Personal Quarterly 1/2023

33 01 / 23 PERSONALquarterly konstitutiv; bspw. entscheidet ein Crowdworker eigenständig über die Auswahl der zu bearbeitenden Aufgabe sowie über Ort und Zeit der Ausführung ebendieser. Lokal gebundene Aufgaben (sog. Gig-Work), wie z. B. Hausmeister-, Gärtner- oder Fahrdienste fallen nicht in unsere Arbeitsdefinition. Wir konzentrieren uns im Folgenden weiter auf das Microworking. Arbeitsbedingungen beim Microworking Die Arbeitsbedingungen im Kontext von Crowdwork unterliegen zumeist eher negativen Konnotationen, vor allem, wenn das stark auf Routinen basierte Microwork gemeint ist. In dieser Facette des plattformbasierten Arbeitens lassen sich Prekarisierungstendenzen feststellen – nicht zuletzt durch die vielfach schlechte Bezahlung, die üblicherweise mit Microwork einhergeht. Zudem charakterisiert sich diese Arbeitsform durch kurze, teilweise nur wenige Minuten andauernde Bearbeitungszyklen. Dabei konkurriert der Crowdworker zusätzlich mit anderen Crowdworkern, da die Auftragsvergabe üblicherweise nach dem First-Come-First-Serve-Prinzip erfolgt. Da die Auszahlung des Honorars an eine konkrete Aufgabenbearbeitung geknüpft wird, ist ein Microworker darauf angewiesen, dass er stets zur richtigen Zeit nach Aufträgen sucht und diese im vorgesehenen Zeitraum bearbeitet, um dadurch ein gewisses Entgeltniveau zu erreichen. Letztlich liefert der plattformbasierte Raum keine Einkommenssicherheit – dies auch aufgrund der arbeitsrechtlichen Verortung des Crowdworker-Daseins. Durch die soloselbstständige Stellung besteht grundsätzlich kein Arbeitsverhältnis zwischen einem Crowdworker und einer Plattform bzw. dem Auftraggeber, aufgrund dessen ein Crowdworker letztlich auch nicht unter die Regelungen des Arbeitsrechts fällt. Demgegenüber zeichnet sich die Crowdwork-Umwelt jedoch dadurch positiv aus, dass sie aufseiten der Crowdworker verschiedene Motive befriedigen kann. Neben Selbstbestimmung und monetärem Anreiz sind Crowdworker z. B. auch aufgrund der möglichen individuellenWeiterentwicklung sowie aus dem Zugehörigkeitsgefühl zu einer bestimmten Community auf Plattformen aktiv. Allerdings bleibt der Einfluss der Plattform wesentlich – entsprechende Kontroll- und Governance-Mechanismen können erheblich in das Autonomie-Erleben des einzelnen Crowdworker eingreifen. Das heißt, der Plattformbetreiber kann Standards und Vorgaben in der Crowdwork-Umgebung diktieren. Dies betrifft z. B. das Ausmaß der Kontrolle durch die Plattform oder die Kommunikationsmöglichkeiten zwischen den Parteien (Shafiei Gol/Stein/Avital, 2019, S. 177). Das allgemeine Verständnis von Crowdwork (und hier insbesondere von Microwork) ist zumeist eher auf betriebswirtschaftliche Effizienz ausgerichtet, womit der einzelne Crowdworker mit seinen eigenen Erwartungen und Wünschen zumeist in den Hintergrund rückt. Somit stellt sich die Frage, inwiefern ein stärker auf die Bedürfnisse und Erwartungen des einzelnen Crowdworkers ausgerichtetes HRM-Verständnis seitens des Auftraggebers dazu beitragen kann, eine faire und auf das Wohlbefinden aller Parteien ausgerichtete Arbeitsumgebung zu gestalten. Hierzu werden im Folgenden zwei Studien präsentiert, die im Ergebnis eine aktivere Rolle des HRM im Crowdworking-Prozess nahelegen. Ausgewählte Aspekte des subjektiven Crowdwork-Erlebens Die Betrachtung des einzelnen Crowdworkers sowie dessen Wahrnehmungen und Erwartungen wurden bisher empirisch nur unzureichend adressiert. Aufgrund der Arbeitsbedingungen sowie der generellen Natur von Crowdwork gehen Auftraggeber und Plattformbetreiber zumeist von beziehungsarmen, transaktional gelagerten psychologischen Verträgen aus (Cropanzano et al., 2022, S. 12). Allerdings zeigt sich, dass sich dennoch Indizien finden lassen, die darauf hindeuten, dass Crowdworker durchaus an persönlicher Ansprache und an einer Beziehung zum Auftraggeber interessiert sind. Der nachfolgende Abschnitt umreißt zwei bereits andernorts veröffentlichte Studien, die explizit mit Aspekten des individuellen Erlebens und der Gestaltung von Beziehungen im Rahmen von Crowdwork (insb. Microwork) in Verbindung stehen. Während die erste (explorative) qualitative Studie konkrete beziehungsorientierte Ansatzpunkte erhebt, untersucht die anschließend vorgestellte zweite (hypothesengestützte) quantitative Studie, inwieweit speziell ein potenzielles Feedback seitens des Auftraggebers von den Crowdworkern wahrgenommen bzw. positiv bewertet wird (vgl. Abb. 1). ABSTRACT Forschungsfrage: Welche Implikationen lassen sich für einen sachgerechten und professionellen Umgang des HRM zur zweckmäßigen Einbindung von Crowdworkern in Unternehmen ableiten? Methodik: (1) Qualitative Interviewstudie, (2) Online-Vignetten-Experiment Praktische Implikationen: Um die Leistungsqualität der Crowdworker zu stärken, sollte das betriebliche Human Resource Management (HRM) auch gezielt in die Beziehung zu ihren Crowdworkern investieren, z. B. indem aktiv Kommunikationsangebote geschaffen werden.

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