Immobilienwirtschaft 3/2024

DER UNHEIMLICHE LEERSTAND Wenn Wohnhäuser leer stehen – und die Kommunen machtlos sind WENN ICH EINMAL REICH WÄR’ Die Hebel zur Einkommenssteigerung für Hausverwaltungen MAKLERNETZWERKE Neue Großplayer machen den Markt eng für die Kleinen IMMOBILIEN WIRTSCHAFT NEUE PERSPEKTIVEN BAUEN · 03 / 2024 WIRD DAS GRÜN ODER KANN DAS WEG? KLAR IST, DIE SANIERUNGSQUOTE MUSS STEIGEN! Mat.-Nr. 06228-5266

„OFT SIND ARTIKEL LANGWEILIG, BILDER ERWARTBAR. WIR VERSUCHEN, ES BESSER ZU MACHEN. DAFÜR STEHT DER DIESJÄHRIGE PREIS ALS ‚BESTES FACHMAGAZIN‘.“ Liebe Leserinnen, liebe Leser, gestern bin ich mal wieder auf ein Trendbarometer gestoßen, heute auf einen blumigen Artikel. Wissende lassen sich darüber aus, ob der Boden der Transaktionsstarre schon erreicht sei. Innovation sei Pflicht, Transformation das Maß der Dinge. Gefühlt schon 100 Mal gelesen. Und sicher objektiv richtig. Aber auch richtige Worte können zu Bullshit-Bingo-Begriffen werden. Das Handeln wird vor allzuvielen Worten leider immer wieder vergessen. Der Gebäudetyp E ist schon lange angedacht. Marco Buschmann hat nun einen Gesetzesentwurf angekündigt. Nach locker zwei Jahren. Manchmal, ganz selten, ertappe ich mich dabei, mein Handeln zurückzuführen auf etwas, was ich gerade gelesen habe. Nach der Lektüre von Madame Bovary habe ich Französisch gelernt. Aufgrund eines Kommentars des ehemaligen Trump-Beraters Steve Bannon, der Europa zerschlagen wollte, engagierte ich mich politisch. Und dann erinnere ich mich noch an das „magische Baumhaus“. Mein Interesse für Immobilien hat sicher mit diesem Buch zu tun. Die „Immobilienwirtschaft“-Redaktion hat soeben den Preis des Vereins Deutsche Fachpresse als bestes Fachmagazin erhalten. Begründung der Jury unter anderem: „vorbildliches Storytelling“. Handlungsempfehlungen statt Geschwurbel. Wir schaffen es auch nicht immer perfekt. Aber wir nehmen diesen Preis einmal mehr zum Anlass, mit jedem Beitrag ernsthaft an Ihrem Mehrwert zu arbeiten. Danke, dass Sie uns lesen! Ihr Dirk Labusch Hier geht‘s zur Immobilienwirtschaft digital 3 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 Editorial

03 EDITORIAL 04 INHALT 08 KALEIDOSKOP 14 Menschen & Märkte 14 DER UNHEIMLICHE LEERSTAND Wohnhäuser in guter Lage sind unbewohnt – die Kommunen sind den Eigentümern gegenüber machtlos 38 Schwerpunkt Manage to Green 38 TITEL – BESTANDSSANIERUNG Grün – oder weg? Welche Maßnahmen den Abriss verhindern 43 „SO RECHNET ES SICH“ Sebastian Schöberl, Montano RE, zu monetären Sanierungseffekten 46 HANDLUNGSANLEITUNGEN Alle Wege zur Nachhaltigkeit beginnen mit der Bestandsaufnahme 52 BAUSUBSTANZEN Altes erhalten und Neues gestalten – von Rohstoffdatenbanken und mehr 58 „SPREU VOM WEIZEN TRENNEN“ Thomas Beutner, Ecowo, zum Konzept des Klimaverwalters 20 KLEINE MÜHE, GROSSE WIRKUNG Mit kleinem Mehraufwand können Immobilienunternehmen ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden 24 CAMPUS & YOUNG LEADERS Fiabci-Stipendien, Azubi-Austausch, PropTech Innovation Challenge, Fachkräftelücke und mehr 30 KOLUMNE EIKE BECKER Identität 32 DAS IMMO-PORTRAIT Dr. Andreas Mattner – der Branchenvereiner 36 L'IMMO AKTUELL Pflegeimmobilien, Stadtentwicklung, Datenschätze, KI & Verwalter, Klimaschutz, Quartiersberuhigung S C H W E R P U N K T MANAGE TO GREEN 38 20 4 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 Inhalt Ausgabe 03/2024

62 GRÜNE FINANZIERUNGEN Den Balanceakt meistern – optimale Förderpakte schnüren 66 INFOGRAFIK Stabiler Markt für Ferienimmobilien 68 Verwaltung & Vermarktung 68 WENN ICH EINMAL REICH WÄR' Hausverwaltung kann mehr als eine bescheidene Einnahmequelle sein – besonders mit Großbeständen 73 DREI VERGÜTUNGSHEBEL Wie Selbstbewusstsein, Daten und Verträge das Einkommen tunen 74 WORKPLACE AUTOMATION New Work treibt das Facility Management 80 ONLINE-WEG-VERSAMMLUNG Als Option begrüßenswert 84 MAKLERNETZWERKE Großplayer machen den Markt eng für die Kleinen 88 RECHTSPRECHUNG Aktuelles WEG-, Miet- und Maklerrecht 94 FACHMEDIENTIPPS Resiliente Quartiere, Holz in der Sanierung, Smart Homes und mehr 110 Nachhaltigkeit & Technologie 110 DIE REPORTAGE Ist serielle Sanierung überhaupt serienreif? 116 SOLARPAKET I Rückenwind für Mieterstrom 120 RECHENZENTREN Zunehmend eine performende Assetklasse 126 DENK ICH AN IMMO Außenansichten des Unternehmensentwicklers Rainer Monnet 128 VORSCHAU 129 IMPRESSUM 130 CULTURE CLUB Michael Deeg über ein Konzert im Kassler Theaterstübchen 96 Investment & Finanzierung 96 UMNUTZUNG Neuer Glanz für alte Flächen: Shopping-Center zu Quartierszentren 102 LOGISTIKIMMOBILIEN Investorenliebling mit Zusatzrendite 108 WOHNKUNST Leben und lieben im Berliner Fichtebunker 68 84 6 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 Inhalt Ausgabe 03/2024

Kaleidoskop Meldungen 8 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 NEUE TRENDS RUND UM DIE WELT 91 In 91 Prozent aller deutschen Wohnorte ist Mieten günstiger als Kaufen. Im bundesweiten Durchschnitt ist das Mieten einer 100 Quadratmeter großen Wohnung pro Jahr um rund 4.300 Euro preiswerter als der Kauf. Es hat 15 Stockwerke, 131 Aufzüge, 4.700 Büros und hat damit das amerikanische Pentagon als größtes Bürogebäude der Welt überholt: die neu eröffnete Surat Diamond Bourse im westindischen Staat Gujarat. In der Diamantenbörse sollen mehr als 65.000 Beschäftigte arbeiten. Das Gebäude soll laut dem amerikanischen Sender CNN rund 350 Millionen Euro gekostet haben und wurde vom indischen Architekturbüro Morphogenesis entworfen. Die Börse liegt im Herzen der Diamond Research and Mercantile City, einem aufstrebenden Geschäftsviertel. Sie erstreckt sich über eine Fläche von 14,38 Hektar und verfügt über eine bebaute Fläche von 61.000 Quadratmetern. Das Gebäude besteht aus neun miteinander verbundenen Türmen mit jeweils 15 Etagen, die durch einen zentralen Korridor verbunden sind und Zugang zu Dienstleistungen und Einrichtungen ähnlich einem Flughafenterminal bieten. Zwischen den Türmen befinden sich neun Panchtattva-Höfe, die als Erholungs- und Grünflächen angelegt sind. Das Gebäude verfügt über eine zweistöckige Tiefgarage, die Platz für 4.500 Autos und 10.000 Zweiräder bietet. Alle Büros werden zentral über ein Kaltwasserkühlsystem klimatisiert. Das größte Bürogebäude der Welt steht in Indien Quelle: Colliers

