Seite 16 - Immobilienwirtschaft_2014_06

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MARKT & POLITIK
I
VERBANDSINFORMATIONEN
D
ie wirksame Versorgungmit bezahlbaremWohnraum ist ein dringendes, weltweites
Problem. Das ist das zentrale Ergebnis der RICS-Studie „Global Affordable Hou-
sing: BRICx PLUS Mortar”. Demnach herrscht der größte Mangel in den Emerging
Markets, in denen das Angebot nicht mit der wirtschaftlichen Entwicklung Schritt hal-
ten konnte. In den entwickelten Ländern bereiten die wachsenden Einkommensunter-
schiede und die Wohnkosten, die tendenziell schneller steigen als die Einkommen, den
jüngeren und weniger vermögenden Haushalten große Schwierigkeiten.
Die Studie untersucht, wie dieWohnraumnachfrage, der Bedarf und das Angebot in
den drei BRIC-Ländern – Brasilien, Indien und China – durch dasWirtschaftswachstum
beeinflusst worden sind, und vergleicht die von den Regierungen geplanten Gesetzge-
bungen, mit denen sie der Wohnraumnachfrage Herr werden wollen. Der Bericht, der
von der RICS in Auftrag gegeben und von einem Team der University of St. Andrews
rund um Prof. Duncan Maclennan erarbeitet wurde, enthält Empfehlungen für Regie-
rungen, Forscher und internationale Organisationen. Diese sollten sich demzufolge
kritischer mit denUnterschieden zwischen den BRIC- undOECD-Staaten auseinander-
setzen, umherauszufinden, inwiefernWohnbestandssysteme tatsächlich funktionieren.
DURCHFÜHRBARKEIT WURDE VERNACHLÄSSIGT
Zudemkommt die Untersuchung zu dem
Ergebnis, dassman sich zu sehr auf breit angelegteWohnpolitik-„Visionen“ auf nationaler
Ebene konzentriert habe, anstatt auf die tatsächliche Durchführbarkeit dieser Politik auf
lokaler Ebene zu achten. Der Bericht wirft zudem den Blick auf aktuelle Probleme der
bestehenden Wohnungspolitik in Brasilien, Indien und China. So zeigt sich, dass die
Konzentration auf dieWohneigentumsbildung inVerbindungmit der Vernachlässigung
der Mietmarktentwicklung zu einem Wohnraummangel geführt hat.
In Brasilien undChina haben die wenig striktenWohnversorgungssysteme und dere-
gulierten Immobilienfinanzmärkte einenWohnungsmarkt geschaffen, der eine schwache
Marktstabilität aufweist. In China, wo der Staat für den Wohnraum verantwortlich ist,
existieren wirksame Maßnahmen, um die Wohnungsknappheit zu bekämpfen.
MEHR „INFORMELLE“ SIEDLUNGEN
Die Ergebnisse des Berichts verdeutlichen, dass die
rasante Verstädterung zu mehr „informellen“ Siedlungen geführt hat, insbesondere in
Brasilien und Indien. Die Bildung von Slums und Favelas überflügelt seit 2006 andere
große Wohnungsbauinvestitionen.
Zu den wichtigsten Ergebnissen zählt die zentrale Rolle der Angebotsverbesserung,
die Entwicklung eines funktionierenden Mietmarkts, eine Abstimmung der Wohn-
raum- und Stadtplanung und eine kontextbezogene, lokale Herangehensweise an die
Wohnungsbaupolitik. Obwohl gerade in Brasilien und China gewisse Fortschritte erzielt
wurden, verdeutlicht die Studie, dass hier noch viel zu tun ist.
Internationale Organisationen und Lobbygruppen sehen häufig nur die Herausfor-
derungen einer alternden Bevölkerung oder von Arbeitslosigkeit und Einwanderung.
Festzustellen ist allerdings, dass im Hinblick auf die Versorgung mit angemessenen
Wohnungen eine globale Krise bevorstehen könnte. Die Politik hat hierauf in vielen
Ländern noch zu wenig reagiert. Deregulierte Finanzmärkte haben dazu geführt, dass
die Konzentration auf die Förderung des Wohneigentums der Wohnungsversorgung
geschadet hat. Die veränderten Zeiten erfordern neue Schwerpunkte.
Michael Newey
Foto: RICS
Umdenken bei der
Wohnraumversorgung
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Michael Newey FRICS, RICS-Präsident
RICS-Studie
Die Unter-
suchung „Global Affordable
Housing: BRICx PLUS
Mortar” zeigt, dass be-
zahlbarer Wohnraum vor
allem in den Emerging
Markets fehlt.