23 01 / 23 PERSONALquarterly (1) Eine erste Dimension, wir nennen sie „gesellschaftlicher Nutzen“, besteht im Wertbeitrag des Unternehmens oder dessen Produkten für die Gesellschaft. Unternehmen liefern in diesem Sinne einen Beitrag zum „Common Good“ (Argandona, 1998). Gerade während der Covid-19-Pandemie wurde deutlich, dass Unternehmen der Daseinsfürsorge grundsätzliche menschliche Bedürfnisse erfüllen und damit einen unmittelbaren Beitrag zur Existenz der Gesellschaft liefern. (2) Umwelt: Im Sinne des klassischen CSR ergibt sich Umweltschutz bzw. Nachhaltigkeit als weitere Dimension, auch vor demHintergrund der gesellschaftlichen Herausforderung des Klimawandels. (3) Persönliche Entwicklung: Unternehmen können zudem die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass sich Menschen individuell entwickeln. Die Entwicklung der eigenen Talente ist bereits in der Ethik Kants als individuelle Pflicht verankert (Kant, 1977, S. 52). Die Zentralität der Arbeit in westlichen Gesellschaften und die zunehmende Komplexität des Wirtschaftslebens schaffen ein entsprechendes Umfeld zur Talententfaltung, das in anderen Lebensbereichen nicht für alle in gleicher Form gegeben ist. (4) Diversität: Die Gleichstellung der Geschlechter ist eines der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (United Nations, 2021, S. 36-37). Frauen sind in Führungspositionen deutlich unterrepräsentiert, und Selbstverpflichtungen führten in der Vergangenheit nicht zum gewünschten Erfolg, weshalb es in den letzten Jahren zu mehreren Gesetzesinitiativen kam. Bewegungen wie #MeToo und #BlackLivesMatter wurden vermehrt von Unternehmen aufgegriffen und zeigen den breiteren Rahmen der Diversität über Geschlechtergerechtigkeit hinaus. Die Förderung von Gleichberechtigung und Diversität kann somit als eigenständige Purpose-Dimension interpretiert werden (Martinez, 2021). (5) Kundenorientierung: Kundenorientierung wirkt auf den ersten Blick wie die Negation eines Corporate Purpose, da primär über die Zahlungsbereitschaft der Kundinnen und Kunden der Unternehmensgewinn gefördert wird. Kundenzentrierung führt in diesem Verständnis zu Shareholder Value. Kundinnen und Kunden weisen vielfältige, komplexe, z. T. unbekannte und immer auch soziale Bedürfnisse auf, die sich in Kaufentscheidungen niederschlagen. Nicht zuletzt Informationsdefizite aufseiten der Unternehmen führten bei Milton Friedman zur Ablehnung alternativer Unternehmensziele neben dem Gewinnziel: Durch die Orientierung an der Gewinnmaximierung werden die – gänzlich oder zumindest bezüglich ihrer Gewichtung unbekannten – Ziele automatisch erfüllt. Bedingung dabei ist, dass Konsumentinnen und Konsumenten gesellschaftliche Ziele im Sinne einer „mindful consumption“ (Sheth et al., 2011, S. 27) in ihren Kaufentscheidungen berücksichtigen. Methodik: Vignettenstudie unter Young Professionals Die Teilnehmenden unserer Studie wurden über eine Kooperation mit dem Kölner Karrierenetzwerk Squeaker, das die Befragung in verschiedene Mailings an seine Mitglieder eingebunden hatte, rekrutiert. Dementsprechend lag das Durchschnittsalter der Teilnehmenden bei eher jungen 30,6 Jahren. Dieser Wert unterstreicht die Eignung der Stichprobe für die Beurteilung der Arbeitgeberattraktivität, wo es vielen Unternehmen üblicherweise um die Einschätzungen eher jüngerer Bewerberinnen und Bewerber (sog. Young Professionals) geht. 49 % der Teilnehmenden waren männlich. Die Onlinebefragung lief zwischen Oktober 2020 und Februar 2021. Insgesamt nahmen 632 Personen an der Befragung teil, wobei wir für 476 Personen Ergebnisse bezüglich der relevanten Variablen erhielten. Bei der Befragungsart handelt es sich um eine experimentelle Vignettenstudie im Querschnitt: Den Teilnehmenden wurden drei Screenshots von Internetseiten des fiktiven Handelsunternehmens „Dorela“ gezeigt. Die allgemeine Unternehmensdarstellung wurde bereits in anderen Untersuchungen eingesetzt und hat sich als valide und praktikabel erwiesen (Knappstein, 2019). Wir entschieden uns bewusst für die Branche Einzelhandel, da diese Branche und deren Beschäftigte während der Covid-19-Pandemie eine große Veränderung der Wertschätzung in der Gesellschaft erfahren haben. Während die ersten beiden Screenshots allgemeiner Natur und für alle Teilnehmenden gleich waren, um in den Kontext eines Handelsunternehmens einzuleiten, unterschied der dritte Screenshot einer manipulierten Karrierewebsite zwischen den fünf verschiedenen inhaltlichen Dimensionen ABSTRACT Forschungsfrage: Welchen Inhalt sollten Purpose-Statements haben, um die Arbeitgeberattraktivität positiv zu beeinflussen? Methodik: Vignettenstudie mit 476 Young Professionals. Variiert werden die Inhalte der Purpose-Statements unter Nutzung der Dimensionen gesellschaftlicher Nutzen, Umwelt, persönliche Entwicklung, Diversität und Kundenorientierung auf der Homepage eines fiktiven Handelsunternehmens. Praktische Implikationen: Die Wirkung auf die Arbeitgeberattraktivität hängt vom Inhalt des Corporate Purpose ab. Die Kommunikation eines gesellschaftlichen Nutzens wirkt bspw. positiver auf die Arbeitgeberattraktivität als die Kommunikation persönlicher Entwicklungsmöglichkeiten.
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==