PERSONALquarterly 01 / 23 14 SCHWERPUNKT_SINN ellen Sinn der Arbeit („Wie wichtig ist Arbeit in meinem Leben?“) auch mit einer Dezentrierung von Erwerbsarbeit und der Neuorientierung bei der Sinnsuche beantwortet. In Kombination mit einer gesteigerten Produktivität im Homeoffice wird die so gewonnene Zeit mit einer anderen sinnstiftenden Tätigkeit außerhalb der Erwerbsarbeit verbracht und somit die Wichtigkeit von Erwerbsarbeit infrage gestellt. Neben der Arbeit werden so neue Sinnquellen erschlossen. Fazit und Implikationen für die Praxis Die untersuchten Wissensarbeitenden erlebten zu Beginn der Covid-19-Maßnahmen das Homeoffice als Chance, die Arbeit entlang eigener Werte und Ziele auszurichten. Durch das Erleben von Autonomie, auch als Autonomie bei der Zeitgestaltung, verbesserte sich die Work-Life-Balance, was als positiv für das Sinnerleben gewertet wurde. Insbesondere durch die soziale Isolation, die auch durch die Homeoffice-Pflicht forciert wurde, und das schwindende Zugehörigkeitsgefühl sowie durch die Zunahme von Stress erlebten Wissensarbeitende eine Beeinträchtigung des Sinnerlebens. Teilweise sorgte die Erfahrung im Homeoffice dafür, die Bedeutung der eigenen Arbeit und das Arbeiten an sich grundsätzlich zu hinterfragen. Damit stößt die Veränderung der Arbeitsform einen Reflexionsprozess über richtiges und gutes Arbeiten an. Die Untersuchung zeigt zugleich, wie Wissensarbeitende die Situation konstruktiv nutzen und ihr Sinnerleben neu ausrichten. Sie stellen neue Zugehörigkeiten her, fokussieren sich auf die Lernchancen des Umbruchprozesses oder reflektieren ihr Verhältnis zur Arbeit insgesamt. Insgesamt zeigt sich so ein ambivalentes Bild des Sinnerlebens im Homeoffice in Zeiten der Covid-19-Pandemie, welches neben Herausforderungen auch Chancen des Sinnerlebens im Homeoffice deutlich macht. Gerade die Ermöglichung individueller zeitlicher, räumlicher und arbeitsinhaltlicher Autonomiespielräume bietet die Chance für Beschäftigte, ihre Arbeit sinnhaft zu gestalten. Aus den Befunden lassen sich Empfehlungen für die betriebliche Praxis ableiten: 3 Da sich Sinnerleben positiv auf verschiedene Aspekte wie Zufriedenheit und Gesundheit auswirkt, ist die Gestaltung guter Arbeitsbedingungen als Rahmenbedingung des Sinnerlebens zentral. 3 Autonomie bei der Gestaltung der Arbeit im Homeoffice wirkt sich positiv auf das Sinnerleben aus, insofern stellt die Ermöglichung eigener Entscheidungsspielräume und zeitlicher wie auch räumlicher Flexibilität eine wichtige Stellschraube des Sinnerlebens dar. 3 Da das Sinnerleben im Homeoffice maßgeblich durch das Gefühl der Isolation beeinträchtigt wird, ist es für Unternehmen wichtig, Maßnahmen zu entwickeln, um das Gefühl der Zugehörigkeit und Verbundenheit unter den Beschäftigten zu fördern. Da Führungskräften bei der Gestaltung des Arbeitsklimas eine Schlüsselrolle zukommt, ist der Aufbau von Kompetenzen zur Gestaltung virtueller und analoger Kommunikation wichtig. Weiterhin sind für die zukunftsfähige Gestaltung von Remote Work innovative Ansätze zentral, die sich auf die Gestaltung sozialer Kommunikation im digitalen Raum wie auch am Arbeitsort beziehen. Hierzu zählen u. a. neue Austauschformate, soziale Events und gemeinsame Arbeitsziele. 3 Sinnerleben ist sowohl durch gute Arbeitsbedingungen als auch durch die Reflexion eigener Sichtweisen gestaltbar. Beschäftigte können in ihrer proaktiven Aneignung neuer Arbeitsbedingungen und der Sinnfindung in ihrer Arbeit gefördert werden. Dies kann bspw. durch Sinn-Workshops oder Job-Crafting-Interventionen ermöglicht werden. Abb. 3: Strategien der Sinnfindung Quelle: Eigene Darstellung Sinnfindung innerhalb der Arbeit Sinnfindung außerhalb der Arbeit Krise als Lernchance Herstellung neuer Zugehörigkeiten Dezentrierung von Erwerbsarbeit
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