9 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 Die meistgesuchte Mietwohnung Deutschlands hat zwei Zimmer, 64 Quadratmeter und kostet 556 Euro kalt. Das ergab eine Kontaktauswertung des Immobilienportals ImmoScout24. Heidelberg baut aus alten Häusern neue Die Stadt Heidelberg setzt auf Urban Mining und die Wiederverwertung von Baustoffen. Wo sich heute schmucklose weiße 1950er-Jahre-Wohnblöcke aneinanderreihen, soll in den kommenden Jahren ein neues Stadtviertel für rund 10.000 Heidelbergerinnen und Heidelberger entstehen: Knapp die Hälfte der 169 Wohngebäude auf dem ehemaligen US-Militärgelände Patrick-Henry-Village (PHV) sollen abgerissen und die Baumaterialien fast komplett wiederverwertet werden. Mithilfe eines Programms hat die Stadt insgesamt rund 466.000 Tonnen Baumaterialien in einem Kataster erfasst. Beim Urban Mining (Urbaner Bergbau) geht es darum, aus langlebigen Gütern wie Gebäuden, Fahrzeugen und Handys Rohstoffe zu gewinnen und zu verwenden. Dies ist auch ein Thema für die Bundesregierung, die eine nationale Urban-Mining-Strategie anstrebt. Diese soll im kommenden Jahr in die Ressortabstimmung gehen, wie das Umweltbundesamt sagt. Die Stadtverwaltung Heidelberg hatte nach eigenen Angaben bereits Steckbriefe der einzelnen Gebäude im PHV mit Daten zu Baujahr, Größe, Art, Nutzung und Standort vorliegen. Norddeutscher Immobilienfrühling Die Real Estate Arena (REA) in Hannover zog in ihrer dritten Ausgabe 2024 bereits 320 Aussteller und 6.000 Gäste an. Der Organisator der Deutschen Messe AG, Hartwig von Saß, hat mit der REA für die Branche einen höchst nutzwertigen Begegnungsraum geschaffen. Quirlig, sachkundig und überraschend kamen die Themen auf den Bühnen und Ausstellerständen daher. Die dort besprochenen Themen konnten aktueller nicht sein: Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft, serielles und regeneratives Bauen und Sanieren, Digitalisierung, alle Energiethemen bis hin zu ESG und vieles mehr. Die wichtigen Aspekte aus dem gesamten Immobilienlebenszyklus fanden ihren Besprechungsort. Im Zwei-Tage- Dauerpitch der Proptechs als Vorentscheidung für den Real PropTechAward wurde das disruptive Denken geübt. Die Real Estate Arena hat nun ihren erfrischenden Platz im Jahreskreislauf. Das diskursive Get-togetherwird frühlings noch weitere neue Blüten treiben – die nächsten am 14.und 15. Mai 2025 in Hannover. Infos: www.real-estate-arena.com (sei) Riesiges Einsparpotenzial Privathaushalte können im Schnitt 95 Euro pro Jahr sparen, wenn sie ihren Verbrauch an Warmwasser senken. Das zeigt der Warmwasserspiegel für Deutschland 2024 (www.warmwasserspiegel.de) der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft co2online. Bundesweit liegt das Sparpotenzial bei 3,1 Milliarden Euro. Außerdem ließen sich drei Millionen Tonnen CO2 vermeiden. Das entspricht den jährlichen Emissionen einer mittelgroßen Stadt. 230 Millionen Kubikmeter Warmwasser könnten Jahr für Jahr in ganz Deutschland gespart werden. Das größte Einsparpotenzial liegt laut co2online bei der Verwendung von Sparduschköpfen, kürzerer Duschdauer und der Verwendung von Eco-Programmen bei Wasch- und Spülmaschinen.

Kaleidoskop Meldungen 10 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 Alles ist vernetzt, die Welt bleibt komplex. Für uns als Branche bedeutet dies Veränderung, aber vor allem auch Opportunität. Künstliche Intelligenz (KI) ist dabei eine Chance für alle Bereiche und Anwendungen, aber wir tragen die Verantwortung für eine sinnvolle und zudem auch moralische Anwendung. In vier unterschiedlichen Panels und diversen Impulsvorträgen wurden hierzu Ideen und Schwerpunkte gesetzt und über Potenziale für die Branche diskutiert. Das waren kurz zusammengefasst die Schwerpunkte des diesjährigen RICS Jahresevents FOCUS, der mit inspirierenden Aussagen und Diskussionen sowie dem Netzwerken mit rund 200 Branchenkolleginnen und -kollegen stattfand. Warum das gerade jetzt so wichtig ist? Wir brauchen in Zeiten großer Herausforderungen Orientierung. Und das gelingt nur gemeinsam, im Austausch und eingebettet in ein vitales Netzwerk. Besonders aufgerüttelt hat uns beim FOCUS der „Tech-Papst“ Sascha Lobo zum Thema KI, die uns bereits heute schon 30 Prozent Effizienzsteigerung im Job bringen könnte und in China übrigens schon seit 2018 ein Schulfach ist. Dabei lag die wahre Erkenntnis in der Verflechtung von Effizienz, Kreativität und Personalzufriedenheit mit der Zukunft der KI. Europa mag vorsichtig sein, aber die Bereitschaft zur Verbesserung ist unübersehbar. In weiteren vier Panels zu den Bereichen Carbonomics („Der schnelle Wandel“), Spacenomics („Die reduzierten Anforderungen“), Economics („Die neue Realität“) und Urbanomics („Die notwendige Kollaboration“) wurden von Expertinnen und Experten klare Botschaften adressiert. Getreu dem Motto „Act Now or Swim Later“ – ein Aufruf auch von mir, mit dem ich zu mehr Dynamik beim Thema Nachhaltigkeit Mut mache, denn wir müssen als Branche die Immobilienwelt jetzt (!) verantwortlich mitgestalten. Natürlich bringt die grüne Transformation auch Schwierigkeiten mit sich. Aber es gibt sie: die pragmatischen Lösungen für alle Assetklassen, um neuen Anforderungen gerecht zu werden. Und es gilt – wie immer im Leben: Einfach mal machen, und zwar gemeinschaftlich! RICS FOCUS: To be continued! RICS Jahresevent FOCUS Act Now or Swim Later Neue Praxishilfe für die Erstellung von Mietspiegeln Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat gemeinsam mit dem Institut Wohnen und Umwelt (IWU) und der Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung (gif) die neue Arbeitshilfe „Handlungsempfehlungen zur Erstellung von Mietspiegeln“ veröffentlicht. Diese unterstützt Kommunen bei der rechtssicheren Erstellung, Ausschreibung und Veröffentlichung von Mietspiegeln. Einen Schwerpunkt bilden dabei qualifizierte Mietspiegel. Mit der Arbeitshilfe begleitet das BBSR die Umsetzung der Mietspiegelreform. Mit dieser hat die Bundesregierung 2022 die Bedeutung von Mietspiegeln als Instrument zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete gestärkt. Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnerinnen und Einwohnern sind nun erstmals verpflichtet, einen Mietspiegel zu erstellen. Inzwischen verfügen 96 Prozent der Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern über einen solchen Mietspiegel. Mehr zum Thema finden Sie hier! TEXT Jens Böhnlein MRICS, Vorstandsvorsitzender der RICS Deutschland Laut Umfrage von Statista würden 140.000 Haushalte in Deutschland Angebote von Immobilien-Verrentung nutzen. Ausgehend von einem durchschnittlichen Immobilienwert von 500.000 Euro liegt das Marktpotenzial damit bei rund 70 Milliarden Euro. 70

