Seite 32 - DIE_WOHNUNGSWIRTSCHAFT_11_2011

Basic HTML-Version

Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)
Forschungsprojekt Mehrfachverkäufe
von Mietwohnungsbeständen
In den vergangenen zehn Jahren erregten Transaktionen einer Reihe sehr großer Mietwohnungsportfolios über Fachkreise
hinausgehend Aufmerksamkeit. Sie wiesen nicht nur mit bis zu rund 130.000 Wohneinheiten eine neue Größe, sondern
auch auf dem deutschen Markt bisher unbekannte Akteure und neue Geschäftsmodelle auf. Ausmaß, Akteursstrukturen
und Auswirkungen dieser Verkäufe untersuchte auf bundesweiter Ebene erstmals eine 2007 erschienene Studie des
Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (BBR). Im Verlauf weiterer Analysen zeigte sich, dass Wiederverkäufe bereits
gehandelter Portfolios ein zunehmend wichtiges Segment des Transaktionsmarkts darstellen, detaillierte Informationen über
mehrfach gehandelte Portfolios aber weitgehend fehlen. Die Ergebnisse einer Folgeuntersuchung liegen nun vor.
Den ersten systematischen, deutschland-
weiten Überblick über das Ausmaß, die
Strukturen der Akteure, aber auch über die
Auswirkungen der Veränderungen erarbei-
tete die Studie „Veränderung der Anbieter-
struktur im deutschen Wohnungsmarkt und
wohnungspolitische Implikationen“ (BBR
Forschungen 124, Bonn 2007). Mittlerweile
zeigte sich, dass von den von 1999 bis Ende
2008 bei größeren Transaktionen (mehr als
800 Wohneinheiten) gehandelten rund 1,9
Mio. Wohnungen rund 27 Prozent mehrfach
– innerhalb des Betrachtungszeitraums also
mindestens zwei Mal – gehandelt wurden.
Insbesondere in den Jahren 2006 und
2007 dominierten vormals bereits veräu-
ßerte Bestände den Transaktionsmarkt für
Mietwohnungen.
Da das Phänomen der kurzfristig wieder-
holten Eigentümerwechsel bei großen Woh-
nungsportfolios in dieser Form bis dato
für Deutschland neu war und nur wenige
Erkenntnisse zu den Auswirkungen vor-
lagen, wurde ein Forschungsprojekt mit
dem Ziel initiiert, aktuelle und differenzierte
Informationen zu den betroffenen Woh-
nungsbeständen zu gewinnen. Die empiri-
sche Untersuchung, durchgeführt durch das
Institut für Stadtforschung und Strukturpo-
litik (IfS, Berlin), basiert im Wesentlichen
auf der Durchführung von acht Fallstudien
zu mehrfach verkauften Portfolios, ergänzt
durch weitere Recherchen. Insgesamt
wurden über 60 Expertengespräche mit an
den Verkäufen Beteiligten und wohnungs-
politischen Akteuren geführt. Zusätzlich
erfolgte eine Auswertung der BBSR-Daten-
bank Wohnungstransaktionen.
Zum Stand Ende 2008 wurden 51 Portfolios
mit insgesamt zirka 386.000 seit 1999 zwei
Mal oder häufiger verkauften Wohnungen
ermittelt. Mehr als die Hälfte der Woh-
nungen befand sich dabei in großen Port-
folios mit 25.000 und mehr Wohnungen.
Regionale Schwerpunkte der Portfolios
aus Mehrfachverkäufen sind Nordrhein-
Westfalen, Berlin, Schleswig-Holstein und
Niedersachen beziehungsweise eher ent-
spannte Wohnungsmärkte.
Motive und Vorgehen beim Verkauf
Die Recherchen in den acht Fallstu-
dien sowie die weiteren Expertenge-
spräche ergaben, dass die ursprünglichen
(öffentlichen und industrieverbundenen)
Eigentümer die Wohnungsunternehmen/-
bestände vorwiegend aus finanziellen
Gründen verkauften. Die meisten Käufer
verbanden mit dem Kauf hohe Renditeer-
wartungen und verfolgten (anders als die
Ursprungseigentümer) ein eher opportu-
nistisches Geschäftsmodell mit nur mit-
telfristigem Investitionshorizont. Weil die
Preisentwicklung deutscher Wohnungsim-
mobilien insbesondere Mitte der 2000er
Jahre kurzfristige Chancen zur Erzielung
von hohen Renditen bot, haben die Käufer
die Portfolios meist schneller wiederver-
kauft, als beim Kauf von ihnen vorgesehen
war. Die aktuellen Eigentümer (d. h. letzte
Käufer) der Portfolios haben die Wohnungs-
bestände daher zu relativ hohen Preisen
gekauft und unterscheiden sich von den
Voreigentümern meist durch geringere Ren-
diteerwartungen oder längere Investitions-
horizonte. Ein Teil der aktuellen Eigentümer
war auf schnelle Handelsgewinne aus, auf-
grund des mit der Finanz- und Wirtschafts-
krise stark gesunkenen Preisniveaus hätten
sie jedoch nur spürbar unter Einstandspreis
verkaufen können. Somit wurden sie unge-
wollt zu Bestandshaltern.
Strategien und Maßnahmen der Käufer
Die Erstkäufer und die weiteren Käuferge-
nerationen führten in der Zeit, in der sie die
Wohnungsunternehmen beziehungsweise
Bestände hielten, zum Teil umfangreiche
strategische Maßnahmen mit dem Ziel der
Renditesteigerung durch. Die Einzelprivati-
sierung wurde von vielen der Käufer verfolgt
oder zumindest geprüft, war aufgrund der
Qualität der Bestände und der Marktver-
hältnisse jedoch nicht immer im erhofften
Umfang möglich, so dass die Verkaufsziele
von den aktuellen Eigentümern überwie-
gend gesenkt wurden. Zusätzlich erfolgten
vielfach Blockverkäufe mit dem Ziel, Han-
delsgewinne und einen schnellen Rückfluss
des beim Kauf der Bestände eingesetzten
Eigenkapitals zu erzielen.
Es ließ sich beobachten, dass von nahezu
allen Käufern die Bestandsinvestitionen
spürbar gesenkt beziehungsweise auf nied-
rigemNiveau gehalten wurden. Der Zustand
der Bestände insgesamt hat sich dadurch
zwar bislang wenig verändert, in einzelnen
Die Ergebnisse des
Forschungsprojekts zu
Mehrfachverkäufen
von Mietwohnungsbe-
ständen erschienen in
Heft 146 der Schriften-
reihe „Forschungen“,
herausgegeben vom
Bundesministerium
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
(BMVBS), 2010, Bonn/Berlin, ISBN: 978-3-
87994-478-1
Der Forschungsbericht ist bestellbar unter
forschung.wohnen@bbr.bund.de, Stichwort:
Forschungen Heft 146
Zum Download der Studie geben Sie bitte
die
Linknummer 111102
in das dafür
vorgesehene Feld auf unserer Internetseite
www.diewohnungswirtschaft.de ein.
Die Wohnungswirtschaft
11/2011
30
Wohnungsmarkt
Transaktionen