Die Quintessenz Ihres Buches „BIM im Immobilienbetrieb“ lautet: „Die Technologie ist da. Sie wird aber noch zu wenig oder nicht effizient genug eingesetzt.“ Warum ist das immer noch so? Krämer: Zuallererst ist der Umgang mit den vielen Bestandsgebäuden eine Herausforderung. Es existieren keine As-built-BIM-Modelle dafür. Es gibt nun neue Technologien und Verfahren, die unter Scan2BIM zusammengefasst werden. Auch wurden vereinfachte BIM-light-Ansätze für den Betrieb entwickelt. Diese senken den Aufwand für eine nachträgliche Modellerstellung deutlich. Und die Anzahl der BIM-Neubauprojekte nimmt erst seit den letzten Jahren signifikant zu. Folglich kommen erst jetzt entsprechende BIM-Modelle aus der Planungs- und Bauphase bei den FM- und CREM-Organisationen an. May: Bislang gab es kaum Bedarf seitens des Immobilienbetriebs, BIM einzusetzen. Deshalb ging die Softwarebranche das Thema nur zögerlich an. Das hat sich nun geändert. Die Technologie hat sich enorm verbessert. Aber BIM ist nicht nur ein Technologie-, sondern auch sehr stark ein Kollaborationsthema. Der Mensch gibt immer noch den Ton an. Schlundt: Auch muss unterschieden werden zwischen Bestandsgebäuden und Neubau: Bei größeren Projekten in Deutschland wird im Neubau BIM verwendet. Das geht aber ganz selten über die Planungsphase hinaus. Hier sehen wir ein enormes Potenzial. Geht es bei BIM in Deutschland immer noch darum, erst mal von 2D zu 3D zu kommen? Neben den zusätzlichen Layern Zeit (4D) und Kosten (5D) scheint bislang erst wenig im Alltagsbusiness angekommen zu sein? May: 2D bis 5D werden heute gut beherrscht. Jetzt muss der Aufwand, der beim Planen und Bauen in BIM gesteckt wird, auch in der viel längeren und kostspieligeren Nutzungsphase von Gebäuden zur Wertschöpfung beitragen. Schlundt: In Deutschland steckt BIM noch in den Kinderschuhen. Selbst einige BIM-Anbieter behaupten, es sei bloß ein Hype. Außerhalb Deutschlands ist man viel weiter. Daraus sollten wir lernen. BIM heißt auch nicht automatisch, dass ein 3D-Modell vorhanden ist. Wir zeigen anhand von Fallbeispielen den Mehrwert von BIM in der Betriebsphase auf. Leider wird BIM zurzeit oft nur für Prestigeobjekte eingesetzt. Es gibt zwar vielversprechende Ansätze etwa für BIM im Bestand – wie DREI EXPERTEN im Interview bezeugen. Doch insbesondere aus der Bauphase fehlt nach wie vor die Datenübergabe für den gesamten Immobilienlebenszyklus. TEXT Jörg Seifert DER DIGITALE ZWILLING HAT'S NICHT LEICHT PROF. MARKUS KRÄMER IST PROFESSOR IM FACHGEBIET INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK IM FM AN DER HTW BERLIN. ER LEHRT DORT CAFM, GESCHÄFTSPROZESS- UND IT-MANAGEMENT. MAIK SCHLUNDT ARBEITET ALS BUSINESS ANALYST FÜR CAFM BEI DER DKB-SERVICE GMBH. ER OPTIMIERT FACILITY-MANAGEMENT-PROZESSE DURCH DIGITALISIERUNG. PROF. MICHAEL MAY VERTRITT DEN GEFMA-VERBAND INTERNATIONAL, ETWA BEI DER IFMA. ER IST AUSSERDEM EUROFM-BOTSCHAFTER FÜR DEUTSCHLAND. I N T E R V I E W BIM- EXPERTEN Smart Buildings & Building Information Modeling Interview 70 · Digital Guide · Real Estate 2023
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