11 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 Illustration: Thomas Plaßmann PLASSMANNS BAUSTELLE

Kaleidoskop Meldungen 12 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 Solarleistung verdoppelt Nach Zahlen der Bundesnetzagentur verdoppelte sich der Ausbau der Solarleistung in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr fast auf 14,1 Gigawatt. Der starke Zuwachs sei auf zahlreiche private Anlagen zurückzuführen. Darüber hinaus habe es einen verstärkten Zubau von Solaranlagen auf gewerblichen Dächern und auf Freiflächen gegeben. Am Jahresende 2023 betrug laut Bundesnetzagentur die installierte Gesamtleistung in Deutschland 81,7 Gigawatt. Damit müssten künftig jährlich 19 Gigawatt zugebaut werden, um das Ausbauziel von 215 Gigawatt für Solar im Jahr 2030 zu erreichen. Bayern könnte seinen Wärme- bedarf mit Flusswasser decken Der komplette Wärmebedarf für alle Gebäude in Bayern könnte durch die Nutzung der Wassertemperatur in Bayerns Flüssen gedeckt werden. Das geht aus einer Studie hervor. Erstellt wurde die Studie von der Forschungsstelle für Energiewirtschaft (FfE). Neben dem Verband der Bayerischen Energie und Wasserwirtschaft (VBEW) und der Landesgruppe Bayern des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) gehörten auch die Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern (VWB) und der Landesverband Bayerischer Wasserkraftwerke (LVBW) zu den Auftraggebern. Um den Bedarf der Haushalte und des Gewerbes von aktuell rund 150 Terawattstunden zu decken, „müssten dem aus den Flüssen erster und zweiter Ordnung entnommenen Wasser lediglich 1,5 Grad Wärme entzogen werden“, teilten unter anderem VBEW und VKU mit. Mithilfe von Wärmepumpen stehe demnach Energie zum Heizen bereit, und die Gewässer würden durch kühleres Wasser sogar ökologisch profitieren. Flüsse erster Ordnung sind etwa Isar, Lech und Donau, in der Kategorie zweiter Ordnung finden sich auch teils kleine regional begrenzte Bachläufe. Laut der Studie könnten hier mindestens die Hälfte der bayerischen Städte und Gemeinden für die Wärmeplanung Wärmepumpen an ihren Flüssen nutzen. Bundesweit gibt es bisher nur einzelne Untersuchungen zur so genannten Aquathermie. Es sei daher die erste Potenzialabschätzung für ein ganzes Bundesland. Als Beispiele wurden Projekte in Schweden, der Schweiz oder Dänemark genannt, aber auch in Mannheim, Köln und Rosenheim werde bereits Flusswärme für Heizzwecke genutzt. Eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 8,5 Kilowatt vermeidet im Jahr rund 5,8 Tonnen Kohlendioxid (CO2). Das ist so viel, wie die Bürger in Baden-Württemberg pro Person in einem Jahr verursachen. Auf diesen Vergleich weist die Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA-BW) hin. 5,8

13 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 Von acht untersuchten Szenarien war einzig die günstigste Portfoliovariante ohne Modernisierungsstau, mit hohem Fernwärmepotenzial und weniger ambitioniertem Zielstandard (Niedertemperatur-ready) unter den aktuellen förderpolitischen und mietrechtlichen Rahmenbedingungen umsetzbar. Alle weiteren Portfolios haben stetig steigende Jahresfehlbeträge zur Folge. Beim gegenteiligen Szenario mit hohem Modernisierungsstau, keiner Fernwärme und ambitionierterem Zielstandard (Effizienzhaus 70) fallen gar 14-mal höhere Investitionskosten an als beim günstigsten Szenario. Auch ein Vergleich der CO2-Vermeidungskosten zeigt, dass sowohl Modernisierungsstau (im Sinne eines schlechteren energetischen Ausgangszustands) als auch ambitionierte Zielstandards und fehlendes Fernwärmepotenzial für Unternehmen zur starken Belastung werden. Nach Einbezug der Förderung werden bei diesen Eigenschaften zwischen 20 und 27 Euro mehr Investitionen fällig, um ein Kilogramm CO2 bei den Jahresemissionen der simulierten Portfolios mit 4.500 Wohneinheiten einzusparen. UNTERNEHMERISCHER GESTALTUNGSSPIELRAUM VORWIEGEND BEI DER GEBÄUDEHÜLLE Die hohen Mehrkosten bei einzelnen Portfolioeigenschaften zeigen, dass die Unternehmen vor sehr unterschiedlichen Belastungen stehen. Ein schlechter Ausgangszustand der Gebäude ist besonders problematisch. Alle Szenarien mit dieser Eigenschaft sind unwirtschaftlich, obwohl die Investitionen gleichmäßig bis 2045 gestreckt wurden. Hohe Fernwärmepotenziale sind betriebswirtschaftlich aus Sicht der Wohnungsunternehmen positiv. Unklar ist aber, inwiefern die eingesparten Kosten nicht in ähnlichem Maße durch Energieversorger bzw. Verbraucher zu tragen wären und über erhöhte Wärmekosten letztlich Mieterinnen und Mieter belasten würden. Wie gelingt es, bei geringen Ausgangsmieten Klimaschutz, Bezahlbarkeit und Wirtschaftlichkeit zu vereinen? Die Studie von Hauke Meyer mit Unterstützung der INITIATIVE „WOHNEN.2050“ analysiert, unter welchen Bedingungen CO2-neutrale Portfolios (un)möglich sind. HAUKE MEYER PROJEKTLEITER, DEUTSCHER VERBAND FÜR WOHNUNGSWESEN, STÄDTEBAU UND RAUMORDNUNG Entscheidungsträger in Wohnungsunternehmen können einen hohen Modernisierungsstau nicht rückwirkend ändern, und Fernwärmepotenziale sind nur bedingt über Verhandlungen mit Versorgern beeinflussbar. Zielstandard und Umfang der Effizienzmaßnahmen bieten somit die naheliegendsten Hebel zur unternehmerischen Gestaltung, um die teils immensen Finanzierungslücken zu verringern. REFINANZIERUNGSPOTENZIALE AUS MIETERHÖHUNGEN GERING Die aktuelle Förderkulisse bevorzugt die ohnehin günstigeren Dekarbonisierungsszenarien mit weniger ambitionierter Energieeffizienz und ohne Modernisierungsstau. Dies liegt an den höheren Förderquoten für Einzelmaßnahmen bei minimalinvasiven Modernisierungen. Zudem werden die maximal förderfähigen Kosten bei den sehr umfassenden Investitionen in die schlechtesten Energieeffizienzklassen übertroffen, sodass dort die Gesamtförderquoten sinken. Der Worst-Performing-Building-Bonus von zehn Prozent ist als positive Ausnahme in der Förderung hervorzuheben, kann aber die hohen Mehrkosten bei einem Modernisierungsstau nicht ausgleichen. Die Refinanzierungspotenziale aus Mieterhöhungen sind insbesondere bei den kostenintensivsten Szenarien mit schlechtem Gebäudezustand und niedrigen Ausgangsmieten gering. Hier sind die sozial orientierten Unternehmen besonders benachteiligt. Die begrenzten Refinanzierungsmöglichkeiten über die Miete und die nicht auskömmliche Förderung bei angespannter Haushaltssituation lassen den Blick zur Kostenseite wandern. In die Analyse wurden keine Effekte serieller Ansätze oder von „Smart Metering“ einbezogen. Hier gilt es, weiter an Kosteneffekten zu arbeiten. Neue Geschäftsmodelle für Wohnungsunternehmen auf Seiten der Energieerzeugung bieten weitere Potenziale. Photovoltaik und Mieterstrom wurden ebenfalls nicht einbezogen, könnten zukünftig jedoch entscheidend positiv auf die Wirtschaftlichkeit der Dekarbonisierung wirken. Zunächst bleibt jedoch die Erkenntnis: Ohne höhere Förderung, Abstriche bei der Sanierungstiefe sowie neue Geschäftsmodelle und Kostensenkungen würde der Dekarbonisierungspfad für viele sozial orientierte Wohnungsunternehmen in die Insolvenz führen. DER KLIMAPFAD ALS WEG IN DIE INSOLVENZ? Menschen & Märkte Verbandsinformation Hier gibt es die Studie zum Download! STUDIE zu Dekarbo- nisierungs- szenarien und deren betriebswirtschaftlichen Auswirkungen

