Seite 62 - Immobilienwirtschaft_2013_05

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Special
05 | 2013
Börsengang oder Verkauf? Und etwa doch
noch an Springer? Die Mutter Telekom
könnte die Scout-Holding in nächster Zeit
zu Geld machen. Das würde die Landschaft
der Immobilienportale stark verändern. Ein
Interview mit dem CEO der Immowelt AG.
Herr Schlabritz, wie sieht die Welt der
Immobilienportale demnächst aus?
Schlabritz:
Wenn Sie auf den möglichen
Verkauf der Scout-Gruppe durch die Te-
lekom anspielen: Der Portalmarkt wird
dadurch zunächst nicht unmittelbar be-
einflusst. Spannend ist sicher die Frage,
ob Scout 24 an die Börse geht oder an ei-
nen anderen Interessenten verkauft wird.
Warum soll die Scout-Holding über-
haupt verkauft werden?
Schlabritz:
Insbesondere Immobilien­
scout 24 ist derzeit ein sehr ertragsstarkes
Unternehmen. Ich denke daher, dass der
Eigentümer Telekom die Gelegenheit
nutzen will, den bis heute erzielten Wert-
zuwachs zu realisieren.
Die Übernahme der Scout-Holding
durch Springer, die Mutter von Immo-
net, wurde zwar dementiert, ist aber
nach wie vor denkbar. Was würde das
für Ihr Portal Immowelt bedeuten?
Schlabritz:
Durch einen Wechsel des
Gesellschafters sehe ich für uns keine di-
rekten Auswirkungen.
Werden wir einen großen Zusammen-
schluss bekommen von Immonet und
Immobilienscout 24?
Schlabritz:
Das halte ich für sehr frag-
lich. Sollte es Ziel sein, die Marktstärke
von Immobilienscout 24 durch eine Fu-
sion mit Immonet noch weiter auszu-
bauen, würde das Kartellamt dazu sicher
einige kritische Fragen stellen.
Und was passiert gerade mit Immonet?
Schlabritz:
Es ist anzunehmen, dass das
Interesse der eigenen Konzernmutter
am Marktführer Immobilienscout 24 bei
Immonet zumindest keine Jubelschreie
hervorgerufen haben dürfte. Und am
Markt haben sich die großen Ansagen
von Immonet zu der in 2011 gestarteten
Wachstumsoffensive aus unserer Sicht
doch eher in Luft aufgelöst.
Die Preiserhöhungen bei Immobilien-
scout 24 sind ein großesThema imWeb.
Schlabritz:
Hier ist Immobilienscout 24
ja seit Jahren konsequent. Ob das Kalkül,
dass die meisten Kunden mitziehen wer-
den, erneut aufgeht, bleibt abzuwarten.
Gegen die Marktmacht der Nummer eins
kann man nicht viel unternehmen ...
Schlabritz:
Ich glaube, dass der Markt
inzwischen sensibler geworden ist und
dass Marktteilnehmer die Alternative der
anderen Börsen viel stärker nutzen. Wir
„Ein Zusammenschluss von Immonet und ImmobilienScout 24 ist sehr
fraglich“, meint Carsten Schlabritz.
verspüren jedenfalls regen Zulauf. Es
gibt jetzt schon Regionen, wo Immowelt
gegenüber Immobilienscout 24 markt-
führend ist. Trotzdem nutzen viele Mak-
ler auch dort das Berliner Portal, weil sie
denken, sie müssten einfach dabei sein.
Unsere Aufgabe ist es, den Maklern zu
verdeutlichen, dass dem nicht so ist …
Warum ist der IVD, wenn es um die
Auswahl einer Partnerbörse geht, nicht
auf Immowelt zugegangen?
Schlabritz:
Das tun sie, allerdings re-
gional über die Landesverbände. Der
Bundesverband hatte jedoch vor einigen
Jahren einen Exklusivvertrag mit Sprin-
ger/Immonet geschlossen, der erst vor
Kurzem bis 2017 verlängert wurde. Die-
ser verbietet es offenbar, Kooperationen
auch mit anderen Portalen einzugehen.
Mit dieser Einschränkung müssen die
Regionalverbände allerdings nicht leben.
Wird sich der Markt der relevanten
Immobilienportale erweitern, etwa im
Hinblick auf auction.com?
Schlabritz:
Das glaube ich nicht. Der
Abstand zu den großen Drei ist so groß,
dass er nur mit bedeutenden Investiti-
onen über einen längeren Zeitraum zu
verringern wäre.
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„Keine direkten Auswirkungen“
Interview mit
Carsten Schlabritz
Dirk Labusch, Freiburg