the context of microwork“ Kontext: Microwork What type of effects result from the investment in a more specific relationship between the requester and the crowdworker? 3 H1:The option of receiving feedback from the requester affects the perceived organizational affective commitment. 3 H2: The option of receiving feedback from the requester affects the perceived requester attractiveness. · Online-Vignetten-Experiment mit deutschen Microworkern (N = 145; Experimentalgruppe = 78, Kontrollgruppe = 67) · Variierte Merkmalsausprägung der Vignetten: Option auf Feedback vom Auftraggeber [Ja/Nein] · Messung von affektivem Organisationalen Commitment (OC): 5 Items adap. von Felfe et al. (2002) · Messung der Auftraggeber-Attraktivität: 4 Items adap. von Aiman-Smith et al. 2001 · MANOVA · Erhebungszeitraum: Dezember 2020 · Altersdurchschnitt 38,6 Jahre Crowdworker der Experimentalgruppe (Feedback [Ja]) äußerten ein signifikant höheres OC und empfanden den Auftraggeber als signifikant attraktiver: 3 OC: M*Feedback [Ja] = 3,4 vs. M*Feedback [Nein] = 2,9 3 Attraktivität: M*Feedback [Ja] = 3,8 vs. M*Feedback [Nein] = 3,5 *M = errechneter Mittelwert 1 von der Oelsnitz/Staiger/Schmidt, 2020

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