14 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 Menschen & Märkte Wohnungswirtschaft 1 EErst wenige Wochen war Hessens Wohnungsbauminister Kaweh Mansoori im Amt, als er im März dieses Jahres eine spektakuläre Gesetzesinitiative ankündigte: Spekulativer Leerstand solle verboten werden. „Ich gehe davon aus, dass in einer Stadt wie Frankfurt mehrere tausend Wohnungen, möglicherweise sogar im fünfstelligen Bereich, mobilisiert werden könnten, die aus spekulativen Gründen leer stehen“, sagte der sozialdemokratische Politiker der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Frankfurt am Main ist kein Einzelfall. Ob in München oder Hamburg, in Ulm oder Freiburg, in Berlin oder Tübingen – in vielen deutschen Städten ist der Umgang mit dauerhaft leerstehenden Wohnhäusern ein politisches Dauerthema. Wohlgemerkt: Es geht hier nicht um Immobilien in strukturschwachen Gegenden mit hohem Leerstand, deren Eigentümerinnen und Eigentümer schlicht keine Mieter finden und mangels Mieteinnahmen finanziell nicht in der Lage sind, ihre Objekte zu unterhalten. Nein, es geht um Wohnhäuser in guten Lagen, die sofort vermietet wären, wenn die darin enthaltenen Wohnungen dem Markt zur Verfügung stünden – und die selbst in der jetzigen Marktphase auch schnell einen neuen Investor finden würden, wenn der Eigentümer zum Verkauf bereit wäre. GENAUE ZAHLEN ZU „GEISTERHÄUSERN“ FEHLEN Warum es trotz Wohnungsknappheit solche „Geisterhäuser“ gibt, ist schwer zu erklären. „In vielen Fällen sind überforderte Eigentümer nicht in der Lage oder willens, die Wohnungen dem regulären Wohnungsmarkt durch Vermietung oder Verkauf zuzufühDER UNHEIMLICHE LEERSTAND In allen deutschen Großstädten gibt es sie: Wohn- häuser, die trotz guter Lage und angespanntem Wohnungsmarkt JAHRELANG LEER stehen und verwahrlosen. Mit unterschiedlichen Mitteln versuchen die Kommunen, die Eigentümer dazu zu bewegen, diese Immobilien wieder einer Wohnnutzung zuzuführen – oft ohne Erfolg. TEXT Christian Hunziker 1 TROTZ GUTER LAGE In vielen deutschen Städten ist der Umgang mit dauerhaft leerstehenden Wohnhäusern ein politisches Dauerthema

15 · Immobilienwirtschaft · 00 / 2023

16 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 Menschen & Märkte Wohnungswirtschaft ren“, heißt es in dem vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) herausgegebenen „Leitfaden Problemimmobilien“. „Die Ursachen hierfür bleiben oft im Dunkeln.“ Nicht selten sind die betreffenden Eigentümer für die Behörden zudem schlecht oder gar nicht greifbar. Wie gravierend das Problem ist, lässt sich nicht beziffern. „In Hamburg handelt es sich lediglich um Einzelfälle in sehr geringem Umfang“, teilt die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen der Freien und Hansestadt mit. „Belastbare, abschließende Zahlen zu Leerständen von Wohnungen oder ganzen Häusern gibt es nicht“, sagt auch Martina Schickle, die Pressesprecherin der Stadt Freiburg. Dabei verfügt die Stadt im Breisgau über ein Leerstandskataster, in das leerstehende Immobilien eingetragen sind. Laut Schickle sind in diesem Kataster 159 Hinweise zu komplett leerstehenden Wohnhäusern aufgeführt; darin enthalten sind jedoch auch Hinweise, die noch nicht überprüft worden sind, sowie Fälle von Leerstand, der bereits beendet ist. Nicht wesentlich weiter helfen auch die Angaben auf der Seite leerstandsmelder.de, auf der Nutzer Immobilien jeder Art melden können, die nach ihrer Beobachtung leer stehen. 1.330 solche Fälle gibt 1 DENKMALSCHUTZ Für dieses denkmalgeschützte Gebäude in Leipzig setzte die Stadt einen gesetzlichen Vertreter ein, da die Erben der letzten Eigentümerin unbekannt waren. Auf diese Weise gelang es, das Objekt wieder an den Markt zu bringen 1 es laut dem Portal in Hamburg, 511 in Frankfurt und 1.064 in Berlin. Das Problem: Die Meldungen werden nicht überprüft und betreffen zudem neben kompletten Häusern auch einzelne Wohn- und Gewerbeeinheiten. DIE TÜCKEN DES TREUHANDMODELLS Wichtiger als die Zahl dieser „Geisterhäuser“ ist ohnehin die Frage, was die Behörden tun können, um den dringend benötigten Wohnraum zu aktivieren. Besonders weit gehen dabei die beiden Stadtstaaten Hamburg und Berlin: Sie haben in ihrem Wohnraumschutzgesetz (Hamburg) bzw. ihrem Zweckentfremdungsverbotsgesetz (Berlin) einen Passus, der in solchen Fällen die Einsetzung eines Treuhänders erlaubt. „Ist Wohnraum so verändert worden, dass er nicht mehr für Wohnzwecke geeignet ist, so kann das zuständige Bezirksamt zur Wiederherstellung für Wohnzwecke eine Treuhänderin oder einen Treuhänder einsetzen, sofern die Verfügungsberechtigten nicht nachweisen, dass sie selbst innerhalb der vom zuständigen Bezirksamt gesetzten Fristen die für die Wiederherstellung erforderlichen Maßnahmen eingeleitet und durchgeführt haben“, heißt es in Paragraf

