Seite 3 - Immobilienwirtschaft_2013_06

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Editorial
03
06 | 2013
Unkonventionelles
gegen den Staat
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
dass Wärmedämmung Geld spart, wird bestritten, aber nur von den „Unverbesser-
lichen“. Dass sie gesund sei, sagen nicht einmal die anderen. Studien haben längst
gezeigt, die im abgeriegelten Wohnraum gut gedeihenden Schimmelpilze treiben viele
Bewohner in Krankheiten. Neuester Trend der Krankmacher sind die hundert zu-
gesetzten Chemikalien, die das Veralgen gedämmter Hauswände verhindern sollen.
Dämmen ist ungesund, die Energieeinsparverordnung fordert sie jedoch weiter.
Förderung gibt es auch, sie ist jedoch nur ein Tropfen in der Finanzierungs-Pfütze. So
wird der an vielen Orten dringend erforderliche Wohnungsbau teuer, und der Neubau
muss zu kurz kommen. Immer mehr energetische Sanierung, Grundstücksbevorra-
tung der Kommunen, Grunderwerbsteuererhöhung: Der BFW hat staatliche Organe
schon als Spekulanten bezeichnet. Das sind die, die mit Preisveränderungen Geschäfte
machen. Ein unorthodoxer Vergleich.
Tobias Just, wissenschaftlicher Leiter der IREBS Akademie, spitzte die energe-
tische Debatte zu: Würde Gesamt-Immobilien-Deutschland auf Passivhausstandard
gesetzt, würde das Weniger an CO2 nur die Menge ausgleichen, die China in einem
Jahr zusätzlich produziere. Sollen wir beim Klimaschutz trotzdem voran gehen, mehr
machen als die anderen?
Es ist ruhmvoll, Pionier zu sein. Die Welt wird eines Tages auf uns schauen. Und
wir haben es ihr ja versprochen. Nicht erst seit Schillers Bürgschaft wollen sich die
Deutschen an Versprechen halten. Aber Deutschland muss sich das auch leisten kön-
nen, finanziell und sozialpolitisch. Daran wachsen allmählich Zweifel. Fördermittel,
die in energetische Maßnahmen gesteckt werden, fehlen bei der demographiege-
rechten Sanierung des Wohnungsbestandes. Nochmal Just: Beim einen geht es um die
Rettung der Welt, beim anderen um Oma und Opa. Auch das ein unkonventioneller
Vergleich. Er dient aber möglicherweise einem guten Zweck: Erstickt Deutschland an
seinen selbstgesteckten energiepolitischen Zielen, leidet die ganze Welt.
Ihr
Dirk Labusch, Chefredakteur