17 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 4a des Berliner Zweckentfremdungsgesetzes. Obwohl das Berliner Gesetz diese Regelung bereits seit 2018 enthält, ist das Treuhändermodell in der Hauptstadt noch kein einziges Mal angewandt worden. Die Frage nach den Gründen beantwortet Martin Pallgen, Pressesprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, damit, dass es sich bei Einsetzung eines Treuhänders „um einen erheblichen Grundrechtseingriff in das Eigentum“ handle, „der wohlüberlegt und geplant sein muss und dementsprechend an langfristige Fristen geknüpft ist, da Eigentümern zum Beispiel Abwendungs- und Stellungnahmemöglichkeiten einzuräumen sind“. Andernfalls könne das Verfahren allein an der Nichteinhaltung der Formalien scheitern. Wie komplex der Sachverhalt ist, erläutert Pallgen am Beispiel eines leerstehenden Hauses in der Kameruner Straße im Stadtteil Wedding. Das zuständige Bezirksamt versucht in diesem Fall zurzeit mittels eines Gerichtsverfahrens, beim Eigentümer einen Kostenvorschuss für die Erbringung von Planungsleistungen einzutreiben. Diese sollen der so genannten Mangelerfassung am Gebäude dienen. „Erst wenn die Mangelerfassung abgeschlossen ist und auf deren Grundlage eine Anordnung nach dem 1 Herr Bottermann, Hamburg und Berlin haben die Möglichkeit geschaffen, bei leerstehenden Wohnimmobilien einen Treuhänder einzusetzen. Wie beurteilen Sie diese Möglichkeit? Das Treuhandmodell ist ein folgerichtiges Instrument. Es handelt sich dabei nicht um eine Enteignung, sondern um den Versuch, eine für die Wohnnutzung gedachte Immobilie wieder ihrem Zweck zuzuführen und die dafür nötigen Kosten vom Eigentümer einzutreiben. 2 Aber funktioniert das auch? Genau da liegt der Knackpunkt: Ein Eigentümer, der seine Immobilie nicht einer Wohnnutzung zuführen kann, wird auch die Kosten dafür nicht übernehmen können. Insofern ist die Möglichkeit, einen Treuhänder einzusetzen, ein stumpfes Schwert. Außerdem steht diese Möglichkeit erst am Ende vieler möglicher Maßnahmen. Vorher kann und soll die Behörde einen Rückführungsbescheid erlassen und den Eigentümer mit Zwangs- und Bußgeldern dazu veranlassen, seine Immobilie wieder bewohnbar zu machen. 3 Kommt auch eine Enteignung in Frage? Eine Enteignung vernachlässigter Immobilien ist gesetzlich nicht vorgesehen. Auch Paragraf 85 des Baugesetzbuches, der die Möglichkeit einer Enteignung grundsätzlich zulässt, ist nach meiner Einschätzung in diesem Fall nicht ohne Weiteres anwendbar. 4 Wie beurteilen Sie es, dass die öffentliche Hand mit Zwangsmaßnahmen leerstehende Wohnimmobilien wieder der Wohnnutzung zuführen will? Grundsätzlich ist das politische Ziel richtig, Wohnraum tatsächlich als Wohnraum zu nutzen. Die Maßnahmen, die beispielsweise das Berliner Zweckentfremdungsverbotsgesetz vorsieht, stellen zwar einen Eingriff in das Eigentumsrecht dar, sind aber auch wegen der in Artikel 14 des Grundgesetzes geregelten Sozialbindung des Eigentums prinzipiell gerechtfertigt. Wie die Maßnahmen gegen langjährigen Leerstand aus juristischer Sicht einzuschätzen sind, erklärt Uwe Bottermann, Partner der auf immobilienrechtliche Fragen spezialisierten Berliner Anwaltskanzlei Bottermann Khorrami. V I E R F R A G E N A N UWE BOTTERMANN „WENN BAULICHE VERWAHRLOSUNG AUCH IM VERBUND MIT LEERSTAND DIE GEMEINSCHAFT GEFÄHRDET UND WENN DAS EIGENTUM VIELER IN DER NACHBARSCHAFT (…) IN MITLEIDENSCHAFT GEZOGEN WIRD, SOLLTEN BÜRGER UND STAAT EINEN KONTRAPUNKT SETZEN.“ Matthias zu Eicken, Leiter Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik bei Haus & Grund Deutschland

18 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 Menschen & Märkte Wohnungswirtschaft Wohnungsaufsichtsgesetz getroffen werden kann, kommt überhaupt die Einsetzung eines Treuhänders in Betracht“, erläutert Pallgen das Vorgehen. Nicht viel erfolgreicher ist man mit dem Treuhandmodell in Hamburg. Dort ist dieses laut der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen bisher zwei Mal angewandt worden: einmal 2017/18 im Bezirk Mitte, ein anderes Mal in einem Fall, der so weit zurückliegt, dass die Aufbewahrungsfrist für die Akten abgelaufen ist. Skeptisch gegenüber dem Modell ist Dr. Michael Schultz, Partner der auf Immobilien- und Wirtschaftsrecht spezialisierten Kanzlei Müller Radack Schultz: Nach seinen Worten sollte die Einsetzung eines Treuhänders „nur Ultima Ratio sein“. Denn es handle sich dabei „faktisch um eine vorübergehende Enteignung“. Das sehen allerdings nicht alle Juristen so – Schultz’ Kollege Uwe Bottermann betont, dass das Treuhandmodell gerade keine Enteignung sei (siehe Interview S. 17). LEERSTANDSKATASTER IN FREIBURG Aktiv gegen lange dauernden Leerstand gehen auch Städte in Baden-Württemberg vor. Grundlage dafür ist das 2013 erlassene und 2021 geänderte Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum. Als Zweckentfremdung gilt demnach unter anderem, wenn Wohnraum ohne Genehmigung länger als sechs Monate leer steht. In Freiburg prüft die zum Baurechtsamt gehörende Zweckentfremdungsstelle, ob tatsächlich ein Leerstand im Sinne der Zweckentfremdung vorliegt. „Sofern die bloße Aufforderung, eine Zweckentfremdung freiwillig zu beenden, nicht ausreicht, wird die Beendigung der Zweckentfremdung unter Androhung von empfindlichen Zwangsgeldern kostenpflichtig verfügt“, sagt Stadtsprecherin Schickle. Auf diese Weise sei es gelungen, „einige“ der leerstehenden Wohnhäuser wieder ihrem Zweck zuzuführen. Das aber sei „sehr aufwändig und langwierig“, merkt die Sprecherin an. „Nicht selten dauert es mehrere Jahre, bis ein Leerstand beendet werden kann.“ In Tübingen schrieb Oberbürgermeister Boris Palmer 2016 Eigentümer von unbewohnten Immobilien an und fragte sie nach den Gründen für den Leerstand. Gleichzeitig bot er ihnen an, die Stadt Tübingen könne als Mieter oder sogar als Käufer einspringen. „Die Verhängung von Bußgeldern oder gar die Beschlagnahme von leerstehendem Wohnraum können nur die letzte Konsequenz sein“, schrieb Palmer damals. Welchen Erfolg dieses Angebot hatte, war bei der Pressestelle der Universitätsstadt Tübingen bis Redaktionsschluss nicht in Erfahrung zu bringen. AKTIVIERUNG AUF FREIWILLIGER BASIS Ein anderer interessanter Ansatz findet sich in Leipzig: Dort setzte die Stadt 2017 die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als gesetzlichen Vertreter für ein denkmalgeschütztes Wohnhaus ein, für das sich kein Erbe hatte finden lassen, und erreichte dadurch eine Modernisierung des Objekts. Allerdings handelte es sich dabei um einen einmaligen Fall. Auf Freiwilligkeit setzte Magdeburg: Vor einigen Jahren startete die Stadt unter dem Dach des vom Bund geförderten Programms Experimenteller Wohnungs- und Städtebau (ExWoSt) eine Zusammenarbeit mit Haus & Grund. In mehreren Fällen gelang es dabei, private Eigentümerinnen und Eigentümer durch Beratung und die Vermittlung von Kontakten zu einer Sanierung ihrer Immobilie zu bewegen. Grundsätzlich sei es zu begrüßen, „dass besonders betroffene Kommunen sich mehr und mehr strategischer Ansätze bedienen und kooperative Lösungen erzielen, bevor sie zu hoheitlichen Maßnahmen greifen“, sagt dazu Matthias zu Eicken, Leiter Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik bei Haus & Grund Deutschland. Zwar stehe sein Verband staatlichen Eingriffen in das Eigentum immer erst skeptisch gegenüber. „Doch wenn bauliche Verwahrlosung auch im Verbund mit Leerstand die Gemeinschaft gefährdet und wenn das Eigentum vieler in der Nachbarschaft durch die Verantwortungslosigkeit weniger in Mitleidenschaft gezogen wird, sollten Bürger und Staat einen Kontrapunkt setzen.“ WEITERE INFORMATIONEN Zahlreiche Fallbeispiele und Hinweise zum rechtlichen Instrumentarium enthalten zwei (allerdings nicht ganz aktuelle) Publikationen: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung: Leitfaden zum Umgang mit Problemimmobilien. Herausforderungen und Lösungen im Quartierskontext (2020) Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen: Umgang mit Problemimmobilien in NordrheinWestfalen. Leitfaden (2019) „IN VIELEN FÄLLEN SIND ÜBERFOR- DERTE EIGENTÜMER NICHT IN DER LAGE ODER WILLENS, DIE WOHNUNGEN DEM REGULÄREN WOHNUNGSMARKT DURCH VERMIETUNG ODER VERKAUF ZUZUFÜHREN.“ Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)

19 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 P R A X I S - B E I S P I E L LEERSTAND IN BERLIN Der Gardeschützenweg ist eine begehrte Wohnadresse in dem zum Bezirk Steglitz-Zehlendorf gehörenden Berliner Ortsteil Lichterfelde. Und doch steht dort mit der Hausnummer 3 ein Gebäude, das die Lokalpresse „Geisterhaus“ getauft hat: ein gründerzeitliches Wohnhaus mit elf Wohn- und einigen Gewerbeeinheiten, das seit rund 20 Jahren leer steht und mittlerweile in einem ruinösen Zustand ist. Dabei ist es nicht etwa so, dass der Bezirk dem Leerstand untätig zusieht. Seit 2015 würden gegen den Eigentümer Verfahren nach dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz geführt, teilt das Büro von Tim Richter (CDU), Bescheid auf 15.000 Euro. Gegenwärtig seien keine Bußgeld- oder Gerichtsverfahren gegen den Eigentümer hängig, heißt es aus dem Büro des Bezirksstadtrats. Stattdessen werde es zukünftig „darum gehen, die unterbliebenen Wiederherstellungshandlungen durch öffentlich-rechtliches Handeln zu ersetzen und dem Eigentümer die entsprechenden Kosten in Rechnung zu stellen“. Doch auch das ist alles andere als einfach. Um Bewegung in die Angelegenheit zu bringen, favorisierte der Bezirk zunächst die Einsetzung eines Treuhänders, wie es das 2018 verschärfte Berliner Zweckentfremdungsverbotsgesetz möglich macht. Mittlerweile hält der Bezirk jedoch den Weg der Ersatzvornahme für zielführender. Bei der Ersatzvornahme übernimmt die öffentliche Hand die eigentlich vom Eigentümer geschuldeten Instandsetzungsmaßnahmen und stellt die damit verbundenen Kosten dann dem Eigentümer in Rechnung. Dazu ist nach Angaben des Bezirks im März dieses Jahres ein Bescheid an den Eigentümer ergangen – Fortsetzung offen. Grundsätzlich bemängelt der Bezirk mit Blick auf das Zweckentfremdungsverbotsgesetz „erhebliche Defizite und Unklarheiten in den heute geltenden Regelungen“. Geteilt wird diese Einschät- zung von Rechtsanwalt Dr. Michael Schultz von der Kanzlei Müller Radack Schultz: Er spricht von einer „erheblichen Rechtsunsicherheit“, von der die Berliner Bezirke betroffen seien. TEXT Christian Hunziker DAS GEISTERHAUS VON LICHTERFELDE Seit rund 20 Jahren steht ein repräsentatives Wohnhaus im beliebten Berliner Stadtteil Lichterfelde leer. Das Beispiel wirft ein Schlaglicht auf die HERAUSFORDERUNGEN, vor denen Behörden stehen, wenn sie vernachlässigte Wohnimmobilien wieder in Nutzung bringen wollen. dem Bezirksstadtrat für Bürgerdienste und Soziales, mit. Im Juli 2017 erging demnach der letzte Bescheid zur Wiederherstellung zu Wohnzwecken. Der Eigentümer legte dagegen Rechtsmittel ein; das Klageverfahren wurde aber zugunsten des Landes Berlin entschieden. Auch zur Kasse wurde der Eigentümer gebeten. Wie aus der Antwort des Berliner Senats auf eine Anfrage des Abgeordneten Niklas Schenker (Die Linke) hervorgeht, setzte der Bezirk Zwangsgelder in Höhe von 30.000 Euro sowie ein Bußgeld in Höhe von 187.000 Euro fest. Letzteres reduzierte das Amtsgericht jedoch nach einem Einspruch gegen den 1 EIN DAUERÄRGERNIS Die Folgen jahrelangen Leerstands sind bei diesem Wohnhaus im Gardeschützenweg 3 in BerlinLichterfelde nicht zu übersehen 1

20 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 Menschen & Märkte Soziales Engagement Viele Immobilienunternehmen spüren die Nachwirkungen jüngster Krisen. Mit relativ kleinem Mehraufwand können sie dennoch ihrer SOZIALEN VERANTWORTUNG gerecht werden. Möglichkeiten und Menschen, die sich engagieren, gibt es genug. Man muss sie nur suchen. Drei inspirierende Bespiele. KLEINE MÜHE, GROSSE WIRKUNG

21 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 1 Selbst wenn bis zum Jahr 2030 1,5 Millionen Wohnungen barrierefrei gebaut oder umgebaut würden, gäbe es nach Prognosen im Jahr 2030 weiterhin eine Versorgungslücke von über zwei Millionen Wohnungen. Und angesichts der aktuellen Baukrise, die die Bautätigkeit ausbremst, wird die Kluft zwischen Angebot und Nachfrage nach barrierefreien Wohnungen noch größer. Es besteht also dringend Handlungsbedarf. DIE MEHRKOSTEN BEI VERNÜNFTIGER PLANUNG SIND GERING Als Argument gegen die Schaffung von barrierefreiem Wohnraum wird häufig angeführt, dass zu hohe Mehrkosten entstehen. Doch gerade bei Neubauten gilt: Wird die Barrierefreiheit von Anfang an mitgeplant, sind die Mehrkosten gering. Das belegen verschiedene Bauprojekte. Ein Beispiel dafür ist das Projekt Wohnen am Schönwasserpark, Krefeld. Hier beliefen sich die zusätzlichen Kosten für die Barrierefreiheit auf nur 1,6 Prozent der Baukosten. Auch eine Studie von Terragon (siehe QR-Code) stellte fest, dass die Erhöhung der Baukosten für barrierefreies Bauen nur 1,26 Prozent beträgt (reine Baukosten, Kostengruppe 300/400 nach DIN 276). Auch im Bestand kann barrierefrei umgebaut werden, etwa in denkmalgeschützten Häusern oder im Plattenbau. Ein Beispiel für Letzteres ist das Projekt „Die Platte im Wandel der Zeit. Neues Wohnen in Grünau“ in Leipzig. Dort wurden das Gebäude inklusive aller Wohnungen sowie der Freiraum barrierefrei zugänglich und nutzbar. Dabei hat man typiren gehört zu den Aufgaben der Bundesfachstelle. Sie wurde 2016 mit der Novellierung des Behindertengleichstellungsgesetzes eingerichtet, berät und unterstützt seither die Bundesbehörden bei der eigenständigen Umsetzung der Barrierefreiheit. Sie beantwortet aber auch Fragen der Wirtschaft, von Landesbehörden, Verbänden sowie der Zivilgesellschaft. Barrierefreies Bauen ist wirklich nicht der Kostenfaktor, als der es häufig benannt wird – darüber aufzuklären ist eine der Aufgaben der Bundesfachstelle Barrierefreiheit. „BARRIEREFREIES BAUEN IST NICHT DER KOSTENFAKTOR, ALS DER ES HÄUFIG BENANNT WIRD.“ sierte und speziell für das Projekt vorgefertigte Elemente für den barrierefreien Umbau genutzt. FACHSTELLE INFORMIERT Dieses Projekt und noch weitere gute Praxisbeispiele von großen und kleinen Wohnungsbaugesellschaften im städtischen und ländlichen Raum hat die Bundesfachstelle Barrierefreiheit auf ihrer Fachkonferenz „Mehr barrierefreien Wohnraum schaffen!“ Anfang Februar 2024 vorgestellt. Denn auch Netzwerkarbeit und Veranstaltungen durchzufühDieser Link führt zur Bundesfachstelle TEXT Dr. Volker Sieger, Leiter der Bundesfachstelle Barrierefreiheit BARRIEREFREIER WOHNRAUM MUSS NICHT MEHR KOSTEN Weniger als zwei Prozent der Wohnungen in Deutschland sind barrierefrei oder altersgerecht. Bereits heute aber liegt der MEHRBEDARF bei weit über zwei Millionen Wohnungen dieser Art. Gleichzeitig gibt es den demografischen Wandel, unsere Gesellschaft wird immer älter. 1.

22 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 Menschen & Märkte Soziales Engagement Als der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine vor zwei Jahren begann, flohen viele Ukrainerinnen und Ukrainer nach Deutschland. Schon als die ersten Züge aus Kiew in Berlin ankamen, war klar, Unterkünfte braucht es viele. So wurden Messehallen zu Flüchtlingsunterkünften umfunktioniert und auch Turnhallen. Doch als permanente Lösung reichte das nicht aus. Das Start-up Wunderflats, das sich täglich mit Wohnungen auseinandersetzt, hat daher überlegt zu helfen. Dabei entstand die Initiative „HelfendeWände“. AUS ZIELEN WURDEN TATEN Das Ziel war es, Ukrainer mit Eigentümern und Vermietern aus Deutschland zu verknüpfen, die über ein Zimmer, eine Wohnung oder anderen bewohnbaren Raum verfügen, die sie kostenlos zur Verfügung stellen. Perspektivisch sollen alle Personen, die aus anderen Ländern nach Deutschland fliehen, über „HelfendeWände“ Wohnraum suchen können. Mit Beginn des Krieges entstand die Idee, am zweiten Tag stand schon die Website. Bereits an Tag drei stand Mitgründer Arkadi Jampolski am Bahnhof in Berlin und sammelte Elena ein. Sie war aus der Ukraine geflohen, und er hatte gerade zusammen mit einem Bekannten eine Wohnung gekauft und begonnen zu renovieren. Es gab noch keine Möbel, aber Elena hatte ein Dach über dem Kopf und musste nicht alleine als Frau in eine Flüchtlingsunterkunft ziehen. Nach Elena folgten weitere Personen, in genau dieser Wohnung. Für sie war es eine gute Zwischenlösung, um anzukommen. Denn von Amt zu Amt zu laufen und sich zurechtzufinden ist sehr stressig. Alle, die über leerstehenden Wohnraum verfügen, können sich engagieren. Auch Vermieterinnen und Vermieter, deren Objekte aufgrund von noch nicht begonnenen Renovierungsarbeiten leer stehen, können sich an „HelfendeWände“ wenden. Denn oft ist es so, dass ein bezugsfertiges Mietshaus gekauft wird, die neuen Eigentümer aber größere energetische Sanierungsarbeiten planen – die aufgrund fehlender Handwerker, Genehmigungen oder Förderungen erst in ein paar Monaten beginnen können. Zur Überbrückung des Leerstands können sich die Eigentümer bei „HelfendeWände“ registrieren; natürlich nur sofern keine wesentlichen Mängel an der Bausubstanz oder den Wohneinheiten vorliegen und die Einheiten tatsächlich bewohnbar sind. Sie legen selbst fest, für wie lange sie ihren Wohnraum zur Verfügung stellen möchten. Und vielleicht ergeben sich aus einer anfänglichen Zwischenmiete langjährige Mietverträge. WIE KÖNNEN SICH VERMIETER REGISTRIEREN? Auf helfendewaende.de können Vermieter in wenigen Minuten ein Benutzerkonto anlegen und ihr Inserat veröffentlichen, um Buchungsanfragen zu erhalten. Damit die Sicherheit aller Nutzenden der Plattform gewährleistet ist, müssen sowohl Anbietende als auch Wohnungssuchende ihre Identität über „Veriff“ verifizieren. Und falls eine der Parteien zusätzliche Unterstützung benötigt, wird direkt die Verbindung zum Projektpartner IPSO (International Psychosocial Organisation) hergestellt. 1 2 GEFLÜCH- TETE Zwei junge Ukrainer, die durch „Helfende Wände“ Wohnraum fanden 3 GRÜNDER Arkadi Jampolski holte die ersten Ankömmlinge aus der Ukraine selbst am Berliner Bahnhof ab TEXT Initiative HelfendeWände EINE MILLION VERMIETER AUF DER PLATTFORM SIND DAS ZIEL Krisen, Konflikte, Krieg – diese haben zuletzt viele Länder in und außerhalb Europas in Chaos gestürzt. Viele Menschen sind daher aus ihren Heimatländern geflohen, auf der Suche nach Sicherheit. Dazu gehört auch ein DACH ÜBER DEM KOPF, wenn auch nur für ein paar Tage. 2. 1 2 3 Hier können Sie Wohnraum anbieten

23 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 An den fünften Landesspielen von Special Olympics Nordrhein-Westfalen für Menschen mit geistiger Behinderung, die vom 22. bis 25. Mai 2024 in Münster stattfanden, nahm das soziale Dienstleistungsunternehmen Wertkreis Gütersloh mit der größten Delegation in ganz NRW teil. Über 80 Athletinnen und Athleten mit Behinderung, des „#teamwertkreis“ gingen in Fußball, Schwimmen, Boccia, Tennis, Tischtennis und Bowling an den Start und verkörperten das diesjährige Motto „#grenzenlosBewegend“ auf besondere Weise. WOHNUNGSUNTERNEHMEN BEI DEN SPECIAL OLYMPICS Für solche Größenordnungen von sozialer Teilhabe suchte der Sozialdienstleister aus dem Kreis Gütersloh Unterstützer, die mit einem Sponsorenbeitrag Unterkunft, Anfahrt, Training, Verpflegung und Material für die Teilnehmenden ermöglichen. Den ersten Partner fand das Unternehmen in der KHW Kommunale Haus und Wohnen GmbH. Die KHW ist die kommunale Wohnungsbaugesellschaft im Kreise Gütersloh. Eine Partnerschaft zwischen wertkreis Gütersloh und der KHW besteht bereits seit einigen Jahren, denn gemeinsam wurde das Wohnprojekt „Chamäleon“ umgesetzt. Mit diesem integrativen Wohnprojekt wurde ein Haus geschaffen, das neben zwei Wohngruppen und einem ambulant betreuten Wohnen für die Wertkreis Gütersloh gGmbH weitere 16 öffentlich geförderte Wohneinheiten bereithält. In Zeiten von fehlendem bezahlbarem Wohnraum wird für Menschen mit Behinderung ein starkes nissen, aktiv in die Gesellschaft eingebunden zu sein. Diese Veranstaltungen bieten nicht nur sportliche Aktivitäten, sondern auch eine Plattform für soziale Interaktion, Gemeinschaftsgefühl und persönliches Wachstum und steigern so Inklusion und Akzeptanz. Entsprechendes Engagement stärkt zudem das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl der Teilnehmenden, da sie ihre Fähigkeiten entdecken, Erfolge feiern und sich als Teil eines unterstützenden Netzwerks erleben können. „Wir erleben auch, dass hier neue soziale Kontakte und sogar Freundschaften entstehen. Unsere Teilnehmenden treffen hier Gleichgesinnte und erfahren ein Gefühl der Zugehörigkeit“, weiß Emilio Bellucci. SOZIALE TEILHABE, GELEBTE INKLUSION Diese vielfältige Palette positiver Erfahrungen, die über den rein sportlichen Aspekt hinausgehen und zur umfassenden Entwicklung und Integration von Menschen mit besonderen Bedürfnissen in die Gesellschaft beitragen, braucht aber eben auch Unterstützer, vor allem bei einem Projekt dieser Größenordnung. Ein lohnendes Ziel für Spenden und Sponsoring. „Wer hier mitmacht, verschenkt buchstäblich ein wenig Lebensglück“, so Bellucci. Das sieht auch Lars Lippelt so. „Wir erhoffen uns durch die Förderung spannende und faire Wettkämpfe in der Stadt des westfälischen Friedens und dass die Teilnehmer viel Spaß und Freude an der Veranstaltung haben. Wir werden mit einzelnen Kollegen vor Ort sein und ‚unser‘ Team anfeuern.“ Zeichen für soziale Teilhabe durch passende Wohnangebote gesetzt. „Es passt einfach zur KHW, dass das Engagement für inklusiven Wohnraum sich dann auch zur Unterstützung sozialer Teilhabe hin entwickelt hat. Wir merken in der Praxis, dass bei den meisten Kooperationspartnern aus einem anfänglichen Engagement für ein inklusives Projekt auch ein ganzheitlicher Ansatz der Unterstützung von Menschen mit Behinderung entsteht“, erklärt Emilio Bellucci, Geschäftsführer von Wertkreis Gütersloh. „Die Special Olympics verkörpern noch das, worauf es im Sport ankommt – das Wichtigste ist nicht der Sieg, sondern die Teilnahme, das persönliche Streben nach einem Ziel und sein Bestes gegeben zu haben! Diese Mission verkörpert jeder einzelne Teilnehmer. Genau dieses Streben unterstützen wir als KHW gerne“, betont Lars Lippelt, Geschäftsführer der KHW. Soziale Teilhabe durch die Teilnahme an Sportereignissen wie den Special Olympics ist eine wunderbare Möglichkeit für Menschen mit besonderen Bedürf4 DAUMEN HOCH für die Unterstützer der Special Olympics, darunter die KHW Kommunale Haus und Wohnen TEXT Wertkreis Gütersloh „WER HIER MITMACHT, VERSCHENKT EIN WENIG LEBENSGLÜCK“ Im Schatten von Megatrends wie Digitalisierung, ESG oder dem demografischen Wandel findet INKLUSION von Menschen mit Behinderungen in der Immobilienbranche wenig Beachtung. Nicht so bei der KHW Kommunale Haus und Wohnen in Ostwestfalen. 3. 4 Hier geht’s zu den Landesverbänden der Special Olympics!

24 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 Campus & Young Leaders Interviews, Meldungen & Co. CAMPUS STIPENDIEN FÜR STUDIERENDE Zum Bewerbungsformular geht’s hier lang Fiabci (The International Real Estate Federation) vergibt auch 2024 wieder Stipendien über die Stiftung Fiabci Scholarship: Berechtigt zur Teilnahme am Bewerbungsprozess sind Studierende aus allen Fiabci-Regionen, die ein hohes Interesse an der Internationalität der Immobilienbranche haben, von ihren Professoren oder Kommilitonen empfohlen werden und sich für die Umsetzung der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung im Bereich Immobilien und Stadtentwicklung einsetzen. Die Antragsfrist für die diesjährige Vergabe läuft bis zum 30.9.2024. Zusätzlich zum Ausfüllen des Online-Formulars müssen die Bewerberinnen und Bewerber einen Lebenslauf, ein aktuelles Empfehlungsschreiben und ein digitales Foto hochladen. Das Kuratorium der Stiftung, das die einzelnen Fiabci-Regionen vertritt, prüft die Anträge und wählt die Stipendiaten aus. Seit 1997 hat die Stiftung Stipendien in Höhe von über 100.000 Dollar an Studierende aus 25 verschiedenen Ländern vergeben. Fiabci ist ein globaler Dachverband immobilienwirtschaftlicher Berufe, der in über 90 nationalen Verbänden und mit Mitgliedern in 65 Ländern 1,5 Millionen Immobilienexperten abdeckt. Fiabci vertritt das gesamte Spektrum immobilienwirtschaftlicher Berufe und Sparten in einem globalen Netzwerk und ist ein beratendes Mitglied von UN-Habitat, dem Programm für „menschliches Wohnen und Leben“. 366 immobilienwirtschaftliche Studiengänge in 148 Hochschulen in Deutschland kennt www.studieren.de. Die Zahl dürfte in Zukunft aufgrund der hohen Nachfrage in der Branche, etwa nach technischer Expertise, weiter steigen.

25 · Immobilienwirtschaft · 03 / 2024 Enrico Kürtös ist CEO bei Quantrefy, einer ESG-Plattform für die Immobilienwirtschaft. Im Mai hat der 32-Jährige die Nachfolge von Justus Wiedemann angetreten, der das Unternehmen gegründet und bis zuletzt erfolgreich geführt hatte. Kürtös kommt vom PropTech Inreal Technologies, das er selbst gegründet und als CEO geleitet hatte. Im vergangenen Herbst musste das Unternehmen jedoch Insolvenz anmelden. Nun soll er in seiner neuen Rolle die Zukunft von Quantrefy nach der Übernahme durch die A&WGruppe (Westbridge) maßgeblich mitbestimmen. Seit über einem Jahrzehnt engagiere er sich haupt- und nebenberuflich für eine datengesteuerte und nachhaltigere Immobilienwirtschaft, so Kürtös. „Mit einer innovativen Technologie und einem engagierten Team werden wir die ESG-Integration unserer Kunden weiter unterstützen und dabei bedeutende Mehrwerte für ihr Kerngeschäft liefern. Denn das ist am Ende des Tages das, was zählt – messbarer Nutzen für unsere Kunden.“ INREAL-GRÜNDER IST NEUER CEO BEI QUANTREFY Ein von der Ostland Wohnungsgenossenschaft und dem Bauverein Neustadt in Hannover initiiertes Ausbildernetzwerk will die Einführung eines Azubi-Austauschprogramms vorantreiben. Dieses soll die Zusammenarbeit zwischen Wohnungsunternehmen stärken und den Auszubildenden wertvolle Erfahrungen ermöglichen. Die erstmalige Zusammenkunft der Ausbilder (siehe Foto) soll zudem den Beginn einer intensiveren Zusammenarbeit zwischen den Ausbildungsstätten markieren und zur weiteren Professionalisierung der Ausbildungsstrukturen in der Wohnungswirtschaft beitragen. Interessenten am Azubi-Austauschprogramm können sich für Informationen zur Teilnahme an die E-Mail-Adresse info@ostland.de wenden. AZUBI-AUSTAUSCHPROGRAMM IM NORDEN GEPLANT Weiteres zum Netzwerk finden Sie hier

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